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4 Zukünftige Entwicklung des Einzelhandels

4.1 ÜBERGEORDNETE ENTWICKLUNGSZIELSTELLUNGEN FÜR BREMEN

4.2.2 Methodik und Berechnung

Grundsätzlich ist anzumerken, dass für eine zuverlässige Prognose der zukünftigen Ver-kaufsflächenentwicklung die vergangenen, gegenwärtigen und prognostizierten ange-bots- und nachfrageseitigen Rahmenbedingungen sowie die versorgungsstrukturellen Zielgrößen einbezogen werden (siehe Anlage zum kommunalen Zentren- und Nahversor-gungskonzept – Fortschreibung 2020: Material und Hintergrundinformation). Aufbauend auf der gegenwärtigen Situation von Angebot und Nachfrage in Bremen werden der Be-rechnung die nachfolgenden Parameter zugrunde gelegt.

Abbildung 3: Methodik zur Ermittlung absatzwirtschaftlicher Entwicklungsperspektiven Quelle: Darstellung Stadt + Handel

Neben der Entwicklung angebots- und nachfrageseitiger Rahmenbedingungen sind mög-liche versorgungsstrukturelle und stadtentwicklungspolitische Impulse einer Kommune bei der Quantifizierung absatzwirtschaftlicher Entwicklungsspielräume von Bedeutung.

Der zukünftige Versorgungsgrad einer Kommune korrespondiert mit ihrer seitens der Lan-des- und Regionalplanung angestrebten zentralörtlichen Aufgabenzuweisung. Dies ist in der Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich anerkannt. So sollen Ober- und Mittel-zentren z. B. breit gefächerte Einzelhandelsangebote auch für ihr zugeordnetes Einzugs-gebiet wahrnehmen. Grundzentren kommt die wohnstandortnahe Versorgung mit dem qualifizierten Grundbedarf zu. Dieser planerisch und rechtlich zugebilligte

Versorgungs-auftrag wird mit den stadtentwicklungspolitischen Zielstellungen der Kommune abgegli-chen und als Zielperspektive für die Stadt Bremen aufgegriffen. Für Bremen als Ober-zentrum ergibt sich somit eine herausgehobene Stellung, welche die Versorgung Bre-mens und des Einzugsgebietes mit Warengruppen aller Fristigkeitsstufen umfasst.

Die absatzwirtschaftliche Entwicklungsprognose wird für einen Zeitraum von fünf Jahren ermittelt, um realistische Eingangsparameter zu verwenden und die Möglichkeit von Scheingenauigkeiten zu minimieren. Im Folgenden werden daher die Eingangsgrößen für das Prognosejahr 2023 einzeln erläutert.

Einwohner*innenentwicklung im Einzugsgebiet

Zur Untersuchung der zukünftigen einzelhandelsrelevanten Kaufkraft in Bremen werden Prognosedaten des Statistischen Landesamtes Freie Hansestadt Bremen zugrunde ge-legt. Die Bevölkerungsprognose berücksichtigt einen Bevölkerungszuwachs um rd. 1,5 % bis zum Prognosejahr 2023. Aus der künftigen Bevölkerungsentwicklung sind insgesamt positive Impulse auf das künftige einzelhandelsrelevante Kaufkraftpotenzial zu erwarten.

Abbildung 4: Einwohner*innenprognose für Bremen

Quelle: Darstellung und Berechnung Stadt + Handel; Einwohner*innenprognose: Statistisches Landesamt, 2017

Entwicklung der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft

Der Nettoumsatz im Einzelhandel stagnierte zwischen den Jahren 2000 und 2010 bei knapp über 400 Mrd. Euro pro Jahr. Seit etwa 2010 ist ein spürbarer Anstieg der einzel-handelsbezogenen Ausgaben festzustellen, sodass diese im Jahr 2017 bei rd. 512,8 Mrd.

