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2.2 Besonderheiten der Wiederkäuer

2.2.2 Endogener Phosphatkreislauf

Zur Aufrechterhaltung des physiologischen Milieus im Vormagensystem spielt Pi eine wichtige Rolle, da es zum einen für die Synthese mikrobieller Zellmasse sowie für mikrobielle Stoffwechselvorgänge benötigt wird (DURAND et al. 1983; MILTON u.

TERNOUTH 1984) und zum anderen, neben Bikarbonat, als Puffer der entstehenden SCFA dient (COUNOTTE et al. 1979). Zur Sicherstellung einer adäquaten Pi

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Verfügbarkeit im Reticulorumen, insbesondere in Zeiten diätetischen P-Mangels, verfügen Wiederkäuer über einen endogenen Pi-Kreislauf (Abbildung 3). In den Ohrspeicheldrüsen des Wiederkäuers, die zusammen mit den Unterkieferspeicheldrüsen, den Hauptanteil des Gesamtspeichels produzieren (SCHEUNERT u. TRAUTMANN 1921), wird Pi gegenüber dem Plasma aufkonzentriert, sodass im Speichel Pi-Konzentrationen von 12,5-32 mmol•l-1 vorherrschen (KAY 1960). Dies führt zusammen mit hohen Speichelflussraten dazu, dass bei Schafen 5-10 g und bei Rindern 30-60 g Pi pro Tag in das Vormagensystem gelangen (BREVES u. SCHRÖDER 1991). Pi aus dem Speichel und aus der Nahrung wird im Dünndarm resorbiert. Ein eventueller Überschuss wird mit dem Kot ausgeschieden, während renale Pi-Verluste bei Wiederkäuern durch die hohe Pi -Resorption in der Niere sehr gering sind (CLARK et al. 1973).

Abbildung 3. Der endogene Phosphatkreislauf der Wiederkäuer. Die grafische Gestaltung (Futter, Speicheldrüse, Knochen und Niere) wurde von Servier Medical Art (https://smart.servier.com) zur Verfügung gestellt.

8 2.3 Regulation der Phosphathomöostase

Ein feinreguliertes Zusammenspiel der intestinalen und renalen Resorption sowie der Anlagerung und Resorption von Knochenmineralien stellt bei Wirbeltieren die Plasmakonzentrationen von Pi innerhalb enger Grenzen ein. Bei Wiederkäuern wird Pi, anders als bei monogastrischen Spezies, kaum über die Nieren ausgeschieden, sodass Pi-Verluste hauptsächlich durch die fäkale Ausscheidung erfolgen (SCOTT et al. 1984).

Das Parathormon (PTH), welches von den Nebenschilddrüsen sezerniert wird, zählt zu den wichtigsten regulierenden Hormonen der Pi-Homöostase. Die PTH-Sekretionsrate ist umgekehrt proportional zur extrazellulären Ca2+-Konzentration (KEMPER et al. 1974). Eine reduzierte Pi-Konzentration im Plasma wirkt sich hingegen hemmend auf die PTH-Sekretion aus (MOALLEM et al. 1998) (Abbildung 4). In der Niere wirkt PTH hemmend auf die Resorption von Pi in den proximalen Tubuli (FORSTER et al. 2006) und stimulierend auf die Resorption von Ca2+ in den distalen Tubuli (FRIEDMAN u. GESEK 1993). Eine anhaltende Exposition gegenüber PTH fördert die Resorption von Knochenmineralien, sodass Pi und Ca2+ freigesetzt werden (KOUSTENI u. BILEZIKIAN 2008). Zudem wirkt PTH stimulierend auf das renale Enzym 1α-Hydroxylase (CYP27B1), welches für die Konversion des biologisch inaktiven Vitamin D-Prohormons 25-Hydroxyvitamin D3 (Calcidiol) zum biologisch aktiven 1,25-Dihydroxyvitamin D3 (Calcitriol) verantwortlich ist (GAO et al. 2002).

