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Modelle zur Untersuchung der transkutanen Penetration und Permeation

Für Untersuchungen der perkutanen Pharmakokinetik stehen derzeit eine Vielzahl von In-vivo- und In-vitro-Methoden zur Verfügung (SCHAEFER und HENSBY 1990). Die Untersuchungen werden zumeist an menschlicher und tierischer Haut und an sogenannten Hautäquivalenten („künstliche Haut“) durchgeführt (WESTER und MAIBACH 1985;

SCHAEFER-KORTING 1996).

2.3.1 In-vivo-Modelle

In-vivo-Untersuchungen am Menschen werden nach RIVIERE et al. (1986) durch ethische Fakten limitiert. Weiter können In-vivo-Methoden wegen toxikologischer Gefährdung oder aus Gründen des Strahlenschutzes (radioaktiv markierte Substanzen) nur sehr begrenzt am Menschen angewendet werden (GLOOR 1982). Dagegen bieten sich sowohl in vivo als auch ex vivo viele Möglichkeiten im Tierversuch an. Untersuchungen an Tieren haben das Ziel, die perkutane Resorption beim Menschen vorhersagen zu können. Zur Messung der perkutanen Permeation von Substanzen und deren anschließender Resorption kann nach Applikation einer Substanz auf die Haut im Blut und Urin des Versuchstieres die Menge der resorbierten bzw. ausgeschiedenen Substanz in Abhängigkeit von der Kontaktdauer gemessen werden.

Auch die Bestimmung der Verteilung der Substanz in verschiedenen Organen ist möglich (WOHLRAB 2001b). Allerdings ergibt sich bei der Auswahl eines Tiermodells die Problematik der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf die Verhältnisse beim Menschen. So ist die Barrierefunktion der Hornschicht von Labortieren (z.B. Meerschweinchen, Maus, Ratte) im Vergleich zur menschlichen Haut deutlich geringer (HOWES et al. 1996). Nach WESTER und MAIBACH (1985) ist die perkutane Resorption beim Affen und Schwein in den meisten Fällen mit der des Menschen am ehesten vergleichbar bzw. nahezu identisch.

Die Messung der Resorption hydrophober Substanzen gestaltet sich in vivo oft schwierig, da die resorbierten hydrophoben Substanzen sich in das Körperfett verteilen und nur sehr langsam ausgeschieden werden. Aus diesem Grund wären Messungen über Monate

notwendig, da es möglich ist, daß nach einer Woche nur ein geringer Prozentsatz der absorbierten Menge ausgeschieden wurde (BRONAUGH und COLLIER 1991b).

In-vivo-Untersuchungen schließen die Wirkungen des Organismus auf die resorbierte Substanz, wie Metabolisierung, Verteilung und Exkretion mit ein, so daß die Penetrationsrate nur indirekt ermittelt wird. Weiterhin ist es mit In-vivo-Modellen nicht möglich, exakte qualitative und quantitative Aussagen über den Hautmetabolismus zu machen (BRONAUGH et al. 1982b).

2.3.2 In-vitro-Modelle

In Anbetracht der Nachteile von In-vivo-Methoden ergeben sich für In-vitro-Modelle weitere Vorteile in einer Einsparung von Tierversuchen und in der Möglichkeit, auch mit toxischen Dosen arbeiten zu können (WESTER und MAIBACH 1985). Bei den In-vitro-Methoden unterscheidet man zwischen Modellen mit nicht perfundierter und perfundierter Haut. Zu den erstgenannten gehören Diffusionszellen und Zellkulturen. Die Perfusionsmodelle sind unter 2.3.2.3 aufgeführt.

