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2.6.1. Mikrobiologische Verfahren

In Deutschland ist seit 2005 eine amtliche Methode nach § 64 LFGB für den Nachweis von Yersinia enterocolitica aus Lebensmitteln festgeschrieben. Grundlage

für diese Methode ist das schon früher in Europa etablierte Verfahren nach ISO 10273 (DRAFT INTERNATIONAL STANDARD 1993).

2.6.1.1 Voranreicherung

Der Nachweis von Yersinia enterocolitica aus Lebensmitteln setzt in der Regel spezielle Anreicherungsverfahren voraus, denn häufig sind Lebensmittelproben mit einer hohen Hintergrundflora belastet, die es zu minimieren gilt. Es stehen hierzu verschiedene nichtselektive, wenig selektive und selektive Anreicherungsmedien zur Verfügung. Diese dienen dem Zweck, den Zielkeim von relativ niedrigen Ausgangskeimgehalten in dem Lebensmittel auf ein nachweisbares Niveau anzuheben und/oder die unerwünschte Hintergrundflora zu unterdrücken und so den Nachweis zu erleichtern (DEDIÉ et al. 1993). Bei den nichtselektiven Anreicherungsverfahren sind vor allem die phosphatgepufferte Salzlösung (PBS), Brain-Heart-Infusion (BHI) oder Caseinpepton-Sojamehlpepton-Bouillon (CASO) zu nennen.

Bei dem Kälteanreicherungsverfahren macht man sich die psychrotrophen Eigenschaften von Yersinia enterocolitica zunutze (SCHIEMANN 1989). Hierbei wird eine nichtselektive phosphatgepufferte Kochsalzlösung mit dem Untersuchungs-material beimpft und bei +4°C für 14 bis 21 Tage bebrütet. Stämme von Yersinia enterocolitica können sich im Gegensatz zu der Hintergrundflora bei diesen Temperaturen besser vermehren und so den anschließenden Nachweis mit Selektivnährböden ermöglichen. Dieses Vorgehen findet vor allem bei klinischem Material Anwendung, hat sich aber für den Nachweis aus Lebensmitteln als weniger geeignet erwiesen (Bucher 2001). Da dieses Verfahren sehr zeitaufwendig ist, wurden verschiedene Selektivnährmedien entwickelt, die einen Nachweis auch bei höheren Bebrütungstemperaturen zulassen. Hier sind vor allem die Irgasan-Ticarcillin-Novobiocin-Bouillon (ITC) und die modifizierte Rappaport Bouillon (MRB) zu nennen, die durch eine geeignete Supplementierung das Wachstum der

unerwünschten Begleitflora weitgehend unterdrücken. Das modifizierte Rappaportmedium stellt eine Weiterentwicklung des in der Salmonellen-Diagnostik gebräuchlichen Rappaportmediums dar (WAUTERS 1973). Eine von AULISIO et al.

(1980) vorgeschlagene Methode beinhaltet einen KOH –Behandlungsschritt. Hierbei wird die Anreicherungskultur vor dem Ausstrich auf den festen Selektivnährboden für etwa 20 Sekunden mit einer 0,5%igen Kalilauge vermischt. Stämme von Yersinia enterocolitica zeigen sich gegenüber diesem Behandlungsschritt weniger empfindlich als die Begleitflora, die unterdrückt werden soll. Dennoch ist diese Untersuchungsmethode nur als ein zusätzliches Verfahren zu verstehen, da das Risiko einer deutlichen Reduzierung der Yersinia enterocolitica Keimzahl hoch ist.

2.6.1.2. Isolierung auf festen Nährmedien

Die ersten festen Nährböden zur Isolierung von Yersinia enterocolitica leiteten sich von den gängigen Selektivnährböden für die Enterobacteriaceae-Diagnostik ab. Zur Anwendung kam hier unter anderem der MacConkey-Agar, der Salmonella-Shigella-Agar oder Desoxycholat-Citrat Salmonella-Shigella-Agar (DE BOER 1992). Hier ist aber in der Regel keine Unterscheidung zwischen Yersinia spp. und anderen Enterobacteriaceae möglich. Aus diesem Grund wurden verschiedene Selektivnährböden entwickelt, die einen gezielten Nachweis von Yersinia spp. aus verschiedenen Substraten ermöglichen (VARNHAM u. EVANS 1991). Für einen gezielten Nachweis von Stämmen des Biotyp 1 von Yersinia enterocolitica eignet sich eine modifizierte Rezeptur des MacConkey-Agars, der zu diesem Zweck mit Tween 80 supplementiert wird. Für andere Biotypen von Yersinia enterocolitica ist dieser Agar weniger geeignet (DE BOER u. SELDAM 1987). Eine Weiterentwicklung des Salmonella-Shigella-Agars stellt der SSDC-Agar (Salmonella-Shigella-Desoxycholat-Agar) dar.

