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2.4 Phosphatresorption im Dünndarm

2.4.2 NaPi-Cotransporter Typ II

Der sekundär-aktive Typ II NaPi-Cotransporter NaPiIIb (SLC34A2) ist in Dünndarm, Lunge, Uterus, Hoden, Speichel- und Milchdrüsen exprimiert (FEILD et al. 1999;

NISHIMURA u. NAITO 2008). Angetrieben wird dieser durch das Na+ -Konzentrationsgefälle, welches durch die Na+/K+-ATPase unter ATP-Verbrauch generiert wird. Der Transporter besitzt eine höhere Affinität für die divalente Form des Pi, sodass bei einer Stöchiometrie von 3:1, Na+:HPO42-, mit jedem Pi-Ion eine positive Ladung von der mukosalen zur serosalen Seite des Epithels gelangt (MARKS et al.

2010).

Die segmentale Verteilung von NaPiIIb entlang des Dünndarms variiert zwischen den Spezies. Bei Mäusen ist NaPiIIb am stärksten im Ileum exprimiert (RADANOVIC et al.

2005), während die Expression des Transporters bei Ratten vor allem im Duodenum und Jejunum nachgewiesen wurde und entlang des Dünndarms bis hin zum Ileum

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abnimmt (GIRAL et al. 2009). Im Duodenum von Wiederkäuern ist NaPiIIb nahezu abwesend, jedoch im Jejunum und am umfangreichsten im Ileum nachweisbar (FOOTE et al. 2011; ELFERS et al. 2015).

Dass der aktive Pi-Transport im Dünndarm hauptsächlich durch NaPiIIb vermittelt ist, wurde an NaPiIIb-knockout(KO)-Mäusen demonstriert, bei denen die Pi-Resorption nach einer Pi-Bolusgabe zu etwa 50 % geringer war als beim Wildtyp (SABBAGH et al. 2009). Untersuchungen mit BBMV aus dem Dünndarm von Mäusen ergaben außerdem, dass die durch eine P-Depletion induzierte Stimulation des Pi-Transports auf eine Expressionssteigerung von NaPiIIb zurückzuführen ist (HATTENHAUER et al. 1999). Auch eine erhöhte Pi-Resorption im Jejunum von P-reduziert gefütterten Ziegen wurde als Folge der gesteigerten Proteinexpression von NaPiIIb gewertet (HUBER et al. 2002). Frühere Studien mit Ziegen und Schafen zeigten ebenfalls gesteigerte intestinale Pi-Resorptionsraten infolge einer P-Depletion, wobei anders als bei monogastrischen Spezies beschrieben, keine Erhöhung des Plasma-Calcitriols auftrat (BREVES et al. 1985; SCHRÖDER et al. 1995a).

Obwohl bei monogastrischen Spezies eine P-reduzierte Fütterung einen Anstieg der Calcitriolsynthese zur Folge hat und die Stimulation der NaPiIIb-Expression durch die Verabreichung von Calcitriol in Versuchen mit Ratten und Mäusen nachgewiesen wurde (CAO et al. 2016; HERNANDO et al. 2020), scheint auch bei Mäusen eine Vitamin D-unabhängige Regulation der intestinalen Pi-Resorption zu existieren. So konnte gezeigt werden, dass die Expression von NaPiIIb in VDR- und CYP27B1-KO-Mäusen unter einer P-Depletion in gleicher Weise reguliert war wie in Artgenossen des Wildtyps (CAPUANO et al. 2005). Eine Studie mit P-reduziert gefütterten Mäusen zeigte, dass die erhöhte Expression des renalen NaPiIIa durch eine gesteigerte Expression des Transkriptionsfaktors µE3 (TFE3) vermittelt war, welcher die Expression des Transportergens über Pi-response-Elemente in dessen Promoter-Sequenz stimuliert (KIDO et al. 1999; MIYAMOTO u. ITHO 2001). Dieser Mechanismus wird auch für die fütterungsinduzierte Expressionssteigerung von NaPiIIb im Dünndarm von Mäusen in Betracht gezogen (SEGAWA et al. 2004) und könnte daher möglicherweise auch für den Wiederkäuer gelten.

