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Theoretische Überlegungen

2.3 Methodische Aspekte der Operationalisierung

Die Arbeit analysiert die Bedingungen des Zustandekommens des traditionellen Kontrakts als soziales Konstrukt auf betrieblicher wie auch überbetrieblicher Ebene. Indem sie die Entwicklung sozialer Strukturen aufzeigt, die sein Zustande-kommen fördern oder unterminieren, rekonstruiert sie den Rahmen, innerhalb dessen individuelle Interpretationen entstehen und (abweichende) Orientierungen

‚bestehen’ müssen. Es wird genauer gefragt:

Ist auf betrieblicher Ebene ein wechselseitiges Austauschmuster entsprechend der typischen Elemente des traditionellen Vertrages erkennbar, und bestätigt es die Hypothese?

 Welche Rolle spielen die typischen Austauschelemente bei der betrieblichen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse? Sind Regelmäßigkeiten bei der Ausge-staltung von Arbeitsverhältnissen und damit Austauschmuster erkennbar?

 Wenn Regelmäßigkeiten erkennbar sind, entsprechen sie der formulierten Hypothese? Welche Art von Funktionstypen und Kontrollchancen bringt die Arbeitsorganisation hervor? Besitzen die typischen Austauschelemente für Angestellte mit komplexen Tätigkeiten besondere Relevanz?

 Lassen sich Hinweise darauf finden, dass ihre Privilegierung bewusst aus betrieblich-funktionalen und arbeitsmarktökonomischen Motiven heraus geschieht?

Wird das Zustandekommen des Austauschmusters Stützen institutionelle Aspekte gestützt?

 In welchem Verhältnis steht die betriebliche Privilegierung der Angestellten zu ihrer gesellschaftlichen Wahrnehmung? Besondere Aufmerksamkeit gilt der externen Regulierung ihrer Arbeitsverhältnisse über rechtliche Normen.

 Welche Rolle spielt die arbeitsmarktökonomische Dimension für die be-triebliche Privilegierung der Angestellten? In welchem Verhältnis steht die betriebliche Privilegierung von Angestelltengruppen zu ihrer jeweiligen Si-tuation am Arbeitsmarkt?

Es wird argumentiert, dass betriebliche soziale Strukturen den zentralen Aus-gangspunkt der Ausgestaltung des traditionellen Kontrakts bilden. Sein Zustande-kommen als betriebliches Integrationsmuster ist primär durch organisationale Voraussetzungen bedingt durch:

(1) die Gestaltung des Arbeitsprozesses und dem hiermit verbunden Erfor-dernis zur indirekten Steuerung und Kontrolle zentraler Leistungsträger;

(2) die Gewährung privilegierter Beschäftigungsverhältnisse für diese Ange-stellten;

(3) die Belegschaftsstruktur, innerhalb derer spezifischen Beschäftigten-gruppen im Verhältnis zu anderen eine mehr oder minder exklusive Stel-lung zukommt .

Das Zustandekommen des traditionellen impliziten Vertrages als betriebliches Integrationsmuster wird aber darüber hinaus durch institutionelle Bedingungen beeinflusst. Es wird durch überbetriebliche Voraussetzungen gestützt, wenn

(4) auf betrieblicher Seite neben betrieblich-funktionalen Erfordernissen ei-ne ökonomische Notwendigkeit zur Gewährleistung vorteilhafter Beschäf-tigungskonditionen aufgrund einer günstigen Arbeitsmarktposition spezifi-scher Angestelltengruppen besteht;

(5) externe Mechanismen der Regulierung von Arbeitsverhältnissen eine Privilegierung dieser Beschäftigtengruppen vorsehen und

(6) spezifischen Angestelltengruppen – aufgrund der Exklusivität ihrer Ausbildung, ihrer relativ kleinen Zahl et cetera – ein exklusiver Status in der gesellschaftlichen Beschäftigtenstruktur zugewiesen wird.

Die Untersuchungskategorien wurden entsprechend dieser sechs Dimensionen gebildet:

2.3.1 Bedingungen des impliziten Vertrages auf der betrieblichen Ebene Arbeitsprozessliche Dimension

Den Kern der Kategorie bildet das Kontrollgleichgewicht zwischen Beschäftigten und Organisation. Die arbeitsprozessliche Dimension wird über zwei Aspekte erfasst: Erstens werden im Rahmen einer Analyse der Arbeitsorganisation und Belegschaftsstrukturen typische Funktionstypen (getrennt nach technischen und kaufmännischen Berufsgruppen) ermittelt. Zweitens wird untersucht, in welchem Umfang diese Typen einer Arbeitsprozesskontrolle unterliegen.

