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1.3 Vaskuläre Komplikationen des Diabetes mellitus

1.3.2 Mikrovaskuläre Komplikationen des Diabetes mellitus

1.3.2.1 Diabetische Retinopathie

In der Altersgruppe der 30 bis 60 jährigen in den westlichen Industrienationen ist die diabetische Retinopathie die häufigste Ursache für eine Erblindung [5]. Verantwortlich ist im wesentlichen die proliferative diabetische Retinopathie und das diabetische Makulaödem [5].

Eine nichtproliferative Retinopathie tritt meist 8 bis 15 Jahre nach Manifestation des Diabetes mellitus auf und ist gekennzeichnet durch retinale Mikroaneurysmen, Punktblutungen, und sogenannte „cotton whool“ Herde am Augenhintergrund, welche jedoch zunächst keine klinischen Symptome zeigen. Die zugrundeliegenden pathophysiologischen Mechanismen betreffen den Verlust retinaler Perizyten mit Ausbildung avaskulärer Kapillaren, sowie eine erhöhte Kapillarpermeabilität der retinalen Gefäße, welche gemeinsam mit Veränderungen

Abbildung 1: Entstehung arteriosklerotischer Veränderungen [1]

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der mikrovaskulären Gefäßstrukturen zur retinalen Ischämie führen [5]. Bei weiterer Progredienz der Erkrankung kommt es im Verlauf zur Ausbildung einer sogenannten proliferativen diabetischen Retinopathie, welche durch eine unkontrollierte Neovaskularisation der retinalen Gefäße gekennzeichnet ist. Diese entsteht als Antwort auf die retinale Hypoxie im Bereich von Makula oder Papille und führt schließlich zu retinalen Gefäßrupturen und Glaskörperblutung mit konsekutiver Fibrosierung der Retina und Netzhautablösung [5].

Eine nichtproliferative Retinopathie geht nicht zwingend in eine proliferative Form über, wobei jedoch die Wahrscheinlichkeit, innerhalb der nächsten fünf Jahre eine proliferative Form zu entwickeln, mit der Schwere der nichtproliferativen Retinopathie zunimmt [5]. Die besten prognostischen Parameter für das Auftreten einer diabetischen Retinopathie sind die Diabetesdauer und die Güte der Diabeteseinstellung. Weitere Risikofaktoren für die Entwicklung einer Retinopathie sind ferner arterielle Hypertonie, Hyperlipidämie, hormonelle Umstellung in Pubertät und Schwangerschaft und Rauchen [5]. Nach einer Erkrankungsdauer von mehr als 20 Jahren tritt bei fast allen Diabetikern eine nichtproliferative Retinopathie auf.

Beim Diabetes mellitus Typ 2 werden bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bei ungefähr 30 Prozent der Patienten retinale Veränderungen nachgewiesen. Dies ist als Zeichen einer langjährig unbemerkten Störung des Glukosestoffwechsel zu werten [5].

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die diabetische Retinopathie und die diabetische Makulopathie keine Spätsymptome eines schlecht eingestellten Diabetes mellitus sind, sondern bei entsprechend prädisponierten Patienten bereits sehr früh als Marker eines vorgeschädigten Gefäßsystems auftreten [10]. Neuere klinische Studien zeigen, dass etwa 80% aller Erkrankten mit Diabetes mellitus trotz modernster Therapiemodalitäten mit guter Blutdruck und Blutzuckerkontrolle nach langer Diabetesdauer zumindest beginnende Veränderungen an der Netzhaut aufweisen [10].

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1.3.2.2 Diabetische Polyneuropathie

Die diabetische Neuropathie tritt bei ungefähr 50% aller langjährigen Typ 1 und Typ 2 Diabetiker auf [5]. Eine distal sensible diabetische Polyneuropathie kann bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 1 nach langjähriger Krankheitsdauer bemerkt werden und entsteht bei Patienten mit einem Diabetes mellitus Typ 2 meist nach dem 50. Lebensjahr [5]. Kraniale Mononeuropathien treten hingegen meist als isolierte Paresen des III. und VI. Hirnnerven auf.

In Dreiviertel der klinischen Fälle bleibt die Pupillenfunktion erhalten. Ein lokaler Schmerz am Auge oder Kopfschmerzen sind bei der Hälfte der klinischen Fälle vorhanden [5]. Eine thorakoabdominale Neuropathie ist schmerzhaft, involviert unilateral einen oder mehrere Interkostal oder Lumbalnerven und tritt häufig gemeinsam mit einer asymmetrischen proximalen Neuropathie auf, welche hauptsächlich mit Paresen von Muskeln einhergeht, die vom N. femoralis oder N. obturatorius versorgt werden, sowie mit einem ipsilateralen Verlust des Quadrizepsreflexes [4]. Das sensible Defizit ist gering, wobei der Schmerz an Hüfte und Oberschenkelvorderseite erheblich sein kann [5]. Zusätzlich kann eine autonome Neuropathie auftreten. Hierbei treten die Symptome in Form von kardiovaskulären, gastrointestinalen, urogenitalen und metabolischen Störungen auf [5]. Häufig sind hierbei eine Ruhetachykardie, orthostatische Beschwerden, Gastroparesen und Blasenentleerungsstörungen [5]. Die Behandlung der diabetischen Neuropathie beschränkt sich derzeit auf eine optimale Einstellung des Blutzuckers und eine symptomatische Schmerztherapie, denn statistisch sind gut eingestellte Diabetiker weniger von der diabetischen Polyneuropathie betroffen als schlechter eingestellte Vergleichsgruppen [5]. Eine kausal pathophysiologisch orientierte Behandlungsmodalität besteht derzeit leider noch nicht, obwohl experimentelle Untersuchungen mit einem PKC Isoform selektiven Inhibitor derzeit vielsprechend sind [5].

