2 Material und Methoden
2.6 Messungen an isolierten Mitochondrien
2.6.4 Die Messung des Protonenlecks
Die innere Mitochondrienmembran ist durch eine Anzahl von Protonenpumpen gekenn-zeichnet, die über die protonenmotorische Kraft (PMF, protonmotive force, Δp) funktionell verbunden sind. Komplex I, III und IV der Atmungskette transportieren Protonen von der Matrix nach außen in den Membranzwischenraum, die ATPase befördert sie wieder nach innen, wobei sie unter Nutzung der Energie des Protonengradienten ADP zu ATP phosphoryliert. Dadurch ergibt sich ein Protonenkreislauf der dem elektrischen Strom analog ist, wobei der Protonenfluß JH+ der Stromstärke und die protonenmotorische Kraft ΔµH+=Δp der Spannung entspricht (Nicholls und Ferguson, 2001) (Abb. 7).
J
H+H
+H
+Intermembranraum
Atmungs-kette
Δp
ATPase
H
+entkoppelte Atmung gekoppelte Atmung
UCP
Matrix
H
+J
H+H
+H
+Intermembranraum
Atmungs-kette
Δp
ATPase
H
+entkoppelte Atmung gekoppelte Atmung
UCP
Matrix
H
+Abb. 7: Der Protonenkreislauf durch die innere Mitochondrienmembran, links die gekoppelte, phosphorylierende Atmung, rechts die durch einen Entkoppler kurzgeschlossene Atmung.
Durchqueren die Protonen abseits der ATPase die Membran ohne Nutzung der PMF, so wird die funktionelle Kopplung zwischen Protonengradient und ATPase kurzgeschlossen d.h.
entkoppelt. Dieser alternative Weg wird auch als Protonenleck bezeichnet und bewirkt eine Erhöhung der Protonenleitwert der Membran. Das Protonenleck kann zum Beispiel durch UCP1 oder künstliche Entkoppler wie FCCP induziert werden (Abb. 7).
Um das Protonenleck messen zu können, wird die ATP-Synthase mit Oligomycin inhibiert, so das nur noch eine Restatmung, die sogenannte state-4-Atmung stattfindet. Um den Protonenleitwert der Membran beschreiben zu können, werden die Messung des Sauerstoffverbrauchs und der protonenmotorischen Kraft benötigt.
Aufbau der Messanlage
Die Messung des Protonenlecks erfolgt in zwei Messkammern mit je zwei Messelektroden, die gleichzeitig den Sauerstoffverbrauch und das Membranpotential der Mitochondrien aufzeichnen (Abb. 8).
Magnetrührer Interface Interface mit
Magnetrührer TPMP- &
Referenz-elektroden
Clark-elektrode
C o mput er
MeßkammerFaraday-Käfig
Wasserbad
Magnetrührer Interface Interface mit
Magnetrührer TPMP- &
Referenz-elektroden
Clark-elektrode
C o mput er
MeßkammerFaraday-Käfig
Wasserbad
Abb. 8: Schematischer Aufbau der Messanlage. Von links nach rechts: Computer, Faradayscher Käfig mit Messkammern (nur eine von zweien dargestellt), Elektroden und Interfacen, Magnetrührer mit Gefäß zum Temperieren des Mediums, Wasserbad.
Unter jeder Messkammer befindet sich eine Clark-Elektrode, die den Sauerstoffgehalt des Messpuffers registriert. Zu jeder Clark-Elektrode gehört ein Interface auf dem die Mess-kammer steht. Integriert ist ein Magnetrührer, der das Medium in der MessMess-kammer während der Messung gleichmäßig durchmischt.
Die für die Membranpotentialmessung benötigten TPMP- und Referenz-Elektroden werden durch einen variablen Stopfen gesteckt, der die Messkammer von oben abschließt. In dem Stopfen befindet sich eine weitere Öffnung, durch die während der Messung mit Hamilton-Spritzen Reagenzien gegeben werden.
Um bei den Messungen möglichst störungsarme Signale zu bekommen, sind die Mess-kammern, die Elektroden und die Interfaces in einem geerdeten Faraday-Käfig unter-gebracht.
