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menschliche Nutzung

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Fall. Abbildung 5.1-2 zeigt die beobachteten Erwär-mungstrends der letzten Jahrzehnte über Land. Wäh-rend die globale Temperatur im angegebenen Zeit-raum um 0,6 ºC angestiegen ist, zeigen einige Regi-onen bereits einen Anstieg um 2 ºC oder mehr. Zwei Effekte sind dabei besonders hervorzuheben. Ers-tens erwärmen sich die Kontinente stärker als der globale Mittelwert (regional bis zum doppelten Wert aufgrund der abmildernden Wirkung der Oze-ane). Zweitens erwärmen sich die Regionen in den höheren Breiten besonders stark, weil die schrump-fende Schnee- und Eisbedeckung zur Aufnahme von mehr Sonnenstrahlung führt. Vor allem in zwei Regi-onen sind die Menschen daher besonders stark vom direkten Anstieg der mittleren Temperaturen betrof-fen: in den nördlichen Polargebieten (Alaska, Sibi-rien) wegen der besonders rasch steigenden Tempe-raturen und deren Auswirkungen auf Permafrost-böden und Infrastruktur und in den tropischen Kli-mazonen wegen der dort ohnehin schon hohen Temperaturen.

Von besonderer Bedeutung sind Hitzewellen. Die europäische Hitzewelle im Sommer 2003 hat rund 30.000–50.000 Menschenleben gefordert und ist nach Angaben der Münchener Rück die größte Naturka-tastrophe in Mitteleuropa seit Menschengedenken (Münchener Rück, 2004). Das Beispiel belegt, dass Hitzewellen selbst in gemäßigten Klimazonen und wohlhabenden Staaten verheerende Folgen haben können, wenn die Gesellschaft nicht darauf vorberei-tet ist. In Deutschland war 2003 das Jahr mit der größ-ten Ertragseinbuße bei Weizen seit mindesgröß-tens 1960 (Sterzel, 2004). Diese Hitzewelle trat überraschend auf und lag weit oberhalb des langfristigen Tempe-5.1.1

Temperatur

Die vergangene und mögliche künftige globale Tem-peraturentwicklung ist in Abbildung 5.1-1 darge-stellt. Der weitere globale Temperaturanstieg bis 2030 ist gut absehbar: Die Temperaturerhöhung gegenüber dem Jahr 2005 wird sehr wahrscheinlich im Bereich von 0,4–0,6 ºC liegen, unabhängig vom angenommenen Emissionsszenario. Dieser Tempe-raturbereich bezieht sich auf den geglätteten Trend, unbeschadet der kleinen Schwankungen von Jahr zu Jahr, die diesen Langzeittrend überlagern. Eine ein-fache Fortschreibung des aktuellen Trends läge eben-falls im oben genannten Bereich. Die geringe Band-breite der verschiedenen Temperaturentwicklungen begründet sich zum einen dadurch, dass Emissions-szenarien von graduellen Veränderungen und nicht von drastischen Sprüngen der Emissionen ausgehen, zum anderen durch die Trägheit des Klimasystems, vor allem die thermische Trägheit der Weltmeere.

Nur sehr rasche und einschneidende Veränderungen der Emission von Treibhausgasen oder Aerosolen, aber auch unvorhersehbare Ereignisse wie ein großer Vulkanausbruch oder Meteoriteneinschlag, könnten in den kommenden 25 Jahren zu deutlichen Abwei-chungen von der obigen Prognose führen. Graduelle Emissionsminderungen über die kommenden Jahr-zehnte, wie sie bei einer effektiven Klimaschutzpo-litik am wahrscheinlichsten sind, werden erst nach 2030 zu einem deutlichen Abbremsen des globalen Erwärmungstrends führen.

Regional wird die Erwärmung erheblich vom glo-balen Trend abweichen, dies ist bereits heute der

Abbildung 5.1-1

Globaler Temperaturverlauf über Land und Ozean bis 2006 nach dem Datensatz der NASA, Abweichungen bezogen auf 1990 (jährliche Datenpunkte, die durchgezogene Linie zeigt den über 11 Jahre geglätteten Verlauf). 2005 war das bisher wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Der graue Bereich und die gestrichelten Linien zeigen die Zukunftsszenarien des IPCC (2001) bezogen auf das Basisjahr 1990. Die beobachtete Erwärmung liegt derzeit am oberen Rand dieser IPCC-Szenarien.

