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Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und Klöstern

Paramenten- und Schatzkammern – Lage, Funktion und Einrichtung

Paramenten- und Schatzkammern dienten der sicheren Verwahrung von Textilien, Altargarnituren und Reliquiaren, ferner deponierte man dort konsekrierte und nicht konsekrierte Gefäße, weiter Vortragekreuze, Abtstäbe, Prozessionsfahnen, Baldachine und andere großformatige Gegenstände. In erster Linie wurden dort also prunkvolle und häufig aus Edelmetall bestehende Sakralobjekte verstaut, die man nur bei feierli-chen Hochämtern oder anderen besonderen Gelegenheiten benötigte. Dabei wurde in Klöstern und Kirchen schon aus Platzgründen meist auf eine Trennung der Objekte etwa nach den Werkmaterialien und auf ihre Unterbringung in verschiedenen Räu-men verzichtet, wie das in Verbindung mit dem Schottenstift wiedergegebene Inventar der »Inneren Sakristei« dokumentiert. Stattdessen fasste man die Gegenstände ver-mutlich normalerweise in einem Raum zusammen und verwendete die Bezeichnun-gen »Sakristei«, »Schatzkammer« und »Paramentenkammer« synonym. Auch hier soll zugunsten der sprachlichen Kohärenz nicht anders vorgegangen werden.

Obwohl sich in allen im anschließenden Katalog beschriebenen größeren Sakral-anlagen Schatzkammern befinden, hielten Carlo Borromeo und Jacob Müller es of-fenbar für überflüssig, spezielle Zimmer für kostbare Sakralgerätschaften zu fordern.

Gewöhnlich schließen sich diese Räume wie in Kremsmünster oder Lambach an eine Sakristei an, manchmal dient analog zur Raumdistribution in Schlägl und St. Florian die jeweilige Prälatensakristei als Schatzkammer, bisweilen liegt sie wie in Lilienfeld über der Sakristei oder wie im Wiener Dominikanerkloster über einem Kreuzgangflü-gel. Aus Gründen der Sicherheit, wegen der Tatsache, dass die wertvollen Sakralob-jekte nur relativ selten gebraucht wurden, sowie wegen der funktionalen Affinität von Sakristeien und Schatzkammern lag es nahe, diese oder eine ähnliche Grundrissdis-position zu wählen.318

Barocke Schatzkammerschränke nehmen häufig die gesamte Länge einer oder mehrerer Raumwände ein (etwa Abb. 170, 282, 298, 302, 316). Dabei richtet sich die

318 Der Plan von St. Gallen sieht entsprechende Räumlichkeiten vor. Schedl, St. Gallen (2014), 33–34.

Hierzu außerdem Liebenwein, Studiolo (1977), bes. 20–26.

Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und KlösternDer Kollationsgang – Lage und Funktion || 119 Inneneinrichtung der Möbel selbstverständlich nach ihrem Inhalt. Mit ihrer äußeren Gestaltung gleichen sie prinzipiell profanen Stücken, deren architektonisch aufge-baute Fronten auf einer Ebene vom Sockel bis zum oberen Abschluss durchlaufen. Die tiefe Freifläche über dem Unterschrank, welche Ankleidekredenzen auszeichnet, wird an Schatzkammermöbeln nicht benötigt.319 Zwar können die Fassaden der Paramen-tenschränke durch Gesimse in verschiedene Geschosse unterteilt sein, doch werden sie von Säulen und Pilastern optisch zu Einheiten zusammengefasst. Die Verzierungen der Möbel mit Schnitzarbeiten und Intarsien basieren auf dem Formenkanon, den wir bereits in Verbindung mit den Sakristeimöbeln kennengelernt haben. Enden die vor 1620 gebauten Paramentenkästen in Kremsmünster noch mit einem geraden Ge-bälk (Abb. 298, 302), so passen sich die in den 1650er-Jahren verfertigten Möbel der Prälatensakristei in Schlägl und der Paramentenkammer des Dominikanerklosters der Wölbung der Räume an (Abb. 11, 366–367). Diese Möbelensembles wurden eigens für ihr jeweiliges Ambiente geschaffen. Sie sind die frühesten Beispiele für wandfeste Sakristei- bzw. Schatzkammerausstattungen, die sich im Osten Österreichs nachwei-sen lasnachwei-sen.320