Ein Wasserbad temperiert über einen Wasserkreislauf die Messkammern sowie ein Gefäß in dem der Messpuffer durch heftiges Rühren maximal mit Sauerstoff angereichert wird (Wasserbad F12-EC, Julabo).
Aufbau, Funktionsweise und Kalibrierung der Clark-Elektrode
Der Sauerstoffverbrauch der Mitochondrien wird mit einer Elektrode vom Clark-Typ gemessen (Oxygraph Elektrodensystem mit Oxygraph 32 V2.25, Hansatech Instruments).
Sie besteht aus einer Platin- und einer Silber / Silberchloridelektrodenhalbzelle die über eine Kaliumchloridbrücke miteinander verbunden sind. Die Elektrode ist von der Messkammer durch eine sauerstoffdurchlässige Teflonmembran getrennt, durch die der Sauerstoffgehalt im Medium gemessen wird. Dabei wird an der Platinkathode Sauerstoff zu Hydroxidionen reduziert und an der Anode Silber zu Silberchlorid oxidiert (Lehninger et al., 2001).
Das Elektrodensignal wird vom Interface umgewandelt, verstärkt, digitalisiert und an den Computer weitergeleitet. Das Messprogramm stellt das Signal schließlich in nmol O2/ml grafisch dar (Abb. 12, S. 43). Über dieses Programm werden auch die Magnetrührer bedient und die Elektroden mit einer Zweipunktkalibrierung eingestellt. Dies geschieht, indem der Sauerstoffgehalt von luftgesättigtem, temperiertem Messpuffer gemessen und als Maximalwert festgelegt wird. Dann wird durch Zugabe von Natriumdithionit (Na2S2O4) der Sauerstoff im Medium reduziert und so der Nullpunkt bestimmt.
Aufbau, Funktionsweise und Kalibrierung der TPMP-Elektrode
Die Theorie: Das Membranpotential
Die protonenmotorische Kraft (Δp) wird durch den Transfer von Protonen von der Mitochondrienmatrixseite über die innere Mitochondrienmembran in den Intermembranraum aufgebaut. Sie ist definiert als die elektrochemische Potentialdifferenz über der inneren Mitochondrienmembran (Nicholls und Ferguson, 2001). Wie andere elektrochemische Potentiale besteht Δp aus zwei Komponenten: dem elektrischen Potentialgradienten ΔΨ und dem chemischen Konzentrationsgradienten ΔpH:
Δ p = ΔΨ -z ΔpH (kJ/mol = mV) (Gleichung 1).
ΔΨ: elektrische Potentialdifferenz = Membranpotential (Cytoplasma – Matrix) Δ pH: pH-Differenz (Cytoplasma – Matrix)
z: 2,3 • RT/F
R: allgemeine Gaskonstante T: Temperatur
F: Faraday-Konstante
Wegen der puffernden Wirkung der Mitochondrienmatrix bewirkt die Translokation einiger Protonen nur geringe pH-Änderungen, aber aufgrund der geringen elektrischen Kapazität der inneren Membran große Membranpotentialänderungen (Nicholls und Ferguson, 2001).
Entsprechend ist ΔΨ normalerweise um einiges größer als -zΔpH (z.B. 150 mV gegenüber 30 mV). Um nicht beide Komponenten messen zu müssen, wird bei den Messungen Nigericin hinzugegeben. Nigericin ist ein Polyether, wirkt als künstlicher K+/H+-Antiport und verringert ΔpH auf Null, indem Protonen gegen Kalium ausgetauscht werden (Brand, 1995). Dabei stellt die Elektronentransportkette sicher, dass die protonenmotorische Kraft erhalten bleibt. Diese kann dann als Δp = ΔΨ bestimmt und mit der Nernstschen Gleichung (2) beschrieben werden.
