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3.3 Modelle für die medizinische Versorgung

3.3.6 Memory-Klinik

Neben der Memory-Klinik werden auch die Bezeichnungen Gedächtnisambulanz, Gedächtnissprechstunde, Alzheimer-Zentrum oder Alzheimer Ambulanz verwendet.

Sie ist eine Einrichtung für eine spezialisierte Demenzdiagnostik und –behandlung.

Ihre Aufgaben bestehen weiter in der Initiierung und dem Monitoring von medika-mentösen Therapien und sehen sich auch als Anlaufstelle für Informationen, bezie-hungsweise für die Vermittlung von psychosozialen Therapien, Training oder Selbst-hilfegruppen. Die Situation der demenzkranken Menschen kann durch Sozialarbeite-rinnen/Sozialarbeiter überprüft werden, um finanzielle und rechtliche Situationen zu klären. Die Memory-Klinik ist durch Interdisziplinarität gekennzeichnet. Typischer-weise arbeiten Ärztinnen/Ärzte (Neurologinnen/Neurologen, Psychiaterin-nen/Psychiater), Psychologinnen/Psychologen, Ergotherapeutinnen/Ergotherapeuten und Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter eng zusammen. Diese Einrichtung wird vor allem zur Abklärung einer Demenz, oder einer anderen psychischen Erkrankung auf-gesucht. Sie arbeitet eng mit den niedergelassenen Ärztinnen/Ärzten zusammen (Stoppe, 2009). Um die Demenztherapie zu forcieren, wird zum Beispiel an der ge-rontopsychiatrischen Abteilung des Kepler-Universitäts-Klinikum Linz eine geron-topsychiatrische Tagesklinik geführt. Alle therapeutischen und personellen Angebote, sowie ein Großteil der diagnostischen Einrichtungen werden hier zur Verfügung ge-stellt. Die individuelle und ganzheitliche Betreuung erfolgt durch das Ärzte- und

Pfle-geteam von der Aufnahme bis zur Entlassung über einen bestimmten Zeitraum. Die Ziele sind vor allem eine Verbesserung der geistigen und körperlichen Aktivität, Stei-gerung der Lebensqualität, Entlastung pflegender Angehöriger, Verkürzung eines stationären Aufenthaltes und die Verhinderung einer stationären Wiederaufnahme (KUK, o.J.).

Die Hauptlast der Betreuung und Pflege liegt, trotz aller Unterstützungsmaßnahmen, bei den Angehörigen. Bussche et al. (2012) gingen der Frage nach, ob die ambulan-te Versorgung von demenzerkrankambulan-ten Personen aus Sicht der Hausärztinnen/-ärzambulan-te und Mitarbeiterinnen/-arbeiter der ambulanten Pflegedienste ausreichend ist. Ange-geben wurde, dass am häufigsten der Bedarf an sozialer Betreuung nicht gedeckt wird. Hausärztinnen/-ärzte erachten bei einem Drittel der Demenzerkrankten einen Mehrbedarf an Konsultationen und Hausbesuchen und bezeichnen ihre Verschrei-bungshäufigkeit von physio- und ergotherapeutischen Leistungen als unzureichend.

Pflegedienste beschreiben die Behandlungspflege, die zu 70% von ihnen abgedeckt wird, als ausreichend, aber die Grundpflege, die vor allem durch Angehörige über-nommen wird, als nicht ausreichend. Möglicher Grund dafür kann eine Überforde-rung der Angehörigen mit den Betreuungsaufgaben sein. Die interprofessionelle Kommunikation wurde als besonders verbesserungswürdig angegeben. Als Risiko-faktoren für eine mangelhafte Versorgung wurden zusammenfassend das männliche Geschlecht, eine schwere Demenz, unzureichendes Versorgungsnetzwerk und man-gelhafte Kommunikation zwischen den Professionen, sowie zwischen den Professio-nen und den Angehörigen angemerkt.

Probleme in der Pflege von demenzerkrankten Personen ergeben sich meist in den Bereichen Ernährung, Kommunikation und Körperpflege. Verhaltensveränderungen in Form von Orientierungsstörungen, besonders die zeitliche Orientierungsstörung, oder Abwehrverhalten gegenüber pflegerischen Tätigkeiten, sowie Medikamenten-einnahme, werden von Pflegepersonen im ambulanten Bereich als besonders belas-tend empfunden. Dies führt möglicherweise unter den Pflegepersonen zu der Forrung nach mehr Wissen zu Umgangskonzepten und Kommunikationsformen bei de-menzerkrankten Menschen (Rüsing et al., 2008).

