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Die gängigen Qualitätsmerkmale der Klauen und Gliedmaßen wurden im Rahmen der EAAP Arbeitsgruppe Claw Quality in Cattle (POLITIEK et al. 1986; DISTL et al. 1990a) und bei BOELLING undPOLLOT (1997) umfangreich erläutert (Tabelle 2). Als einer Klaue von guter Qualität wurde eine Klaue angesehen, die sich über einen langen Zeitraum als wenig pflegeintensiv und widerstandfähig gegen Erkrankungen erwiesen hat.Es war hierbei jedoch nicht ausreichend bekannt, welche Ausprägungen der verschiedenen Merkmale zu einer Klaue von guter Qualität führte (BOELLING u. POLLOT 1997). Neuere Studien untersuchten die Bedeutung des Bandapparates in Zusammenhang mit Veränderungen an den Klauen (LISCHER et al. 2000; MAIERL et al. 2000). Eine Übersicht zu Klauenmerkmalen befindet sich bei HUBER (1983). VERMUNT und GREENOUGH (1995), BOELLING und POLLOT (1997) und DISTL (2000) gaben einen Überblick der neueren Literatur.

Tabelle 2: Charakteristische Merkmale von Klauen und Gliedmaßen (nach DISTL 2000) Äußere Merkmale

Adspektorische Beurteilung von Klauen und Gliedmaßenstellung Messungen der Klauenform

Dorsalwandwinkel, Dorsalwandlänge, Trachtenhöhe, Trachtenlänge, Diagonale, Fußungsfläche

Klauenhorneigenschaften

Physikalische Eigenschaften

Klauenhornwachstum, -abrieb, Härte, Feuchtigkeitsgehalt Histologische Eigenschaften

Hornröhrchendichte, -durchmesser und Rinde Biochemische Eigenschaften

lösliche Proteine, Zytokeratine, Aminosäuren, Mineralstoffe Funktionelle Merkmale

Adspektorische Beurteilung der Bewegung (Skala 1-9) Druckverteilung unter den Klauen

Bewegungsanalyse mit Hochgeschwindigkeitskameras oder Ultraschallmesssystemen Veränderungen am Bandapparat

Zu der hier durchgeführten Untersuchung fanden sich in der Literatur keine vollständig vergleichbaren Arbeiten, da die Rassen, Altersstrukturen und auch die Beobachtungs-zeiträume bzw. –intervalle zu stark differierten. Das Tiermaterial bestand überwiegend aus Färsen und Kühen. In den Arbeiten von FESSL (1980), SCHNEIDER (1980), HUBER (1983) und OFFER et al. (2000a) wurden die Klauen von Tieren unterschiedlicher Altersgruppen untersucht. Hier waren neben Kühen auch jüngere Tiere, sowohl weiblichen als auch männlichen Geschlechtes, im Tiermaterial vertreten. Die Tiere entstammten den Rassen Deutsches Fleckvieh, Deutsches Braunvieh und Holstein Friesian. Bei den in der Literatur vertretenden Kälbern handelte es sich überwiegend um männliche Mastkälber. NITSCHE

(1974), MÜLLER et al. (1975) und FESSL (1980) untersuchten auch weibliche Tiere, jedoch waren es bei NITSCHE (1974) und MÜLLER et al. (1975) ebenfalls Mastkälber und nur bei FESSL (1980) befanden sich auch Zuchtkälber im Tiermaterial. Es wurden Tiere

unterschiedlicher Rassen (Deutsche Schwarzbunte, Jerseykreuzungen und Österreichisches Fleckvieh) eingesetzt.

