Modell periodischer elastischer Dom¨anen
5.3.1 Magnetische Schichten: Grundlagen und Kenngr ¨oßen
Um das Verst¨andnis der magnetischen und insbesondere der mikromagnetischen Eigenschaften epitaktischer MnAs-Schichten zu erleichtern, soll in diesem Unter-abschnitt eine Einf ¨uhrung in die Grundlagen und Grundbegriffe (ferro-)magne-tischer Materialien gegeben werden.
Kenngr ¨oßen des magnetischen Feldes
Das magnetische Feld wird durch zwei Feldgr ¨oßen beschrieben, deren Handha-bung in der Literatur oft unterschiedlich erfolgt. Das Magnetfeld wird durch die
1Der Begriff
’Dom¨ane‘ soll sich von nun an auf die magnetischen Dom¨anen beziehen.
magnetische Feldst¨arke H~ und die magnetische Induktion~B charakterisiert. Er-stere stellt den Feldlinienverlauf dar, zweitere die Feldliniendichte. Im Vakuum sind beide linear ¨uber die Permeabilit¨atµ0 miteinander verkn ¨upft:
~B =µ0~H, mitµ0 =4π×10−7kg m
s2A2. (5.12)
Dringt das Feld in Materie ein, wird der Feldlinienverlauf entsprechend einer auf-tretenden Polarisation oder Ausrichtung atomarer magnetischer Momente ent-weder verdichtet oder verd ¨unnt. Entsprechend ¨andert sich der Ausdruck f ¨ur die magnetische Induktion in Gl. 5.12, was durch Hinzunahme einer material-abh¨angigen, dimensionslosen Konstante µr, die relative Permeabilit¨at, ber ¨uck-sichtigt wird:
~B =µ0µr~H. (5.13)
Durch das Einwirken eines magnetischen Feldes auf einen K ¨orper werden die atomaren magnetischen Momente beeinflusst. Die Summe der atomaren Momen-te ist die Magnetisierung M~ des K ¨orpers. Die Ver¨anderung der Magnetisierung bei angelegtem ¨außeren Feld wird ¨uber den Suszeptibilit¨atstensor ˆχausgedr ¨uckt:
M~ =χˆ~H. (5.14)
Zur Vereinfachung soll im folgenden ˆχals Skalar betrachtet werden ( ˆχ →χ). Die Magnetisierung stellt ihrerseits ein magnetisches Response-Feld im inneren des K ¨orpers dar. Daher kann man schreiben:
~B=µ0~H+µ0M~ =µ0(1+χ)~H =! µ0µrH,~ (5.15) womit ein Zusammenhang zwischen der relativen Permeabilit¨at und der Suszep-tibilit¨at des betreffenden Materials hergestellt ist. ¨Uber die Suszeptibilit¨at lassen sich nun drei Klassen magnetischer Eigenschaften definieren:
1. F ¨urdiamagnetischeMaterialien gilt−1 ≤ χ <0 (Abschw¨achung2des ¨auße-ren Feldes im K ¨orper). Diamagnetische Materialien sind durch die Abwe-senheit permanenter magnetischer Momente gekennzeichnet, besitzen al-so entweder abgeschlossene Elektronenschalen (Edelgaskristalle, Bahndre-himpuls~L=0) oder ausschließlich gepaarte Elektronen mit resultierendem Gesamtspin~S=0 bei kovalenten Bindungen (z.B. GaAs).
2. ParamagnetischeMaterialien besitzen kleine, aber positive Suszeptibilit¨aten:
χ > 0,χ ≈ 10−5. In ihnen sind permanente magnetische Momente vor-handen, die von Atomen mit ungerader Elektronenzahl oder ungepaarten Elektronen herr ¨uhren. Viele Metalle besitzen paramagnetische Eigenschaf-ten. Auch freie Elektronen in Halbleitern rufen Paramagnetismus hervor.
2Der Idealfall des v ¨ollig feldfreien K ¨orpers wird bei Supraleitern mitχ=−1 erreicht.
kroskopischen Erscheinungen (Magneten) f ¨uhren. Durch die starke Wech-selwirkung der Elektronen ist die Theorie des Ferromagnetismus sehr kom-pliziert. Zwischen ¨außerem angelegten Feld und Magnetisierung besteht ein nicht-linearer Zusammenhang. Die magnetische Suszeptibilit¨at ist also temperatur- und feldabh¨angig:χ = f(~H,T). Die spontane Magnetisierung hat zur Folge, dass sich im Material Gebiete gleichartiger Ausrichtung der Momente bilden, die sog. Weissschen Bezirke oder Dom¨anen.
