• Keine Ergebnisse gefunden

Im folgenden Abschnitt werden die zentralen Institutionen zur Förderung künstlerischer und kultureller Bildung und deren Aktivitäten in den Nachbar-ländern der Schweiz geschildert. Dies geschieht im Sinne eines ersten Einblicks und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Was Italien und Liechtenstein betrifft, konnten allerdings keine Informationen zum Thema gefunden werden.

Deutschland

Seit 1988 hat der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturver-bände, dreimal Konzeptionen zur kulturellen Bildung vorgelegt (Deutscher Kul-turrat, 1988, 1994, 2005). Nach umfassenden Bestandesaufnahmen, Analysen und Perspektivenbestimmungen wurde die kulturelle Bildung schliesslich auch im Zusammenhang mit den Bildungsreformdiskussionen betrachtet. Diese 2005 vorgelegte «Konzeption Kulturelle Bildung III» stand im Zeichen des PISA-Schocks, und das in Deutschland etablierte System der Halbtagsschule kam auf den Prüfstand. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte in der Folge den Ausbau von Ganztagsschulen. Diese Veränderung der

Schulland-schaft stellte eine grosse Herausforderung für die klassischen freien Träger der kulturellen Kinder- und Jugendbildung dar, deren Angebote auf den schulfreien Nachmittag der Kinder ausgerichtet waren. Im Rahmen des Investitionspro-gramms «Zukunft Bildung und Betreuung» entwickelten die Träger der kultu-rellen Bildung neue Angebotsformen und kooperieren nun zunehmend mit Schulen. Die Umsetzung der dritten Konzeption wurde beobachtet und doku-mentiert, was seinen Niederschlag in einem weiteren Kompendium fand, das der Deutsche Kulturrat (2009) veröffentlicht hat. Mit Blick auf vier bildungspo-litische Herausforderungen (demografischer Wandel, interkulturelle Bildung, frühkindliche kulturelle Bildung und Neue Medien) wird dort aufgezeigt, wel-chen Beitrag kulturelle Bildung zur Bewältigung leisten kann.

Die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder (KMK) formulierte im Februar 2007 Empfehlungen zur kulturellen Kinder- und Jugendbildung. Sie betrachtet kulturelle Bildung als unverzichtbaren Beitrag zur Persönlichkeits-entwicklung junger Menschen und plädiert in den Empfehlungen für eine Stär-kung des Stellenwerts der musischen Fächer ebenso wie für eine verstärkte Zu-sammenarbeit der Schulen mit ausserschulischen Akteuren und Orten des kul-turellen Schaffens. Laut KMK können durch eine Vernetzung mit externen Kul-turträgern die Potenziale, welche die Curricula für eine Integration von Kultur in all ihren Spielarten bieten, nachhaltiger ausgeschöpft werden. Die KMK zollt in ihren Empfehlungen den Initiativen von Bildungs- und Kulturschaffenden hohe Wertschätzung und schlägt eine gemeinsame Agenda vor, um trotz knap-per öffentlicher Mittel die kulturelle Kompetenz der Jugend zu fördern, Kinder und Jugendliche für die Vielfalt der Kultur zu begeistern und ihnen einen Zu-gang zu ihrer Kreativität zu ermöglichen (KMK, 2007).

Die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Schule und ausserschulischer kultu-reller Bildung wird unterstützt durch die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ). Die BKJ ist ein Zusammenschluss von 54 bundeswei-ten Fachverbänden aller Sparbundeswei-ten. Mit Modellprojekbundeswei-ten setzt sie Impulse für die Praxis. Das zwischen 2007 und 2010 laufende Projekt «Lebenskunst Lernen – mehr Chancen durch kulturelle Bildung» setzte den Akzent auf mehr Teilhabe-gerechtigkeit (Bockhorst, 2008). In 16 Bildungspartnerschaften von Kulturein-richtungen mit Gesamt-, Haupt- und Förderschulen wurden Kooperations-projekte entwickelt, eine Toolbox für kulturelle Schulentwicklung geschaffen, und die Mitarbeitenden in den Projekten wurden zu Beraterinnen und Beratern für den Kompetenznachweis Kultur fortgebildet (Timmerberg & Schorn, 2009).

Zu Beginn des Jahres 2010 wurde die Fachstelle «Kultur macht Schule» eröffnet, die u.a. ein Internet-Fachportal für mehr kulturelle Bildung an Schulen und eine entsprechende Angebotsdatenbank bietet.

Der gemeinsam von Bund und Ländern in Auftrag gegebene Bildungsbericht soll 2012 ein Schwerpunktthema Kulturelle Bildung enthalten, was der Deut-sche Kulturrat in einer Stellungnahme im Oktober 2010 begrüsste (Deutscher Kulturrat, 2010).