Der Kollationsgang – Lage und Funktion

Dem Idealplan von St. Gallen zufolge sollte sich der Kreuzgang auf der Südseite der Kirche befinden, Fraterie, Refektorium, Dormitorium und andere Räumlichkeiten, die für den Tagesablauf der Mönche grundlegend waren, säumten ihn. Der Kapitelsaal kam erst im 11. Jahrhundert hinzu.321 Tatsächlich entspricht dies dem architektoni-schen System vieler, wenn nicht der meisten Abteien nördlich der Alpen. In Klöstern unseres Kulturraums führt der sich an die südliche Außenwand der Kirche anleh-nende nördliche Flügel des Kreuzgangs in den Chor der Kirche. Dieser Flügel, der sogenannte Lektions- oder Kollationsgang, ist mit Bänken ausgestattet, da die Klos-tergemeinschaften hier ursprünglich das Kapitel abhielten322, außerdem kamen die Mönche im Lektionsgang der Verpflichtung zu täglichen Lesungen nach. Sowohl zur Kirche zu als auch gegenüber zum Garten hin sind in den Abteien von Heiligenkreuz

319 Als für eine Schatzkammer ungewöhnlich erweisen sich die beiden Möbel in Lilienfeld (Abb. 195), doch schuf man sie vermutlich einst für die Sakristei der Klosterkirche.

320 Nach Renz-Krebber, Sakristeischränke (1998), 45, befindet sich in der Stiftskirche St. Zeno in Bad Reichenhall das älteste bekannte süddeutsche Beispiel einer wandfesten Sakristeiausstattung. Das Mo-biliar entstand nach 1640.

321 Braunfels, Klosterbaukunst (1969), 16 ; Schwaiger/Heim, Orden (2002), 100–102.

322 Braunfels, ebd., 39, 43.

(Abb. 151, 153) und Zwettl (Abb. 283) noch die alten, zum Teil mit einfachen Holz-brettern verkleideten Steinbänke vorhanden. In beiden Anlagen ist die Kirchensüd-wand über den Bänken vertäfelt. Heiligenkreuz verfügt auf der Gartenseite des Gangs über eine veritable Kanzel, während man in Zwettl auf der Bank einen schlichten Baluster mit schwenkbarem Arm befestigte, der das Lesepult trägt.323

Spielt der Kreuzgang im Zeremoniell der Benediktiner schon lange keine Rolle mehr, wird er von den Zisterziensern noch immer genutzt, in Zwettl und Klosterneu-burg vom Frühjahr bis zum Herbst. Sobald es die Witterung zulässt, folgt die Mönchs-gemeinschaft dort vor der Komplet einer Lesung, heute sind es meist Textstellen aus der vermutlich im frühen 6. Jahrhundert verfassten Regel des heiligen Benedikt oder Auszüge aus der Literatur der Kirchenväter.324 Zudem wuschen früher im Kollations-gang Mönche ihren Mitbrüdern zum Zeichen christlicher Demut einmal wöchentlich die Füße. Davon zeugen in Zwettl steinerne, an der Südwand des Kollationsgangs angebrachte Becken, durch die das benutzte Wasser in den Garten abgeleitet wurde.

Heute findet dieses Ritual in der Regel nur bei der Abendmesse am Gründonnerstag statt, in einigen Klöstern noch immer im Kreuzgang.

Refektorien – Lage und Einrichtung

Der St. Gallener Plan zeigt das Refektorium als eigenständigen Gebäudekomplex an der Südseite des Kreuzgangs.325 Häufig standen den Konventen auf dem Land, wo das bebaubare Terrain für großzügige Planungen weiträumig genug war, zwei Spei-sesäle zur Verfügung : ein Sommer- und ein Winterrefektorium. Letzteres lag oft in einem windgeschützten Teil des Klosterareals, war kleiner und beheizbar, was bei den Sommerspeisesälen nicht nötig war. Im Gegenteil : Die Sommerrefektorien in Lam-bach und St. Florian präsentieren sich als monumentale Prunksäle in größtenteils frei liegenden Baukörpern (Abb. 318, 358). Von den Längsseiten her strömt durch große Fensteröffnungen Licht in die zweigeschossigen Säle, sodass sich früher die Tempera-turen in den Räumen von jenen außerhalb kaum unterschieden haben werden.

