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Modell periodischer elastischer Dom¨anen

5.2.3 Direkter Nachweis der Phasenkoexistenz

Das theoretische Modell periodischer elastischer Dom¨anen konnte zwar indi-rekt durch R ¨ontgenmessungen best¨atigt werden, jedoch konnten daraus keine Aufschl ¨usse ¨uber die tats¨achliche r¨aumliche Verteilung der Dom¨anen gewonnen werden. Im Rahmen der in dieser Arbeit durchgef ¨uhrten Untersuchungen wur-de mittels temperaturabh¨angigem AFM ein direkter Nachweis ¨uber die Entwick-lung und r¨aumliche VerteiEntwick-lung der Dom¨anen im gesamten Temperaturbereich der Phasenkoexistenz erbracht. F ¨ur derartige Messungen bot sich das optische Rasternahfeldmikroskop (SNOM) als Topographie-Messger¨at mit ver¨anderlicher Messtemperatur an. Wie in Abschnitt 3.3 gezeigt wurde, zeichnet sich die Ab-standsdetektion durch eine außerordentliche H ¨ohenempfindlichkeit — bis hin zur Detektion einzelner Monolagen — aus. Da der Unterschied der Gitterkon-stanten inz-Richtung zwischenα-MnAs undβ-MnAs ca. 1% der Schichtdicke be-tr¨agt und damit bei den verwendeten Proben mitt=100 bzw. 180 nm ein H ¨ohen-kontrast in der Gr ¨oßenordnung von mindestens 1 nm erwartet wurde, waren somit alle Voraussetzungen f ¨ur die erfolgreiche Durchf ¨uhrung solcher Messun-gen erf ¨ullt. Neben der gutenz-Aufl ¨osung in der Oberfl¨achentopographie war der geschlossene Aufbau des Mikroskops in einem Tieftemperatur-Kryostaten von Vorteil, weil somit eine gleichm¨assige Erw¨armung aller Teile in der Probenkam-mer und somit stabiles Abrastern der Proben bei allen Temperaturen garantiert war. Ein Nachteil der Methode lag jedoch in der verh¨altnism¨assig langen Zeit zum Einstellen eines Temperaturschrittes und die Drift des Scanners, wodurch die Entwicklung der Topographie an ein und demselben Ort auf der Probenober-fl¨ache leider nicht nachvollzogen werden konnte. Gleichzeitig ver¨anderten sich nat ¨urlich auch die Resonanzeigenschaften des Schwingquarzes mit der Tempe-ratur, so dass h¨aufiges Nachregeln erforderlich war.

Als Sonden zum Abtasten der Oberfl¨ache wurden HF-ge¨atzte unbedampfte Glas-faserspitzen eingesetzt, da sie sich durch lange Haltbarkeit und hervorragende topographische Aufl ¨osung auszeichnen (vergl. Kap.3, Abschnitt3.3). Zum Errei-chen von Temperaturen oberhalb der Raumtemperatur wurde der kryostatenin-terne Heizer verwendet; das K ¨uhlen (unter Raumtemperatur) erfolgte mit fl ¨ussi-gem Stickstoff. Die Eichung des Scanbereiches erfolgte mit einer Teststruktur f ¨ur verschiedene Temperaturen. Zu Beginn der Messungen wurden die Proben auf 55C erw¨armt, um sicherzustellen, dass eine vollst¨andige Phasenumwandlung zur β-Phase in der Schicht vorliegt. Danach erfolgte eine langsame Abk ¨uhlung mit einer Rate von ca. 5C pro Stunde mit Unterbrechungen an den Temperatur-punkten, an denen die Topographiebilder aufgenommen wurden.

Abbildung 5.7zeigt die Entwicklung der Schichtoberfl¨ache einer 180 nm dicken MnAs-Schicht in Abh¨angigkeit von der Temperatur beim Durchfahren eines kom-pletten Zyklus. Zun¨achst fallen kleine, l¨angliche morphologische Merkmale auf, die sich entlang MnAs[11¯20] erstrecken. Dies sind die Facetten einer Vizinalfl¨ache mit symmetrisch verkippten Seiten in Richtung [hh0l] bzw. [h¯ h0¯¯ l]. Unterhalb der kritischen Temperatur TC ≈ 40C werden diese Strukturen von einer zweiten

¨uberlagert. Es erscheinen zun¨achst recht unregelm¨aßige l¨angliche Erhebungen, die entlang MnAs[0001] orientiert sind. Bei weiterer Abk ¨uhlung schliessen die

Abbildung 5.7: Oberfl¨achentopographie einer 180 nm dicken MnAs Schicht auf GaAs(001), abgebildet mit einer unbedampften Glasfaserspitze im Scherkraft-Modus des SNOM. Gezeigt wird die morphologische Entwicklung der Schichtoberfl¨ache beim Durchfahren eines Temperaturzyklus zwischen 55C und 5C: (a) Abk ¨uhlung und (b) Erw¨armung. Man erkennt deutlich die Entwicklung periodisch angeordneter l¨angli-cher Streifen entlang MnAs[0001], die sich der morphologischen Struktur einer MnAs-Vizinalfl¨ache (kleine, l¨angliche Streifen entlang MnAs[11 ¯20]) ¨uberlagern.