Euro liegen. Dies entspricht einem Wachstum von rd. 15 % in den letzten fünf Jahren. Im Gegensatz dazu sind die allgemeinen Konsumausgaben in den letzten fünf Jahren ledig-lich um rd. 12 % gestiegen. Der Einzelhandelsanteil an den privaten Konsumausgaben liegt nach deutlichen Rückgängen in den 2000er Jahren seit 2010 insgesamt relativ stabil bei rd. 31 %. Der spürbar gestiegene Einzelhandelsumsatz ist u. a. auf eine höhere Aus-gabebereitschaft bei Lebensmitteln, hohen Umsatzsteigerungen im Online-Handel und auf das insgesamt positive Konsumklima der letzten Jahre zurückzuführen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Nettoumsatz im Einzelhandel sowohl den stationären als

-5 %

2018 2019 2020 2021 2022 2023

Bevölkerungsentwicklung

Statistisches Landesamt Freie Hansestadt Bremen

auch den Online-Einzelhandelsumsatz beschreibt. Die Online-Ausgaben haben sich im gleichen Zeitraum deutlich erhöht (s. u.).

Abbildung 5: Entwicklung der privaten Konsumausgaben in Deutschland

Quelle: Darstellung und Berechnung Stadt + Handel; Daten: Statistisches Bundesamt, Handelsverband Deutschland (HDE)

In der Summe ist somit eine moderate Steigerung der einzelhandelsrelevanten Ausgaben zu verzeichnen. Ob dieser Trend für die nächsten Jahre fortgeschrieben werden kann, ist angesichts aktueller Unsicherheiten in der Entwicklung des stationären Einzelhandels nicht präzise vorherzusagen. Für die Ermittlung der absatzwirtschaftlichen Entwicklungs-perspektiven wird daher für die nächsten Jahre eine insgesamt stagnierende Entwicklung der stationär relevanten Kaufkraft angenommen. Für einzelne Sortimente ergeben sich allerdings deutliche Unterschiede: Während die stationär relevante Kaufkraft im Bereich Nahrungs- und Genussmittel z. B. in den nächsten Jahren aufgrund der nur moderat zu erwartenden Steigerung des Online-Anteils, der Preisentwicklung sowie dem veränderten Konsumverhalten weiter deutlich ansteigt, ist insbesondere bei innenstadtaffinen Sorti-menten (z. B. Bekleidung, Unterhaltungselektronik) mit einem weiteren Rückgang der sta-tionär relevanten Kaufkraft (insb. aufgrund des weiter zunehmenden Online-Anteils) aus-zugehen.

Entwicklung der Flächenproduktivität

In der Zeit von 2000 bis 2014 war bundesweit ein stetiges Wachstum der Verkaufsflächen durch Erweiterung und Neuerrichtung von Einzelhandelsbetrieben zu beobachten.

Gleichzeitig stagnierte die Umsatzentwicklung nahezu, sodass folglich die Flächenpro-duktivität stetig abnahm. Das Verkaufsflächenwachstum hat sich in den letzten Jahren allerdings abgeschwächt. Eine Fortsetzung des Trends zum Verkaufsflächenwachstum ist nicht zuletzt aufgrund der dynamischen Entwicklung des Online-Handels (s. u.) un-wahrscheinlich. Der stationäre Einzelhandelsumsatz (und damit auch die Flächenproduk-tivität) ist in der Vergangenheit durch einen ausgesprochen intensiven Wettbewerb mit dem Ziel partieller Marktverdrängung der Konkurrenzanbieter gesunken. In den letzten Jahren hat sich diese Tendenz jedoch durch die dynamische und betriebstypologisch un-terschiedliche Entwicklung deutlich ausdifferenziert und z. T. umgekehrt.

0 %

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017

in Mrd. Euro

Private Konsumausgaben Nettoumsatz Einzelhandel Einzelhandelsanteil an privaten Konsumausgaben

Abbildung 6: Entwicklung der Flächenproduktivität im deutschen Einzelhandel

Quelle: Darstellung und Berechnung Stadt + Handel; Daten: Statistisches Bundesamt, Handelsverband Deutschland (HDE)

Entwicklung des Online-Handels

Eine besondere Herausforderung für den stationären Einzelhandel stellt der Online-Han-del dar, dessen Bedeutung in Deutschland im Verlauf der letzten Jahre stetig angewach-sen ist. So wird für das Jahr 2018 im Online-Segment ein Einzelhandelsumsatz von rd. 53,4 Mrd. Euro (rd. 10,2 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes) prognostiziert.