Österreich

Im Jahr 2007 liess das österreichische Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur einen Bericht zur kulturellen Bildung erstellen. Neben der Beschrei-bung von Rahmenbedingungen und aktuellem Stand der Praxis mit zahlreichen Beispielen der Kunst- und Kulturvermittlung inner- und ausserhalb von Schu-len umfasst dieser auch Vorschläge zu einer nationaSchu-len Strategie für kulturelle Bildung. Die Vorschläge betreffen eine Veränderung der Unterrichtsformen und -inhalte, den vermehrten Einbezug der Akteure und Akteurinnen sowie strukturelle Änderungen. Im Bericht wird, im Sinne einer allgemeinen Anre-gung, für eine Verbesserung der Datenlage, für eine verstärkte Sichtbarkeit der Angebote und für die Intensivierung des öffentlichen Diskurses um kulturelle Bildung geworben (BMUKK, 2007).

Auf der Ebene der pädagogischen Hochschulen ist das Bundeskoordinations-zentrum für schulische Kulturarbeit zuständig für die bundesweite Vernetzung von Angeboten und Initiativen in den Bereichen der Forschung und der Aus- und Weiterbildung sowie in der Zusammenarbeit mit in- und ausländischen In-stitutionen, die sich der schulischen und ausserschulischen Kulturarbeit wid-men. Das Koordinationszentrum ist an der Pädagogischen Hochschule Wien an-gesiedelt. Zu seinen Arbeitsbereichen gehören u.a. die Stärkung des Bewusst-seins für die kreativen bzw. musischen Fächer und die Stärkung des Kul tur be-reichs an ganztägigen Schulformen.

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur fördert über das Kompetenz- und Ressourcenzentrum «Kulturkontakt Austria» die Kulturver-mittlung an Schulen. Kulturkontakt Austria arbeitet an der Schnittstelle zwi-schen Schule, Kunst und Kultur. Zu den Aufgaben gehören die Beratung und Vernetzung von Lehrpersonen, Kunstschaffenden und Kulturvermittelnden, die finanzielle Unterstützung von Aktivitäten in Schulen und die Entwicklung und Organisation von Schwerpunktprojekten.

Frankreich

In Frankreich wurde im Jahr 2005 der «Haut Conseil de l’éducation artistique et culturelle» (HCEAC) ins Leben gerufen, um Kunst und Kultur an Schulen zu för-dern. Die Aufgaben des Rates, der von den Ministern für Kultur und Erziehung

gemeinsam präsidiert wird, sind Beratung, Reflexion, Konsultation, Beob ach-tung und Prospektive. Der Rat setzt sich aus Fachpersonen sowie Vertreach-tungen der staatlichen Verwaltung, lokaler Zusammenschlüsse und Elternvereinigun-gen zusammen. Drei ZielrichtunElternvereinigun-gen präElternvereinigun-gen die Arbeit des Gremiums. Zum ei-nen soll Kindern und Jugendlichen eine solide Basis kultureller Bildung vermit-telt werden, die ihnen erlaubt, eine persönliche und kritische Urteilsfähigkeit aufzubauen. Auf allen Schulstufen soll zu diesem Zweck Kunstgeschichte ver-mittelt werden. Zum zweiten sollen Kinder und Jugendliche Künstlerinnen und Künstler ihrer Zeit kennen lernen können. Daher wurden Rahmenbedingungen für Kooperationsprojekte zwischen Kunstschaffenden und Schulen ausgehan-delt. Schliesslich bemüht sich der Rat um eine bessere Ausbildung von Lehrper-sonen und Kunstschaffenden für die Aufgabe der Kunst- und Kulturvermittlung.

Aufgrund der Vorarbeiten des HCEAC wurde die künstlerische und kulturelle Bildung im «Socle commun de compétences et de connaissances» verankert, der Unterricht in Kunstgeschichte zunächst in der Primarschule (2008) und später in der Sekundarstufe I (2009) verpflichtend eingeführt und eine nationale Charta für Partnerschaften zwischen Kunstschaffenden und Schulen beschlossen (2010).

Verschiedenen Formen wie künstlerische Ateliers für Schülerinnen und Schüler, künstlerisch-kulturelle Projektklassen oder Projektwochen, die dem Entdecken des Kulturerbes oder dem Einstieg in künstlerische Aktivitäten dienen, sind ebenso möglich wie die Residenz von Kunstschaffenden für eine gewisse Zeit und ein bestimmtes Projekt an einer Schule. Für den Informationsaustausch steht eine interministerielle Internet-Plattform zur Verfügung (HCEAC, 2011).