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2 Einleitung

2.5 Die monozytäre Differenzierung

Monozyten gehören zur Gruppe der im Blut zirkulierenden Leukozyten und partizipieren an unterschiedlichen biologischen Prozessen wie Entzündung, Entwicklung, Homöostase, Infektabwehr und bei entzündlichen Erkrankungen, etwa der Arteriosklerose. Monozyten repräsentieren eine Gruppe von Zellen, die für die Koordination der angeborenen und adaptiven Immunität durch die Produktion verschiedenster Zytokine und andere Effektormoleküle verantwortlich sind (Auffray et al. 2009).

Hämatopoetische Stammzellen (HSC; hematopoietic stem cell) besitzen das Potenzial sowohl sich selbst zu erneuern als auch in verschiedene hämatopoetische Zelllinien zu differenzieren. HSC stellen lediglich einen kleinen Teil der Knochenmarkszellen da und teilen sich sehr langsam (schätzungsweise eine Teilung in 14 Tagen). Während des Differenzierungsprozesses verlieren die Stammzellen zunehmend die Möglichkeit der Selbsterneuerung und die Proliferationsrate der Vorläuferzellen steigt stark an (Reya et al.

2001; Ogawa 1993). Die Entwicklung und Differenzierung von der HSC zum Monozyten findet im Knochenmark statt und wird über eine Reihe von intermediären Vorläuferstadien reguliert. Die pluripotente HSC entwickelt sich durch Stimulation mit den Mediatoren IL-1, IL-3 und/oder IL-6 zur gemeinsamen myeloiden Vorläuferzelle (CMP; common myeloid

p r o g e n it o r) s o wie z u r g r a n u lo z y t ä r e n / m a k r o p h a g e n V o r lä u f e r z e l l e ( G MP ; granulocyte/monocyte progenitor). Die folgende Aktivierung der Zellen mit den Faktoren M-CSF (monocyte colony stimulating factor), GM-CSF (granulocyte/monocyte colony stimulating factor) und IL-3 führt über die Bildung der makrophagen/dendritischen Vorläuferzelle (MDP; macrophage/DC progenitor) hin zum Monozyten (Valledor et al.

1998). Anschließend verlassen die Zellen das Knochenmark und wandern ins periphere Blut ein. Nach einer Zirkulationszeit von 1-3 Tagen ziehen Monozyten in bestimmte Gewebearten ein und differenzieren dabei zu Makrophagen (Abb. 2.5) (Johnston 1988).

HSC CMP

GMP

MDP Monozyt Makrophage

IL-1 IL-6

IL-3 IL-1

IL-3

M-CSF GM-CSF IL-3

M-CSF GM-CSF IL-3

M-CSF GM-CSF IL-3

Abbildung 2.5: Die monozytäre Differenzierung

Von der hämatopoetischen Stammzelle (HSC) entwickeln sich Monozyten über die gemeinsame myeloiden Vorläuferzelle (CMP), die granulozytären/makrophagen Vorläuferzelle (GMP) und die makrophagen/dendritische Vorläuferzelle (MDP) bis zum Makrophagen.

In menschlichem Blut repräsentieren Monozyten einen Anteil von 10% der Leukozytenpopulation und bilden zusammen mit dendritischen Zellen (DC), Granulozyten, natürlichen Killerzellen und Mastzellen die zelluläre Komponente des angeborenen Immunsystems (Janeway und Medzhitov 2002). Eine der Hauptaufgaben von Monozyten und Makrophagen ist die spezifische rezeptorvermittelte Identifizierung sowie die Zerstörung körperfremder Strukturen durch Phagozytose, wobei Makrophagen abhängig von der Gewebeart einer funktionellen und morphologischen Diversität unterliegen (Rutherford et al. 1993). Nach dem Prozess der Phagozytose und der Abtötung pathogener Erreger erfolgt die Proteinprozessierung mit anschließender Antigenpräsentation zur Aktivierung von T-Helferzellen. Dies wird durch Gewebemakrophagen, aber auch durch DC realisiert (Medzhitov und Janeway 2000).

Weiterhin besitzen Monozyten und Makrophagen die Fähigkeit Scavenger-Funktionen auszuüben. Dabei werden durch Apoptose oder Nekrose abgestorbene Zellen sowie

Zellbruchstücke und Matrixbestandteile über die Vermittlung spezifischer Scavenger-Rezeptoren beseitigt (Serbina et al. 2008).