Funktionstypen: Vermittelt über horizontale und vertikale Arbeitsteilungs- und Kooperationsstrukturen definiert die Arbeitsorganisation Tätigkeitstypen unter-schiedlicher Komplexität. Die Komplexität ergibt sich aus der Kombination von fünf Merkmalen. (1) Der Aufgabenschneidung: Vielfalt und Länge der Einzelauf-gaben und Ganzheitlichkeit der Arbeitsaufgabe (Friedman 1987). (2) Dem Hand-lungsspielraum in der Ausführung der Aufgabe: Abwägung von Handlungsalterna-tiven und eigenverantwortliches Entscheidungshandeln (Dubin 1963). (3) Hierar-chisch zugewiesene Dispositions- und Entscheidungsbefugnisse (finanziell oder personell); (4) Art und Umfang des erforderlichen Sachwissens (Berger 1984) sowie (5) die Teilhabe an internen wie externen (Informations-) Vermittlungspro-zessen (Crozier, Friedberg et al. 1979), auch als Hinweis auf die ‚Zentralität’ der Funktionsträger (Hickson, Hinings et al. 1971). Umso mehr Merkmale eine Funk-tion vereinigt und umso ausgeprägter sie auftreten, desto komplexer die Tätigkeit.

Arbeitsprozesskontrolle: Die Zugänglichkeit einer Tätigkeit für direkte Formen der Kontrolle ist durch die Komplexität der Tätigkeit bestimmt. Die Komplexität einer Tätigkeit wiederum ist Ergebnis der Strukturierbarkeit der Arbeitsaufgaben, die sie umfasst. Direkte Kontrolle im Arbeitsprozess zielt mit Friedman ab auf eine äußere Kontrolle der Arbeitenden im Arbeitsvollzug (Friedman 1977). Sie kann sich auf unterschiedliche Dimensionen beziehen: (1) die Anleitung und An-weisung der Arbeitsaufgabe, (2) die Kontrolle des Arbeitsprozesses und (3) des Arbeitsergebnisses (Friedman 1987). In Anlehnung an Edwards können Unter-nehmen auf drei Formen äußerer Kontrolle zurückgreifen: persönliche Kontrolle durch Vorgesetzte; technische Kontrolle durch Maschinen; bürokratische Kon-trolle über die Hierarchie, Formalisierung von Geschäftsvorgängen und Erstellung von Arbeitsregeln52 (Edwards 1979). Die Kontrollintensität ist umso höher, je dichter die Steuerung und Kontrolle der Arbeitenden in den drei Dimensionen erfolgt. Umso komplexer die Tätigkeit, desto höher die Notwendigkeit einer Selbststeuerung und -kontrolle der Beschäftigten, wie sie der traditionellen Kon-trakt vermittelt (Friedman 1987).

Privilegierung im Beschäftigungsverhältnis

Die Wahl betrieblicher Privilegierung im Arbeitsverhältnis als Untersuchungskate-gorie trägt dem Umstand Rechnung, dass Erwartungsangebote weitgehend durch die Organisation vorgegeben werden. Fünf Aspekte der Privilegierung werden erfasst: (1) Privilegien, die einen gehobenen ökonomischen, aber auch betrieblich-sozialen Status begründen, (2) relative Arbeitsplatzsicherheit sowie (3) berufliche Entwicklungsperspektiven. Die Kehrseite betrieblicher Privilegierung bilden (4) die Bindungsbereitschaft und (5) das Engagement der Angestellten.

Zu Ansprüchen, die einen höheren ökonomischen oder betrieblich-sozialen Status der Ange-stellten begründen, zählen primär materielle Ansprüche: vertraglich gesicherte Leis-tungen (etwa das vertraglich Entgelt, Arbeitszeiten, urlaubs- und besondere versi-cherungsrechtliche Ansprüche) wie auch nicht-vertraglich gesicherte betriebliche Zusatz- oder Sozialleistungen (etwa der Zugang zu betrieblichen Einrichtungen).

Darunter fallen aber auch persönliche Formen der Anerkennung durch das Mana-gement (etwa persönliche Kontakte zum ManaMana-gement in der Freizeit).