2.3.2.1 Diffusionszellen

Die Anwendung von Diffusionszellen basiert auf der Annahme, daß die Barriereeigenschaften der Hornschicht von exzidierter Haut mit In-vivo-Verhältnissen identisch sind, eine Annahme, die durch viele Untersuchungen gestützt wird. Nach BRONAUGH und MAIBACH (1985) behält die Haut auch nach Exzision vom Körper ihre Barriereeigenschaften, da das Stratum corneum als nicht mehr vitales Gewebe die wichtigste Penetrationsbarriere für Substanzen darstellt. Vitale Haut ist nach BRONAUGH und MAIBACH (1985) weiterhin keine Voraussetzung für Penetrationsversuche, weil die Penetration ein passiver Diffusionsprozeß ist. Die Barriereeigenschaften der Haut können normalerweise nach Gewinnung der Haut vom Körper und geeigneter Lagerung (-20 °C) bis zu drei Monaten erhalten bleiben (HARRISON et al. 1984). Unter standardisierten Bedingungen gewonnene Haut von verschiedenen Tierspezies ist im Gegensatz zu Humanhaut leicht erhältlich. Letztere steht nur in begrenztem Umfang bei Operationen oder post mortem zur Verfügung. PFLUCKER et al. (1997) untersuchen morphologische Veränderungen und die dermale Permeation in vitro an exzidierter Schweinehaut nach Lagerung unter verschiedenen Bedingungen im Vergleich zu

frischer Haut. Sie finden nach topischer Applikation verschiedener Substanzen keine Änderungen in den Penetrationseigenschaften der Haut. Das gebräuchlichste In-vitro-Modell zum Studium des dermalen Wirkstofftransportes ist die Diffusionszelle nach Franz (FRANZ 1975) (Abb. 11) bzw. davon abgeleitete Modifikationen.

Abb. 11: Schematische Darstellung des Aufbaus sog. „Franz-Zellen“ (nach FRANZ 1975)

Die „Franz-Zelle“ besteht aus einer doppelwandigen, temperierbaren Glaskammer zur Aufnahme der Rezeptorflüssigkeit. Auf dieses Gerät wird entweder das vom subkutanen Fett befreite Hautstück oder nur die Epidermis gelegt und durch einen Glasring und eine Metallklammer so fixiert, daß es mit der dermalen Seite in Kontakt zum Rezeptormedium gelangt. Die epidermale Seite der Haut wird in die trockene bzw. kontrolliert hydratisierte Umgebung gerichtet eingesetzt. Als Diffusionsbarriere können auch synthetische Materialien benutzt werden (NACHT und YEUNG 1985). Da das wässrige dermale Gewebe wasserlösliche Substanzen leicht diffundieren lässt, stellt es nur eine minimale Beeinflussung für die Penetration der applizierten Substanzen dar. Hydrophobe Substanzen hingegen diffundieren nur sehr langsam durch die Dermis, weshalb im Vergleich zu In-vivo-Untersuchungen die Resorption lipophiler Substanzen langsamer erscheint (BRONAUGH und COLLIER 1991).

Probe-entnahmerohr Hautpräparat

Abdeckung

Dichtungsring

Temperatur-mantel

Zufluß

Abfluß Magnetrührer

Eine auf das Stratum corneum aufgetragene Substanz diffundiert, den Gesetzen der Fick´schen Diffusion folgend, durch die Schichten der Haut und kann anschließend in der Rezeptorflüssigkeit nachgewiesen werden. Die gewählte Rezeptorflüssigkeit darf das Ausmaß der Penetration der Testsubstanz nicht begrenzen, d.h. die Substanz muß im Rezeptormedium vollständig löslich sein. Die Konzentration der Testsubstanz im Rezeptormedium muß während der Versuchsdauer gering bleiben, um eine signifikante Rückdiffusion zu vermeiden.

Es muß weiterhin beachtet werden, daß die Barriereeigenschaften der Haut, sowie die physikalisch-chemischen Eigenschaften der zu untersuchenden Substanz und die Analytik nicht nachteilig durch die Rezeptorflüssigkeit verändert werden (HOWES et al. 1996). Bei längerandauernden Experimenten ist nach COLLIER und BRONAUGH (1991) eine Antibiotikazugabe zur Rezeptorflüssigkeit erforderlich.

