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Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen bei rechtlichen Fragen

Im Dokument Nationale Demenzstrategie (Seite 60-63)

Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen unterstützen

2.2 Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen bei rechtlichen Fragen

unterstützen

Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen be-nötigen nicht nur eine Beratung in leistungslichen Fragen, sondern auch bei anderen recht-lichen Entscheidungen� Eine Demenz schränkt in der Regel die Fähigkeit ein, den eigenen Willen zu formulieren und über das eigene Leben zu be-stimmen� Angehörige übernehmen dann häufig die Verantwortung für rechtliche, finanzielle und medizinische Entscheidungen und haben die Aufgabe, im Sinne der betroffenen Person zu ent-scheiden�

Im Fall einer Demenz ist die rechtzeitige Planung der medizinischen und pflegerischen Versorgung im Krankheitsverlauf besonders wichtig� Angehö-rige benötigen Beratung und Unterstützung bei diesen Entscheidungen� Auch die Fragen nach der Ausgestaltung einer Patientenverfügung, einer Vorsorgevollmacht oder der rechtlichen Betreu-ung sind von grundlegender BedeutBetreu-ung� Diese Fragen haben häufig auch eine ethische Dimen-sion�

Weil Pflegebedürftige und pflegende Angehöri-ge oft finanziell besonders belastet sind91, ist ein kostenfreier und niedrigschwelliger rechtlicher Beistand bzw� eine rechtliche Beratung für sie besonders wichtig� Menschen mit einem geringen Einkommen haben bereits heute Anrecht auf eine kostenlose Rechtsberatung nach dem Beratungs-hilfegesetz� Über diese Möglichkeit sollten Men-schen mit Demenz und ihre Angehörigen stärker informiert werden�

Um die Hürde zur Inanspruchnahme einer rechtlichen Beratung weiter zu senken, soll die Verschränkung von Pflegeberatung92 mit Rechts-beratung auf lokaler Ebene verbessert werden�

Für Angehörige von Menschen mit Demenz ist es besonders hilfreich, wenn sie Pflege- und Rechts-beratung an einer Stelle erhalten können�93 Die Erweiterung lokaler Beratungsangebote sowie die Vernetzung von Pflegeberatungs- und Rechtsbe-ratungsstellen sowie von Betreuungsvereinen in diesem Sinne sollen deshalb gefördert werden�

Hausärztinnen und Hausärzte nehmen in der Versorgung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen eine zentrale Rolle ein und werden bei Problemen häufig als Erste kontaktiert� Sie sollten daher für rechtliche Fragen im Zusam-menhang mit Demenz sensibilisiert sein und darüber hinaus über einen Überblick über lokale Möglichkeiten der Rechtsberatung für Betroffene und Angehörige verfügen�

91 Rothgang und Müller (2018); Zank und Schacke (2007)

92 In diesem Kapitel bezieht sich „Pflegeberatung“ auf die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI, auf die kommunale Beratung zu Fragen der Pflege und des Alters nach § 71 SGB XII sowie auf die Pflegeberatung der Wohlfahrtsverbände�

93 Englert und Büscher (2018)

94 Zank und Schacke (2013); Görgen (2017); Deutscher Bundestag (2019)

95 Görgen (2017)

96 Nach § 44 RVG ist der bedürftige Rechtssuchende verpflichtet, dem Rechtsanwalt eine Gebühr von 15 Euro zu zahlen�

Wenn Menschen mit Demenz aufgrund ihrer Er-krankung nicht mehr in der Lage sind, ihre recht-lichen Angelegenheiten selbst zu regeln, kann eine rechtliche Betreuerin bzw� ein Betreuer eingesetzt werden� Diese Aufgabe kann neben den Angehö-rigen, die als ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer bestellt werden, auch durch berufliche Betreuerinnen und Betreuer oder sonstige ehren-amtliche Betreuerinnen und Betreuer außerhalb eines persönlichen Näheverhältnisses übernom-men werden� Diese müssen für die spezifischen Belange von Menschen mit Demenz ausreichend sensibilisiert sein� Entsprechendes gilt auch für die für das Betreuungsrecht zuständigen Richterin-nen und Richter an den Amtsgerichten� Das BMJV bereitet eine Novellierung des Betreuungsrechts vor� Diese soll u� a� dazu beitragen, die Selbstbe-stimmung der Betroffenen weiter zu stärken�

Von besonderer Bedeutung ist auch, Menschen mit Demenz vor Gewalt und Ausbeutung zu schützen� Ältere, pflegebedürftige Menschen sind in besonderem Maße gefährdet, Opfer finanzieller Übervorteilung bzw� Ausbeutung zu werden�94 Häufige Formen von finanziellem Missbrauch älterer Menschen sind z� B� das Ausüben von Druck auf eine alleinstehende Person, ihr Vermögen an Dritte zu verteilen, oder die eigennützige Ver-waltung des Geldes durch eine bevollmächtigte Person� Das Risiko, von finanziellem Missbrauch betroffen zu sein, steigt u� a� dann zusätzlich, wenn eine Demenz vorliegt oder wenn die betroffene Person sozial isoliert ist�95