Quelle: Rahmstorf et al., 2007

0

-0,4 0,4 0,6

-0,2 0,2

-0,6

1920

1900 1940 1960 1980 2000 2020

Jahr

Temperaturabweichung [°C]

61 61 Veränderungen der Klimaparameter 5.1

raturtrends (in der Schweiz lagen die Juni-Tempe-raturen rund 3 ºC höher als im vorherigen Rekord-sommer 2002), sie wäre also selbst bei Berücksich-tigung des Erwärmungstrends so nicht zu erwarten gewesen. Der physikalische Mechanismus dieser Hit-zewelle ist noch nicht verstanden, es werden derzeit mehrere Erklärungsansätze verfolgt. Daher kann auch nicht vorhergesagt werden, wo und wann künf-tig mit solchen extremen Hitzewellen zu rechnen ist.

Um die Mitte des Jahrhunderts dürften jedoch der-art hohe Sommertemperaturen wie 2003 in Europa keine Hitzewelle mehr darstellen, sondern zur Nor-malität geworden sein (Schär et al., 2004; Seneviratne et al., 2006).

Längerfristig (in der zweiten Hälfte des 21. Jahr-hunderts) hängt die Temperaturentwicklung stark vom jeweiligen Emissionsszenario ab. Durch effek-tive Klimaschutzmaßnahmen (Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration unterhalb von 450 ppm CO2eq) kann die globale Erwärmung voraussichtlich auf maximal 2 ºC über dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden. Ohne wirksamen Klimaschutz ist dagegen eine Erwärmung von 2–7 ºC über dem vor-industriellen Wert zu erwarten (IPCC, 2007a). Die hohen Werte können dadurch entstehen, dass bei starker Erwärmung eine verstärkende Rückkopp-lung aus dem Kohlenstoffkreislauf auftritt. Neuere Arbeiten zeigen sowohl auf Basis von Simulations-rechnungen als auch von Daten aus der

Klimage-schichte eine solche Rückkopplung (Friedlingstein et al., 2006; Scheffer et al., 2006), d. h. Ozean und Bios-phäre können nur noch einen geringeren Anteil der anthropogenen Emissionen aufnehmen als bisher, so dass die CO2-Konzentration überproportional zu steigen beginnt.

Bei der Auswirkung der Erwärmung muss bedacht werden, dass regional (insbesondere auf den Konti-nenten) erheblich höhere Werte als im globalen Mit-tel auftreten dürften. Bei starker Erwärmung, im oberen Bereich der oben genannten Spanne, wür-den durch wür-den Anstieg der Mitteltemperatur und durch eine höhere Temperaturvariabilität (Senevi-ratne et al., 2006) erhebliche Veränderungen in der Biosphäre eintreten, weil sich z. B. die Verbreitung der meisten Pflanzen und Tiere und die Konkurrenz-gefüge in ihren bisherigen Lebensräumen verschie-ben würden. Gletscher würden rasch verschwinden, der arktische Ozean wäre im Sommer eisfrei und ein vollständiges Abschmelzen des Grönländischen Eis-schilds würde sehr wahrscheinlich eingeleitet. Diese Effekte beginnen bereits bei „moderaten“ Erwär-mungsszenarien um global 3 ºC. Bei noch stärkerer Erwärmung würden sie umso rascher und sicherer eintreten.

[°C]

0 0,4 0,8 1,2 1,6 2,0 -0,4

Abbildung 5.1-2

Gemessene lineare Temperaturtrends an Land im Zeitraum 1975–2004.