Magnetische Dom¨anen in Ferromagnetika
Die Gr ¨oße und Ausrichtung magnetischer Dom¨anen sowie die Eigenschaften der sie trennenden Dom¨anenw¨ande k ¨onnen durch energetische Betrachtungen erkl¨art werden, wobei man — bei Abwesenheit eines ¨außeren Magnetfeldes — zwischen 4 Energiebeitr¨agen unterscheidet:
1. Die Anisotropie-Energie ist abh¨angig von der Richtung der Magnetisie-rung in Bezug auf die Kristallachsen, aber auch der Form des Materials.
Die Kristallachse, entlang welcher die Magnetisierung zu einem Minimum der Anisotropie-Energie oder kurz Anisotropie f ¨uhrt, wird als leichte Achse der Magnetisierung bezeichnet. Speziell f ¨ur d ¨unne magnetische Schichten ist die sog. Form-Anisotropie wichtig, die die ¨Anderung des Magnetisie-rungsverhaltens auf Grund der Reduzierung der Ausdehnung des Materi-als in einer Dimension bestimmt. Eine wichtige Folge der Form-Anisotropie ist, dass die leichte Achse der Magnetisierungin planeliegt.
2. Die Austauschenergie entsteht durch die Wechselwirkung benachbarter Momente (Spins) und wird minimal, wenn die Spins parallel bzw. antipar-allel ausgerichtet sind. Zwischen benachbarten Dom¨anen mit unterschied-lichen Magnetisierungsrichtungen erfolgt das Drehen der Momente nicht abrupt, sondern ¨uber mehrere Atomlagen hinweg, um die Austauschener-gie minimal zu halten.
3. DieSpannungsenergieh¨angt mit der elastischen Verformung des Materials zusammen und kann entweder durch ¨außere Einfl ¨usse oder durch Magne-tostriktion hervorgerufen werden.
4. Die Feldenergie des Streufeldes h¨angt mit dem eigenen Magnetfeld zu-sammen, welches vom magnetisierten Material aufgebaut wird. Hier spie-len besonders die freien Momente der Oberfl¨ache eine Rolle. Die Feldener-gie ist also von der Form (Oberfl¨ache!) des K ¨orpers abh¨angig.
F ¨ur den hier interessierenden Fall d ¨unner magnetischer Schichten gibt es zwei wichtige Typen von Dom¨anenw¨anden, n¨amlich Bloch-W¨ande und N´eel-W¨ande.
Sie unterscheiden sich durch die Drehungsebene der magnetischen Momente in Bezug auf die Ebene der Dom¨anenwand. Der Sachverhalt kann am einfachsten an einer sog. 180◦-Wand erkl¨art werden: Zwischen zwei benachbarten Dom¨anen mit antiparalleler Ausrichtung der Momente bezeichnet die Dom¨anenwand das Gebiet, in dem die Richtung der Momente ge¨andert wird. Dies geschieht ¨uber mehrere Atomlagen hinweg. Drehen sich die Momente in einer Ebene parallel zur Dom¨anenwand, so spricht man von einer Bloch-Wand [106]. In d ¨unnen Schichten entspricht dies einer out-of-plane-Drehung der Momente. Bei Drehung in einer Ebene senkrecht zur Dom¨anenwand spricht man von einer N´eel-Wand [107]; in d ¨unnen Schichten w¨are dies einein-plane-Drehung parallel zur Schichtoberfl¨ache.
Magnetisierungskurven
Unter Einfluss eines ¨außeren Magnetfeldes~Hreagiert das Material mit einer Ma-gnetisierung M. In Ferromagnetika kann der Verlauf der Magnetisierungskurve~ M~ = f(~H)qualitativ durch drei Punkte charakterisiert werden:
1. Legt man ein ¨außeres Feld an, so folgt die Magnetisierung bis zu einem S¨attigungswert Ms. Die S¨attigung bedeutet mikroskopisch, dass alle mag-netischen Momente parallel zu den Feldlinien ausgerichtet sind.
2. Wird das ¨außere Feld wieder abgeschaltet, bleibt eine Restmagnetisierung erhalten, die Remanenzmagnetisierung Mr.
3. Die Remanenzmagnetisierung verschwindet erst wieder, wenn das ¨außere Feld umgepolt wird und den WertHc erreicht hat, die Koerzitivfeldst¨arke.
Das umgepolte Feld kann wiederum soweit erh ¨oht werden, bis S¨attigung bei
−Ms eintritt. Erneutes Zur ¨uckfahren von ~H auf Null ergibt wieder eine Rema-nenz −Mr usw. Die Magnetisierungskurve ist daher durch eine Hysteresis ge-kennzeichnet.