einzelnen Erhebungen zu Streifen auf. Es entsteht eine alternierende, periodische Anordnung von Streifen aus Erhebungen und Gr¨aben. Die Breite der erhobe-nen Streifen w¨achst w¨ahrend der Abk ¨uhlung kontinuierlich an. Letztlich werden die Gr¨aben immer weiter verdr¨angt, bis unterhalb von T ≈ 11C die anf¨ang-liche Oberfl¨achenmorphologie der Facetten der Vizinalfl¨ache wiederhergestellt ist. Nach Erreichen von T = 5C wurde die Probe wieder langsam erw¨armt. Es zeigte sich, dass die beim Abk ¨uhlen beobachteten Strukturen nicht bei derselben Temperatur in Erscheinung treten, sondern mit einer Hysteresis von mindestens T = 10C. Der Einsatzpunkt f ¨ur die Bildung der Gr¨aben liegt daher oberhalb T = 20C (Abb. 5.7). In dem nun folgenden inversen Prozess kann wieder be-obachtet werden, dass sich eine anfangs unregelm¨assige Anordnung der Gr¨aben bei weiterer Erh ¨ohung der Temperatur in eine regelm¨assige, periodische Struktur entwickelt. Die Breite der Gr¨aben w¨achst auf Kosten der Erhebungen, bis diese oberhalb einer Temperatur von T > 45C letztlich verschwinden. Die Untersu-chung einer weiteren Probe mit der Schichtdicket=100 nm erbrachte qualitativ das gleiche Ergebnis.

Zur Auswertung der Messergebnisse wurde folgender Weg eingeschlagen. Soll-ten die periodischen Streifen tats¨achlich ein Abbild der Phasenzusammensetzung darstellen, dann m ¨ussen die Fl¨achenverh¨altnisse zwischen erhobenen Streifen und Gr¨aben die Intensit¨atsverh¨altnisse der R ¨ontgenreflexe beider Phasen wider-spiegeln. Im folgenden wird angenommen, dass die Erhebungen von α-MnAs herr ¨uhren. Es wurde versucht, die Breite der Streifen mit Hilfe eines selbsterar-beiteten Programmes rechnerisch zu ermitteln. Die Vorgehensweise war einfach:

es wurde der topographische H ¨ohen-Mittelwert gebildet und per Fallunterschei-dung jeder Bildpunkt entweder der einen oder der anderen Fraktion zugeordnet.

Jedoch wirkte sich die ¨Uberlagerung der morphologischen Strukturen der Vizi-nalfl¨ache, deren H ¨ohenunterschiede von ¨ahnlicher Gr ¨oßenordnung wie die der periodischen Streifen sind, negativ auf das Erfassen der tats¨achlichen Fl¨achen-anteile aus. Aus diesem Grunde erfolgte die Ermittlung der Fl¨achen durch ma-nuelles Ausmessen. Ebenfalls manuell mussten die Dom¨anenperioden bestimmt werden, da eine Auswertung mit Hilfe der Fouriertransformation auf Grund der wenigen erfassbaren Perioden nicht m ¨oglich war. In die Messung wurden nur diejenigen Topographiebilder einbezogen, in welchen ein gleichm¨aßiger Abstand von mindestens drei benachbarten erhobenen Streifen erkennbar war.

Abbildung 5.8 zeigt die Gegen ¨uberstellung der so gewonnenen Daten f ¨ur die Schichtdicken t = 100 und 180 nm mit den jeweiligen Vergleichsmessungen aus der R ¨ontgenstrukturanalyse. Die Gegen ¨uberstellung ergibt eine qualitative Ubereinstimmung der Daten beider Messmethoden. Dies best¨atigt die Vermu-¨ tung, dass die erh ¨ohten Gebiete der α-MnAs-Phase und Gr¨aben der β -MnAs-Phase entsprechen. F ¨ur das Fehlen einer quantitativen Kongruenz kann man zwei Argumente anf ¨uhren: Erstens erfasst der abtastende R ¨ontgenstrahl ein erheb-lich gr ¨oßeres Gebiet im Vergleich zu den Topographiebildern (ca. 25 µm2) und f ¨uhrt somit zu einer besseren Statistik. Zweitens ist die Diskrepanz zwischen bloßer Oberfl¨achensensitivit¨at (Topographie) und schicht-durchdringender R ¨ont-genmessung zu beachten. Die Hysteresis ist ein auff¨alliges Merkmal in allen Mes-sungen. Dieses Verhalten kann nach den bisherigen Erkenntnissen nicht erkl¨art