Abbildung 7: Entwicklung des B2C-E-Commerce-Anteils am Einzelhandelsumsatz

Quelle: Darstellung und Berechnung Stadt + Handel; Daten: Statistisches Bundesamt, Handelsverband Deutschland (HDE); * Prognose

Der Anteil ist sortimentsspezifisch allerding deutlich unterschiedlich ausgeprägt. Insbe-sondere in den Warengruppen Papier/Büro/Schreibwaren, Zeitungen/Zeitschriften, Bü-cher, Bekleidung, Schuhe/Lederwaren, Elektro/Leuchten/Haushaltsgeräte sowie Neue Medien/Unterhaltungselektronik nimmt der Anteil des Online-Handels am Gesamtumsatz

80,0

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016

Index (Jahr 2000 = 100)

Verkaufsfläche Nettoumsatz stat. Einzelhandel Flächenproduktivität

428,3 432,2 423,1 417,2 426,3 430,2 432,7 427,6 432,3 418,9 427,2 437,9 445,4 450,9 458,1

478,3 492,6 512,8 523,1

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018*

Anteil B2C-E-Commrece am Einzelhandelsumsatz in %

Nettoumsatz in Mrd. Euro

Nettoumsatz Einzelhandel Nettoumsatz B2C-E-Commerce Anteil B2C-E-Commerce in %

im Einzelhandel stetig zu. Damit sind vor allem zentrenrelevante Sortimente und im be-sonderen Maße innerstädtische Leitsortimente betroffen. Aktuell vorliegende Prognosen gehen davon aus, dass der Online-Anteil im Jahr 2025 je nach Sortiment zwischen rd. 6,7 % und rd. 40,2 % liegen wird. Es ist davon auszugehen, dass die im Zuge der COVID-19-Pandemie auferlegten Kontaktbeschränkungen und Geschäftsschließungen in der Tendenz zu einem deutlichen Wachstumsimpuls des Online-Handels führen wer-den.

Abbildung 8: Anteil B2C-E-Commerce am Einzelhandelsumsatz in Deutschland 2016 und 2025 (Prognose)

Quelle: Darstellung Stadt + Handel; Daten: Handelsverband Deutschland (HDE), Institut für Handelsforschung (IFH) 2017, BBSR 2017; Prognose:

BBE/elaboratum; FCMG = Fast Moving Consumer Goods (insb. Nahrungs- und Genussmittel, Drogeriewaren)

Weitere Strukturmerkmale im Einzelhandel

Die Anforderungen an den Standort entwickeln sich aus dem Trend hin zu größerer Mo-bilität sowie dem Wandel der Ansprüche an Preis, Sortimentsauswahl und Kopplungs-möglichkeiten. Entscheidende Standortkriterien für eine Neuansiedlung im (nahversor-gungsrelevanten) Einzelhandel sind neben flächenseitigen (Flächenangebot) und ver-kehrsseitigen (mikro- und makroräumliche Verkehrsanbindung, Parkplatzangebot) As-pekten in erster Linie absatzwirtschaftliche Rahmenbedingungen (Nähe zur Verbrau-cher*in, Kaufkraft, Einwohner*innenentwicklung, Siedlungsstruktur, Zentralität des Ortes).

Nicht selten wird auch die Nähe zu weiteren Betrieben des Einzelhandels gesucht, um Kopplungseinkäufe zu ermöglichen. Zudem ist der Einzelhandel zunehmend von natio-nalen und internationatio-nalen Konzernen geprägt. Die Konzentrationstendenzen betreffen im besonderen Maße den Lebensmitteleinzelhandel.

Mögliche warengruppenspezifische Entwicklungsperspektiven

Die heutige Einzelhandelszentralität der Stadt Bremen beträgt rd. 116 % wobei jedoch sortimentsspezifisch deutliche Unterschiede erkennbar sind. Hieraus erwachsen für ei-nige Warengruppen mögliche Entwicklungsperspektiven im Rahmen von Ansiedlungen oder Erweiterungen von Einzelhandelsbetrieben.

23,5 %

2016 2025 2016 2025 2016 2025 2016 2025 2016 2025 2016 2025 2016 2025 2016 2025 2016 2025 Fashion &

Demnach ist für alle Sortimente des kurzfristigen Bedarfsbereiches aus fachgutachterli-cher Sicht eine Zentralität von mindestens 100 % stadtentwicklungspolitisch und versor-gungsstrukturell plausibel. Diese Sortimente sollen grundsätzlich von allen Kommunen gemessen an der jeweiligen vor Ort verfügbaren Kaufkraft im Sinne einer wohnortnahen Grundversorgung vollständig zur Verfügung gestellt werden. Für die Warengruppen Nah-rungs- und Genussmittel sowie Drogerie/Parfümerie/Kosmetik, Apotheken wird allerdings aufgrund der bestehenden Versorgungsfunktion Bremens für direkt angrenzende Gebiete angenommen, dass die Zentralität 100 % geringfügig übersteigen kann.