4 Diskussion

Im Rahmen des ACSC (Ambulatory Care Sensitive Conditions) ist eine nähere Be-trachtung der Aufnahmediagnosen für einen Krankenhausaufenthalt von demenzer-krankten Personen empfehlenswert, denn im Bundeszielsteuerungsvertrag ist die Stärkung der Primärversorgung als strategisches und operatives Ziel nachzulesen:

„Versorgungsdichte in allen Versorgungsstufen bedarfsorientiert anpassen, insbe-sondere durch die Reduktion der Krankenhaushäufigkeit sowie der Verweildauer und dem Abbau bzw. der Verhinderung von Parallelstrukturen. […] Akutstationären Be-reich entlasten durch Sicherstellung entsprechender Versorgung in Bezug auf aus-gewählte medizinisch begründete vermeidbare Aufenthalte“ (BMG, 2015). In der Übersichtsarbeit von Burkert et al. (2014) wird deutlich aufgezeigt, dass Österreich in vielen ausgewählten ACSC-Diagnosen höhere Krankenhausaufnahmen gegenüber anderer OECD-Länder hat. Vor allem in der primären Versorgung wird Handlungs-bedarf gesehen.

Ein eindeutiges Ergebnis dieser Arbeit ist, dass demenzerkrankte Frauen und Män-ner häufiger mit eiMän-ner ACSC-Diagnose im Krankenhaus aufgenommen werden als Frauen und Männer, die nicht an Demenz erkrankt sind (Davydow et al., 2014; Lin et al., 2013; Toot et al., 2013; Pehlan et al., 2012; Becker et al., 2010). Ursachen dieser vermehrten Krankenhausaufnahmen liegen vor allem in der Multimorbidität, begrün-det durch das fortgeschrittene Alter, und in den Folgeerkrankungen der Demenz. Be-sonders häufig führen Pneumonien, Herzinsuffizienz und Harnwegsinfektionen zu einer stationären Krankenhausaufnahme. Auffallend war das Ergebnis von Ennis et al. (2014), die bei alleinlebenden demenzerkrankten Menschen keine häufigeren Krankenhauseinweisungen gegenüber nicht an demenzerkrankte Menschen feststel-len konnten. Mögliche Erklärungen dafür könnten sein, dass die Studienteilnehme-rinnen/-teilnehmer durchschnittlich gesünder waren, Alternativen zu einer Kranken-hausaufnahme nutzten und an Disease Management Programmen teilnehmen konn-ten. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger versucht zu-nehmend solche Programme in Österreich zu implementieren. Am Beispiel des Dise-ase-Management-Programm Diabetes gibt es schon vermehrt praktische Umsetzun-gen.

Jede Krankenhausaufnahme eines demenzerkrankten Menschen bedeutet für das Personal des Krankenhauses eine große Herausforderung. Besonders die Orientie-rungslosigkeit und Zeitverwirrtheit, die vor allem in der Nacht auftritt, sowie heraus-fordernde Verhaltensweisen dieser Patientinnen/Patienten führen zu einer hohen Belastung besonders bei den Pflegepersonen. Bezugnehmend auf die Studien von Mayer et al. (2015), die eine Prävalenzrate der kognitiv beeinträchtigten Patientin-nen/Patienten von 52% in der Altersgruppe ab 65 Jahren feststellten und Yiannop-oulou et a. (2012), die eine Demenzprävalenzrate bei hüftgelenksnahen Frakturen von 85% nachwiesen, werden die sich daraus ergebenden Belastungen für das Krankenhauspersonal noch deutlicher. Aber auch für die stationären Patientin-nen/Patienten mit Demenz bedeutet ein Krankenhausaufenthalt enormen Stress, denn sie können viele medizinische wie pflegerische Maßnahmen nicht verstehen und Ursache für eine Nichtkooperation sein. Zusätzlich bedingt jeder Krankenhaus-aufenthalt eine Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten dieser Patientinnen-/Patientengruppe (Rockwood, 2012). In Österreich beginnen erst einige wenige Krankenhäuser auf Demenzerkrankte ausgerichtete Strategien zu etablieren. Es soll-te somit immer vorrangig die Vermeidung von Krankenhausaufenthalsoll-ten sein.

Die Primärversorgung wird in Österreich vor allem durch Hausärztinnen/-ärzte abge-deckt. Nachdem Hausärztinnen/-ärzte ihre Patientinnen/Patienten in der Regel durch die jahrelange Betreuung sehr gut kennen, können sie auch früh Veränderungen an den Patientinnen/Patienten erkennen. Dies ist für die (Früh)Diagnostik von Demenz sehr von Bedeutung. Unterstützend für Diagnose und Therapie bei Demenz hat das