Stämme von Yersinia enterocolitica zeigen eine Resistenz gegen Desoxycholat, wodurch der spezifische Nachweis dieses Keims erleichtert wird.

Einer der gebräuchlichsten Selektivnährböden für die Isolierung von Yersinia spp.

aus klinischem Material und Lebensmitteln ist der von Schiemann entwickelte CIN-Agar (Cefsulodin-Irgasan-Novobiocin-CIN-Agar) (SCHIEMANN 1979; SIERRA et al.

1996). Ausführliche Supplementstudien zeigten, dass Yersinia spp. gute Wachstums-eigenschaften bei Anwesenheit der oben genannten Zusätze besitzt und andererseits die Begleitflora wie z.B. die meisten Enterobacteriaceae unterdrückt wird. Andererseits fördert eine hochwertige Nährstoffbasis zusammen mit Pyruvat das Wachstum der Yersinien. Diese bauen das vorhandene Mannit unter Säure-bildung ab, so dass ihre Kolonien eine rote Farbe infolge des Farbumschlags des Indikators Neutralrot annehmen. Kolonien von Yersinia enterocolitica zeigen eine typische Koloniemorphologie mit einem dunkelrotem Zentrum und einer schmalen, transparenten Hämolysezone. Jedoch können Stämme von Aeromonas spp., Citrobacter spp. und Enterobacter agglomerans eine ähnliche Koloniemorphologie wie Yersinia enterocolitica auf dem CIN-Agar zeigen.

2.6.1.3. Biochemische und serologische Identifizierung

Zur Identifizierung verdächtiger Kolonien werden diese zunächst auf einen nichtselektiven Agar, beispielsweise Standard-I-Agar, überimpft und bei +25 °C für 24 Stunden inkubiert. Soll anschließend ein Plasmidnachweis durchgeführt werden, empfiehlt sich nach SCHIEMANN und WAUTERS (1992) diese Vorgehensweise, um das Risiko eines Plasmidverlustes zu minimieren. Für eine erste Orientierung eignen sich der Oxidasenachweis, das Wachstum auf Kligler-Eisen-Zweizucker-Agar und der Ureasenachweis auf Urea-Agar. Bei entsprechendem Reaktionsausfall stehen mehrere standardisierte Testsysteme zur Identifizierung von Yersinia enterocolitica zur Verfügung. Der Api 20E bietet nach einer Studie von NEUBAUER et al. (1998) eine sehr gute Möglichkeit, Yersinia enterocolitica zu identifizieren. In der Studie konnten 95 % der Yersinia enterocolitica positiven Proben korrekt bestimmt werden.

Die Biotypisierung, die ein wichtiges Kriterium zur Unterscheidung von Stämmen innerhalb der Spezies Yersinia enterocolitica darstellt, kann mit dem in Kapitel 2.1.3.

beschriebenem Biotypisierungsschema nach WAUTERS et al. (1987) erfolgen. Die in Europa vorkommenden, für den Menschen pathogenen Stämme gehören in der Regel den Biotypen 2, 3 oder 4 an. Für die eindeutige Identifizierung von Yersinia enterocolitica innerhalb der Serovarsubtypen eignen sich kommerziell erhältliche spezifische Antiserentests, die mittels Objektträgeragglutination durchgeführt werden.