Hinsichtlich der Innendekoration lassen sich grob zwei Typen von Refektorien er-kennen. Auf der einen Seite existieren wie in St.  Florian und Lambach, Göttweig und Heiligenkreuz (Abb. 132, 154) Räume, die über einem hüfthohen hölzernen oder

323 Eine weitere Kanzel ist im Lektionsgang von Wilhering erhalten (Abb. 387).

324 Freundliche Auskunft von P. Bernhard Prem, Stift Zwettl, und P. Alkuin Schachenmayr, Stift Heili-genkreuz.

325 Schedl, St. Gallen (2014), bes. Abb. 1.

Mobiliar in Nebenräumen von Kirchen und KlösternRefektorien – Lage und Einrichtung || 121 gemauerten Sockel verputzte, teilweise mit Freskenzyklen, Stuckarbeiten und Vergol-dungen verzierte Wände aufweisen. Solchen prachtvollen Speisesälen der alten Orden stehen die kleineren Räume der jüngeren Orden mit ihren mannshohen Holzver-täfelungen gegenüber. In Wien geben die Klöster der Barnabiten und Franziskaner (Abb. 25) dafür treffliche Beispiele ab.326 Zwar gehören Gemälde auch zur Ausstat-tung dieser Zimmer, doch sind die Refektorien der beiden Klöster nur sparsam deko-riert. Repräsentationsaufgaben, die den Sälen der alten Orden offensichtlich zukamen, wurden hier aufgegeben, in den Vordergrund rückte die Funktion.

Solche Überlegungen werden zudem durch die Art und die Gestaltung des Mobi-liars zum Ausdruck gebracht. Sind die mit Marketerien geschmückten Tische in den Abteien der alten Orden auf drei Seiten geschlossen und nur zur Wand hin geöffnet, befinden sich im Speisesaal der Wiener Franziskaner schlichte, von Wangen getragene Möbel, die wie profane Exemplare rundum offen sind.327 Weitere Beispiele für diese Art der Einrichtung kennen wir aus dem Franziskanerkloster Frauenkirchen im Bur-genland sowie aus dem Refektorium des Jesuitenklosters in Trençin (Trentschin), einer slowakischen, etwa 200 km nordöstlich von Wien gelegenen Kleinstadt.328

Darüber hinaus unterscheiden sich die Sitzmöbel in den Refektorien dieser drei Klöster von jenen anderer Abteien. Stehen den Konventmitgliedern der landständi-schen Orden in den Speisesälen meist Einzelstühle zur Verfügung, so brachte man an den Vertäfelungen in den Speiseräumen der Franziskaner, Jesuiten und Barnabi-ten umlaufende Bänke für die Konventualen an. In der Hierarchie des Möbels, die im 18.  Jahrhundert namentlich in Verbindung mit der höfischen Inneneinrichtung Bedeutung erlangte, nahmen Einzelstühle den Vorrang vor Sitzbänken ein. Tatsäch-lich unterstreichen Stühle die Individualität der Personen, die sie verwenden, während beim Gebrauch von Bänken jegliche Form des Individualismus aufgegeben wird. Bei der Einrichtung der Refektorien der jüngeren Orden orientierte man sich vermutlich an italienischen Vorbildern.329 Anders als die Interieurs der Benediktiner oder Zister-zienser entspricht das vielleicht eher der in den Klöstern alle Lebensbereiche durch-dringenden Vorstellung von einer zusammengehörenden Gruppe von Mönchen und ihrer besonderen monastischen Lebensform, dem Koinobitentum. Und in ganz be-sonderer Weise kommt der demonstrativ zur Schau gestellte Kollektivismus zweifellos

326 Zum Refektorium des Barnabitenklosters Hladky, Kirchenmöbel (2003), Bd. 1, 67–68, 82–83, Bd. 2, Abb. 189–191.

327 Die Tische des Refektoriums der Barnabiten sind verloren.

328 Das Kloster in Frauenkirchen wird im zweiten Band der Untersuchung besprochen. Zur Raumaus-stattung des Jesuitenklosters, die sich heute im Besitz des Museums für Kunstgewerbe zu Budapest befindet, vgl. Batári/Vadászi Furniture (2000), S. 77, 78.