Eine besondere Modifikation der Diffusionszelle ist die Durchflußdiffusionszelle („flow-through“-Diffusionszelle). Sie wurde entwickelt, um die Probennahme zu automatisieren.

Weiter läßt sich hier die Problematik der Rückdiffusion von Stoffen aus der Rezeptorflüssigkeit in die Haut, die unter Verwendung der Diffusionszelle eintreten kann, vermeiden. Diese Durchflußdiffusionszellen entsprechen eher der In-vivo-Situation, da durch den ständigen Austausch der Rezeptorflüssigkeit die penetrierende Substanz durch die Mikrozirkulation aus der Haut entfernt wird. Im Vergleich zu statischen Diffusionszellen stimmen die Penetrationsprofile und die penetrierenden Mengen von Wasser, Kortison und Benzoesäure überein (BRONAUGH und STEWART 1985). Im Gegensatz dazu stellen WESTER und MAIBACH (1985) signifikante Unterschiede zwischen statischen und „flow through“-Diffusionszellen fest. Sie untersuchen die Penetration des Desinfektionsmittels Triclocarban in die menschliche Bauchhaut. Die Penetration im statischen System beträgt 0,1

%, im Durchflußsystem 6,0 % der applizierten Dosis. Die geringe Penetrationsrate wird durch die schlechte Löslichkeit des Triclocarban in der Rezeptorflüssigkeit erklärt, weshalb diese Substanz in der Haut verbleibt. Die Löslichkeit im „flow-through“-System ist durch das höhere Volumen größer, weshalb dieser Zustand eher dem kontinuierlichen Blutfluß in vivo entspricht. Die perkutane Resorption von Triclocarban in vivo beträgt etwa 7 %. Um die Resorption vorherzusagen, eignet sich in diesem Fall das „flow-through“-System besser (WESTER und MAIBACH 1985).

Bei der Verwendung von Diffusionszellen ist zu beachten, daß Enzyme aus der Dermis in die Rezeptorflüssigkeit übertreten können, so daß penetrierte Substanzen möglicherweise erst in der Rezeptorflüssigkeit metabolisiert werden (BUNDGAARD et al. 1983). DECARVALHO et al. (1996) zeigen, daß auch eine Diffusion des Wassers aus der Rezeptorkammer in die Donatorkammer möglich ist, was die Penetration einer Testsubstanz beeinflussen kann.

2.3.2.2 Saarbrücker Penetrationsmodell

Das sog. Saarbrücker Penetrationsmodell (SB-M) wurde auf der Basis von exzidierter Humanhaut entwickelt. Es können die Arzneistoffkonzentrationsverläufe in den einzelnen Hautschichten ermittelt werden. Im Gegensatz zur „Franzzelle“, die für die Wirkstoffpermeation durch die Haut entwickelt wurde, dient das SB-M der Untersuchung der Wirkstoffpenetration in die Haut.

Am SB-M werden die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Wirkstoffpenetration in die verschiedenen Hautschichten untersucht, wobei die Haut selbst als Akzeptor für die zu penetrierende Substanz fungiert. Eine Hydratation der Haut wird vermieden und damit auch mögliche Veränderungen der Hauteigenschaften, die bei Verwendung der „Franzzelle“ durch die Rezeptorflüssigkeit entstehen können. Jedoch stellt die Inkubationszeit hier in Abhängigkeit von der verwendeten Substanz einen limitierenden Faktor dar, da die Voraussetzungen für das Eindringen der Substanz über die gesamte Versuchsdauer erhalten werden müssen.