2.6.1.4. Pathogenitätstests

Die Untersuchung von Pathogenitätsfaktoren von Yersinia enterocolitica umfasst sowohl plasmid- als auch chromosomalkodierte Eigenschaften. Diese können im Rahmen der bakteriologischen Untersuchung mittels verschiedener biochemischer Reaktionen festgestellt werden, nach ZINK et al. (1980) und SCHIEMANN (1989) sollte aber der mögliche Plasmidverlust infolge der Kultivierungsschritte beachtet werden. Einige dieser Untersuchungen sind auch im Routinelabor mit relativ geringem Aufwand durchführbar. Für die Untersuchung von Virulenzplasmid-tragenden Isolaten eignet sich die Autagglutination im Voges-Proskauer-Medium, zum Nachweis des Adhäsinfaktors yadA (LAIRD u. CAVANAUGH 1980;

SCHIEMANN u. DEVENISH 1982). Weitere plasmidvermittelte Reaktionen sind calciumabhängiges Wachstum bei 37°C (GEMSKI et al.1980) sowie die Bindung der Farbstoffe Kongorot und Kristallviolett bei ebenfalls 37°C (PRPIC et al. 1983;

BHADURI et al. 1987; NATTERMANN 1992).

Einige chromosomale Faktoren, die eine Unterscheidung zwischen pathogenen und apathogenen Isolaten erlauben, sind Bestandteil der schon für die Biotypisierung durchgeführten Reaktionen nach WAUTERS et al. (1987). Der Pathogenitäts-nachweis mittels Pyrazinamidaseaktivität, Salicinfermentation und Äskulinhydrolyse ist nach Ansicht von CHIESA et al. (1993) geeignet, pathogene und apathogene

Isolate zu unterscheiden. Pathogene Stämme von Yersinia enterocolitica sind pyrazinamidasenegativ, die Äskulinhydrolyse bei +25°C ist negativ, ebenso wie die Salicinfermentation bei + 35°C (FARMER et al. 1992; BOTTONE 1997).

2.6.2. Molekularbiologische Nachweismethoden

Molekularbiologische Methoden bieten bei der Diagnostik von Yersinia enterocolitica viele Vorteile, so können sie durch den gezielten Nachweis plasmidkodierter Gene den Pathogenitätsnachweis durch biochemische Methoden ersetzen. Gleichzeitig stellt es eine sehr effiziente und hoch spezifische Methode für den Nachweis von Yersinia enterocolitica aus z.B. Lebensmittelproben dar (NEUBAUER et al. 2000b;

VISHNUBATLA et al. 2000; BHADURI 2002). Verschiedene Vergleichsstudien belegen die Vorteile gegenüber mikrobiologischen Methoden (NESBAKKEN et al.

1991; LAMBERTZ et al. 1996; BOYAPALLE et al. 2001).

Grundsätzlich sind bei Yersinia enterocolitica verschiedene Genorte bekannt, die sich sowohl für die Identifizierung und Unterscheidung gegenüber anderen pathogenen Keimen als auch für den direkten Pathogenitätsnachweis eignen. Es kommen hierfür sowohl chromosomale als auch plasmidiäre Zielsequenzen in Betracht. Als chromosomale Genorte für einen Nachweis von pathogenen Yersinia enterocolitica kommen das ail-Gen (attachment invasion locus), das inv-Gen (Invasin) und das yst-Gen (Yersinia enterocolitica heat-stable enterotoxin) in Betracht. Das ail-Gen ist spezifisch für pathogene Stämme von Yersinia enterocolitica (KWAGA et al. 1992), das inv-Gen kommt in allen Yersinia enterocolitica Stämmen vor und ist deshalb nur in Kombination mit Nachweisen anderer Genregionen geeignet. Der Nachweis von plasmidiären Gensequenzen sollte immer in Kombination mit chromosomalen Genorten stattfinden, um die Gefahr falsch negativer Ergebnisse durch einen Plasmidverlust zu reduzieren. Als plasmidiäre Zielsequenzen eignen sich der VirF (virulence faktor) und vor allem der YadA (Yersinia adhesin A) Nachweis. VirF erfasst nicht alle pathogenen Stämme von

Yersinia enterocolitica (NEUBAUER et al. 2001a), zusätzlich ist eine Unterscheidung zwischen Yersinia pestis und Yersinia enterocolitica nicht möglich (WREN u.

TABAQCHALI 1990; NAKAJIMA et al. 1991). Eine Übersicht über sinnvolle Genorte und auch Kombinationen von Zielsequenzen in der PCR gibt die Tabelle 5.

Tab. 5: Übersicht über sinnvolle Zielsequenzen und Zielgenkombinationen zur Identifizierung und Pathogenitätsprüfung Yersinia enterocolitica

PCR-Methode Zielgen Diagnostischer

Nutzen Autor yst Nachweis Yersinia

enterocolitica

yadA + 16S-rRNS Nachweis

pathogener Stämme LANTZ et al. (1998)