14 2.4.3 NaPi-Cotransporter Typ III

Die Pi-Transporter der SLC20-Familie wurden zunächst als die retroviralen Rezeptoren Gibbon ape leukemia virus receptor-1 (Glvr-1) und Rat amphotropic virus receptor-1 (Ram-1) identifiziert (JOHANN et al. 1992; MILLER et al. 1994). In späteren Studien wurde ihre Funktion als Na+-abhängige Pi-Transporter festgestellt und es erfolgte die Umbenennung in Phosphattransporter 1 (PiT1) und Phosphattransporter 2 (PiT2) (KAVANAUGH et al. 1994; KAVANAUGH u. KABAT 1996). Wie auch bei den Transportern der SLC34-Familie handelt es sich bei PiT1 und PiT2 um sekundär-aktive NaPi-Cotransporter, die durch den Na+-Gradienten der Na+/K+-ATPase-Aktivität energetisiert werden.

PiT1 und PiT2 sind in zahlreichen Geweben des Körpers, einschließlich Lunge, Darm, Leber und Knochen, lokalisiert (FORSTER et al. 2013). Neben der Bedeutung für die Vermittlung der Knochenmineralisation (CAVERZASIO u. BONJOUR 1996;

GUICHEUX et al. 2000) wird ihnen aufgrund der ubiquitären Verteilung eine Housekeeping-Funktion der zellulären Pi-Homöostase zugeschrieben (KAVANAUGH u. KABAT 1996; FREI et al. 2005; NISHIMURA u. NAITO 2008). Anders als die Typ II NaPi-Cotransporter transportieren PiT1 und PiT2 bevorzugt die monovalente Pi -Spezies. Bei einer Stöchiometrie von 2:1, Na+:H2PO4-, transportieren PiT1 und PiT2 mit jedem H2PO4--Ion zwei Na+-Ionen von der mukosalen zur serosalen Seite des Epithels. Mit jedem Transportvorgang wird daher eine positive Ladung zur serosalen Seite des Epithels verschoben (MARKS et al. 2010).

Interessanterweise konnte für PiT2, nicht aber für PiT1, in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass bei sauren pH-Werten ein Na+-unabhängiger Pi-Transport möglich ist, indem Protonen (H+) als Substrat genutzt werden (BØTTGER et al. 2006;

VILLA-BELLOSTA et al. 2007). Darüber hinaus werden für PiT2 Pi-abhängige Konformationsänderungen seiner Protein-Untereinheiten an der Zelloberfläche postuliert, die sich direkt auf die Pi-Transportaktivität auswirken (SALAUN et al. 2002).

Obwohl die SLC20-Transporter im Dünndarm zahlreicher Spezies nachgewiesen wurden, wird ihr relativer Beitrag zum transzellulären Pi-Transport als gering eingeschätzt, da In-vitro-Untersuchungen mit Darmepithelien von NaPiIIb-KO-Mäusen

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ergaben, dass NaPiIIb für über 90 % des aktiven intestinalen Pi-Transports verantwortlich ist (SABBAGH et al. 2009).

PiT1 wurde bei Ziegen im proximalen sowie im mittleren Jejunum und im Ileum auf mRNA-Ebene und im mittleren Jejunum auf Proteinebene nachgewiesen (ELFERS et al. 2015). Während im Duodenum und Jejunum von Ratten sowohl PiT1 als auch PiT2 auf Proteinebene nachgewiesen wurden, war im Ileum ausschließlich PiT2 exprimiert.

Eine P-reduzierte Fütterung dieser Tiere führte in intestinalen BBMV zu einem Anstieg der Proteinexpressionen beider Transporter (CANDEAL et al. 2017). Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die mRNA-Expression von PiT1 (MIYAMOTO et al. 1999) und PiT2 (KATAI et al. 1999) in unterschiedlichen Geweben von Ratten durch Calcitriol stimuliert wird.