RT [H+]innen
Δp = ΔΨ =
F ln
[H+]außen
(2a)
RT [H+]innen
⇔ Δp = ΔΨ = 2,3
F log10
[H+]außen
(2b)
[H+] innen: Protonenkonzentration in den Mitochondrien (mol/l) [H+] außen: Protonenkonzentration außerhalb der Mitochondrien
Das Messprinzip
Das Membranpotential über der inneren Mitochondrienmembran wird indirekt gemessen (Kamo et al., 1979). Dazu wird zu den Mitochondrien Triphenylmethylphosphoniumbromid (TPMP-Br) gegeben (Abb. 9).
Abb. 9: Triphenylmethylphosphoniumbromid (TPMP-Br).
Die lipophilen TPMP+-Ionen verteilen sich der Nernstschen Gleichung gemäß auf beiden Seiten der inneren Mitochondrienmembran. Die TPMP+-Konzentration in den
Mitochon-drien ändert sich proportional zum Membranpotential. Daher kann durch die Messung der TPMP+-Konzentration das Membranpotential bestimmt werden:
RT [TPMP+]innen
Δp = 2,3
F log10
[TPMP+]außen
(3)
mit F
3 R ,
2 T
⋅ = 59,1 mV bei 25 °C und 61,5 mV bei 37 °C.
Die Messelektroden
Eine TPMP+-sensitive Elektrode misst die TPMP+-Konzentration im Messpuffer außerhalb der Mitochondrien, woraus sich bei bekannter Ausgangskonzentration mit Hilfe des Mitochondrienvolumens die TPMP+-Konzentration in den Mitochondrien bestimmen lässt.
Die Messelektrode besteht aus einem chlorierten Silberdraht, der in einem TIP steckt, d.h.
einem etwa 10 cm langem Röhrchen, das in Richtung Messraum mit einer PVC-Membran verschlossen und mit 10 mM TPMP-Br-Lösung befüllt ist (Ag/AgBr-Elektrodenhalbzelle, KWIKTPP-2 Elektodenhalter, WPI, Abb. 10).
TIP Ag/AgBr-Draht
10 mM TPMP-Br PVC-Membran
TIP Ag/AgBr-Draht
10 mM TPMP-Br PVC-Membran
Abb. 10: Schematischer Aufbau der TPMP+-sensitiven Elektrode, einer Silber/Silberbromid-Elektrodenhalbzelle, die durch eine PVC-Membran von der Messkammer getrennt ist.
Da die käuflich erworbenen TIPs von unzuverlässiger Qualität waren, wurden die TIPS selbst hergestellt (siehe Kasten S. 38).
Die Messelektrode misst die Spannung gegen eine K/KCl-Halbzelle als Referenz (SDR2 SUPER-Dri-Ref-Elektrode, WPI). An der Messelektrode wird Silber zu Silberbromid oxidiert (Anode), an der Referenzelektrode Silberionen zu Silber reduziert (Kathode). Beide
Elektroden werden, wenn nicht in Benutzung, in 10 mM TPMP-Br bzw. 3 M KCl einge-taucht bei 4 °C aufbewahrt.
Zur Kalibrierung werden die Elektroden wie bei der Protonenleckmessung in 2 ml Messpuffer mit Rotenon, Xanthin und Nigericin getaucht (s. Tabelle 2, S. 40). Dann wird einige Minuten abgewartet, bis das Signal einigermaßen stetig ist (jedoch nicht länger, ohne TPMP+ wird kein konstanter mV-Wert erreicht!). In dreiminütigem Abstand werden 2-6 µl 1 mM TPMP-Br in 1 µl-Schritten hinzugegeben.
Da die gemessene Spannung sehr gering ist, muss die gesamte Messapparatur durch einen Faraday-Käfig gegen Störungen abgeschirmt werden. Die Spannung wird über das DUO18-Interface verstärkt, digitalisiert und an den Computer weitergeleitet (DUO18 Data Recording System mit DUO18 V.1.54, WPI). Anders als das Oxygraph-Programm für die Sauerstoff-messung zeichnet DUO18-Software nur die mV-Werte auf, Kalibrierung und Umrechnung der Werte erfolgen danach in Excel (Microsoft Corporation, siehe Kapitel 2.6.5, S. 43 ff).