Die relative Arbeitsplatzsicherheit kann zunächst aus vertraglicher Perspektive über die Merkmale Laufzeit des Arbeitsvertrages und Kündigungsfrist erfasst werden. Arbeitsverträge können sich auf einem Kontinuum von Spot-Verträgen über zeitlich befristete bis hin zu unbefristeten Verträgen bewegen. Die reguläre Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann im Rahmen einer rechtlichen

52 Erstens sieht Edwards die Kontrollformen an verschiedene Formen der Arbeitsorganisation geknüpft. Zweitens fasst er unter bürokratischer Kontrolle auch Karrieresysteme (Edwards 1979:21), insofern als mit der Ausbildung von Karrieresystemen Karriere zum Gegenstand or-ganisatorischer Regelungen wird. Ihr Kontrollbezug bezieht sich aber nach dem Verständnis der Autorin nicht auf den Arbeitsvollzug, der hier im Vordergrund steht.

gungsfrist oder einer vertraglich länger festgesetzten Kündigungsfrist erfolgen. Als weiteres zentrales Merkmal für die Stabilität von Beschäftigungsverhältnissen wird die tatsächliche Dauer der Unternehmenszugehörigkeit gewählt.

Unter beruflicher Entwicklung werden hier Positionswechsel mit einem Zuwachs von Kompetenzen und oder Verantwortung (Karrierebewegungen) verstanden.

Das Angebot beruflicher Entwicklungsperspektiven wird über drei Merkmale erfasst: die Existenz von Karrieremustern, die Realisierungschancen für Karriere und beförderungsrelevante Faktoren.

Karrieremuster sind formal oder durch betriebliche Übung definierte Positi-onsabfolgen für konkrete Berufe oder Organisationen (Maurice, Sellier et al.

1979). Vier Muster werden unterschieden: a) Aufstieg in der Führungshierarchie, b) Fachlaufbahnen für (technische) Spezialisten (Schanz 2000:517), c) Generalistenkarrieren (Kompetenzzuwachs durch Wechsel innerhalb oder zwi-schen Funktionsbereichen) (Leupold 1987; Kobi 1999:53) sowie d) Projektkarrie-ren (quer zum Stellengefüge der Organisation) (Stetter 1999:107ff.).

Karrieremuster definieren den Kreis des Erreichbaren innerhalb einer be-stimmten Organisation, geben aber keine Garantie für die Realisierung einer Kar-riere (Faust, Jauch et al. 2000:260ff.). Die effektiven Chancen einzelner Arbeit-nehmergruppen, Karriere zu machen, können ex post als Bewegungshäufigkeit (Becker 2002:287) erfasst werden: Wie viele Angestellte können tendenziell über-haupt ein- oder mehrere Karrierebewegungen realisieren (Zuverlässigkeit des Kar-riereversprechens), und wie viele Karrierestufen kann ein erfolgreicher Angestell-ter ‚erklimmen’ (Reichweite des Versprechens)?

Der traditionelle Kontrakt zielt auf die Bindung der Beschäftigten. Karriere-mustern per se implizieren keine organisationsinterne oder -übergreifende Ent-wicklungsperspektive. Einen Hinweis geben beförderungsrelevante Faktoren.

Unterschieden werden regelmäßig: Anciennität, Qualifikation, Leistung, Alter und persönliche Beziehungen. Die Berücksichtigung von Seniorität ist Zeichen einer intendierten organisationsinternen Entwicklung.

Die Bindungserwartungen von Unternehmen zeigen sich in bereits angespro-chenen Gestaltungsaspekten: die Etablierung längerfristiger Arbeitsverträge und anciennitätsbezogene Kriterien bei Beförderungsentscheidungen wie auch die Gewährleistung materieller Leistungen (betriebliche Zusatzleistungen;

senioritätsbezogene Gehaltszuwächse). Deutlich schwieriger gestaltet sich die Erfassung der Bindungsbereitschaft der Angestellten. Sie wird über die zeitliche Komponente von Bindung53 erfasst und als Verbleibezeit im Unternehmen

53 Es können drei Ebenen von Bindung unterschieden werden, die zeitliche und eine intensitätsbe-zogene Komponente sowie ihre Bezugsebene (Wilkens 2004:114). Die intensitätsbeintensitätsbe-zogene Komponente wird auch als ‚Verbundenheit’ beschrieben und unter dem Begriff Commitment (Mowday, Porter et al. 1982:27) diskutiert. Das Commitment-Konzept wird in den Arbeiten zur Arbeitssituation von Angestellten, mit Ausnahme von Wilkens, die psychologische Kontrakte Hochqualifizierter, die sich durch häufige Arbeitgeberwechsel auszeichnen, untersucht (Wilkens 2004), nicht aufgegriffen. Daher kann hier nicht auf entsprechende Ergebnisse zurückgegriffen

tionalisiert (Wilkens 2004:114). Dies ist keine ‚saubere’ Lösung, da die Verbleibezeit keine Aussage darüber enthält, ob ein Arbeitsverhältnis von Seiten des Arbeitgebers oder Arbeitnehmers beendet wurde. Ergänzend wird, wo mög-lich, die Wechselbereitschaft der Angestellten herangezogen.