Für den Versuchsablauf wird ein Hautstück zusammen mit einem mit Ringerlösung getränkten Papierfilter in die Aushöhlung eines Teflonblocks gebracht. Die Arzneimittel-zubereitung mit der zu penetrierenden Substanz befindet sich in der Aushöhlung eines Gegenstückes, welches ebenfalls aus Teflon besteht. Dieses Gegenstück wird auf die Oberfläche der Haut aufgelegt und mit Schrauben fixiert. Um einen transepidermalen Wasserverlust zu vermeiden, wird die Lücke zwischen den beiden Teflonstücken mit Plastibase versiegelt. Die gesamte Apparatur wird in in einer Plastikbox in einem 32 °C warmen Wasserbad über unterschiedlich lange Zeit inkubiert.

Zur Bestimmung der Verteilung der Substanz in den verschiedenen Hautschichttiefen wird das Hautstück im Anschluß an den Versuch mit zwei verschiedenen Methoden segmentiert:

mit der Tesa-Film-Abrißmethode wird das Stratum corneum Schicht für Schicht abgetragen.

Die „lebende“ Epidermis wird mit dem Gefriermikrotom parallel zur Hautoberfläche in definierten Schichtdicken abgetragen. Durch anschließende Extraktion der zu untersuchenden Substanz aus den Hautschnitten und Bestimmung der Konzentrationen mittels HPLC kann die Verteilung in den Hautschichten errechnet werden (WAGNER et al. 2000).

WAGNER et al. (2000) vergleichen das SB-M mit der etablierten „Franzzelle“ und In-vivo-Daten, wobei sowohl für das SB-M als auch für die „Franzzelle“ für den Arzneistoff Flufenaminsäure eine gute In-vitro-/ In-vivo-Korrelation gefunden wird. Außerdem stellen sie fest, daß die starke Hydratation der Haut bei Verwendung der „Franzzelle“ insbesonders den Arzneistoffkonzentrationsverlauf in den tieferen Hautschichten stark beeinflußt.

Zur Bestimmung der In-vitro-Permeabilitätseigenschaften der Haut gibt es zahlreiche Untersuchungen. Tabelle 3 faßt in absteigender Reihenfolge in vitro bestimmte Hautpermeabilitäten bei verschiedenen Spezies zusammen.

TREGEAR (1966) MARZULLI et al. (1969) McCREESH (1965) Hautpermeabilität

Kaninchen Maus Kaninchen

Ratte Meerschweinchen Ratte

Meerschweinchen Ziege Meerschweinchen

Mensch Kaninchen Katze

Pferd Ziege

Katze Affe

Hund Hund

Affe Schwein

Schwein Mensch Schimpanse

Tab. 3: In vitro-Hautpermeabilität bei verschiedenen Spezies in absteigender Reihenfolge (nach TREGEAR 1966; MARZULLI et al. 1969; McCREESH 1965)

Schweinehaut ist nach DICK et al. (1997) für Voraussagen bezüglich der Permeabilität durch die Haut des Menschen sehr gut geeignet. Rattenhaut stellt ebenfalls ein geeignetes Modell

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für menschliche Haut dar, wenn die applizierte Substanz hydrophiler Natur ist, führt aber grundsätzlich zu einer Überschätzung der penetrierten Menge bei lipophilen Substanzen.

BRONAUGH (1985) kann auch in vitro an Rattenhaut regionale Unterschiede feststellen. Die dünnere Abdominalhaut ist für Wasser, Kortison und Harnstoff permeabler als die dickere Rückenhaut. BEHL et al. (1985) dagegen zeigen in Versuchen an haarlosen Mäusen, daß hier die Rückenhaut dünner und gleichzeitig permeabler als die Bauchhaut ist.

Im Hinblick auf die Darstellung der Penetration, also dem Weg durch die Hornschicht und Anreicherung in der Epidermis, kann zwischen In-vivo- und In-vitro-Versuchen kein prinzipieller Unterschied festgestellt werden. Wesentliche Abweichungen ergeben sich jedoch, sobald die Kutis mit ihren Gefäßsystemen in die Penetrationsuntersuchungen einbezogen wird. Da der Transport durch die Gefäße und die davon abhängige Gleichgewichtseinstellung in vitro nicht mehr möglich ist, sofern die Haut nicht perfundiert ist, sind solche Ergebnisse auf In-vivo-Verhältnisse schlecht übertragbar (STÜTTGEN und SCHAEFER 1974).