Abbildung 5.8: Phasenanteil vonα-MnAs als Funktion der Temperatur f ¨ur zwei Schicht-dicken. (a) und (b) sind die Fl¨achenanteile der erh ¨ohten Streifen, (c) und (d) die ent-sprechenden Vergleichsdaten aus der R ¨ontgenstrukturanalyse [102]. Die Linien durch die Messpunkte in (c) und (d) dienen der Orientierung beim Vergleich mit (a) und (b).

werden. Es wird aber vermutet, dass die anf¨anglich irregul¨aren Anordnungen der Streifen und deren Ordnungsprozess w¨ahrend des Abk ¨uhlens/Erw¨armens mit dem Hysteresisverhalten im Zusammenhang stehen. Anhand von Abb. 5.8 kann man auch die theoretisch vorhergesagte lineare Abh¨angigkeit des Phasen-anteils (α-MnAs) von der Temperatur (Gl.5.7) im Bereich von TC bis TC−20C erkennen, in ¨Ubereinstimmung mit den ersten Auswertungen in [99].

Dar ¨uber hinaus kann das Modell der periodischen elastischen Dom¨anen verifi-ziert werden. Abbildung5.9stellt das Oberfl¨achenprofil, wie es durch den Schnitt in Abb.5.7(T=26, 9C) erhalten wurde, dem berechneten Profil des Modells ge-gen ¨uber. Zur Berechnung wurden die Werte f ¨ur den Phasenanteilξ = 0.69 und die Periode 2λ = 1.25µm nach Auswertung der Topographiebilder eingesetzt.

Aus Abb.5.9 wird ersichtlich, dass Experiment und theoretisches Modell in gu-tem Einklang stehen, was die Annahme periodischer elastischer Dom¨anen unter der Bedingung der Phasenkoexistenz rechtfertigt.

In Abb. 5.10 werden die auf die Schichtdicke normierten Dom¨anenperioden λmin/tgegen den Phasenanteil desα-MnAs aufgetragen und mit der universel-len Kurve aus der Theorie verglichen, die das Minimum der freien Energie in der Schicht bei Ausbildung periodischer elastischer Dom¨anen koexistierender Pha-sen repr¨aPha-sentiert. Die Kurve divergiert f ¨urξ → 0 bzw.ξ → 1. Diese Divergenz

Abbildung 5.9: Vergleich des (a) Oberfl¨achenprofils f ¨ur eine 180 nm dicke MnAs-Schicht mit (b) dem theoretischen Modell periodischer elastischer Dom¨anen. Die Parameter sind ξ =0.69 und 2λ=1.25µm.

kann in den Topographiemessungen nur soweit nachvollzogen werden, bis eine Doppelperiode die Abmaße des Scans erreicht. Die Identifikation einer periodi-schen Struktur wird in den relativ kleinen Scanbereichen schwierig, wenn die Temperatur gegen die obere oder die untere Grenze der Phasenkoexistenz geht.

Abbildung 5.10: Auftragung der normierten Dom¨anenperiode der untersuchten Proben als Funktion des Anteils vonα-MnAs in der Schicht (5= Abk ¨uhlung,4= Erw¨armung).

Die Messdaten fallen auf die von der Theorie vorhergesagte universelle Kurve, die das Minimum der freien Energie in der Schicht widerspiegelt.

schen Bauelementen von Vorteil sein, wenn die nat ¨urliche laterale Strukturierung einer weiteren Behandlung des Materials entgegenkommt — zum Beispiel f ¨ur ein selektives ¨Atzen desβ-MnAs in der Schicht [105]. Es ist aber auch wichtig zu wis-sen, dass das System MnAs/GaAs(001) bei Raumtemperatur keine vollst¨andig ferromagnetische Schicht bildet. Die Effizienz einer Spininjektion wird durch die Ver¨anderung der Phasenzusammensetzung entscheidend von der Temperatur abh¨angen.

5.3 Mikromagnetik

Die bisherigen Untersuchungen haben sich mit den strukturellen und elastischen Eigenschaften der MnAs-Schichten besch¨aftigt. Auf die magnetischen Eigen-schaften der Schichten konnte bislang nur indirekt geschlossen werden. Es liegt daher auf der Hand, den Rahmen dieser Arbeit auf die magnetische Rasterkraft-mikroskopie (MFM) zu erweitern, um einen weiteren Nachweis f ¨ur die Phasen-koexistenz vonα-MnAs undβ-MnAs zu erhalten. Durch temperaturabh¨angige MFM-Messungen kann dar ¨uber hinaus gezeigt werden, wie sich die Struktur fer-romagnetischer Dom¨anen1 mit der Entwicklung derα-Phase ver¨andert. Es liegt die Vermutung nahe, dass zwischen der Verspannung der MnAs-Schicht und der Bildung magnetischer Dom¨anen ein wechselseitiger Einfluss herrscht, der ¨uber magnetostriktive Effekte vermittelt wird. M ¨oglicherweise findet die Hysteresis in Abb.5.8hier ihre Erkl¨arung.