329 Schottmüller, Wohnungskultur (1921), Taf. 65–67, 151, 152 ; Ferrari, Legno [ca. 1928], T. 3, Taf. 79.

den Mendikanten zu. Obwohl als Anregung für ein zukünftiges Benediktinerkloster entstanden, zeigt jedenfalls auch der Klosterplan aus dem frühen 9. Jahrhundert im Refektorium noch lange Sitzbänke.330

Als weiteres Möbelstück war in der Barockzeit eine Lesekanzel in den Speisesälen der Mönche unverzichtbar. Meist sind die Kanzeln wie in Göttweig, Klosterneuburg oder Kremsmünster in einer Raumecke positioniert und über nur eine Treppe zu be-steigen (Abb. 135, 179, 310). Lediglich in Lambach und St. Florian akzentuieren die Möbel die Mittelachse einer Schmalseite des Raumes, weshalb sie aus Symmetriegrün-den von zwei Treppenläufen erschlossen werSymmetriegrün-den (Abb. 318, 359). Häufig tragen Sub-struktionen die Möbel, ein Adler in St. Florian, ein Engel in Lambach oder kniende Mohren und eine Felsengruppe in Göttweig. Gelegentlich hängen die Lesekanzeln aber auch frei über dem Boden, Kremsmünster bietet sich hierfür als Beispiel an. Die Funktion dieser Inventarstücke bestand darin, als Podium für denjenigen Konventua-len zu dienen, der der Mönchskommunität beim gemeinsamen Mahl bestimmte Texte vorlas, wie es die Benediktregel fordert und in vielen Klöstern noch immer praktiziert wird. Heute wird dabei ein Textauszug aus der Heiligen Schrift vorgetragen sowie ein Auszug aus einem beliebigen theologischen Werk, möglich ist auch ein Kapitel aus einem Sachbuch. Wenigstens einmal jährlich sollte aber die Regula Benedicti referiert werden.331

Bibliotheken, Manuskriptenzimmer und Sammlungsräume Bibliotheken

Der Plan von St. Gallen situiert die Sakristei südlich des Chorraums, ihr gegenüber im Norden das Skriptorium und im Obergeschoss darüber die Bibliothek.332 Die Be-zeichnung des Raumes auf dem Plan lautet : Infra sedes scribentium / supra bibliotheca […].333 Tatsächlich zeigt er an den beiden Außenwänden des Erdgeschosszimmers, offenbar in den Fensternischen, die Pulte der Schreiber und an den Wänden eine L-förmige Sitzbank. Ein großer Tisch nimmt die Mitte des Raumes ein.

Der Bücherbestand in vielen frühen Klöstern war noch bescheiden, sodass ein kleiner Raum, ein Armarium, gewöhnlich zur Verwahrung der Schriften ausreichte.

Manchmal genügten sogar Wandnischen mit Regalbrettern als Aufbewahrungsort der

330 Schedl, St. Gallen (2014), bes. Abb. 1.

331 Die vorhergehenden Angaben nach freundlicher Auskunft von P. Augustinus Zeman, Schottenstift zu Wien, und P. Bernhard Prem, Stift Zwettl.

332 Schedl, St. Gallen (2014), 33, 34.

333 Liebenwein, Studiolo (1977), 13–29 ; Schedl, ebd., 128.

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Bibliotheken, Manuskriptenzimmer und Sammlungsräume | Bücher. Solche Nischen sind noch im Nordflügel des Kreuzgangs von Heiligenkreuz zu erkennen (Abb. 151). Seit der Frühen Neuzeit nahm der Bestand an Schriftwer-ken in den Klöstern aber rapide zu, was die Errichtung größerer Bibliotheksräume notwendig werden ließ. Legte man in Österreich zunächst keinen allzu großen Wert auf ihre Gestaltung, zählten Bibliotheksbauten etwa seit der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert zu den architektonischen Herausforderungen bei der Barockisierung der großen Prälatenklöster. Der Aufbau großer Bibliotheken war logische Folge einer stetigen »Verwissenschaftlichung« der Klöster, die für die Mönchsgemeinschaften kein Selbstzweck war, sondern mit einer klar definierten religiösen Zielsetzung betrieben wurde : Studium und Forschung galten als Hilfsmittel zum tieferen Verständnis Gottes und der von ihm geschaffenen Natur. In den Bibliotheken mit ihren Büchern zu allen Bereichen der Wissenschaft erkannte man ein abstrahiertes Abbild des Universums, das es in seiner Gesamtheit zu erfassen galt.334 Entsprechend hoch war der Anspruch, den man an die künstlerische und handwerkliche Qualität ihrer Ausstattungen stellte.