Versuche an Rindern haben gezeigt, dass der CYP27B1-stimulierende Effekt des PTH nicht absolut ist, da die Verabreichung hoher Dosen PTH nach kurzer Zeit zu einer Hyperkalzämie führt, wodurch die Calcitriolsynthese nahezu vollständig gehemmt wird (HOVE et al. 1984). Während bei monogastrischen Spezies, wie beispielsweise Hühnern, Schweinen und Ratten, reduzierte Plasmakonzentration sowohl von Pi als auch von Ca2+ die Calcitriolsynthese stimulieren (HUGHES et al. 1975; BAXTER u.

DELUCA 1976; SOMMERVILLE et al. 1985), trifft dies bei Wiederkäuern nur dann zu, wenn Ca2+, nicht aber, wenn Pi reduziert ist (ABDEL-HAFEEZ et al. 1982; MAUNDER et al. 1986; ELFERS et al. 2015).

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Sowohl Calcitriol (KOWARSKI u. SCHACHTER 1969; SCHRÖDER u. BREVES 1996;

DANISI u. MURER 2011; HERNANDO et al. 2020) als auch ein diätetischer P-Mangel (JUNGBLUTH u. BINSWANGER 1989; SCHRÖDER et al. 1995a; HUBER et al. 2002) bewirken in verschiedenen Spezies inklusive der Wiederkäuer eine Steigerung der intestinalen Pi-Resorption. Calcitriol ist außerdem für einen normalen Knochenstoffwechsel essenziell, da es die Aktivität von Osteoblasten direkt und von Osteoklasten indirekt stimuliert (MCSHEEHY u. CHAMBERS 1987). Darüber hinaus wirkt Calcitriol hemmend auf die eigene Synthese in der Niere (OMDAHL et al. 2001).

An der Regulation der Pi-Homöostase ist außerdem der von Osteozyten synthetisierte Fibroblasten-Wachstumsfaktor 23 (FGF23) beteiligt. Stimulierend auf dessen Freisetzung wirken sich eine Hyperphosphatämie (BURNETT et al. 2006) sowie erhöhte Calcitriolspiegel aus (NISHI et al. 2005). Interessanterweise hatte in Untersuchungen mit menschlichen Patienten eine PTH-Injektion eine Hypophosphatämie und den Anstieg der Konzentrationen von Calcitriol und FGF23 zur Folge. Daraus wurde geschlossen, dass Calcitriol trotz eines niedrigen Plasma-Pi

stimulierend auf die FGF23-Sekretion wirkt (BURNETT‐BOWIE et al. 2009). Im Fall einer Hyperphosphatämie jedoch, die bei PTH-KO-Mäusen bestand, kam es zu einer Steigerung der FGF23-Spiegel, obwohl die Calcitriol-Konzentration unverändert oder reduziert war, sodass hier der regulierende Einfluss des erhöhten Plasma-Pi zu dominieren scheint (BAI et al. 2007).

Durch FGF23 wird die Pi-Konzentration im Plasma reduziert, indem die Pi-Resorption sowohl in der Niere (BIBER et al. 2009) als auch im Darm gehemmt wird. Letzteres wurde in Versuchen mit intestinalen Bürstensaum-Membranvesikeln (BBMV) von Mäusen demonstriert, bei denen die Aktivität und die Proteinexpression eines NaPi-Cotransporters (NaPiIIb) unter dem Einfluss von FGF23 reduziert waren (MIYAMOTO et al. 2005). Außerdem bewirkt FGF23 eine verminderte PTH-Sekretion (BEN-DOV et al. 2007), sodass eine reduzierte Freisetzung von Pi aus dem Knochen die Folge ist.

Auf CYP27B1 hat FGF23 ebenfalls einen hemmenden Einfluss (SHIMADA et al.

2004), wodurch weniger Calcitriol stimulierend auf die intestinale Pi-Resorption wirkt.