Das Messen definierter Strecken an der Außenseite des Klauenhornschuhs hat sich als eine genaue und aussagekräftige Methode zur Beschreibung der Klauenform etabliert. Die geeignetesten Klauenmaße waren nach HUBER (1983), BAUMGARTNER (1988) sowie VERMUNT und GREENOUGH (1995) beim Rind die Dorsalwandlänge, die Trachtenhöhe, die Trachtenwandlänge (Syn. Trachtenlänge), die Diagonalenlänge (Syn. Diagonale) und der Dorsalwandwinkel. REURINK und VAN ARENDONK (1987) maßen aufgrund ihrer an Schwarzbunten Färsen ermittelten hohen Heritabilität insbesondere der Diagonalenlänge große Bedeutung bei. BAUMGARTNER (1988) hingegen hielt die Dorsalwandlänge, den Dorsalwandwinkel und die Trachtenhöhe für die geeignetesten Merkmale (ermittelt an Jungkühen der Rasse Deutsches Fleckvieh).

Die Klauenmaße wurden in den vergleichbaren Arbeiten recht einheitlich definiert.

Überwiegend wurde als proximaler Messpunkt der Dorsalwandlänge der Übergang vom Kronsaumhorn zum Dorsalwandhorn als die palpatorische Grenze zwischen Haut und Hornschuh verwendet (HUBER 1983; BAUMGARTNER 1988; VERMUNT u. GREENOUGH 1995).

HAHN et al. (1984b) verwendeten die Saumhornlinie und SMIT et al. (1986) den Haaransatz als oberen Messpunkt der Dorsalwandlänge. Weiterhin musste in den Arbeiten zwischen relativen und absoluten Maßangaben unterschieden werden. Relative Maßangaben des Verhältnisses der Dorsalwandlänge zur Trachtenhöhe (Ballenhöhe) wurden häufig in der Literatur zum Thema Klauenpflege und Klauenerkrankungen angeführt (CLEMENTE 1995;

GREENOUGH 1997).

Die genannten Klauenmaße können am lebenden, stehenden Tier mit verhältnismäßig wenig Ausrüstung präzise erhoben werden und beziehen sich auf die äußere Form des Hornschuhs.

Am lebenden Tier stellt die radiologische Untersuchung eine Möglichkeit dar, die inneren anatomischen Strukturen zu erkunden (ZANTIGA 1981). SOHRT (1999) setzte sich mit einem Vergleich der äußeren Klauenmaße mit den Verhältnissen an der Innenstruktur am abgesetzten Unterfuß auseinander. Seine Aufmerksamkeit galt insbesondere den

Veränderungen am Hornschuh durch Reheerkrankungen und deren Bedeutung für die in der Klauenpflege bedeutsame Länge der Dorsalwand. LISCHER et al. (2000) und WESTERFELD et al. (2000) untersuchten durch hohe Beanspruchung bedingte Veränderungen am Bandapparat.

der Klaue.

Über das Setzen von Markierungen im Klauenhorn an der Dorsalwand und dem wiederholten Messen der Strecken mit einem Spitzzirkel konnten Zuwachs- und Abriebsdaten erhoben werden (SCHMID 1974; PRIETZ 1985; TRANTER u. MORRIS 1992; KEHLER 1998).

Das Klauenvolumen wurde sowohl über eine auf mehreren Klauenmaßen basierende Formel geschätzt (PHILLIPS 1996, SCOTT et al. 1999) als auch über Verdrängung entsprechender Wassermengen gemessen (SCOTT et al. 1999). Die Fußungsflächen der Klauen wurden zum einen an der aufgehobenen Gliedmaße abgezeichnet (FESSL 1968) oder über einen Negativabdruck gewonnen, wenn die Tiere langsam über eine leicht feuchte und mit feinstem Sägemehl gleichmäßig bestreute dunkelrote Gummimatte getrieben wurden (HUBER 1983;

BAUMGARTNER 1988; SCHMID 1990). Die erhaltenen Flächen wurden anschließend bei beiden Methoden planimetriert.