Quelle: WBGU; Daten: PIK-Klimadatenbank

den Subtropen nimmt zu, was im Mittel zu stärke-ren Niederschlägen in mittlestärke-ren und hohen Breiten führt. Dies lässt sich anhand von Beobachtungen bereits heute belegen. Im subtropischen Atlantik steigt seit Jahrzehnten der Salzgehalt, in hohen Brei-ten nimmt er ab. Zudem zeigen lange Zeitreihen der eurasischen Flüsse, die in den arktischen Ozean münden, dass deren Wasserführung seit Jahrzehnten stetig zunimmt, wie es durch eine Niederschlagszu-nahme in den höheren Breiten zu erwarten ist (Peter-son et al., 2002). Durch diese Entwicklung trocknen die subtropischen Gebiete tendenziell aus, während die hohen Breitengrade feuchter werden, auch wenn es hier viele regionale, kleinräumige Besonderheiten gibt (Abb. 5.1-3b).

So sind z. B. viele aride Gebiete in den letzten Jahrzehnten noch trockener geworden, insbesondere im Bereich der Sahara und des Mittelmeers, im süd-lichen Afrika, im Südwesten der USA, im Nordos-ten Brasiliens, in Indien und in der Nordhälfte Chi-nas. Dafür sind allerdings nicht immer allein groß-klimatische Einflüsse ursächlich (z. B. Sahel: Zeng, 2003; Hutchinson et al., 2005), sondern auch die ein-gangs erwähnten regionalen Eingriffe des Menschen in die Umwelt, auf die später zum Teil eingegangen wird (Kap. 7 sowie Kap. 6.2 und 6.3).

Modellszenarien zeigen für die Zukunft ein klares Muster (Abb. 5.1-4). Die niederschlagsreichen Gebiete im tropischen Niederschlagsgürtel und in mittleren bis hohen Breiten werden überwiegend noch feuchter, während die ariden Regionen der Subtropen noch trockener werden. Auch deuten die Modelle insbesondere im Mittelmeerraum und im südlichen Afrika auf zunehmende Trockenheit hin.

Für andere Regionen sind die Projektionen weni-ger robust, so werden z. B. für die Sahelregion durch unterschiedliche Modelle jeweils starke, aber im Vor-zeichen voneinander abweichende Änderungen pro-jiziert (IPCC, 2007a, b).

Bei den Niederschlägen kommt es jedoch nicht nur auf die Jahres- bzw. jahreszeitlichen Summen an, sondern ebenso auf Extremereignisse wie Dür-rephasen und außergewöhnlich intensive Nieder-schläge. Sowohl Daten als auch Modellrechnungen zeigen einen Trend, wonach sich ein immer größerer Anteil der Jahresniederschläge auf diese intensiven Niederschläge konzentriert (also innerhalb weni-ger Tage fällt), während andererseits die Länge von Phasen ohne Niederschläge zunimmt. Diese Tendenz erhöht sowohl die Gefahr von Überschwemmungen als auch die Häufigkeit von Dürreperioden.

Abbildung 5.1-5 zeigt aus einem Modellszenario die Regionen, in denen die Dürregefahr durch län-gere Trockenperioden künftig stark zunehmen dürfte.

Besonders hervorzuheben sind hier wiederum der Mittelmeerraum, das südliche Afrika und Brasilien, 5.1.2

Niederschläge

Im globalen Mittel nimmt die Niederschlagsmenge in einem wärmeren Klima zu. Pro Grad Erwärmung beträgt diese Zunahme je nach Modell 1–2 % (IPCC, 2007a). Ursache dafür ist die stärkere Verdunstung.

Die verdunstete Wassermenge muss nach durch-schnittlich einigen Tagen Verweildauer in der Atmo-sphäre auch wieder abregnen. Außerdem nimmt die in der Atmosphäre enthaltene Wassermenge zu, weil wärmere Luft mehr Wasser speichern kann, bis sie gesättigt ist. Bei gleich bleibender relativer Luft-feuchte (diese wird in Prozent des Sättigungswertes angegeben) sind dies 7 % mehr Wasser pro ºC Erwär-mung. Die mittlere relative Luftfeuchte bleibt annä-hernd konstant, weil ihr Anstieg zu verstärktem Abregnen führt.