Für die Sortimente des mittelfristigen Bedarfsbereiches stellen sich mögliche Entwick-lungsimpulse differenziert dar. So kann insbesondere für die innenstadtaffinen Sortimente Bekleidung, und Glas/Porzellan/Keramik/Hausrat/Einrichtungszubehör eine bereits hohe Zentralität attestiert werden. Unter Berücksichtigung des Online-Handels und weiterer marktseitiger Entwicklungen (insbesondere im Rahmen der COVID-19-Pandemie) ist in den nächsten fünf Jahren von eher geringen Entwicklungsimpulsen auszugehen. In den Warengruppen Schuhe/Lederwaren, Baumarktsortiment i. e. S. und Spielwaren/Bas-teln/Hobby/ Musikinstrumente schöpft die Stadt Bremen ihre oberzentrale Versorgungs-funktion derzeit nicht vollumfänglich aus. Somit kann in diesen Sortimentsbereichen er-höhter Handlungsbedarf festgestellt werden.

Für die Warengruppen des langfristigen Bedarfsbereiches werden aufgrund vorhandener Angebotsstrukturen und der oberzentralen Versorgungsfunktion Bremens z. T. leichte Entwicklungsperspektiven als realistisch erachtet. Dabei ist allerdings sortimentsspezi-fisch stark zu differenzieren. So wird eine mögliche Entwicklung der Warengruppe Teppi-che/Gardinen/Dekostoffe/Sicht- und Sonnenschutz durch die attraktiven Angebote in den umgebenden Grund- und Mittelzentren sowie an autokund*innenorientierten Einzelhan-delsagglomerationen außerhalb Bremens eingeschränkt. Ähnliches gilt für das Sortiment Möbel. Trotzdem ergeben sich aufgrund der relativ schwach ausgeprägten aktuellen Zentralität gewisse Entwicklungsmöglichkeiten. Angebote im Sortimentsbereich Medizini-sche und orthopädiMedizini-sche Artikel/Optik sind im hohen Maße auch in Grund- und Mittelzen-tren vorzufinden und gewinnen im Zuge des demografischen Wandels (gerade in kleine-ren, ländlichen Gemeinden) an Bedeutung im Rahmen des qualifizierten Grundbedarfs.

Daher wird die bisherige Ausstattung in Bremen als versorgungsstrukturell angemessen erachtet. Für die sonstigen Warengruppen der langfristigen Bedarfsstufe (insbesondere für diejenigen mit hoher Innenstadtrelevanz) kann unter Berücksichtigung der oberzent-ralen Versorgungsfunktion Bremens ein erhöhter Handlungsbedarf festgestellt werden.

Bei der in Abbildung 9 dargestellten warengruppenspezifischen Entwicklungsperspektive lassen sich gewisse Perspektiven für die Mehrheit der Warengruppen ableiten. Es ist da-bei jedoch zu berücksichtigen, dass aufgrund der Entwicklungen im Online-Handel nur ein Teil dieser Perspektiven im stationären Einzelhandel realisiert werden kann. Umso wichtiger werden ein attraktives Standortumfeld und eine proaktive Begleitung von Han-delsentwicklungen an Standorten, die den Zielstellungen des Zentren- und Nahversor-gungskonzeptes entsprechen.

Abbildung 9: Warengruppenspezifische Entwicklungsperspektive

Quelle: Darstellung und Berechnung Stadt + Handel; PBS = Papier, Büro, Schreibwaren; GPK = Glas, Porzellan, Keramik

4.2.3 Warengruppenspezifische Entwicklungsperspektive für die Stadt Bremen Unter Berücksichtigung der zuvor dargestellten angebots- und nachfrageseitigen Rah-menbedingungen und Eingangsparameter sowie der abgeleiteten versorgungsstrukturel-len und stadtentwicklungspolitischen Entwicklungsimpulse ergeben sich für die Stadt Bre-men für die Perspektive bis 2023 folgende absatzwirtschaftliche Entwicklungsperspekti-ven (vgl. nachfolgende Tabelle).