Konstruktion von TIPs für die TPMP-sensitiven Elektrode (Brand, 1995; Kamo et al., 1979)
Chemikalien: Tetrahydrofuran (Abzug!), 6 ml Tetraphenylborat (Sigma 72022, 10 mM in Tetrahydrofuran), Polyvinylchlorid (Sigma 81388, 1 g in 20 ml Tetrahydrofuran einrühren), 3 ml Diisooktylphthalat (Phtalsäure-bis-2-ethylhexylester, Sigma 80032), 10 mM TPMP-Br.
Material: 5 Glas-Petrischalen 10 cm ∅, Polyvinylröhrchen (1 mm innen-∅, 0,4 mm Stärke, 10 cm lang, sauber abgeschnitten), Rasierklingen.
o Unter kräftigem Rühren werden Tetraphenylborat und Polyvinylchlorid gemischt.
Dann wird Dioktylphthalat hinzugegeben, die Lösung auf fünf Petrischalen verteilt, und 24-48 h zum Polymerisieren stehen gelassen.
o Um die Membran mit dem Polyvinylröhrchen zu verbinden, wird ein Tropfen Tetrahydrofuran auf die Membran geben, das Röhrchen senkrecht auf den Tropfen platziert und abgestützt. Nach 24-48 h Trocknen werden die Röhrchen mit der anheftenden Membran mit einer Rasierklinge vorsichtig von der Petrischale gelöst und überschüssige Membran abgeschnitten.
o Wenigstens 48 h vor Gebrauch müssen die Röhrchen luftblasenfrei mit 10 mM TPMP-Br gefüllt und in 10 mM TPMP-Br gestellt werden. Vor der Messung wird die Elektrode mit 1-6 µM TPMP-Br auf Stetigkeit überprüft.
Chemikalien
Die Mitochondrien werden in der Messkammer in einem Messpuffer inkubiert, der 0,4 % BSA enthält, welches freie Fettsäuren bindet, die ansonsten entkoppelnd auf die Atmung wirken würden.
Um das Protonenleck zu messen wird Oligomycin hinzugegeben, welches die ATP-Synthase blockiert. Dadurch finden nur noch eine nicht-phosphorylierende Restatmung statt, die sogenannte state-4-Atmung (Abb. 11). Zusätzlich wird die NADH-Dehydrogenase (Komplex I) mit Rotenon gehemmt, um den unkontrollierte Einfluß von endogenen, durch NADH oxidierten Substanzen zu verhindern und so für einheitliche Ausgangsbedingungen zu sorgen (Abb. 11). Außerdem werden Nigericin und TPMP-Br für die Messung des Membranpotentials hinzugegeben (s. S. 35 f).
H
+H
+H
+H
+ATPase I
II UQ III
Glycerol-3-phosphat
1/2O2+H+ H2O
Mitochondrienmatrix
c IV
G3P-DH
Intermembranraum
Oligomycin Rotenon
LECK
H
+H
+H
+H
+ATPase I
II
II UQ III
Glycerol-3-phosphat
1/2O2+H+ H2O
Mitochondrienmatrix
c IV
G3P-DH
Intermembranraum
Oligomycin Rotenon
LECK LECK
Abb. 11: Schematische Darstellung der Wirkungsweise von Rotenon und Oligomycin. Es findet state-4-Atmung statt.
Bei allen Messungen wird Glycerol-3-phosphat als Substrat verwendet und schrittweise bis zur Endkonzentration hinzugegeben. Dabei sind die Konzentrationen so gewählt, dass sich beim Auftragen des Membranpotentials gegen die Atmung die erwartete Kurve gut zeichnen läßt. Das Substrat wird von der Glycerol-3-phosphat-Dehydrogenase oxidiert, die auf der Außenseite der inneren Mitochondrienmembran lokalisiert ist und im braunen Fettgewebe eine vergleichsweise hohe Aktivität besitzt. Am Ende jeder Atmungsmessung wurde die maximale Atmungsrate durch den künstlichen Entkoppler FCCP (Carbonylcyanid-4-(trifluoromethoxy)-phenylhydrazon) ermittelt. Die eingesetzten Mengen sind in Tabelle 2, S. 40) aufgeführt.