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Außerdem wird diskutiert, ob die Pi-Sekretion in den Speicheldrüsen der Wiederkäuer einer Regulation unterliegt und so zur Aufrechterhaltung der Pi-Homöostase beiträgt.

Eine direkte Abhängigkeit der Pi-Konzentration im Speichel von jener im Plasma wurde in verschiedenen Studien beschrieben. So hatte eine reduzierte Pi-Konzentration im Plasma von Rindern eine geringere Pi-Konzentration im Speichel zur Folge (VALK et al. 2002), während eine Hyperphosphatämie, die bei Rindern und Ziegen per intravenöser Infusion herbeigeführt wurde, mit einer gesteigerten Pi-Konzentration im Speichel einherging (RIAD et al. 1987; WIDIYONO et al. 1998).

2.4 Phosphatresorption im Dünndarm

Pi wird im Dünndarm transzellulär und parazellulär resorbiert (Abbildung 5). Bei Wiederkäuern erfolgt der Großteil der intestinalen Pi-Resorption im mittleren Jejunum (SCHARRER 1985). Die transzelluläre Pi-Resorption ist ein sekundär-aktiver Prozess, der durch apikal in der Zellmembran der Enterozyten lokalisierte Pi-Transportproteine der SLC34 (NaPiIIb)- und SLC20 (PiT1 und PiT2)-Familien vermittelt wird. Zu dessen Antrieb dient ein Na+- Gradient, welcher von der Na+/K+-ATPase generiert wird.

Abbildung 4. Adaptationsprozesse bei Hypophosphatämie und Hyperphosphatämie in monogastrischen Spezies (modifiziert nach BREVES u. SCHRÖDER (1991)).

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Als Teil der transzellulären Pi-Transportroute muss neben der apikalen Aufnahme die basolaterale Ausschleusung des Pi aus der Zelle berücksichtigt werden. Hierfür wird der Xenotropic and polytropic retrovirus receptor 1 (XPR1) verantwortlich gemacht.

Der parazelluläre Pi-Transport erfolgt durch passive Diffusion, angetrieben durch den elektrochemischen Gradienten, der zwischen der Lumenseite und der Blutseite des Epithels besteht. Für einige Tight Junction(TJ)- und Adherens Junction(AJ)-Proteine, welche im interzellulären Raum des Darmepithels lokalisiert sind, ist eine Beteiligung an der Regulation des parazellulären Ionentransports beschrieben worden, welche möglicherweise die Pi-Resorption mit einschließt. Im Folgenden wird auf jene Proteine im Detail eingegangen, deren Expressionen in dieser Studie untersucht werden.

2.4.1 Na+/K+-ATPase

Die Na+/K+-ATPase ist ein in der basolateralen Zellmembran lokalisiertes Transmembranprotein, welches in allen tierischen Zellen vorkommt. Als Na+/K+ -Antiporter katalysiert sie unter Verbrauch des zellulären Energieträgers ATP den Transport von drei Na+-Ionen aus der Zelle hinaus und zwei K+-Ionen in die Zelle hinein, jeweils entgegen dem Konzentrationsgefälle. Die so generierten Na+- und K+ -Gradienten dienen als Antrieb für die Erzeugung sowie die De- und Repolarisation

Abbildung 5. Epitheliale Transportvorgänge im Dünndarm.

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eines Membranpotentials, für die Regulierung der zytoplasmatischen Ionenzusammensetzung sowie des Zellvolumens und für transmembrane Transportvorgänge, wie z. B. die sekundär-aktiven Transporte von Glucose und Aminosäuren gegen das Konzentrationsgefälle (SKOU u. ESMANN 1992).