Unter Engagement wird hier die Bereitschaft von Organisationsmitgliedern ge-fasst, sich über ihre vertraglich definierten Pflichten hinaus durch zusätzliche Leis-tungen für den Erfolg des Unternehmens einzusetzen. Den zentralen Komplex der Engagementkategorie bildet die Arbeitszeitfrage und hiermit unmittelbar ver-bunden die Verfügbarkeit der Angestellten. Ihr Engagement wird erfasst über (1) die tatsächliche Länge der Arbeitszeit im Vergleich unterschiedlicher Beschäftig-tengruppen und im Vergleich zur vertraglich geregelten Arbeitszeit (Faust, Jauch et al. 2000:236; Kotthoff und Wagner 2008:179ff.). (2) Die Verfügbarkeit der Ar-beitenden findet ihren Ausdruck in der Verteilung der Arbeitszeit. Eine hohe Ver-fügbarkeit ist gegeben, wenn Arbeit regelmäßig außerhalb der vertraglichen Ar-beitszeit geleistet wird. Dies ist der Fall bei Nacht- und Wochenendarbeit (ausge-nommen Schichtdienst), hierzu zählt aber auch, außerhalb der Arbeitszeit erreich-bar zu sein (Kotthoff und Wagner 2008:179ff.).

Belegschaftsstruktur

Die Belegschaftsstruktur gibt Auskunft über den Stand der internen Ausdifferen-zierung der Angestelltenschaft. Sie verweist auf die relative Bedeutung verschiede-ner Angestelltengruppen. Der funktionalen und hierarchischen Ausdifferenzierung der (Angestellten-) Belegschaften entspricht die Ausdifferenzierung betrieblicher Statusgruppen: einzelne Gruppen gewinnen oder verlieren an Einfluss und neue Statusgruppen werden gebildet. Ihre relative Bedeutung wird durch die Größe der Gruppe beeinflusst. In dem Maße, wie die Ausdifferenzierung der Belegschaften mit einer Ausweitung des Angestelltenstatus, technischer oder kaufmännischer Belegschaften, der Verbreitung höherer Tätigkeitsprofile und höherer Bildungs-zertifikate verbunden ist, gewinnen die Gruppen, verliert aber das einzelne Mit-glied relativ an Bedeutung und wird leichter ersetzbar (Dubin 1963:21).

2.3.2 Bedingungen des impliziten Vertrages auf der überbetrieblichen Ebene Arbeitsmarktdimension

Der Arbeitsmarkt ist die gesellschaftliche Institution, die das Angebot und die Nachfrage nach Arbeitskraft vermittelt. Er übernimmt eine doppelte Allokations-funktion, indem er Arbeitskräfte auf produktive Aufgaben verteilt und die von diesen erwirtschafteten Erträge zu den Arbeitskräften zurückführt (Sengenberger

werden. Die Bezugsebene von Bindung bezieht sich auf den Bindungsgegenstand (das Unter-nehmen, eine Abteilung et cetera). Ihre Betrachtung trüge nicht zur Beantwortung der hier ver-folgten Fragestellung bei.

1987:31). Die Struktur des Arbeitsmarktes bestimmt wesentlich darüber, wie sich die „grundlegende Machtasymmetrie zwischen Kapital und Arbeit konkretisiert [und] über welche Verhandlungspositionen die beteiligten Akteure tatsächlich verfügen“ (Hirsch-Kreinsen 2008:37). Qualifizierte Arbeitskräfte bewegen sich hauptsächlich auf berufsfachlichen Arbeitsmärkten. Berufsfachliche Arbeitsmärkte strukturieren das Arbeitskräfteangebot und die Nachfrage entlang allgemein aner-kannter beruflicher Qualifikationen. Während die Arbeitskräfte eines beruflichen Teilarbeitsmarktes über ähnliche Markt- und Strategiechancen gegenüber nachfra-genden Unternehmen verfügen, können ihre Chancen zwischen verschiedenen berufsfachlichen Teilarbeitsmärkten erheblich divergieren. Die Verhandlungs-chancen verschiedener qualifizierter Beschäftigtengruppen differenzieren sich gruppenspezifisch aus (Offe und Hinrichs 1984b:70).