Tabelle 2: Atmungsreagenzien (~pH 7). TPMP-Br: Triphenylmethylphosphoniumbromid, GDP: Guanosin-5’-diphosphat, XOD: Xanthinoxidase, SOD: Superoxiddismutase, FCCP:
Carbonylcyanid-4-(trifluoromethoxy)-phenylhydrazon.
Substanz Hersteller Lösungsmittel
Konzentration der Arbeits-lösung
eingesetzes Volumen (auf 2 ml Messpuffer)
Endkonzen-tration Lagerung
TPMP-Br Sigma
69495 bidest. H2O 2 mM 5 µl 5 µM RT
Na2-Nigericin Sigma
N7143 Ethanol 160 µg/ml 1 µl 80 ng/ml 4 °C Oligomycin Sigma
O4876 Ethanol 100 µg / ml 3 µl 0,15 µg/ml -20 °C Rotenon Sigma
R8875 Aceton 10 mM 1 µl 5 µM 4 °C
GDP Sigma
G7127 bidest. H2O 250 mM 20 µl 2,5 mM -20 °C, wöchentlich frisch angesetzt
Glycerol-3-phosphat Fluka
50019 bidest. H2O 2 M 0-15µl
0-15 mM Messung mit GDP:
0-17 mM
4 °C täglich frisch angesetzt
Xanthin Sigma X4002
100 mM Xanthin in 1M NaOH
mit Messpuffer auf 0,5 mM
verdünnt 200 µl 50 µM RT
XOD EC 1.1.3.22
Sigma
X1875 Messpuffer 0,6 U/ml 10 µl 0,003 U/ml 4 °C täglich frisch angesetzt SOD
EC 1.15.1.1.
Sigma
S4636 Medium C 12 U/µl 2 µl 12 U/ml 4 °C täglich frisch angesetzt FCCP Fluka
21857 Ethanol 2 mM 4-6 µl 4-6 µM -20 °C
Messpuffer: 50 mM KCl, 5 mM TES, 2 mM MgCl, 4 mM KH2PO4, 1 mM EGTA, 4 mg/ml BSA (0,4 %), pH 7,2
Messverlauf
Im Verlauf eines Messtages wurden Atmungsmessungen mit den BAT-Mitochondrien eines Hamsters durchgeführt. Während die Mitochondrien isoliert wurden, war die Messapparatur bereits angeschaltet, damit der Messpuffer luftgesättigt und die Elektroden und die Messkammer temperiert werden konnten. Die TPMP+- und die Referenzelektrode benötigen zum Warmlaufen etwa 40 Minuten. Für den Vorlauf wurde Messpuffer mit 5 µM TPMP-Br in die Messkammer gegeben, alle Elektroden angeschlossen und deren Messung aufge-zeichnet bis die Messung stetig war.
Direkt vor der ersten Mitochondrienatmungsmessung wurde die O2-Elektrode kalibriert (s. S. 35). An einem Messtag wurden nacheinander erst die state-4-Atmung, dann die gekoppelte state-4-Atmung gemessen. Anschließend wurde die Wirkung von Superoxid-radikalen auf die Atmung getestet. Zwischen den Messungen wurden Elektroden und Mess-kammer mehrmals mit bidest. H2O abgespült und dann getrocknet. Die Aufzeichnung der Kalibrationskurve für die TPMP+-Elektrode erfolgte am Ende des Messtages, da zu dieser Messung keine Mitochondrien mehr benötigt werden.