Verschiedene Hormone, darunter Aldosteron, Adrenalin, Schilddrüsenhormone, Wachstumsfaktoren und Insulin beeinflussen die Aktivität der Na+/K+-ATPase kurz- oder langfristig (EWART u. KLIP 1995). Eine Beeinflussung der intestinalen Expression des Enzyms durch die Fütterung wurde anhand von Na+-reduziert gefütterten Hühnern beschrieben, bei denen die mRNA-Expression der Na+/K+ -ATPase im Jejunum erhöht war (GAL-GARBER et al. 2003). Eine N-reduzierte Fütterung von Ziegen hatte keinen Einfluss auf die jejunale Na+/K+ -ATPase-Proteinexpression (MUSCHER et al. 2012), während in der Nierenrinde eine verminderte Proteinexpression unter einer diätetischen N-Reduktion und einer kombinierten Reduktion von N und Ca2+ beschrieben wurde, die positiv mit der mRNA-Expression korrelierte (FIRMENICH et al. 2018). In einer weiteren Studie konnte eine reduzierte Proteinexpression der Na+/K+-ATPase im mittleren Jejunum unter einer Ca2+-reduzierten Fütterung gezeigt werden (ELFERS et al. 2015).

2.4.2 NaPi-Cotransporter Typ II

Der sekundär-aktive Typ II NaPi-Cotransporter NaPiIIb (SLC34A2) ist in Dünndarm, Lunge, Uterus, Hoden, Speichel- und Milchdrüsen exprimiert (FEILD et al. 1999;

NISHIMURA u. NAITO 2008). Angetrieben wird dieser durch das Na+ -Konzentrationsgefälle, welches durch die Na+/K+-ATPase unter ATP-Verbrauch generiert wird. Der Transporter besitzt eine höhere Affinität für die divalente Form des Pi, sodass bei einer Stöchiometrie von 3:1, Na+:HPO42-, mit jedem Pi-Ion eine positive Ladung von der mukosalen zur serosalen Seite des Epithels gelangt (MARKS et al.

2010).

Die segmentale Verteilung von NaPiIIb entlang des Dünndarms variiert zwischen den Spezies. Bei Mäusen ist NaPiIIb am stärksten im Ileum exprimiert (RADANOVIC et al.

2005), während die Expression des Transporters bei Ratten vor allem im Duodenum und Jejunum nachgewiesen wurde und entlang des Dünndarms bis hin zum Ileum

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abnimmt (GIRAL et al. 2009). Im Duodenum von Wiederkäuern ist NaPiIIb nahezu abwesend, jedoch im Jejunum und am umfangreichsten im Ileum nachweisbar (FOOTE et al. 2011; ELFERS et al. 2015).

Dass der aktive Pi-Transport im Dünndarm hauptsächlich durch NaPiIIb vermittelt ist, wurde an NaPiIIb-knockout(KO)-Mäusen demonstriert, bei denen die Pi-Resorption nach einer Pi-Bolusgabe zu etwa 50 % geringer war als beim Wildtyp (SABBAGH et al. 2009). Untersuchungen mit BBMV aus dem Dünndarm von Mäusen ergaben außerdem, dass die durch eine P-Depletion induzierte Stimulation des Pi-Transports auf eine Expressionssteigerung von NaPiIIb zurückzuführen ist (HATTENHAUER et al. 1999). Auch eine erhöhte Pi-Resorption im Jejunum von P-reduziert gefütterten Ziegen wurde als Folge der gesteigerten Proteinexpression von NaPiIIb gewertet (HUBER et al. 2002). Frühere Studien mit Ziegen und Schafen zeigten ebenfalls gesteigerte intestinale Pi-Resorptionsraten infolge einer P-Depletion, wobei anders als bei monogastrischen Spezies beschrieben, keine Erhöhung des Plasma-Calcitriols auftrat (BREVES et al. 1985; SCHRÖDER et al. 1995a).