– Im Osten Österreichs und im hier interessierenden Zeitraum ließen Klosterge-meinschaften prinzipiell zwei Arten von Bibliotheken errichten : Eine Entwick-lungslinie wird vertreten durch die um oder bald nach 1700 entstandenen Biblio-theken in Lilienfeld, Heiligenkreuz und Kremsmünster sowie durch die gut drei Jahrzehnte jüngere von St.  Pölten (Abb.  143, 197, 198, 240, 307). Bereits beste-hende Räumlichkeiten wurden dort zu Bibliotheken umgestaltet, was eine relative Enge der Zimmer zur Folge hatte. Sie haben kaum etwas gemein mit den großen Saalbibliotheken, dem zweiten Entwicklungsstrang, für den die seit dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts entstandenen Bibliotheksbauten in Göttweig, Seiten-stetten (Abb. 129, 252), Melk oder St. Florian als Beispiele dienen mögen.335 Die dortigen monumentalen Räume sind zweistöckig angelegt, wobei auf Konsolen auf-liegende und dicht an der Wand entlang geführte Emporen die oberen Geschosse erschließen. Obgleich die Wände in der Höhe eine markante Gliederung erfahren, erlebt der Betrachter den Raum als weiträumigen, lichtdurchfluteten Kubus ; die Anlehnung an die Gestaltung italienischer Bibliothekssäle tritt deutlich zutage.336 Und ebenso unverkennbar unterscheiden sich diese Bibliotheken von Lösungen, die vielfach in Süddeutschland gewählt wurden.337 Errichtet wurden die neuen und

334 Polleroß, Bauherren (1988), 267–268 ; Lehmann, Bibliotheksräume (1996), Bd. 1, bes. 89–98 ; Schmid, Klosterbibliotheken (2001), 69.

335 Zu den Bibliotheken in Melk und St. Florian vgl. Lehmann, ebd., Bd. 1, 98–110, 183, Bd. 2, 475–476, 514–515.

336 Lehmann, ebd., Bd. 1, 15–16, Abb. 1.

337 Lehmann, ebd., mit entsprechenden Hinweisen. In Süddeutschland werden die vor dem Obergeschoss

moderneren Bibliotheksbauten in Göttweig von Johann Lukas von Hildebrandt (1668–1745) und seinem Nachfolger Franz Jänggl (1654–1734), in Zwettl, Melk und Seitenstetten von Joseph Munggenast (1680–1741).338 Als ein weiterer, höchst prominenter Vertreter für solche Saalbibliotheken mag die Hofbibliothek in Wien erwähnt werden. Geplant von Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656–1723) und seinem Sohn Joseph Emanuel (1693–1742), entstand sie ebenfalls um 1730.339 In den genannten Bibliotheken sind die Bücherschränke vor den Wänden größtenteils offen, während im Rauminnern mit Türen verschlossene Tischkästen stehen. Einer-seits nahmen sie wertvolle Folianten auf, andererEiner-seits konnte an diesen Inventarstü-cken aber auch gearbeitet werden.340 Weitere Möbel kommen in den Bibliotheken nicht vor. Häufig tragen die Bibliothekseinrichtungen kaum Verzierungen. Die Balus-tradengitter der Emporen überzeugen mit klassischer Schlichtheit, lediglich in Zwettl besitzen sie einen etwas komplizierteren Aufbau. An den Möbeln wirkt das Zusam-menspiel der prachtvoll gemaserten Nuss- und Pappelmaserfurniere mit vergoldeten Lichthöhungen in den Schnitzarbeiten und schlichten Bandintarsien. Nur die Platten der Bibliothekstische zu Kremsmünster schmücken Sterne und andere ornamentale Motive. In den Räumen treten die Tischlerarbeiten optisch in den Hintergrund. Dort sind es die Fresken, die Stuckarbeiten und vor allem die unzähligen, mit gleichförmi-gen Einbänden versehenen Bücherreihen, die den Raumeindruck entscheidend prägleichförmi-gen.

Manuskriptenzimmer

Neben der Bibliothek liegt in Göttweig ein kleines Manuskriptenzimmer, charak-teristisch für den Raum ist der völlige Verzicht auf repräsentativen Prunk. Diesem Vorhaben ordnet sich auch die Konstruktion der Möbel unter, deren Aussehen dem

»gewöhnlicher« Schränke entspricht (Abb. 131). Lediglich das Faktum, dass sie durch-brochene Türfüllungen zur ständigen Belüftung des wertvollen Inhalts besitzen, deutet auf den besonderen Standort und die außergewöhnliche Funktion hin.

laufenden Galerien häufig von Freisäulen getragen. Der Raum wird dadurch in einzelne Abschnitte unterteilt und ist als Einheit kaum noch erfassbar. Ähnlich gestaltet ist die Bibliothek des Zisterzi-enserstiftes Schlierbach.