Ziel der Nationalen Demenzstrategie ist es, die rechtliche Beratung im Rahmen der Nationalen Demenzstrategie zu verbessern� Dazu werden folgende Maßnahmen vereinbart:

2.2.1 Kostenlose Rechtsberatung bei Bedürftigkeit Über die Möglichkeit der kostenlosen96 Rechts-beratung bei Bedürftigkeit durch Rechtsan-wälte und Rechtsbeistände auf Grundlage des

Beratungs hilfegesetzes werden Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen stärker informiert�

Hierfür wirken die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, der GKV-SV im Rahmen seiner Aufgabenstellung und die kommunalen Spitzen-verbände darauf hin, dass Pflegeberatungsstellen gezielt mehr Informationen über den Antrag auf Gewährung von Beratungshilfe zur Verfügung stellen und Unterstützung bei der Antragstellung anbieten� Das BMFSFJ weist zudem im „Wegweiser Demenz“ auf diese kostenlose Rechtsberatung hin und stellt diese Information für Multiplikatoren zur Verfügung� Das BMG wird ebenfalls den „Rat-geber Demenz“ dahingehend ergänzen�

Bis Ende 2022 werden Pflegeberatungsstellen flächendeckend informiert und können diesbe-züglich Unterstützung anbieten� Zudem wird die Information im „Wegweiser Demenz“ stehen� Der

„Ratgeber Demenz“ des BMG wird ergänzt�

2.2.2 Vernetzung von Pflege- und Rechtsberatungs-stellen sowie Betreuungsvereinen

Um die Rechtsberatung von Menschen mit Demenz zu verbessern, wirken die kommunalen Spitzenverbände, die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und der GKV-SV im Rahmen ihrer Aufgabenstellung darauf hin, dass sich Pfle-geberatungsstellen besser mit Rechtsberatungs-stellen und den Betreuungsvereinen vernetzen�

Bis Ende 2024 werden die Akteure über entstande-ne Verentstande-netzungsstrukturen Auskunft geben�

2.2.3 Sensibilisierung der Haus- und Fachärzte zum Thema „Demenz und rechtliche Fragen“

Es findet eine Sensibilisierung der Haus- und Fachärzte über die Veröffentlichungen der KBV und über Fortbildungen der DGGPP in Koopera-tion mit der Deutschen Akademie für Gerontopsy-chiatrie und -psychotherapie e� V� für die Proble-matik der rechtlichen Beratung bei Demenz statt�

Bis Ende 2022 wird die Thematik „Demenz und rechtliche Fragen“ in Veröffentlichungen der KBV aufgegriffen und in Fortbildungen der DGGPP behandelt�

2.2.4 Information für rechtliche Betreuerinnen und Betreuer sowie zuständige Richterinnen und Richter an Amtsgerichten

Die Länder und die kommunalen Spitzenverbände werden im Rahmen ihrer Zuständigkeit für das Betreuungsrecht weiter darauf hinwirken, dass berufliche und ehrenamtliche rechtliche Betreue-rinnen und Betreuer sowie die für das Betreu-ungsrecht zuständigen Richterinnen und Richter an Amtsgerichten zum Thema Demenz informiert werden�

Bis Ende 2022 werden die Länder zielgerichtete Maßnahmen umsetzen und die kommunalen Spitzenverbände im Rahmen ihrer Zuständigkeit dafür werben�

2.2.5 Schutz vor finanziellem Missbrauch von alleinlebenden Menschen mit Demenz

Das ZQP initiiert mit der Deutschen Hochschule der Polizei ein Projekt mit dem Ziel, alleinlebende Menschen mit Demenz vor finanziellem Miss-brauch besser zu schützen� Hierzu müssen in ei-nem ersten Projektschritt mehr wissenschaftliche Erkenntnisse zu dem Thema gewonnen werden�

Aus den Erkenntnissen sollen in einem zweiten Projektschritt Handlungsempfehlungen generiert und möglichst barrierearm verbreitet werden� Bei Vorlage eines Projektkonzepts prüft die Stiftung

„Deutsches Hilfswerk“, ob eine Förderung aus Mit-teln der Deutschen Fernsehlotterie möglich ist�

Bis Ende 2024 werden Handlungsempfehlungen abgeleitet und möglichst barrierearm öffentlich-keitswirksam verbreitet�

2.3 Beratungs- und

Im Dokument Nationale Demenzstrategie (Seite 60-63)