135 %

Tabelle 2: Warengruppenspezifische Entwicklungsperspektive für die Stadt Bremen bis 2023 in Bezug auf Bestandsverkaufsfläche

Quelle: Darstellung und Berechnung Stadt + Handel; Verkaufsfläche: Erhebung Stadt + Handel 11/2016-02/2017; PBS = Papier, Büro, Schreibwaren;

GPK = Glas, Porzellan, Keramik;  = stark ausgeprägt;  = weniger ausgeprägt; * Verkaufsfläche auf 10 m² gerundet; ** Verkaufsfläche auf 1.000 m² gerundet. Es ist zu beachten, dass der Orientierungswert durch bereits genehmigte, aber noch nicht umgesetzte Vorhaben zu relativieren ist.

Im kurzfristigen Bedarfsbereich sind durchaus nennenswerte Entwicklungsperspektiven zum Ausbau der Nahversorgungsstrukturen zu erkennen. Im Sortimentsbereich Nah-rungs- und Genussmittel besteht aktuell in der Stadt Bremen ein angemessenes quanti-tatives Ausstattungsniveau. Unter Berücksichtigung der prognostizierten steigenden Be-völkerungsentwicklung und bei Zugrundelegung von betreiberspezifischen durchschnittli-chen Flädurchschnittli-chenproduktivitäten können insgesamt realistische Entwicklungsperspektiven für betriebliche Neuansiedlungen sowie für marktgängige Verkaufsflächenanpassungen der bestehenden strukturprägenden Lebensmittelanbieter aufgezeigt werden. Zur Bewertung

von Neuansiedlungen sind neben den absatzwirtschaftlichen Potenzialen, der konkrete Vorhabenstandort und dessen Einordnung im Rahmen des Zentren- und Nahversor-gungskonzepts entscheidend. Im Sortimentsbereich Drogerie/Parfümerie/Kosmetik, Apo-theken besteht ein absatzwirtschaftliches Entwicklungspotenzial, aus welchem sich Ent-wicklungsperspektiven zur Ansiedlung mehrerer Fachmärkte bzw. Angebotsarrondierun-gen ergeben. Eine räumliche Konkretisierung der Entwicklungspotenziale erfolgt im Rah-men des Nahversorgungskonzeptes (siehe Kapitel 6). In der Warengruppe BluRah-men, zoo-logischer Bedarf besteht ein hoher Entwicklungsbedarf, der zur Ansiedlung von Fach-märkten bzw. Fachgeschäften sowie für Verkaufsflächenarrondierungen bestehender An-bieter genutzt werden kann. Die Warengruppe Papier/Büro/Schreibwaren, Zeitun-gen/Zeitschriften, Bücher weist online-bedingt eher geringe Entwicklungsmöglichkeiten auf.

In ausgewählten Warengruppen der mittel- und langfristigen Bedarfsstufe bestehen nen-nenswerte absatzwirtschaftliche Entwicklungsperspektiven, u. a. in den innerstädtischen Leitsortimenten Schuhe/Lederwaren, Spielwaren/Basteln/ Hobby/Musikinstrumente und Uhren/Schmuck. Für die Warengruppen Glas/Porzellan/Keramik/Hausrat/Einrichtungszu-behör, medizinische und orthopädische Artikel/Optik und Neue Medien/Unterhaltungs-elektronik sind ebenfalls Entwicklungsmöglichkeiten vorhanden. Insgesamt sind mögliche Impulse in diesem Segment aufgrund der Unwägbarkeiten im Online-Handel und den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie jedoch als eher rechnerische Größe zu verste-hen. Entscheidend für städtebaulich zielführende und tragfähige Entwicklungsimpulse ist insbesondere der Standort sowie die standortspezifische Angebots- und Nachfragesitua-tion. Gerade die benannten Warengruppen profitieren stark von Kopplungseinkäufen, ei-nem städtebaulich attraktiven Standortumfeld und Multikontextualität. Mögliche Entwick-lungen sollten daher insbesondere in der Innenstadt und den (besonderen) Stadtteilzen-tren umgesetzt werden, um deren Standortgewicht gegenüber städtebaulich weniger ziel-führenden Standorten zu erhalten und zu stärken (siehe Handlungsmatrix).