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1.3.2.3 Diabetische Nephropathie

Zahlreiche epidemiologische Studien zeigen, dass die diabetische Nephropathie die wichtigste Folgeerkrankung bei Diabetes mellitus darstellt [11, 12]. Die diabetische Nephropathie ist mit einer erhöhten kardiovaskulären Morbidität und Mortalität verbunden [13, 14]. Die mikrovaskulären Schäden der Niere führen zunächst zu einer funktionellen und schließlich einer strukturellen Schädigung mit konsekutivem chronischen Nierenversagen. Der jährliche Report des United States Renal Data System (USRDS) zeigt, dass die diabetes assoziierten Nierenerkrankungen mittlerweile die Hauptursache für das chronische Nierenversagen in den USA darstellen [11]. Diese Erkenntnisse sind durchaus auf Deutschland übertragbar. In einer Studie der Universität Heidelberg wurde festgestellt, dass von allen dialysepflichtigen Patienten der Jahre 1998 bis 2000 mit chronischem Nierenversagen 49 Prozent einen Diabetes mellitus hatten [15].

Verschiedene klinische Interventionsstudien konnten eindeutig belegen, dass hohe Blutglukosespiegel zweifelsfrei zu makro und mikrovaskulären Schädigungen, also auch zur Nierenschädigung führen [13]. Nach epidemiologischen Auswertungen des QUASI Nieren Registers beträgt in Deutschland die Prävalenz der diabetischen Nephropathie bei Patienten unter Nierenersatztherapie 26 Prozent und die Inzidenz 34 Prozent [14]. Davon sind 31 Prozent Typ 2 Diabetiker und 3 Prozent Typ 1 Diabetiker [16]. Obwohl in den letzten Jahren ein deutlich ansteigender Trend bezüglich der Prävalenz der diabetischen Nephropathie zu verzeichnen ist, besteht durch die signifikant erhöhte kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität in diesem Hochrisikokollektiv eine weniger ausgeprägte Zunahme der Inzidenz der diabetischen Nephropathie [16].

Als erste klinische Symptome der diabetischen Nephropathie treten eine renale Hyperfiltration, eine Mikroalbuminurie und eine im weiteren Verlauf progrediente Proteinurie bis hin zum nephrotischen Syndrom auf [5]. Zusätzlich können Zeichen einer

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tubulointerstitiellen Nierenbeteiligung wie eine durch einen hyporeninämischen Hypoaldosteronismus bedingte Hyperkaliämie, eine renale Anämie, eine durch Vitamin D Mangel bedingte Hypokalzämie , eine Hyperphosphatämie sowie eine renal tubuläre Azidose auftreten [5]. Die terminale Niereninsuffizienz entwickelt sich meist in einem langsamen chronischen Verlauf nach Auftreten der ersten klinischen Zeichen einer diabetischen Nierenschädigung, es kann aber auch zu rascheren progredienten Krankheitsverläufen kommen [5].

Beim Diabetes mellitus Typ 1 ist die Mikroalbuminurie als direkte Folge einer Störung der glomerulären Filtrationsbarriere anzusehen, während beim Diabetes mellitus Typ 2 oder bei Patienten mit arterieller Hypertonie diese meist als Zeichen einer generellen Endothelschädigung zu werten ist [17]. Bereits eine hochnormale Albuminurie stellt einen Risikofaktor für die Entstehung einer diabetischen Nephropathie dar [17]. Einzelne Studien geben Hinweise, dass eine gute Stoffwechsel und Blutdruckeinstellung eine bereits manifeste diabetische Nephropathie wieder zurückbilden kann [18, 19].

Im Allgemeinen vergrößern sich die Glomeruli im Rahmen der Hyperfiltration und damit das Nierenvolumen in der sonographischen Untersuchung deutlich [5]. Morphologisch fallen eine Verdickung der glomerulären Basalmembran (GBM) und eine mesangiale Expansion aufgrund einer extrazellulären Matrixakkumulation auf. Im Verlauf nimmt die mesangiale Matrixablagerung mit einer schlechten Stoffwechseleinstellung zu und in der Nierenbiopsie wird nach Kimmelstiel Wilson eine typische eosinophile, PAS positive Glomerulosklerose sichtbar [5].

Sowohl metabolische als auch hämodynamische Faktoren tragen zur Ausbildung einer diabetischen Nephropathie bei. Im Glomerulum führt der erhöhte systemische und intraglomeruläre Blutdruck zu einer direkten Aktivierung von intrazellulären Signaltransduktionskaskaden wie zum Beispiel der Protein Kinase C (PKC), der Mitogen activated protein kinase (MAPK) und von Nuclear Factor χB (NF χB) sowie zur

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Ausschüttung verschiedener Wachstumsfaktoren und Zytokine wie VEGF, Endothelin und TGF β1 [5]. Genetische Faktoren scheinen ebenfalls eine wesentliche Rolle im Rahmen dieser diabetischen Folgeerkrankung zuzukommen, da nur etwa 20 30% der diabetischen Population eine diabetische Nephropathie im Rahmen der diabetischen Stoffwechselstörung entwickelt [5].

1.4 Molekulare Mechanismen diabetischer mikrovaskulärer