Je größer die Arbeitskräftenachfrage im Vergleich zum Angebot, desto mehr verschiebt sich das Verhältnis zugunsten der Arbeitnehmer (wenn auch hierdurch die grundsätzliche Machtasymmetrie zugunsten der Arbeitgeber nicht überwunden wird). Da über das Verhältnis zwischen Arbeitskräfteangebot und -nachfrage kei-ne statistischen Datenreihen zur Verfügung stehen54 (Magvas und Spitznagel 2002), werden als Merkmal für die Arbeitsmarktsituation verschiedene Arbeitslosenquoten herangezogen. Um der Diversität typischer Angestelltenberufe, -qualifikationen und deren unterschiedlichem Status Rechnung zu tragen, werden, wo möglich, Arbeitslosenquoten nach Berufsgruppen und qualifikationsspezifi-sche Arbeitslosenquoten herangezogen.

Externe Regulierung der Beschäftigungsverhältnisse

Neben dem Arbeitsmarkt zählen zu den institutionalisierten Kontextbedingungen der Ausgestaltung von Arbeitsverhältnissen insbesondere das Arbeitsrecht (und Sozialrecht) sowie das System industrieller Beziehungen55 (Hirsch-Kreinsen 2008:37). Als Merkmale überbetrieblicher Regulierung von Angestelltenarbeits-verhältnissen werden (1) arbeits- und sozialrechtliche Regeln und (2) die Bedeu-tung von Arbeitnehmerverbänden für das Verständnis der Angestelltenarbeitsver-hältnisse erfasst.

Die besondere Bedeutung arbeitsrechtlicher Normen ist doppelt begründet:

Sie regulieren erstens verbindlich interne Arbeitsverhältnisse. Das Individualar-beitsrecht setzt Bedingungen für den Arbeitsvertrag sowie für Rechte und

54 Besondere Probleme entstehen auf der Nachfrageseite. Die Bundesagentur für Arbeit führt eine Statistik über offene Stellen, diese bildet aber die ungedeckte Nachfrage am Arbeitsmarkt nur unvollständig ab. Das IAB veröffentlicht seit 1989 (für Westdeutschland) beziehungsweise 1992 (für Ostdeutschland) die IAB-Erhebung des gesamtwirtschaftlichen Stellenangebots unter Be-rücksichtigung nicht gemeldeter offener Stellen sowie latent offener Stellen. Aussagen über ein-zelne Arbeitsmarktgruppen (etwa qualifikations- oder auch berufsspezifisch) sind nicht möglich.

55 Hirsch-Kreinsen benennt als weitere zentrale Dimensionen verbreitete Unternehmensstrategien wie auch gesellschaftliche Familienstrukturen und Geschlechterverhältnisse. Sie spielen aber aus der eingenommenen Frageperspektive eine untergeordnete Rolle.

ten der Arbeitgeber und -nehmer vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zu seiner Beendigung (Hromadka und Maschmann 2002). Das Sozialrecht bildet den erweiterten rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen Arbeitsverhältnisse gestaltet werden. Zweitens greift das Arbeitsrecht verbreitete, informelle Regelungsstan-dards auf, übersetzt sie in formelles Recht und erklärt sie zu gesellschaftlich aner-kannten und schützenswerten Verhaltensnormen. Es ist aus dieser Perspektive als dominantes gesellschaftliches Deutungsangebot für den Charakter von (Angestell-ten-) Arbeitsverhältnissen zu betrachten. Als Merkmal einer von außen legitimier-ten Sonderstellung der Angestelllegitimier-ten werden distinkte arbeits- und sozialrechtliche Normen und gegebenenfalls höhere materielle Ansprüche erfasst.

Primäre Aufgabe der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände bei der Regulie-rung von Arbeitsverhältnissen ist der Abschluss von Tarifverträgen. Tarifvertragli-che Vereinbarungen werden wesentlich im Rahmen der Kategorie Privilegierung auf betrieblicher Ebene über arbeitsvertragliche Bestimmungen erfasst. Hier von Interesse ist erstens, in welchem Verhältnis die Angestellten zu bänden stehen. Von Interesse ist zweitens, welchen Einfluss Arbeitnehmerver-bände über ihre Programmatik auf das Selbstverständnis der Angestellten nehmen und damit Leistungsansprüche der Angestellten mit prägen.

Beschäftigtenstruktur

Die Beschäftigtenstruktur gibt Aufschluss über den Stand der systematischen Ausdifferenzierung unterschiedlicher (industrieller) Arbeitnehmergruppen auf gesellschaftlicher Ebene und lässt Aussagen über die Ersetzbarkeit oder Exklusivi-tät verschiedener Angestelltengruppen zu. Als Merkmale werden jeweils der Ar-beitnehmerstatus, der Funktionsbereich (soweit möglich angestelltentypische Be-rufsgruppen), das Tätigkeitsniveau sowie die formale Qualifikation herangezogen.

2.4 Untersuchungsgruppe, Fallkonstruktion und