2.4.4 Phosphat-Exporter XPR1

Für ein besseres Verständnis des transepithelialen Pi-Weges ist es wichtig, neben der apikalen Aufnahme in die Enterozyten, den basolateralen Export des Pi

nachzuvollziehen. Der Xenotropic and polytropic retrovirus receptor 1 (XPR1) wurde vor zwei Jahrzenten als Eintrittsrezeptor für verschiedene Gammaretroviren in humane Zellen identifiziert (BATTINI et al. 1999). Neuere Experimente mit humanen Zellkulturen zeigten, dass die Depletion des XPR1 eine Abnahme des Pi-Exports zur Folge hat und dass die Wiedereinführung verschiedener XPR1-Proteine diesen Defekt behebt. In ebendieser Studie konnte zudem gezeigt werden, dass die Expression von XPR1 durch eine Reduktion des Pi-Gehalts in der Zellkulturlösung von 1mM auf 0mM unbeeinflusst blieb, sodass kein Hinweis auf eine Pi-abhängige Regulation besteht (GIOVANNINI et al. 2013).

Die XPR1-mRNA wurde in zahlreichen Geweben verschiedener Säugetiere, aber auch bei ferner verwandten Spezies wie der Fruchtfliege und dem Zebrafisch nachgewiesen, sodass eine universale Bedeutung des XPR1 für den Pi-Export in Metazoen angenommen wird (TAILOR et al. 1999; GIOVANNINI et al. 2013).

16 2.4.5 Claudine

Eine wichtige Gruppe der TJ-Proteine wird durch die Claudine repräsentiert, welche in abdichtende und permeabilitätsvermittelnde Mitglieder unterteilt werden können (MARKOV et al. 2010). Claudin-2, Claudin-12 und Claudin-15, die zur letzteren Gruppe gehören, bilden kationenselektive Poren (FUJITA et al. 2008; ROSENTHAL et al.

2020). Die Beteiligung von Claudin-2 und Claudin-12 am parazellulären Ca2+ -Transport und die Stimulation ihrer Expression sowohl auf mRNA- als auch auf Proteinebene durch Calcitriol konnte in einer In-vitro-Studie mit Enterozyten demonstriert werden (FUJITA et al. 2008). Eine Ca2+-reduzierte Fütterung führte bei Ziegen zu einer erhöhten mRNA-Expression von 2 im Ileum und von Claudin-12 im proximalen Jejunum, was auf erhöhte Calcitriolspiegel zurückgeführt wurde (ELFERS et al. 2016).

Eine Studie mit Mäusen ergab, dass Claudin-2- und Claudin-15 den parazellulären Na+-Transport regulieren und indirekt in die Resorption von Glucose, Aminosäuren und Fetten involviert sind. Ihre genetische Depletion führte zum Versterben der Jungtiere aufgrund von intestinaler Malabsorption (WADA et al. 2013). Für Claudin-1 werden abdichtende Eigenschaften angenommen, die zur Aufrechterhaltung der epithelialen Barriere und Homöostase beitragen. Claudin-1-KO-Mäuse verstarben einen Tag nach ihrer Geburt aufgrund von Dehydratation, die sich in einer runzligen Epidermis manifestierte (FURUSE et al. 2002). In einer intestinalen Zellkultur konnte gezeigt werden, dass eine durch Interferon-γ induzierte Permeabilitätssteigerung durch die Zugabe von Lubiproston gehemmt wird. Die durch das Medikament verbesserte Barrierefunktion wurde auf die Expressionssteigerung von Claudin-1 zurückgeführt (NISHII et al. 2020).

2.4.6 Zonula occludens-1

Beim Zonula occludens-1 (ZO-1) handelt es sich um ein Gerüstprotein, welches an der zytosolischen Seite der Zellmembran lokalisiert ist und durch die Vernetzung zwischen TJ-Proteinen und dem Zytoskelett für strukturelle Stabilität sorgt (STEVENSON et al.