Für die Warengruppen Pflanzen/Gartenbedarf und Bettwaren, Haus-/Bett-/ Tischwäsche ergeben sich Entwicklungsmöglichkeiten, die Ansiedlungen bzw. Verkaufsflächenarron-dierungen bestehender Anbieter ermöglichen. Die Warengruppen Baumarktsortiment i. e. S., Teppiche/Gardinen/Dekostoffe/Sicht- und Sonnenschutz sowie Möbel weisen sehr hohe Entwicklungsspielräume auf. Bei den ermittelten Entwicklungsperspektiven für Baumärkte ergeben sich somit z. B. bei derzeitigen Standortanforderungen (Neubauvor-haben i. d. R. zwischen rd. 10.000 und 15.000 m² Verkaufsfläche) für Bremen Entwick-lungsperspektiven für mehrere Baumärkte bzw. für entsprechende Erweiterungen der be-stehenden Märkte. Aufgrund der starken Angebotsausstattung im Bereich Baumarktsor-timent i. e. S. im direkten Bremer Umfeld ist die Ausschöpfung der Kaufkraftpotenziale jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen realistisch (z. B. spezialisierte Anbieter).

Für Bremen bedeuten die Prognoseergebnisse zu absatzwirtschaftlichen Handlungser-fordernissen, dass

 die regionalplanerisch zugewiesene Versorgungsfunktion Bremens als Oberzent-rum im Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen e. V. in einigen Warengrup-pen durch neue Angebote und Verkaufsflächen erweitert und verbessert werden kann,

 in den Warengruppen ohne nennenswerte quantitative Entwicklungsperspektive neue Angebote und Verkaufsflächen mit höherer Wahrscheinlichkeit durch stär-kere Umsatzumverteilungen im Bestand zu realisieren sind (dies trifft bei neuarti-gen oder speziellen Anbietern allerdings nur bedingt zu),

 bei Entwicklungen in Warengruppen mit nur geringer Entwicklungsperspektive bei gleichzeitiger Realisierung von Einzelhandelsvorhaben an nicht konzeptkonfor-men Standorten ein stadtentwicklungspolitisch nicht zielführender Wettbewerb mit ggf. städtebaulich negativen Folgen und eingeschränkten Entwicklungsmöglich-keiten für die Bremer Zentrenstruktur einerseits oder die flächendeckende Nah-versorgungsstruktur andererseits resultiert und

 bei Warengruppen mit geringer Entwicklungsperspektive (z. B. Bekleidung) der Standortfrage im stadtentwicklungspolitischen Steuerungsgeschehen ein beson-deres Gewicht beigemessen werden sollte. So kann z. B. die Ansiedlung weiterer Bekleidungsfachmärkte an den Sonderstandorten Waterfront und Weserpark kontraproduktiv für die Stärkung und Entwicklung der Innenstadt Bremens sein.

Die Realisierung von entsprechenden Angeboten im Innenstadtzentrum trägt hin-gegen womöglich (je nach Mikrolage) zur Stärkung des zentralen Versorgungs-bereiches als Ganzes bei.

Generell müssen die absatzwirtschaftlichen Entwicklungsperspektiven stets mit üblicher-weise am Markt vertretenen Betriebstypen und -formen verknüpft werden – nicht jeder rechnerische Handlungsbedarf entspricht einem für die jeweilige Warengruppe üblichem Fachgeschäft oder Fachmarkt. Zudem legen Handelsunternehmen für ihre Markteintritts-strategien bzw. Standortplanungen ergänzende, hier nicht berücksichtigte Marktfaktoren zugrunde. Diese können durchaus zu unternehmerischen Ansiedlungsplanungen führen, die von den hier ermittelten Entwicklungsperspektiven ggf. abweichen und städtebaulich nicht zwangsläufig verträglich sind.

Wie vorausgehend beschrieben, können und sollen die Prognosewerte keine „Grenze der Entwicklung“ darstellen, sondern vielmehr als Orientierungswert verstanden werden.

Auch Vorhaben, welche die angegebenen Orientierungswerte überschreiten, können zur Verbesserung des gesamtstädtischen Einzelhandelsangebots beitragen, wenn sie mit den Zielen und Leitsätzen der zukünftigen Einzelhandelsentwicklung in Bremen korres-pondieren und sie an stadtentwicklungspolitisch gewünschten Standorten angesiedelt werden.