Obwohl bei monogastrischen Spezies eine P-reduzierte Fütterung einen Anstieg der Calcitriolsynthese zur Folge hat und die Stimulation der NaPiIIb-Expression durch die Verabreichung von Calcitriol in Versuchen mit Ratten und Mäusen nachgewiesen wurde (CAO et al. 2016; HERNANDO et al. 2020), scheint auch bei Mäusen eine Vitamin D-unabhängige Regulation der intestinalen Pi-Resorption zu existieren. So konnte gezeigt werden, dass die Expression von NaPiIIb in VDR- und CYP27B1-KO-Mäusen unter einer P-Depletion in gleicher Weise reguliert war wie in Artgenossen des Wildtyps (CAPUANO et al. 2005). Eine Studie mit P-reduziert gefütterten Mäusen zeigte, dass die erhöhte Expression des renalen NaPiIIa durch eine gesteigerte Expression des Transkriptionsfaktors µE3 (TFE3) vermittelt war, welcher die Expression des Transportergens über Pi-response-Elemente in dessen Promoter-Sequenz stimuliert (KIDO et al. 1999; MIYAMOTO u. ITHO 2001). Dieser Mechanismus wird auch für die fütterungsinduzierte Expressionssteigerung von NaPiIIb im Dünndarm von Mäusen in Betracht gezogen (SEGAWA et al. 2004) und könnte daher möglicherweise auch für den Wiederkäuer gelten.

14 2.4.3 NaPi-Cotransporter Typ III

Die Pi-Transporter der SLC20-Familie wurden zunächst als die retroviralen Rezeptoren Gibbon ape leukemia virus receptor-1 (Glvr-1) und Rat amphotropic virus receptor-1 (Ram-1) identifiziert (JOHANN et al. 1992; MILLER et al. 1994). In späteren Studien wurde ihre Funktion als Na+-abhängige Pi-Transporter festgestellt und es erfolgte die Umbenennung in Phosphattransporter 1 (PiT1) und Phosphattransporter 2 (PiT2) (KAVANAUGH et al. 1994; KAVANAUGH u. KABAT 1996). Wie auch bei den Transportern der SLC34-Familie handelt es sich bei PiT1 und PiT2 um sekundär-aktive NaPi-Cotransporter, die durch den Na+-Gradienten der Na+/K+-ATPase-Aktivität energetisiert werden.

PiT1 und PiT2 sind in zahlreichen Geweben des Körpers, einschließlich Lunge, Darm, Leber und Knochen, lokalisiert (FORSTER et al. 2013). Neben der Bedeutung für die Vermittlung der Knochenmineralisation (CAVERZASIO u. BONJOUR 1996;

GUICHEUX et al. 2000) wird ihnen aufgrund der ubiquitären Verteilung eine Housekeeping-Funktion der zellulären Pi-Homöostase zugeschrieben (KAVANAUGH u. KABAT 1996; FREI et al. 2005; NISHIMURA u. NAITO 2008). Anders als die Typ II NaPi-Cotransporter transportieren PiT1 und PiT2 bevorzugt die monovalente Pi -Spezies. Bei einer Stöchiometrie von 2:1, Na+:H2PO4-, transportieren PiT1 und PiT2 mit jedem H2PO4--Ion zwei Na+-Ionen von der mukosalen zur serosalen Seite des Epithels. Mit jedem Transportvorgang wird daher eine positive Ladung zur serosalen Seite des Epithels verschoben (MARKS et al. 2010).

Interessanterweise konnte für PiT2, nicht aber für PiT1, in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass bei sauren pH-Werten ein Na+-unabhängiger Pi-Transport möglich ist, indem Protonen (H+) als Substrat genutzt werden (BØTTGER et al. 2006;

VILLA-BELLOSTA et al. 2007). Darüber hinaus werden für PiT2 Pi-abhängige Konformationsänderungen seiner Protein-Untereinheiten an der Zelloberfläche postuliert, die sich direkt auf die Pi-Transportaktivität auswirken (SALAUN et al. 2002).

Obwohl die SLC20-Transporter im Dünndarm zahlreicher Spezies nachgewiesen wurden, wird ihr relativer Beitrag zum transzellulären Pi-Transport als gering eingeschätzt, da In-vitro-Untersuchungen mit Darmepithelien von NaPiIIb-KO-Mäusen

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ergaben, dass NaPiIIb für über 90 % des aktiven intestinalen Pi-Transports verantwortlich ist (SABBAGH et al. 2009).