Die Regulation der Differenzierungsstufen wird darüber hinaus durch verschiedene Faktoren wie PU.1 (purine-rich nucleic acid binding protein 1), C/EBP, EGR-1 (early growth response protein 1) und c-Myc beeinflusst (siehe Abb. 2.6). Der Transkriptionsfaktor PU.1 aus der Ets-Familie spielt bei der Induzierung von myeloiden Nachkommen bei unreifen multipotenten Vorläuferzellen eine entscheidende Rolle (Nerlov und Graf 1998) und ist bei der Generierung von gemeinsamen myeloiden Vorläufern essentiell (Dakic et al. 2005). Weiterhin fungiert PU.1 als kritischer Faktor während der Differenzierung, der Proliferation und dem Überleben von Makrophagen durch die Regulation der Expression des M-CSF-Rezeptors (Celada et al. 1996; Olson et al. 1995;

Zhang et al. 1994). Ebenso ist die Expression von PU.1 bei frühen Entwicklungsschritten der granulozytären sowie monozytären Reifung stark erhöht (Voso et al. 1994; Sakhinia et al. 2006) und führte bei GMP zu einer monozytären Entwicklung (Chen et al. 1995). Auch während der terminalen Differenzierung zu Makrophagen und Granulozyten steigt der Level von PU.1 drastisch an (Dahl et al. 2003; Cheng et al. 1996). Im Gegensatz dazu zeigten PU.1 ko-HSCs eine gestörte CMP-Entwicklung während PU.1 ko-CMPs und -GMPs eine defekte monozytäre Differenzierung aufwiesen (Iwasaki et al. 2005).

Während der Hämatopoese sind C/EBPα, C/EBPβ und C/EBPδ vorwiegend in Granulozyten, Monozyten und eosinophilen Zellen exprimiert (Scott et al. 1992; Muller et al. 1995; Radomska et al. 1998). C/EBPα wird primär in undifferenzierten pluripotenten myeloiden Zellen gebildet, während C/EBPβ und C/EBPδ in differenzierten, reifen Makrophagen hochreguliert werden (Scott et al. 1992; Natsuka et al. 1992). C/EBPα scheint die monozytäre Entwicklung durch die Modulation der Expression des M-CSF- und GM-CSF-Rezeptors zu kontrollieren, wobei C/EBPα in einigen Fällen mit PU.1 kooperiert (Hohaus et al. 1995). In C/EBPβ ko-Mäusen konnte eine gehemmte Aktivierung der Makrophagen nachgewiesen werden, während eine C/EBPβ-Überexpression in hämatopoetischen Zellen eine granulozytäre Differenzierung induziert (Tanaka et al. 1995; Wang und Friedman 2002). EGR-1 fördert und kontrolliert die Differenzierung von myeloiden Vorläuferzellen und wird unter anderem durch PU.1 aktiviert (Nguyen et al. 1993). Es wird speziell in murinen Makrophagen, mit GM-CSF oder M-CSF stimulierten peripheralen Blutmonozyten und während der Makrophagendifferenzierung von U937-Zellen induziert. Weiterhin konnte durch das Einbringen von EGR-1-siRNA die Differenzierung von HL-60- und U937-Zellen zu Monozyten/Makrophagen unterbunden werden (Liebermann und Hoffman 1994). EGR-1 transaktiviert die Expression verschiedener Gene wie Sp-1, CEBPβ und TGF-β1, die für die Entwicklung, das Wachstum sowie die Differenzierung wichtig sind (Zhang und Liu

2003; Liu et al. 2003; Liu et al. 1996). Darüber hinaus führte die konstitutive Expression von c-Myc in myeloleukämischen Zellen zur Blockierung der terminalen Differenzierung während der Progression unreifer Myeloblasten zu reifen Makrophagen (Liebermann und Hoffman 1994).