Nach KLIGMANN (1983) ist die Auswertbarkeit der In-vitro-Ergebnisse leichter, da bei diesen Untersuchungen nur die Haut erfasst wird. Er ist daher der Ansicht, daß In-vitro-Ergebnisse valider sind als Daten, und daß bei bestehenden Unterschieden die In-vivo-Ergebnisse fragwürdiger sind.

BRONAUGH et al. (1982b) untersuchen die Resorption von Benzoesäure, Acetylsalicylsäure, Harnstoff und Coffein durch Rattenhaut. Sie vergleichen die erzielten In-vivo- und In-vitro-Ergebnisse und stellen fest, daß sich sowohl qualitativ als auch quantitativ eine gute Übereinstimmung zeigt. Andere Autoren stellen ebenfalls zwischen In-vivo- und In-vitro-Untersuchungen gute Übereinstimmungen fest (AINSWORTH 1960; SEKURA und SKALA 1972; CREASY et al. 1978).

2.3.2.3 Zellkulturen und künstliche Haut

Da zu Untersuchungen zur Hautphysiologie und -pathophysiologie frisch exzidierte gesunde Humanhaut nicht immer in ausreichend großer Menge zur Verfügung steht und Ergebnisse aus Resorptionsstudien am Tier nur begrenzt auf den Menschen übertragbar sind, stehen als Ersatzverfahren u.a. kultivierte Hautzellen und rekonstruierte Epidermis bzw. künstliche Haut zur Verfügung (SCHAEFER-KORTING 1996).

Zellkulturen werden heute in großem Umfang zur Testung von Pharmaka eingesetzt. Hierbei werden Zellen von Epidermis und Korium in künstlichen Nährmedien vermehrt. Kultiviert man Keratinozyten in Gegenwart physiologischer Kalziumionenkonzentration, d.h. in einem kalziumreichen Nährmedium, gelingt es, einen Differenzierungsprozeß in Gang zu setzen, aus dem mehrschichtige (2-5 Zelllagen) Präparate hervorgehen. In kalziumarmen Nährmedien wird dagegen nur eine Zelllage ausgebildet (SCHAEFER-KORTING 1996).

Schon DUBERTRET (1990) verwendet ein Hautäquivalent zur Untersuchung dermo-epidermaler Wechselwirkungen, indem er menschliche Fibroblasten mit Kollagen Typ I und III mischt. Die Kollagenfasern werden durch die Fibroblasten zusammengezogen. Diese dreidimensionale Kultur wird anschließend mit Keratinozyten bedeckt.

Für die Herstellung „künstlicher Haut“ werden Keratinozyten beispielsweise auf mesenchymalem Gewebe (isoliertes Korium oder in Kollagen eingebettete Fibroblasten) gezüchtet und durch Inkubation an der Luft-Medium-Grenze zur Verhornung gebracht. Diese

„Ersatzhaut“ weist allerdings eine geringere Barrierefunktion als gesunde Humanhaut auf.

Während die verstärkte Durchlässigkeit tierischer Haut auf die Vielzahl von Haarfollikeln (Shuntweg der Penetration) zurückgeführt wird, ist sie bei der Kunsthaut auf eine den physiologischen Bedingungen nicht entsprechende Ausbildung des Stratum corneum zurückzuführen. Epidermale Lipide (Ceramide) entstehen in geringerer Konzentration, werden unzureichend sezerniert und zudem nicht gemäß der Beschreibung unter 2.2.1 arrangiert. Die in vitro kultivierten Keratinozyten haben jedoch das Potential zur normalen Ausreifung keinesfalls verloren. Nach Transplantation von „Kunsthaut“ in Nacktmäuse resultiert nämlich eine Normalisierung der Barrierefunktion (SCHAEFER-KORTING 1996).