338 Die Bibliothek in Göttweig wurde im dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts erbaut, die Bibliotheken von Zwettl und Melk im vierten, die von Seitenstetten im fünften Jahrzehnt.

339 Solche Bibliotheken kamen freilich nicht nur in Österreich und Italien vor ; beispielsweise verfügt das Strahov-Kloster in Prag über einen vergleichbaren Raum.

340 In den hier untersuchten Bibliotheken wurden die Glasvitrinen auf den Tischen erst später hinzuge-fügt.

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Bibliotheken, Manuskriptenzimmer und Sammlungsräume |

Sammlungsräume

Schließlich soll den zeitgenössischen Sammlungsräumen noch ein kurzer Abschnitt gewidmet werden, da im folgenden Katalog mit dem Physikalien- und Mineralien-kabinett im Stift Seitenstetten ein Beispiel vorgestellt wird (Abb.  253, 254). Auch bei diesen Räumen handelt es sich um prachtvoll ausgestattete Zimmer, doch an-ders als in vielen Bibliotheken dominiert in Seitenstetten die Tischlerausstattung über die Architektur. Während die Vitrinentische in der Raummitte vermutlich auf das frühe 19. Jahrhundert zurückgehen, werden die Möbel vor den Wänden auf die späten 1760er-Jahre zu datieren sein. Allerdings ist auch in Verbindung mit den Schrankgar-nituren von einer nachträglichen Umgestaltung auszugehen.341 Die Möbel bestehen aus Unterschränken mit Schüben, über denen mit hohen Rundgiebeln bekrönte Glas-schränke folgen. Glatte furnierte Flächen bestimmen ihr Aussehen, feine Schnitzor-namente sind auf die verzierten Rahmen beschränkt, die die Scheiben einfassen. Beim Bau des Mobiliars wurden bereits frühe klassizistische Einflüsse wirksam. Einerseits manifestieren sie sich in der Zurücknahme der Schnitzarbeiten, andererseits wurden hier die Schubkastenvorderstücke nicht mehr in Rahmen und Füllungen unterteilt, was bei früheren Möbeln zu beobachten ist, sondern sie sind bereits als Einheit inter-pretiert. Folgerichtig ist das Furnier an den Schubladen auch nicht in der Richtung des Blindholzes aufgelegt, sondern senkrecht dazu. Teilweise ist es sogar über die Fronten der Laden von unten nach oben durchgezogen, eines der Charakteristika von Möbeln, die in den Jahrzehnten um 1800 entstanden. Stilgeschichtlich ist das Mobiliar des Sammlungsraums am Übergang vom Spätbarock zum frühen Neoklassizismus anzu-siedeln.

Hinsichtlich der Art der Präsentation fällt in den Sammlungsräumen von Seiten-stetten auf, dass der kostbare Inhalt der Möbel teils versteckt, teils offen, wenn auch hinter Glas, aufbewahrt wird. Die Exponate werden wohlgeordnet und mit einigem Abstand voneinander präsentiert, sodass jedes als Einzelstück in Erscheinung tritt. Ei-nige werden von Postamenten gestützt oder liegen auf Regalbrettern, die überwiegende Mehrzahl der Objekte ruht aber auf kegelförmigen Konsolen, die an den Rückwänden der Möbel befestigt sind. Die Einrichtung der Sammlungsräume in Seiten stetten und die Präsentation der Ausstellungsstücke steht damit schon ganz im Zeichen der Auf-klärung

Wie anders zeigt sich da die leider zum größten Teil verlorene Ausstattung der frü-heren Kunst- und Wunderkammer im Stift Göttweig ! Eingerichtet um 1730, ist ihre Gestaltung immerhin durch einen Stich von Salomon Kleiner (1703–1761) aus den

341 Hierzu die relevanten Angaben im Katalogteil des Buches.

1740er-Jahren überliefert.342 Bis auf die Münzschränke und einen großen Tischkasten in der Raummitte bestand das Mobiliar aus Kästen, deren Fassaden partienweise ver-glast, sonst aber analog zu den Repositorien in Bibliotheken komplett geöffnet waren.

1740er-Jahren überliefert.342 Bis auf die Münzschränke und einen großen Tischkasten in der Raummitte bestand das Mobiliar aus Kästen, deren Fassaden partienweise ver-glast, sonst aber analog zu den Repositorien in Bibliotheken komplett geöffnet waren.