PiT1 wurde bei Ziegen im proximalen sowie im mittleren Jejunum und im Ileum auf mRNA-Ebene und im mittleren Jejunum auf Proteinebene nachgewiesen (ELFERS et al. 2015). Während im Duodenum und Jejunum von Ratten sowohl PiT1 als auch PiT2 auf Proteinebene nachgewiesen wurden, war im Ileum ausschließlich PiT2 exprimiert.

Eine P-reduzierte Fütterung dieser Tiere führte in intestinalen BBMV zu einem Anstieg der Proteinexpressionen beider Transporter (CANDEAL et al. 2017). Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die mRNA-Expression von PiT1 (MIYAMOTO et al. 1999) und PiT2 (KATAI et al. 1999) in unterschiedlichen Geweben von Ratten durch Calcitriol stimuliert wird.

2.4.4 Phosphat-Exporter XPR1

Für ein besseres Verständnis des transepithelialen Pi-Weges ist es wichtig, neben der apikalen Aufnahme in die Enterozyten, den basolateralen Export des Pi

nachzuvollziehen. Der Xenotropic and polytropic retrovirus receptor 1 (XPR1) wurde vor zwei Jahrzenten als Eintrittsrezeptor für verschiedene Gammaretroviren in humane Zellen identifiziert (BATTINI et al. 1999). Neuere Experimente mit humanen Zellkulturen zeigten, dass die Depletion des XPR1 eine Abnahme des Pi-Exports zur Folge hat und dass die Wiedereinführung verschiedener XPR1-Proteine diesen Defekt behebt. In ebendieser Studie konnte zudem gezeigt werden, dass die Expression von XPR1 durch eine Reduktion des Pi-Gehalts in der Zellkulturlösung von 1mM auf 0mM unbeeinflusst blieb, sodass kein Hinweis auf eine Pi-abhängige Regulation besteht (GIOVANNINI et al. 2013).

Die XPR1-mRNA wurde in zahlreichen Geweben verschiedener Säugetiere, aber auch bei ferner verwandten Spezies wie der Fruchtfliege und dem Zebrafisch nachgewiesen, sodass eine universale Bedeutung des XPR1 für den Pi-Export in Metazoen angenommen wird (TAILOR et al. 1999; GIOVANNINI et al. 2013).

16 2.4.5 Claudine

Eine wichtige Gruppe der TJ-Proteine wird durch die Claudine repräsentiert, welche in abdichtende und permeabilitätsvermittelnde Mitglieder unterteilt werden können (MARKOV et al. 2010). Claudin-2, Claudin-12 und Claudin-15, die zur letzteren Gruppe gehören, bilden kationenselektive Poren (FUJITA et al. 2008; ROSENTHAL et al.

2020). Die Beteiligung von Claudin-2 und Claudin-12 am parazellulären Ca2+ -Transport und die Stimulation ihrer Expression sowohl auf mRNA- als auch auf Proteinebene durch Calcitriol konnte in einer In-vitro-Studie mit Enterozyten demonstriert werden (FUJITA et al. 2008). Eine Ca2+-reduzierte Fütterung führte bei Ziegen zu einer erhöhten mRNA-Expression von 2 im Ileum und von Claudin-12 im proximalen Jejunum, was auf erhöhte Calcitriolspiegel zurückgeführt wurde (ELFERS et al. 2016).

Eine Studie mit Mäusen ergab, dass Claudin-2- und Claudin-15 den parazellulären Na+-Transport regulieren und indirekt in die Resorption von Glucose, Aminosäuren und Fetten involviert sind. Ihre genetische Depletion führte zum Versterben der Jungtiere aufgrund von intestinaler Malabsorption (WADA et al. 2013). Für Claudin-1 werden abdichtende Eigenschaften angenommen, die zur Aufrechterhaltung der epithelialen Barriere und Homöostase beitragen. Claudin-1-KO-Mäuse verstarben einen Tag nach ihrer Geburt aufgrund von Dehydratation, die sich in einer runzligen Epidermis manifestierte (FURUSE et al. 2002). In einer intestinalen Zellkultur konnte gezeigt werden, dass eine durch Interferon-γ induzierte Permeabilitätssteigerung durch die Zugabe von Lubiproston gehemmt wird. Die durch das Medikament verbesserte Barrierefunktion wurde auf die Expressionssteigerung von Claudin-1 zurückgeführt (NISHII et al. 2020).