Es liegen verschiedene Permeabilitätsstudien und Untersuchungen zur Barrierefunktion von künstlicher Haut vor (RÉGNIER et al. 1992; DOUCET et al. 1997). LOTTE et al. (1997) zeigen, daß die Penetrationskinetik von Wasser, Benzoesäure, Coffein und Hydrocortison an

rekonstruierter Epidermis deutlich unterschieden werden kann. In dieser Reihenfolge nehmen die Penetrationsraten der genannten Stoffe ab. Dieses entspricht auch der Reihenfolge der Permeabilität durch Humanhaut, wobei die mit rekonstruierter Epidermis erzielten absoluten Werte jedoch wesentlich höher liegen.

SCHMOOK et al. (2001) vergleichen die Penetrationseigenschaften von Menschen-, Ratten-und Schweinehaut mit kommerziell erhältlichen Hautäquivalenten. Sie kommen zu dem Ergebnis, daß die momentan angebotenen Kunsthautmodelle (z.B. Graftskin®, Skinethik®, Skin²®, Episkin®) nicht ohne Einschränkung für In-vitro-Penetrationsstudien einsetzbar sind.

2.3.2.4 Perfusionsmodelle

Nach HOWES et al. (1996) ist die Verwendung perfundierter Haut aus physiologischer Sicht wünschenswert, da die Versuchsanordnung in Diffusionszellen nur Aussagen zur dermalen Penetration, jedoch nicht zur Resorption topisch applizierter Substanzen erlaubt (KIETZMANN und LÖSCHER 1993). In-vitro-Verfahren, die die In-vivo-Situation am ehesten widerspiegeln, stellen Perfusionsmodelle dar (BEHRENDT et al. 1989). Es gibt jedoch nur eine begrenzte Anzahl von Modellen, die als aussagekräftig angesehen werden.

Für Routineuntersuchungen der perkutanen Absorption werden sie aufgrund ihres höheren technischen Aufwandes und der begrenzten Lebensfähigkeit der perfundierten Organe seltener genutzt (HOWES et al. 1996). Wie bereits beschrieben, ist zu beachten, daß die dermale Penetration und Resorption regional erheblich variiert (FELDMANN und MAIBACH 1969). Diese Tatsache schränkt die Übertragbarkeit von Ergebnissen generell auf Zieltierarten bzw. auf den Menschen ein (SCHAEFER et al. 1987).

Eine etablierte Versuchsanordnung stellt das isoliert perfundierte Kaninchenohr dar, welche erstmals von PISSEMSKI (1914) im Rahmen physiologischer Untersuchungen beschrieben wird. Später werden verschiedene Modifikationen dieser Methode für Untersuchungen zur Resorption und zum Hautmetabolismus topisch applizierter Substanzen entwickelt (EKERDT et al. 1985; KELLNER et al. 1986; BEHRENDT und KAMPFFMEYER 1987, 1989; BAST und KAMPFFMEYER 1994), jedoch ist die Übertragbarkeit der am Kaninchenohr gemessenen Resorptionsrate auf andere Tierarten oder den Menschen nur mit Einschränkungen möglich (PERSHING und KRUEGER 1987).

Ein weiteres Modell stellt die isoliert perfundierte Hundehaut dar (KJAERSGAARD 1954).

Die Haut des Hinterlaufes wird exzidiert und über die A. saphena mit heparinisiertem Hundeblut perfundiert. Nach BEHRENDT et al. (1989) ist diese Methode für Routineuntersuchungen weniger geeignet, da aus anatomischen Gründen kein geschlossenes arteriovenöses System mittels zusätzlicher venöser Kanülierung erreicht werden kann.