Für jede einzelne Messung wurden zunächst luftgesättigter, temperierter Messpuffer, Rotenon, Nigericin, Oligomycin, TPMP-Br und je nach Messbedingung eventuell weitere Reagenzien (s.u.) in die Messkammer gegeben, so dass sich ein Volumen von 2 ml vor der Mitochondrienzugabe ergab. Es wurde mehrere Minuten gewartet bis der mV-Wert der TPMP+-Elektrode konstant war. Dann wurden 0,15 mg MP/ml frisch isolierter und quantifi-zierter Mitochondrien eingesetzt d.h. 10-20µl Mitochondriensuspension auf 2 ml Messpuffer (s Kapitel 2.6.1 und 2.6.2.). Die Zugabe von Mitochondrien, Substrat und FCCP erfolgte im Abstand von drei Minuten, da das Membranpotential und die Elektroden diese Zeit benötigen, bis das Signal ein ablesbares Plateau erreicht und um für alle Messungen gleiche Bedingungen zu schaffen. Für jede Zugabe muss der Faraday-Käfig geöffnet und geschlossen werden, da die Aufzeichnung der TPMP+-Konzentration sonst gestört wird.
Messbedingungen
Es wurden Messungen unter vier verschiedenen Bedingungen durchgeführt.
1. Messung der state-4-Atmung
Gemessen wurde in 2 ml Messpuffer mit 5 µM TPMP-Br, 80 ng/ml Nigericin, 5 µM Rotenon, 0,15 µg/ml Oligomycin. Nacheinander wurden 0,15 mg MP/ml Mitochondrien, 1, 2, 3, 6 und 3 µl 2 M Glycerol-3-phosphat (Endkonzentration im Messpuffer 1, 3, 6, 12 und 15 mM) und 6 µM FCCP hinzugegeben.
2. Messung der mit GDP gekoppelten state-4-Atmung
Für die Messung der gekoppelten Atmung von Wildtyp- und Mutantenmitochondrien wurde UCP1 durch Zugabe von GDP (Guanosin-5’-diphosphat) gehemmt.
Gemessen wurde in 2 ml Messpuffer mit 5 µM TPMP-Br, 80 ng/ml Nigericin, 5 µM Rotenon, 0,15 µg/ml Oligomycin und 2,5 mM GDP. Nacheinander wurden Mitochondrien, 0,5, 1,5, 4 und 11 µl 2 M Glycerol-3-phosphat (Endkonzentration im Messpuffer 0,5, 2, 6 und 17 mM) und 8 µM FCCP hinzugegeben.
3. Messung der state-4-Atmung nach Zugabe von Superoxidradikalen
Superoxidradikale (ROS) entstehen als Nebenprodukt der Atmung. In zwei verschiedenen Messungen wurde die Wirkung von Superoxidradikalen auf die Atmung getestet.
In einer ersten Messung wurden in der Messkammer Superoxidradikale künstlich produziert.
Dazu wurden Xanthin (2,6-Dihydroxypurine) und Xanthinoxidase (XOD) in den Messpuffer gegeben. XOD oxidiert Xanthin zu Harnsäure, wird dabei selbst reduziert und gibt dann ein Elektron an ein Sauerstoffmolekül ab, so dass ein Superoxidradikal entsteht.
Xanthin + XOD (oxidiert) → Harnsäure + XOD (reduziert)
O2 + XOD (reduziert) → O2- + XOD (oxidiert)
Gemessen wurde in 2 ml Messpuffer mit 5 µM TPMP-Br, 80 ng/ml Nigericin, 5 µM Rotenon, 0,15 µg/ml Oligomycin, 50 µM Xanthin, 0,003 U/ml XOD. Substratkonzentration und Ablauf wie state-4-Atmung ohne GDP.
4. Messung der state-4-Atmung nach Zugabe von Superoxiddismutase
In einer weiteren Messung wurde getestet, ob bei der Atmung von Wildtyp- und Mutantenmitochondrien unterschiedlich viele Superoxidradikale entstehen. Superoxid-Dismutase (SOD) macht Superoxidradikale unschädlich indem es diese zu H2O2 abbaut, welches dann durch Catalase zu Wasser reduziert wird:
O2- + 2H+ →SOD → H2O2 + O2 H2O2 →Catalase → H2O + O2
Gemessen wurde in 2 ml Messpuffer mit 5 µM TPMP-Br, 80 ng/ml Nigericin, 5 µM Rotenon, 0,15 µg/ml Oligomycin, 12 U/ml SOD. Substratkonzentration und Ablauf wie state-4-Atmung ohne GDP.