1986; FANNING et al. 1998). Die experimentelle Depletion von ZO-1 in Madin-Darby canine kidney epithelial(MDCK)-Zellen führte zu morphologischen Veränderungen der

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Zellen und zu einer Permeabilitätssteigerung für Makromoleküle, sodass eine Beeinträchtigung der epithelialen Barriere durch den Verlust von ZO-1 angenommen wird (VAN ITALLIE et al. 2009).

2.4.7 Occludin

Ein weiteres TJ-Protein, welches die transepitheliale Permeabilität von Makromolekülen reguliert, ist das Occludin. In-vitro- und Ex-vivo-Studien mit Darmzellen der Cancer coli-2(CaCo-2)-Linie bzw. mit Darmepithelien von Mäusen ergaben, dass die genetische Ausschaltung von Occludin eine erhöhte epitheliale Permeabilität, insbesondere für Makromoleküle zur Folge hat, ohne dass dabei der transepitheliale elektrische Widerstand beeinträchtigt wurde (AL-SADI et al. 2011).

2.4.8 Cadherin-17

Cadherine zählen zu den AJ-Proteinen, die zusammen mit den TJ-Proteinen den junktionalen Komplex bilden. Sie sind Ca2+-abhängige Transmembranproteine, die zum einen zur strukturellen Stabilität und Integrität von Epithelien beitragen und zum anderen in biologische Prozesse wie die Zellkommunikation, Morphogenese und Angiogenese involviert sind (ANGST et al. 2001). Cadherin-17 ist bei Menschen und Mäusen im Darm exprimiert und kommt bei Ratten außerdem in der Leber vor (GESSNER u. TAUBER 2000). In Ex-vivo-Studien mit Darmsegmenten von Cadherin-17-KO-Mäusen wurde eine gesteigerte Permeabilität für große Moleküle festgestellt (CHANG et al. 2018). Bei Ziegen führte eine Ca2+-reduzierte Fütterung zu einer gesteigerten mRNA-Expression von Cadherin-17 im proximalen Jejunum (ELFERS et al. 2016).

2.4.9 Vitamin D-Rezeptor

Der kernständige Vitamin D-Rezeptor (VDR) ist ein Liganden-aktivierter Transkriptionsfaktor und Teil der Steroidrezeptor-Superfamilie. Im Darm von Wiederkäuern wurde immunhistochemisch die größte Menge an VDR im Duodenum nachgewiesen, gefolgt vom Jejunum und Ileum (LIESEGANG et al. 2008; RINER et al. 2008). Diese segmentale Verteilung des VDR wurde ebenso auf mRNA-Ebene bei Mäusen und Hühnern nachgewiesen (CHOW et al. 2013; HAN et al. 2018).

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VDR reguliert die Expression zahlreicher Gene, die an der zellulären Proliferation und Differenzierung, der Immunantwort sowie der Regulation der Pi- und Ca2+-Homöostase beteiligt sind (WANG et al. 2012). Durch die Bindung von Calcitriol an den VDR wird die intestinale Resorption von Pi und Ca2+, ihre Mobilisierung aus dem Knochen und die Resorption von Ca2+ in der Niere stimuliert (DELUCA 2004). Bei VDR-KO-Mäusen traten Hypokalzämie, Hypophosphatämie und Hyperparathyreoidismus auf. Ein gestörter Knochenstoffwechsel manifestierte sich in Form einer Rachitis und Osteomalazie (DEMAY 2006). Eine Studie mit Vitamin D-defizienten Ratten kam zu dem Ergebnis, dass die Expression des VDR durch seinen eigenen Liganden stimuliert wird. Die Verabreichung von Calcitriol hatte eine intestinale Expressionssteigerung des Rezeptors sowohl auf mRNA als auch auf Proteinebene zur Folge (STROM et al.