Alternativ zur isoliert perfundierten Hundehaut kann das isoliert perfundierte Hundebein verwendet werden. Die Gliedmaße wird im Bereich des Hüftgelenkes abgesetzt; als Anschluß an die Perfusionsapparatur dienen die A. femoralis und die V. saphena medialis (FRIEDMAN 1966; McELFRESH und KELLY 1973; VICK 2000).

Beim isoliert perfundierten Hinterbein der Ratte erfolgt die Perfusion über die A. femoralis.

CROSS et al. (1993) stellen fest, daß durch Erhöhung des Perfusionsflusses um das Zweifache die Flußrate in der tiefer gelegenen Muskulatur auf das Fünffache ansteigt, während sich die Flußrate in der Haut und den oberflächlichen Muskeln nur verdoppelt.

Entsprechend der Flußrate nimmt die Wirkstoffkonzentration in den verschiedenen Geweben zu.

Die Methoden zur Durchführung der Perfusion an isolierten Gliedmaßen werden immer wieder modifiziert und verbessert. Das isoliert perfundierte Schweinebein ist heute als Modell für pharmakologische und toxikologische Untersuchungen etabliert (NOGUEIRA et al.

1999).

Mit dem Modell der isoliert perfundierten Humanhaut nach HIERNICKEL (1986) ist die zusätzliche Perfusion des subkutanen Fettgewebes und eines Lymphknotens möglich. Ein bei Operationseingriffen exzidierter Leistenhautlappen wird über die A. epigastrica perfundiert, Venen- und Lymphflüssigkeit werden gesammelt. Das Perfusionsmedium ähnelt in seiner Zusammensetzung Plasmaersatzflüssigkeit. Nach einer Perfusionszeit von 50 Stunden läßt sich sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch kein Unterschied zu frisch entferntem Gewebe erkennen.

Einen höheren Arbeitsaufwand im Vergleich zu anderen Perfusionsmodellen erfordert das Modell desisoliert perfundierten Schweinehautlappens (RIVIERE et al. 1986). Ein zunächst operativ gewonnener, mit kanülierbaren Gefäßen (A. und V. epigastrica superficialis caudalis) versehener Hautstiellappen wird nach sechs Tagen in einem zweiten operativen Eingriff isoliert und steht dann zur Perfusion zur Verfügung. Licht- und

elektronenmikroskopische Untersuchungen nach acht Stunden zeigen eine normal erscheinende Schweinehaut (MONTEIRO-RIVIERE et al. 1987).

Sowohl das menschliche Leistenhautpräparat als auch die Schweinehautplastik enthalten erhebliche Fettmengen, in die lipophile Pharmaka diffundieren und die die Kinetik von Substrat und Metaboliten verändern. Diese Nachteile sind am isoliert perfundierten Schweineohr nicht vorhanden. DE LANGE et al. (1992) perfundieren Schweineohren mit Carbogen begastem Blut über einen Zeitraum von vier Stunden. Bei der Durchführung von perkutanen Penetrationsstudien mit diesem Modell ermitteln ELLIOT et al. (1997) jedoch Penetrationsraten mit einer großen Variabilität.

Ein weiteres Modell zur Prüfung der dermalen Resorption ist das isoliert perfundierte Rindereuter, welches von Schlachttieren gewonnen wird. Das Rindereuter besitzt eine am isolierten Organ gut zugängliche arterielle und venöse Gefäßversorgung, die die isolierte Perfusion ermöglicht (KIETZMANN et al. 1993). Erste Versuche am isoliert perfundierten Rindereuter wurden bereits unternommen, um die Physiologie der Milchbildung zu untersuchen (PETERSEN et al. 1939, 1941). ARENS (1991) untersucht am isoliert perfundierten Rindereuter die dermale Penetration von topisch applizierten Substanzen. Hier weist sie neben einer Penetration und Resorption auch eine In-vitro-Metabolisierung von Wirkstoffen nach.

2.4 Benzoesäure, Testosteron und Hydrocortison als Testsubstanzen der