2.4.6 Zonula occludens-1

Beim Zonula occludens-1 (ZO-1) handelt es sich um ein Gerüstprotein, welches an der zytosolischen Seite der Zellmembran lokalisiert ist und durch die Vernetzung zwischen TJ-Proteinen und dem Zytoskelett für strukturelle Stabilität sorgt (STEVENSON et al.

1986; FANNING et al. 1998). Die experimentelle Depletion von ZO-1 in Madin-Darby canine kidney epithelial(MDCK)-Zellen führte zu morphologischen Veränderungen der

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Zellen und zu einer Permeabilitätssteigerung für Makromoleküle, sodass eine Beeinträchtigung der epithelialen Barriere durch den Verlust von ZO-1 angenommen wird (VAN ITALLIE et al. 2009).

2.4.7 Occludin

Ein weiteres TJ-Protein, welches die transepitheliale Permeabilität von Makromolekülen reguliert, ist das Occludin. In-vitro- und Ex-vivo-Studien mit Darmzellen der Cancer coli-2(CaCo-2)-Linie bzw. mit Darmepithelien von Mäusen ergaben, dass die genetische Ausschaltung von Occludin eine erhöhte epitheliale Permeabilität, insbesondere für Makromoleküle zur Folge hat, ohne dass dabei der transepitheliale elektrische Widerstand beeinträchtigt wurde (AL-SADI et al. 2011).

2.4.8 Cadherin-17

Cadherine zählen zu den AJ-Proteinen, die zusammen mit den TJ-Proteinen den junktionalen Komplex bilden. Sie sind Ca2+-abhängige Transmembranproteine, die zum einen zur strukturellen Stabilität und Integrität von Epithelien beitragen und zum anderen in biologische Prozesse wie die Zellkommunikation, Morphogenese und Angiogenese involviert sind (ANGST et al. 2001). Cadherin-17 ist bei Menschen und Mäusen im Darm exprimiert und kommt bei Ratten außerdem in der Leber vor (GESSNER u. TAUBER 2000). In Ex-vivo-Studien mit Darmsegmenten von Cadherin-17-KO-Mäusen wurde eine gesteigerte Permeabilität für große Moleküle festgestellt (CHANG et al. 2018). Bei Ziegen führte eine Ca2+-reduzierte Fütterung zu einer gesteigerten mRNA-Expression von Cadherin-17 im proximalen Jejunum (ELFERS et al. 2016).

2.4.9 Vitamin D-Rezeptor

Der kernständige Vitamin D-Rezeptor (VDR) ist ein Liganden-aktivierter Transkriptionsfaktor und Teil der Steroidrezeptor-Superfamilie. Im Darm von Wiederkäuern wurde immunhistochemisch die größte Menge an VDR im Duodenum nachgewiesen, gefolgt vom Jejunum und Ileum (LIESEGANG et al. 2008; RINER et al. 2008). Diese segmentale Verteilung des VDR wurde ebenso auf mRNA-Ebene bei Mäusen und Hühnern nachgewiesen (CHOW et al. 2013; HAN et al. 2018).