1989).

Eine weitere Studie mit Ratten ergab, dass eine P-reduzierte Fütterung in einer Expressionssteigerung des intestinalen VDR-Proteins resultiert und es wurde angenommen, dass diese durch Calcitriol vermittelt war (SRIUSSADAPORN et al.

1995). Frühere Studien mit P-depletierten Ziegen befassten sich mit der Rezeptor-Bindungsaffinität und stellten fest, dass diese bei laktierenden (SCHRÖDER et al.

1990), nicht aber bei wachsenden Ziegen erhöht war (SCHRÖDER et al. 1995b). Bei Ca2+-reduziert gefütterten Ziegen konnte eine gesteigerte mRNA-Expression des Rezeptors im Ileum gezeigt werden, während die Proteinexpression unbeeinflusst war (ELFERS et al. 2015).

19 3 Hypothesen und Zielsetzung

In diesem Versuchsvorhaben soll der intestinale Pi-Transport bei wachsenden Ziegen und dessen Modulation durch eine P-reduzierte Fütterung untersucht werden. Die folgenden Hypothesen werden aufgestellt:

I. Die Lokalisation des intestinalen Pi-Transports wird durch die diätetische P-Reduktion beeinflusst.

II. Der Umfang des transzellulären Pi-Transports nimmt in Folge der diätetischen P-Reduktion zu, indem die intestinalen Expressionen beteiligter Transportproteine wie NaPiIIb, PiT1, PiT2 und/oder Na+/K+-ATPase erhöht werden.

III. Der Umfang des parazellulären Pi-Transports nimmt in Folge der diätetischen P-Reduktion zu, indem einige TJ- und AJ-Proteine, wie Claudin-2, Claudin-12, Occludin oder ZO-1, in ihrer Expression variiert werden.

IV. Das Protein XPR1 ist im Dünndarm von wachsenden Ziegen exprimiert und an der basolateralen Pi-Ausschleusung beteiligt.

Zur Überprüfung, ob es unter einer diätetischen P-Reduktion zu einer örtlichen Verschiebung der intestinalen Pi-Resorption kommt, sollen drei verschiedene Lokalisationen des Dünndarms (Duodenum, mittleres Jejunum und Ileum) der molekularbiologischen Charakterisierung unterzogen werden. Mittels Real-Time quantitativer Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) und Western Blot-Analysen soll untersucht werden, ob die Expressionsmengen der am intestinalen Pi-Transport beteiligten oder potenziell beteiligten Proteine segmental verschieden sind und ob es unter dem angewandten Fütterungsregime zu einer molekularen Anpassung kommt.

In Ussing-Kammern sollen funktionale Untersuchungen des intestinalen Pi-Transports durchgeführt werden. Dabei liegt der Fokus auf dem Duodenum und Ileum, da diese Darmsegmente hinsichtlich des Pi-Transports bei wachsenden Ziegen im Vergleich zum Jejunum weniger erforscht sind. Durch die gezielte Hemmung der transzellulären bzw. parazellulären Pi-Transportroute soll der jeweilige Anteil am Gesamt-Pi-Transport bestimmt werden und ob die P-reduzierte Fütterung diese Verhältnisse beeinflusst.

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Diese Untersuchungen sollen einen wesentlichen Beitrag zum besseren Verständnis der Regulation der Mineralstoffhomöostase, insbesondere des intestinalen Pi -Transports, durch eine P-reduzierte Fütterung bei wachsenden Ziegen leisten.

21 4 Material und Methoden

4.1 Versuchstiere, Haltung und Fütterungsregime

Für dieses Versuchsvorhaben wurden 14 männliche Ziegenlämmer der Rasse Bunte Deutsche Edelziege im Alter von ca. einer Woche von einem Milchziegenbetrieb aus der Region Hannover bezogen und anhand der Bildung annähernd gewichtsgleicher Paare per Zufallsprinzip in zwei Gruppen mit jeweils sieben Tieren eingeteilt. Die Unterbringung erfolgte im Stallgebäude des Instituts für Physiologie und Zellbiologie in zwei Abteilen mit einer jeweiligen Grundfläche von ca. acht Quadratmetern und Sägemehleinstreu.