Obwohl überall auf der Welt Wasser verdunstet und Niederschläge fallen, ist die Differenz zwischen beiden Größen regional sehr unterschiedlich. Abbil-dung 5.1-3a zeigt die regionale Verteilung der klima-tischen Wasserbilanz, d. h. der Differenz zwischen Niederschlag und potenzieller Verdunstung (Evapo-transpiration) im Referenzzeitraum 1961–1990. Das Grundmuster des globalen Wasserkreislaufs ist wie folgt: In den Tropen verdunstet durch die hohen Tem-peraturen viel Wasser, das aber mit den aufsteigenden Luftmassen in Äquatornähe (der innertropischen Konvergenzzone) auch rasch wieder abregnet; dies sind die tropischen Wolken- und Niederschlagsgür-tel (z. B. Brasilien, Kongo, Indonesien). In den Sub-tropen verdunstet ebenfalls viel Wasser, aber die Nie-derschläge sind gering, denn aufgrund der absinken-den Luftmassen ist die Luft trocken und wolkenarm.

In dieser Zone liegen daher die Wüstengebiete der Erde, in den nördlichen Subtropen u. a. die Sahara, in den südlichen die Namib und die australische Wüste.

Ein großer Teil des in den Subtropen verdunsteten Wassers wird in mittlere und hohe Breiten transpor-tiert und regnet dort ab, daher sind dort die Nieder-schläge größer als die Verdunstung.

Ein wichtiger Teilaspekt des Wasserkreislaufs ist die Monsunzirkulation, die in einigen Weltregionen (z. B. Südostasien) stark saisonale Niederschläge verursacht, von denen die Landwirtschaft und Nah-rungssicherheit in einigen Staaten wie Indien und China abhängig sind. Angetrieben werden die Mon-sunwinde und -niederschläge durch den jahreszeit-lich veränderjahreszeit-lichen Temperaturunterschied zwi-schen Land und Meer. Es handelt sich um ein stark nichtlineares Phänomen, das sowohl durch Luftver-schmutzung mit Aerosolen als auch durch die globale Erwärmung beeinflusst werden kann.

Die globale Erwärmung führt zu einer Verstär-kung dieses Wasserkreislaufs. Die Verdunstung in

63 63 Veränderungen der Klimaparameter 5.1

Abbildung 5.1-3

Klimatische Wasserbilanz: a) Mittelwert für den Zeitraum 1961–1990 und b) Veränderung der klimatischen Wasserbilanz aus Beobachtungsdaten im Zeitraum 1975–2004. Die klimatische Wasserbilanz ergibt sich aus der Differenz von Niederschlag und potenzieller Evapotranspiration.

Quelle: WBGU; Daten: PIK-Klimadatenbank a

-3000-1500-800 -250 -50 0 50 250 800 1500 3000 [mm]

b

-500 -200 -50 -20 0 20 50 200 500 [mm]

wo sich Dürre auch in das Amazonasgebiet ausbrei-tet. Einen weiteren Aspekt der Trockenheit zeigt (auf Basis eines anderen Modells) die projizierte Entwick-lung der klimatischen Wasserbilanz (Abb. 5.1-6.). In den meisten Kontinentalgebieten, selbst dort, wo die Niederschläge absolut zunehmen, nimmt die klima-tische Wasserbilanz ab. Es steht also weniger Wasser für die menschliche Nutzung zur Verfügung, weil die Verdunstung noch stärker zunimmt als die Nieder-schläge.

Abbildung 5.1-7 zeigt aus der gleichen Modellsi-mulation wie in Abbildung 5.1-5 die Zunahme von Extremniederschlägen in den meisten Teilen der Welt. Diese Zunahme ist wahrscheinlich überwie-gend auf den oben erwähnten einfachen physika-lischen Zusammenhang zurückzuführen, dass wär-mere Luft mehr Wasserdampf enthalten kann.