Räumliche Realisierungsempfehlung

Neben den Steuerungsleitsätzen (vgl. Kapitel 9) wird für die Verortung von sortiments-spezifischen Entwicklungsimpulsen in Form von Ansiedlungs- und Erweiterungsvorhaben die folgende Handlungsmatrix (vgl. nachfolgende Tabelle) empfohlen.

In den zentralen Versorgungsbereichen sollen zunächst alle Warengruppen des kurzfris-tigen Bedarfsbereichs angesiedelt werden. Die Warengruppe Nahrungs- und Genussmit-tel kann außerdem an Nahversorgungsstandorten und sonstige städtebaulich integrierten Lagen realisiert werden. Die zentrenrelevanten Sortimente des mittelfristigen und lang-fristigen Bedarfsbereichs (insb. innerstädtische Leitsortimente wie Bekleidung, Schuhe/Lederwaren) sind prioritär in der Innenstadt und in besonderen Stadtteilzentren zu realisieren sowie untergeordnet in den Stadtteilzentren. Zudem können nicht zentren-relevante Sortimente darüber hinaus an Sonderstandorten umgesetzt werden.

Tabelle 3: Empfohlene Realisierungsräume absatzwirtschaftlicher Entwicklungsperspektiven nach Standortkatego-rie

Warengruppe IZ BSTZ STZ NVZ siL SO

Nahrungs- und Genussmittel

     

Drogerie/Parfümerie/Kosmetik, Apotheken

     

Blumen, zoologischer Bedarf

     

PBS, Zeitungen/Zeitschriften, Bücher

     

Bekleidung

     

Schuhe/Lederwaren

     

Pflanzen/Gartenbedarf

     

Baumarktsortiment i.e.S.

     

GPK/Hausrat/Einrichtungszubehör

     

Spielwaren/Basteln/Hobby/Musikinstrumente

     

Sportartikel/Fahrräder/Camping

     

Medizinische und orthopädische Artikel/Optik

     

Teppiche/Gardinen/Dekostoffe/Sicht- und

Sonnen-schutz

     

Bettwaren, Haus-/Bett-/Tischwäsche

     

*

Möbel

     

Elektro/Leuchten/Haushaltsgeräte

     

Neue Medien/Unterhaltungselektronik

     

Uhren/Schmuck

     

Quelle: Darstellung Stadt + Handel; IZ = Innenstadtzentrum; BSTZ = Besonderes Stadtteilzentrum; STZ = Stadtteilzentrum; NVZ = Nahversorgungs-zentrum; BNVS = Besonderer Nahversorgungsstandort; NVS = Nahversorgungsstandort; SO = Sonderstandort; GPK = Glas, Porzellan, Keramik; PBS

= Papier, Büro, Schreibwaren;  = empfohlen zur Umsetzung;  = eingeschränkt empfohlen zur Umsetzung;  = nicht empfohlen zur Umsetzung; * Matratzen als Randsortiment zur Hauptwarengruppe Möbel.

5 Zentrenkonzept

Aufbauend auf der Markt- und Standortanalyse (siehe Anlage zum kommunalen Zentren- und Nahversorgungskonzept – Fortschreibung 2020: Material und Hintergrundinforma-tion) und abgeleitet aus den Leitlinien für die künftige Einzelhandelsentwicklung wird im Folgenden das Zentrenkonzept für die Stadt Bremen entwickelt. Wesentlicher Bestandteil des Zentrenkonzepts ist die räumliche und funktionale Festlegung der zu empfehlenden künftigen zentralen Versorgungsbereiche.

Im Folgenden wird zunächst eine planungsrechtliche Einordnung zentraler Versorgungs-bereiche (insb. Festlegungskriterien) vorgenommen. Anschließend erfolgen zunächst eine übergeordnete Beurteilung der zentralen Versorgungsbereiche hinsichtlich ihrer Ver-sorgungsfunktion und darauf die detaillierte städtebauliche Analyse inkl. der fortgeschrie-benen ZVB-Abgrenzungen und Entwicklungsempfehlungen in Form von Steckbriefen.

Abschließend wird das fortgeschriebene Zentrenmodell für die Stadt Bremen dargestellt.

5.1 PLANUNGSRECHTLICHE EINORDNUNG VON ZENTRALEN