Zunächst erfolgte dreimal täglich, um 07:30, 13:00 und 19:00 Uhr, die tierindividuelle Fütterung mit einem handelsüblichen Milchaustauscher für Lämmer (Sprayfo, Trouw Nutrition Deutschland GmbH, Diepholz) aus Nuckelflaschen. Innerhalb einer Woche wurden die Ziegen an das gemeinsame Trinken aus Nuckeleimern gewöhnt.

Weizenstroh und Wasser standen den Tieren ad libitum zur Verfügung. Im Alter von sechs Lebenswochen (LW) und einem durchschnittlichen Körpergewicht von 13,7 kg erfolgte die schrittweise Gewöhnung an das pelletierte Kontrollfutter in Einzelfütterung, indem mittags statt des Milchaustauschers das pelletierte Futter angeboten wurde.

Nach zwei Wochen wurde auch die morgendliche Fütterung mit Milchaustauscher auf das pelletierte Kontrollfutter umgestellt und eine weitere Woche später erfolgte im Alter von 9 LW die vollständige Umstellung auf die zweimal tägliche Fütterung des pelletierten Kontrollfutters um 7:30 und 15:00 Uhr. Innerhalb der fünf darauffolgenden Tage wurde das Kontrollfutter in einer Gruppe schrittweise durch das P-reduzierte Versuchsfutter ersetzt.

Der Abschluss dieser Adaptationsphase markierte den Versuchsbeginn. Die Menge des pelletierten Futters pro Tag und Tier von 55 g ursprüngliche Substanz (uS) pro Kilogramm metabolisches Körpergewicht (55 g uS/kg KGW0,75/d) entsprach jener einer früheren Arbeit mit wachsenden Ziegen (COX 2013). Die Menge (kg uS) des in Gruppenfütterung angebotenen Weizenstrohs entsprach ab der vollständigen Futterumstellung 25 % jener des pelletierten Futters. Die Futteraufnahme wurde im Fall des pelletierten Futters tierindividuell und im Fall des Weizenstrohs durch

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Gruppenmittelwerte anhand der Differenz zwischen angebotener und verweigerter Futtermenge ermittelt. Durch wöchentliches Wiegen der Ziegen wurde die Futtermenge kontinuierlich angepasst.

4.2 Futter

Die verwendeten pelletierten Futter wurden bei einem kommerziellen Futtermittelhersteller in Auftrag gegeben (ssniff Spezialdiäten GmbH, Soest). Die Gehalte an Trockensubstanz (TS), Rohasche, Rohprotein, Rohfett und Rohfaser im pelletierten Futter sowie im Weizenstroh wurden mittels Weende-Analyse bestimmt, welche die Standardmethode des Verbandes Deutscher Landwirtschaftlicher Untersuchungs- und Forschungsanstalten (VDLUFA) ist (NAUMANN u. BASSLER 1976). Die Gehalte an Neutral-Detergenzien-Faser nach Amylasebehandlung und Säure-Detergenzien-Faser wurden mit der Van Soest-Methode bestimmt und auf die organische Substanz korrigiert (aNDFom; ADFom) (VAN SOEST et al. 1991). Die P-Gehalte in der TS betrugen für das Kontrollfutter 0,48 % und für das P-reduzierte Futter 0,11 %. Die beiden pelletierten Futter waren isoenergetisch (ca. 12,9 MJ ME/kg TS) und enthielten vergleichbare Mengen an Ca2+ (ca. 12,5 g/kg TS). Die Komponenten und die Zusammensetzung der Futtermittel sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1. Komponenten und Zusammensetzung des Weizenstrohs und der pelletierten Futter.