5.1.3

Tropische Wirbelstürme

Spätestens seit der extremen Hurrikansaison 2005 ist die Gefahr durch tropische Wirbelstürme ver-stärkt in den Blickpunkt des Interesses gerückt. In den letzten Jahrzehnten ist eine deutliche Zunahme der Stärke tropischer Wirbelstürme zu beobachten, die wahrscheinlich vor allem auf den Anstieg der tropischen Meerestemperaturen zurückzuführen ist (Emanuel, 2005; Webster et al., 2005; Hoyos et al., 2006). Die tropischen Meerestemperaturen steigen bisher mit einem ähnlichen Verlauf wie die globale Mitteltemperatur (Abb. 5.1-1) und werden voraus-sichtlich auch in diesem Maß weiter ansteigen.

Dies bedeutet erstens eine erheblich verstärkte Bedrohung der bereits heute durch Hurrikane gefährdeten Gegenden, u. a. der Karibik und der Küs-ten Chinas (Abb. 5.1-8). In diesen Regionen könnKüs-ten Zerstörungen durch Tropenstürme so häufig und stark werden, dass die sozioökonomische

Entwick-Dez/Jan/Feb

Jun/Jul/Aug a

b

-20 -10 -5 5 10 20 [%]

Abbildung 5.1-4

Prozentuale Veränderungen des Niederschlags gegen Ende des Jahrhunderts (relativ zu 1990) im SRES-A1B-Szenario. Gezeigt sind die Mittelwerte aller Klimamodelle des 4. IPCC-Berichts für zwei Jahresszeiten (oben:

Dezember-Februar, unten:

Juni-August). In den gepunkteten Bereichen stimmt das Vorzeichen der projizierten Änderungen in mehr als 90 % der betrachteten Modelle überein, in den weißen Bereichen stimmt das Vorzeichen in weniger als 60 % der Modelle überein.

In diesen Regionen ist also kaum absehbar, in welche Richtung die Niederschläge sich ändern werden. Dennoch sind aber erhebliche Änderungen möglich.

Quelle: IPCC, 2007a

65

lung der betroffenen Länder, insbesondere ärmerer Inselstaaten, massiv beeinträchtigt wird.

Zweitens können sich die durch Tropenstürme gefährdeten Regionen polwärts ausbreiten, weil sich in immer größeren Meeresgebieten die für Hurri-kane günstigen warmen Meerestemperaturen einstel-len. Äquatorwärts ist keine Ausbreitung zu erwarten, da in unmittelbarer Nähe des Äquators die Corio-liskraft verschwindet und daher keine Wirbelstürme auftreten können. Anzeichen für eine mögliche Aus-breitung in Richtung der Pole lieferten bereits die letzten Jahre. Im Jahr 2004 trat mit Hurrikan Cata-rina vor der brasilianischen Küste der erste Hurrikan im Südatlantik auf. Im Jahr 2005 bewegten sich zwei Tropenstürme auf ungewöhnlicher Bahn auf Europa zu: Vince, der abgeschwächt das spanische Festland erreichte, und Delta, der auf den Kanaren erhebliche Schäden verursachte.

5.1.4

Anstieg des Meeresspiegels

Der Anstieg des Meeresspiegels ist im WBGU-Son-dergutachten „Die Zukunft der Meere“ (WBGU, 2006) ausführlich diskutiert worden. Daher werden

im Folgenden nur die wichtigsten Aspekte zusam-mengefasst.

Im 20. Jahrhundert ist der Meeresspiegel um 15–

20 cm angestiegen. Dies ist ein im Wesentlichen modernes Phänomen, denn in den tausend Jahren zuvor hat kein annähernd vergleichbarer Meeres-spiegelanstieg stattgefunden (IPCC, 2007a). Daher muss der beobachtete Meeresspiegelanstieg über-wiegend auf die globale Erwärmung zurückgeführt werden. Einige andere nicht klimatische anthropo-gene Effekte spielen eine untergeordnete Rolle, z. B.

die Wasserspeicherung in Stauseen und die Nutzung

„fossilen“ Wassers aus dem Untergrund zu Bewässe-rungszwecken. Seit 1993 gibt es genaue Satellitenmes-sungen des Meeresspiegels, die seither einen Anstieg mit einer Rate von rund 3 mm pro Jahr zeigen (Abb.