Die Fußungsflächen der Klauen konnten anhand der Längen- und Breitenmaße der Klauen geschätzt werden (DISTL et al. 1982). Auch das Bestimmen des Klauenvolumens mittels Wasserverdrängung oder das Schätzen des Volumens über das Auswerten von Klauenmaßen waren gängige Methoden (PHILLIPS et al. 1996;SCOTT et al. 1999). Weitere, nicht invasiv zu messende physikalische Eigenschaften des Klauenhornes waren seine Oberflächenhärte und sein Feuchtigkeitsgehalt. Die Abriebsfestigkeit des Klauenhornes wurde häufig als maßgebendes Kriterium bei der Beurteilung verschiedener Bodenbeläge verwendet (NITSCHE

1974; MÜLLER et al. 1975). Für die Messung der punktuellen Druckverteilung unter Rinderklauen wurde vonMAIR et al. (1988) ein elektronisches Messsystem auf der Grundlage eines kapazitativ arbeitenden Plattenkondensators entwickelt. Damit wurden Messungen von DISTL et al. (1990b) und HUBERT und DISTL (1994) vorgenommen. Weitere histologische und biochemische Eigenschaften können an abgesetzten Unterfüßen erfasst werden (POLITIEK et al. 1986; BOELLING u.POLLOT 1997).

Im Rahmen der linearen Beurteilung der Deutschen Holsteins ist eines der Beurteilungskriterien die Trachtenhöhe. Die adspektorische Beurteilung der Klauen erfolgt von der Seite. Es werden keine angestrebten Längenmaße vorgegeben, sondern anhand eines linearen Beschreibungssystems die Ziffern 1 bis 9 vergeben. Eine flache Klaue bekommt die kleinste Ziffer 1, die häufigste Ausprägung der Trachtenhöhe in der Population der Deutschen Holsteins die 5 und entsprechend erhält eine hohe Trachtenwand die höchste zu vergebene Ziffer 9. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie schnell und ohne großen zusätzlichen Aufwand durchgeführt werden kann, sie verfügt allerdings gegenüber der Erfassung von messbaren Klauenmaßen bei ungeübten Personen über eine geringere Objektivität (UTZ

1998a).

Die Exterieurmerkmale werden je nach Zuchtverband in unterschiedlich definierten Hauptmerkmalen zusammengefasst. Bei den Deutschen Holsteins sind dies Milchtyp, Körper, Fundament und Euter. Eine ausführliche Darstellung der unterschiedlichen Bewertungssysteme findet sich bei UTZ (1998b). Neben den Deutschen Holstein Züchtern führten auch die Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzuchtverbände für die dort verbreiteten Rassen, wie Deutsches Fleckvieh, Deutsches Braunvieh oder Deutsches Gelbvieh, lineare Beschreibungssysteme in leicht abgewandelter Form ein. Je nach Rinderrasse unterscheiden sich die Beschreibungssysteme in einzelnen Merkmalen, doch die Beschreibung des Rahmens, des Beckens, der Stellung der Gliedmaßen und des Euters ist regelmäßig vertreten. Die Weiterentwicklung der Exterieurbeurteilungssysteme in den letzten Jahren in Europa und Nordamerika unterstreicht den Stellenwert, den das Exterieur in der Rinderzucht einnimmt (UTZ 1998b).

Die Stellung der Gliedmaßen und die Form der Klauen hat auch im veterinärmedizinischen Bereich eine gewisse Bedeutung. DIRKSEN (1978) beschrieb die Zehenachse als eine gedachte Linie durch die Mitte der drei Zehenknochen (Klauen-, Kron- und Fesselbein), welche von vorne gesehen senkrecht verlaufen sollte. Infolge Vernachlässigung der regelmäßigen Klauenpflege, zu langsamer oder ungleichmäßiger Abnutzung des Hornes, Ernährungsstörungen, Klauenkrankheiten oder Stellungsanomalien der Gliedmaßen können sich Formveränderungen des Hornschuhs entwickeln, die gemeinhin als Stallklauen

bezeichnet werden. Diese treten jedoch in der Regel erst bei Kühen und nicht beim jungen Rind auf (DIRKSEN 1990). Vereinzelt beobachtete DIRKSEN (1978) im Alter von zwei Jahren Anfänge der erblichen Form der Zwangsklauenbildung. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt kann es zu Veränderungen im Sinne der Spreizklauenbildung kommen, diese sind jedoch auf eine Schwächung des Bandapparates der Zehenknochen zurückzuführen und somit strenggenommen keine Formveränderung des Klauenschuhs(DIRKSEN 1978).