Elemente Weizenstroh Kontrolle P-Reduktion

Komponenten (g/kg uS)

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uS, ursprüngliche Substanz; TS, Trockensubstanz; u. N., unter Nachweisgrenze; ME, metabolisierbare Energie; ADFom, Säure-Detergenzien-Faser nach Veraschung; aNDFom, Neutral-Detergenzien-Faser nach Amylasebehandlung und Veraschung. * Die Zusammensetzung wurde vom Verband der Deutschen Landwirtschaftlichen Untersuchungs-

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und Forschungsanstalt (VDLUFA) analysiert. † Vormischung Mineralstoffe und Vitamine pro kg: 0,2 g P; 12,1 g Ca; 1,7 g Na; 2,2 g Mg; 1.200.000 IE Vitamin A; 120.000 IE Vitamin D;

10.000 mg Vitamin E; 675 mg Vitamin K; 4.960 mg Fe; 6.336 mg Zn; 501 mg Cu; 3.000 mg Mn; 201 mg Co; 15 mg Se; 202 mg I. ‡ Sipernat 22S (Evonik Industries AG, Essen) ist eine feinpartikuläre Kieselsäure, die in der Lebens- und Futtermittelindustrie als hochsaugfähige Trägersubstanz, Fließregulator, Antibackmittel und Antistaubmittel eingesetzt wird.

4.3 Probenahmen intestinaler Gewebe und Körperflüssigkeiten

Nach einer Versuchsdauer von fünf bis sieben Wochen wurde gruppenalternierend täglich ein Tier per Bolzenschuss betäubt und mittels Kehlschnitt durch Ausbluten getötet. Kurz vor der Schlachtung wurden Blut- und Speichelproben entnommen. Die Blutentnahme von je 9 ml erfolgte durch die Punktion der äußeren Jugularvene mit Lithium-Heparin- und EDTA-beschichteten Monovetten® sowie Serum-Monovetten® (Sarstedt AG & Co. KG, Nümbrecht). Durch die Zentrifugation des Vollbluts bei 2000 g für 15 min bei Raumtemperatur (RT) wurde Plasma gewonnen. Die Speichelprobengewinnung erfolgte mittels Salivette® (Sarstedt AG & Co. KG, Nümbrecht), indem ein Wattetupfer mit einer Arterienklemme für 2 min in der Wangentasche der Ziegen platziert und anschließend im Probengefäß bei 1000 g für 2 min bei RT zentrifugiert wurde. Aus Pansen und Labmagen wurden je 50 ml Flüssigkeit entnommen. Die Blut- und Speichelproben sowie die Flüssigkeiten aus Pansen und Labmagen wurden bei -20 °C gelagert.

Teile des Duodenums, mittleren Jejunums und Ileums wurden innerhalb von 5 min nach dem Tod des Tieres entnommen. Für die Ussing-Kammer-Versuche wurden Teile des Duodenums und Ileums mit eiskalter Kochsalzlösung (0,9 %, w/v) gespült, entlang der Mesenteriallinie eröffnet und in einer modifizierten glucosehaltigen Krebs-Henseleit-Pufferlösung unter Carbogenbegasung (95 % O2, 5 % CO2) für die weitere Präparation aufbewahrt. Für die RNA-Isolierung und die Gesamtmembranpräparation wurde die Tunica mucosa aller entnommenen Darmsegmente abgestreift, in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei -80 °C gelagert.

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4.4 Funktionale Untersuchung intestinaler Epithelien

Ussing-Kammern ermöglichen die Charakterisierung transepithelialer Transportvorgänge, indem sie Daten für die Bestimmung von Fluxraten und elektrophysiologischer Parameter generieren. Die Experimente wurden mit duodenalen und ilealen Gewebeproben unter Verwendung von zwölf Ussing-Kammern für jedes Segment durchgeführt. Nach der Entfernung der Tunica serosa und der Tunica muscularis wurde die verbleibende Tunica mucosa zwischen die beiden Hälften der Inkubationskammer mit einer exponierten serosalen Fläche von 1,0 cm² montiert, sodass jede Kammer in ein mukosales und ein serosales Kompartiment unterteilt wurde (Abbildung 7).