5.1-9). Die Satelliten liefern im Gegensatz zu Pegel-messungen an den Küsten eine globale Abdeckung und zeigen interessante regionale Variationen. So gibt es einige Regionen mit fallendem Meeresspiegel, z. B. um die Malediven. Da die Wassermenge im glo-balen Ozean durch Schmelzwassereintrag anwächst und das Meerwasser im globalen Mittel wärmer wird, dürfte der globale Trend aber längerfristig derartige regionale Schwankungen übersteigen und überall zu einem Anstieg führen. Der Meeresspiegelanstieg relativ zu den Küsten ergibt sich aus dem absoluten

65 Veränderungen der Klimaparameter 5.1

[%]

-10 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 -20

-30 -40 -50 Abbildung 5.1-5

Prozentuale Änderung der maximalen Trockenperioden im Szenario A1B in einer Simulation des MPI Hamburg. Eine maximale Trockenperiode ist hier definiert als maximale Anzahl von aufeinander folgenden Tagen innerhalb eines Jahres mit einer täglichen Niederschlagsmenge unterhalb eines Schwellwertes von 1 mm. Dargestellt ist die prozentuale Änderung der 30-jährigen Mittelwerte im Zeitraum 2071–2100 bezogen auf die Mittelwerte der Jahre 1961–1990.

Quelle: MPI, 2006

Abbildung 5.1-7

Prozentuale Änderungen von jährlichen Extremniederschlägen im Szenario A1B. Der jährliche Extremniederschlag ist hier definiert als maximale Niederschlagsmenge in einem 5-Tages-Zeitraum innerhalb eines Jahres. Dargestellt ist die prozentuale Änderung der 30-jährigen Mittelwerte im Zeitraum 2071–2100 bezogen auf die Mittelwerte der Jahre 1961–1990.

Quelle: MPI, 2006

-50 -40 -30 -20 -10 -5 5 10 20 30 40 50 75 [%]

0 10 50 200 500

-10 -50 -200 -500 -1000

-2000 [mm]

Abbildung 5.1-6

Künftige Entwicklung der Dürregefahr. Gezeigt sind die absoluten Änderungen der klimatischen Wasserbilanz aus einer Simulation des Hadley Centre im Zeitraum 2041–2070 gegenüber den ebenfalls simulierten Daten für den Zeitraum 1961–1990.

Quelle: WBGU; Daten: Hadley Centre

67

(von den Satelliten gesehenen) lokalen Anstieg und einem Beitrag durch die Hebung oder Senkung von Landmassen. Letztere ist überwiegend eine andau-ernde Reaktion auf die Entlastung der nördlichen Kontinente vom Eis der letzten Eiszeit und ist daher in den Tropen vernachlässigbar klein.

Der derzeitige Meeresspiegelanstieg wird etwa jeweils zur Hälfte durch Erwärmung der Meere (thermische Ausdehnung) und durch Schmelzwas-sereintrag verursacht, wobei die genauen Beiträge noch erhebliche Unsicherheiten aufweisen und vom betrachteten Zeitraum abhängen. Für den künftigen Meeresspiegelanstieg ist vor allem der Beitrag der schmelzenden Kontinentaleismassen sehr unsicher.

Gleichzeitig ist hier langfristig das

Gefährdungs-potenzial am größten, weil in den Kontinentaleis-massen Wassermengen enthalten sind, die den Mee-resspiegel um bis zu 70 m anheben könnten. Durch die anthropogene Erwärmung besonders gefährdet sind der Grönländische Eisschild (ca. 7 m Meeres-spiegelanstieg bei völligem Abschmelzen; Kap. 5.3) und der Westantarktische Eisschild (ca. 6 m Meeres-spiegelanstieg). Der größere Ostantarktische Eis-schild gilt selbst gegenüber einer stärkeren Erwär-mung als weit gehend stabil, zumindest für viele Jahr-hunderte.

Bis zum Jahr 2100 ist ohne Klimaschutz voraus-sichtlich etwa ein halber Meter globaler Meeresspie-gelanstieg zu erwarten (IPCC, 2007a), möglicher-weise aber auch deutlich mehr (Rahmstorf, 2007).