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VDR reguliert die Expression zahlreicher Gene, die an der zellulären Proliferation und Differenzierung, der Immunantwort sowie der Regulation der Pi- und Ca2+-Homöostase beteiligt sind (WANG et al. 2012). Durch die Bindung von Calcitriol an den VDR wird die intestinale Resorption von Pi und Ca2+, ihre Mobilisierung aus dem Knochen und die Resorption von Ca2+ in der Niere stimuliert (DELUCA 2004). Bei VDR-KO-Mäusen traten Hypokalzämie, Hypophosphatämie und Hyperparathyreoidismus auf. Ein gestörter Knochenstoffwechsel manifestierte sich in Form einer Rachitis und Osteomalazie (DEMAY 2006). Eine Studie mit Vitamin D-defizienten Ratten kam zu dem Ergebnis, dass die Expression des VDR durch seinen eigenen Liganden stimuliert wird. Die Verabreichung von Calcitriol hatte eine intestinale Expressionssteigerung des Rezeptors sowohl auf mRNA als auch auf Proteinebene zur Folge (STROM et al.

1989).

Eine weitere Studie mit Ratten ergab, dass eine P-reduzierte Fütterung in einer Expressionssteigerung des intestinalen VDR-Proteins resultiert und es wurde angenommen, dass diese durch Calcitriol vermittelt war (SRIUSSADAPORN et al.

1995). Frühere Studien mit P-depletierten Ziegen befassten sich mit der Rezeptor-Bindungsaffinität und stellten fest, dass diese bei laktierenden (SCHRÖDER et al.

1990), nicht aber bei wachsenden Ziegen erhöht war (SCHRÖDER et al. 1995b). Bei Ca2+-reduziert gefütterten Ziegen konnte eine gesteigerte mRNA-Expression des Rezeptors im Ileum gezeigt werden, während die Proteinexpression unbeeinflusst war (ELFERS et al. 2015).

19 3 Hypothesen und Zielsetzung

In diesem Versuchsvorhaben soll der intestinale Pi-Transport bei wachsenden Ziegen und dessen Modulation durch eine P-reduzierte Fütterung untersucht werden. Die folgenden Hypothesen werden aufgestellt:

I. Die Lokalisation des intestinalen Pi-Transports wird durch die diätetische P-Reduktion beeinflusst.

II. Der Umfang des transzellulären Pi-Transports nimmt in Folge der diätetischen P-Reduktion zu, indem die intestinalen Expressionen beteiligter Transportproteine wie NaPiIIb, PiT1, PiT2 und/oder Na+/K+-ATPase erhöht werden.

III. Der Umfang des parazellulären Pi-Transports nimmt in Folge der diätetischen P-Reduktion zu, indem einige TJ- und AJ-Proteine, wie Claudin-2, Claudin-12, Occludin oder ZO-1, in ihrer Expression variiert werden.

IV. Das Protein XPR1 ist im Dünndarm von wachsenden Ziegen exprimiert und an der basolateralen Pi-Ausschleusung beteiligt.

Zur Überprüfung, ob es unter einer diätetischen P-Reduktion zu einer örtlichen Verschiebung der intestinalen Pi-Resorption kommt, sollen drei verschiedene Lokalisationen des Dünndarms (Duodenum, mittleres Jejunum und Ileum) der molekularbiologischen Charakterisierung unterzogen werden. Mittels Real-Time quantitativer Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) und Western Blot-Analysen soll untersucht werden, ob die Expressionsmengen der am intestinalen Pi-Transport beteiligten oder potenziell beteiligten Proteine segmental verschieden sind und ob es unter dem angewandten Fütterungsregime zu einer molekularen Anpassung kommt.

Zur Überprüfung, ob es unter einer diätetischen P-Reduktion zu einer örtlichen Verschiebung der intestinalen Pi-Resorption kommt, sollen drei verschiedene Lokalisationen des Dünndarms (Duodenum, mittleres Jejunum und Ileum) der molekularbiologischen Charakterisierung unterzogen werden. Mittels Real-Time quantitativer Polymerase-Kettenreaktion (qPCR) und Western Blot-Analysen soll untersucht werden, ob die Expressionsmengen der am intestinalen Pi-Transport beteiligten oder potenziell beteiligten Proteine segmental verschieden sind und ob es unter dem angewandten Fütterungsregime zu einer molekularen Anpassung kommt.