Beide Seiten des Gewebes wurden mit 10 ml einer 38 °C warmen Pufferlösung inkubiert, die kontinuierlich mit Carbogen begast und so auf einen pH-Wert von 7,4 eingestellt wurden. Dieser pH-Wert entspricht jenem der extrazellulären Flüssigkeit.

Beide Pufferlösungen enthielten (mmol•l-1) 113,6 NaCl, 5,4 KCl, 0,2 HCl (1n), 1,2 MgCl2•6H2O, 21,0 NaHCO3, 1,2 CaCl2•2H2O, 1,2 Na2HPO4•2H2O, 1,2 Mannitol und 0,01 Indomethacin. Letzteres ist ein unspezifischer Hemmstoff der Cyclooxygenasen, der zur Vorbeugung von Prostaglandin-vermittelten Gewebsreaktionen eingesetzt wird. Der serosale Puffer enthielt außerdem (mmol•l-1) 10,0 Glucose, 6,0 Na+-Gluconat und 7,0 4-(2-Hydroxyethyl)-1-piperazinethansulfonsäure (HEPES), während dem mukosalen Puffer 6,0 NaOH (1n) und 20,0 HEPES zugesetzt wurden.

Am Ende des Experiments wurde Na+-Arsenat (5 mmol•l-1) oder 2,4,6-Triaminopyrimidin (TAP) (20 mmol•l-1) auf die mukosale Seite von jeweils vier Kammern zugegeben. Als kompetitiver Inhibitor des Na+-abhängigen Pi-Transports wird Na+-Arsenat verwendet, um den transzellulären Pi-Weg zu untersuchen (BUSCH et al. 1996). TAP wird für die Untersuchung des parazellulären Pi-Wegs eingesetzt, da es TJ-Proteine blockiert (MORENO 1975; SIMMONS u. NAFTALIN 1976) und somit den parazellulären Pi-Transport hemmen soll. Die übrigen vier Kammern waren Zeitkontrollen, denen keine Inhibitoren zugesetzt wurden.

26 4.4.1 Fluxratenbestimmung

Die Untersuchung der transepithelialen Fluxraten von Pi im Duodenum und Ileum, welche auf der Radioisotopentracer-Technik basiert, wurde nach etablierten Protokollen unter Verwendung von ³²P und ³H(-Mannitol) als Radioisotopentracer durchgeführt (SCHRÖDER et al. 1995a). ³²P wurde verwendet, um den Gesamt-Pi -Transport nachzuvollziehen, während (3H-)Mannitol den parazellulären Pi-Transport markierte (AUCHERE et al. 1998). Nach einer Äquilibrierungszeit von 5-10 min wurden 148 kBq des jeweiligen Radioisotops entweder auf der serosalen oder mukosalen Seite jeder Ussing-Kammer zugegeben.

Über einen Zeitraum von 60 min wurden im Abstand von 15 min Proben (500 µl) von der nicht radioaktiv markierten Seite entnommen und sofort durch gleiche Volumina der jeweiligen Pufferlösung ersetzt. Zusätzlich wurden zu Beginn und am Ende des Experiments Proben (50 µl) von der radioaktiv markierten Seite entnommen. Um Aufschluss über den jeweiligen Anteil des transzellulären und parazellulären Pi

Über einen Zeitraum von 60 min wurden im Abstand von 15 min Proben (500 µl) von der nicht radioaktiv markierten Seite entnommen und sofort durch gleiche Volumina der jeweiligen Pufferlösung ersetzt. Zusätzlich wurden zu Beginn und am Ende des Experiments Proben (50 µl) von der radioaktiv markierten Seite entnommen. Um Aufschluss über den jeweiligen Anteil des transzellulären und parazellulären Pi