Die Differenzierung von monozytären Zellen kann nicht nur durch den direkten Einfluss verschiedenster Proteine und Faktoren ausgelöst, sondern auch durch exogene chemische Substanzen induziert werden. Diese können in physiologische Stimulantien wie 1,25-Dihydroxyvitamin D3 (VD3) und All-trans-Retinolsäure (ATRA) sowie in nicht-physiologische Stimulantien wie Phorbol-12-myristate-13-acetate (PMA) unterschieden werden und sind in der Lage bei promyeloischen und monozytären Zellen unterschiedliche Differenzierungsmechanismen zu erzeugen. Die promyeloische Leukämiezelllinie HL-60 entwickelt sich durch VD3 zu einem monozytären Phänotyp, während eine Behandlung mit PMA eine Differenzierung zum Makrophagen bewirkt (Collins 1987; Rovera et al. 1979). Ebenso ruft PMA bei monozytären Leukämiezellen wie THP-1 einen Phänotyp mit erhöhter Adhärenz und vermehrte Expression von Oberflächenmarkern hervor, der mit einer Makrophagendifferenzierung assoziiert ist (Schwende et al. 1996). PMA bewirkt dabei eine Induzierung der PKC, die als kritischer Faktor bei der Regulation der Zellproliferation und Differenzierung agiert (Cerda et al.

2006). Weiterhin konnte eine granulozytäre Differenzierung bei einer Reihe von myeloiden Leukämiezelllinien durch die Applikation von ATRA nachgewiesen werden (Brackman et

Abbildung 2.6: Schema der monozytären Differenzierung

Die Differenzierung vom Monozyt zum Makrophagen wird unter anderem durch chemische (PMA, VD3, ATRA), transkriptionelle (PU.1, C/EBP, EGR-1) und wachstumsfördernde (IL-3, M-CSF, GM-CSF) Stoffe beeinflusst. Eine Regulation dieser Substanzen untereinander ist ebenfalls möglich.

VD3 PMA

ATRA IL-3

GM-CSF M-CSF

PU.1 C/EBP

EGR-1 Differenzierung

Monozyt Makrophage

al. 1995). Erst kürzlich konnte gezeigt werden, dass eine PMA- und ATRA-induzierte Differenzierung bei THP-1- und U937-Zellen durch C/EBPβ (Gutsch et al. 2011) und PU.1 (abhängig von NDRG1) vermittelt wird (Chen et al. 2009). Weiterhin ist eine Protein-Protein-Interaktion von C/EBPβ und PU.1 für die transkriptionelle Aktivität der Promotoren von IL-1β und MD-2 (myeloid differentiation factor 2) essentiell (Tissieres et al. 2009). Diese beiden Faktoren spielen unter anderem bei der Differenzierung von myeloiden Vorläufern eine Rolle und zeigten währenddessen auch eine verstärkte Sezernierung (Yang et al. 2000; Li et al. 2008).

Störungen der Differenzierung und eine deregulierte Proliferation bei leukozytären Vorläuferzellen treten sehr häufig bei leukämischen Erkrankungen auf. Bei der akuten myeloischen Leukämie (AML) kommt es zu einem Defekt der Hämatopoese durch Akkumulation von funktionsuntüchtigen granulozytären und monozytären Vorläufern im Knochenmark (Pabst und Mueller 2007). Leukämische Zellen können dann ins Blut ausgeschwemmt werden und innere Organe infiltrieren (Estey und Döhner 2006).

Untersuchungen zur Pathogenese der AML bezogen sich unter anderem auf die Analyse unterschiedlicher Onkogene und Tumorsuppressorgene. Obwohl die Ursachen des veränderten Proliferations- und Entwicklungsverhalten der Vorläuferzellen noch relativ unerforscht sind, liegt die Vermutung nahe, dass Abnormalitäten bei einigen Transkriptionsfaktoren die Zellzyklusregulation und Differenzierung beeinflussen (Rosmarin et al. 2005). Besonders die veränderte Expression von C/EBPα korreliert mit dem Auftreten von AML. Zwischen 5-14% der AML-Patienten tragen genomische Mutationen im C/EBPα-Gen, wobei entweder eine N-terminale Leserasterverschiebung oder eine C-terminale in-frame-Mutation vorliegt (Pabst et al. 2001). Es hat sich zudem gezeigt, dass Mäuse mit einer unterdrückten p42-Isoform, aber einer exprimierten dominant-negativen p30-Isoform eine AML-ähnliche Erkrankung entwickelten (Pabst und Mueller 2007). Darüber hinaus haben knock in-Mäuse mit einer gezielten Mutation in der Basisregion des C/EBPα-Gens, welches die C/EBPα-E2F-Interaktion inhibiert, eine myeloproliferative Störung entwickelt (Porse et al. 2005).