67 Veränderungen der Klimaparameter 5.1

Abbildung 5.1-8 Gefährdung durch Tropenstürme: Zugbahnen und Intensitäten der letzten 150 Jahre.

Quelle: WBGU nach Rohde, 2006

Kat. 1 Kat. 2 Tropisches

Tief Tropischer

Sturm Kat. 3 Kat. 4 Kat. 5

6

2 4

0

-2

-4

-6

1980

1975 1985 1990 1995 2000 2005

Jahr

Änderung des Meeresspiegels [cm]

Satellitenmessungen Pegeldaten IPCC-Szenarien

Unsicherheitsbereich der IPCC-Szenarien Unsicherheitsbereich mit Berücksichtigung des Kontinentaleiseinflusses Abbildung 5.1-9

Anstieg des globalen Meeresspiegels aus Pegelmessungen (oliv) und Satellitenmessungen (schwarz). Die Werte sind als Abweichung gegenüber dem Meeresspiegel von 1990 angegeben. Die gestrichelten Linien zeigen zum Vergleich die verschiedenen Meeresspiegelprojektionen aus dem dritten

Sachstandsbericht des IPCC von 2001 mit dem veranschlagten Unsicherheitsbereich.

Quelle: Rahmstorf et al., 2007

Über mehrere Jahrhunderte in die Zukunft werden es wahrscheinlich mehrere Meter sein.

Sucht man Brennpunkte der Gefährdung durch den Meeresspiegelanstieg, so sind dies zum einen tief liegende Inseln und Küstenregionen (insbeson-dere Flussdeltagebiete), und zum an(insbeson-deren solche Gegenden, wo Meeresspiegelanstieg und Absinken der Landmasse sich addieren. Dies betrifft zum Teil auch anthropogen verursachtes Absinken von Städ-ten durch Auflast von BauStäd-ten und Grundwasserent-nahme. Sollten sich die Meeresströmungen ändern, kann es regional zusätzlich zu dynamischen Mee-resspiegeländerungen kommen. Bei einem Abriss des Nordatlantikstroms würde der Meeresspiegel an den nördlichen Atlantikküsten bis zu einem Meter zusätzlich ansteigen.

5.2

Klimawirkungen auf Mensch und Gesellschaft Menschen und Gesellschaften werden umso stärker von den Folgen des Klimawandels betroffen sein, je stärker sich beispielsweise Temperaturen, Nieder-schläge und Meeresspiegel in der jeweiligen Region ändern. Aber auch die Anpassungsfähigkeit von Gesellschaften ist von großer Bedeutung. Sie ist umso geringer, je niedriger der Entwicklungsstand eines Landes ist. Daher wird der Klimawandel durch seine Wirkung auf Ökosystemleistungen, Gesundheit, Ein-kommen und zukünftige Wachstumsperspektiven die bestehende Armut verschärfen (WBGU, 2005). Als besonders konfliktträchtig identifiziert der WBGU die Folgen, die in den folgenden Kapiteln 5.2.1 bis 5.2.3 behandelt und in den Konfliktkonstellationen vertieft werden (Kap. 6).

5.2.1

Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Süßwasser

Der Klimawandel wirkt sich zunehmend auf die für den Menschen verfügbare Süßwassermenge aus. Süßwasser macht nur etwa 2,5 % der weltwei-ten Wasservorräte aus, wovon mehr als zwei Drit-tel schwer zugänglich in Form von Gletschern und permanenten Schneeschichten vorliegen – allein das Eis der Antarktis speichert 60 % des weltweit vorhandenen Süßwassers. Weitere 30 % liegen als Grundwasser vor, der Rest ist in Süßwasserseen, als

Der Klimawandel wirkt sich zunehmend auf die für den Menschen verfügbare Süßwassermenge aus. Süßwasser macht nur etwa 2,5 % der weltwei-ten Wasservorräte aus, wovon mehr als zwei Drit-tel schwer zugänglich in Form von Gletschern und permanenten Schneeschichten vorliegen – allein das Eis der Antarktis speichert 60 % des weltweit vorhandenen Süßwassers. Weitere 30 % liegen als Grundwasser vor, der Rest ist in Süßwasserseen, als

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