„Competence Center Integrierte Versorgung“ der Wiener Gebietskrankenkasse 2011 eine medizinische Leitlinie erstellt, die von den Hausärztinnen/-ärzten aber kaum be-achtet wird. Begründet könnte dies in der Frage nach dem persönlichen Nutzen für die Betroffenen sein, denn schon sehr gebrechliche Patientinnen/Patienten müssten ev. für Besuche bei Fachärztinnen/-ärzte belastende Anfahrten und Wartezeiten auf sich nehmen. Bussche et al. (2013) konnten dies auch in der Hausärztinnen-/Hausärztebefragung bestätigen, dass Hausärztinnen/-ärzte keinen Sinn darin sehen, alle Patientinnen/Patienten mit Demenzverdacht an Fachärztinnen/-ärzte für Psychi-atrie oder Neurologie zu überweisen. Folgend stellt sich auch die Frage, ob über-haupt ausreichend Fachärztinnen/-ärzte zur Verfügung stehen würden, wenn alle

Verdachtsfälle überwiesen werden würden. Trotzdem ist zu bedenken, dass Hausärztinnen/ärzte meist nicht über fundiertes Wissen von Demenzdiagnostik und -therapie verfügen. Im österreichischen Demenzbericht 2014 wird explizit darauf hin-gewiesen, dass nur Fachärztinnen/-ärzte für Psychiatrie oder/und Neurologie berech-tigt sind, Antidementiva lt. Erstattungskode zu verordnen. Hausärztinnen/-ärzte kön-nen anschließend die verordneten Antidementiva bis zu einem halben Jahr weiter verordnen. Danach muss die/der Patientin/Patient wieder zu einer fachärztlichen Kontrolle. Doch auch durch die häufige Adhärenz der Betroffenen und/oder deren Angehörige kann die Medikamenteneinnahme mangelhaft durchgeführt oder abge-brochen werden und in Folge sich die Besuche bei Fachärztinnen/-ärzte reduzieren (Gleichweit & Rossa 2009).

Um die Versorgung von demenzerkrankten Frauen und Männer zu verbessern, ent-standen bzw. entstehen zunehmend Initiativen, die medizinische Versorgung im am-bulanten Bereich besser zu koordinieren und für Betroffene leichter zugänglich zu machen. In Deutschland sind unterschiedliche, an das Hausarztmodell angepasste Modelle entstanden, die die Betroffenen mit ihren Angehörigen durch die Versor-gungsangebote lotsen (Holle et al., 2009; Arnold et al., 2014). Dies setzt aber Exper-tenwissen der/des Hausärztin/-arztes voraus, um den demenzerkranken Menschen gerecht zu werden. In Österreich orientiert man sich an einer integrierten Demenz-versorgung, die sämtliche Gesundheitsanbieter einbindet, vergleichbar mit dem ka-nadischen Modell „Carved-out“. Der Vorteil ist, dass keine zusätzlichen Leistungsan-bieter geschaffen werden müssen, sondern bereits vorhandene GesundheitsanLeistungsan-bieter miteinander vernetzt werden können. Durch die unterschiedlichen Organisations-strukturen und Örtlichkeiten der Anbieter bedarf es einer/eines Case Manage-rin/Manager für den demenzerkrankten Menschen mit seinen Angehörigen, die/der einen Behandlungsplan mit der/dem behandelnden Ärztin/Arzt festlegt und durch das Versorgungsangebot navigiert (CCIV, 2011). Dieses Konzept wurde bis jetzt lediglich in Oberösterreich in Form eines Pilotprojektes umgesetzt (Eckschlager & Hofpoint-ner, 2015).

Um die Demenzabklärung und Therapie zu forcieren, wurden sogenannte Memory-Kliniken initiiert. Sie sind meist an gerontopsychiatrischen Abteilungen angegliedert und werden von einem multiprofessionellen Team betreut. Demenzerkrankte werden meist in Form einer Tagesklink über eine bestimmte Zeit versorgt.

Die ambulante (mobile) geriatrische Remobilisation zeigt eine Verkürzung oder Ver-meidung von Krankenhausaufnahmen für demenzerkrankte Menschen auf. Beson-ders die Gruppe der Demenzerkrankten profitiert wegen zunehmender Mobilitätsein-schränkungen mit folgender Reduktion der Selbständigkeit, denn die Probleme kön-nen direkt im häuslichen Alltag bearbeitet werden und so zu einer besseren Res-sourcennutzung der Betroffenen beitragen (Janig & Müller, 2014).

Die Hypothese: „Durch einen niederschwelligen Zugang zur Primärversorgung kön-nen potenzielle Krankenhausaufnahmen von demenzerkrankten Frauen und Män-nern vermieden werden“ lässt sich nicht verifizieren. Sämtliche Studien, die in dieser Arbeit untersucht wurden, setzten sich vor allem mit Struktur und Organisation von Primärversorgung auseinander. Ob durch einen niederschwelligen Zugang zur Pri-märversorgung die Krankenhausaufnahmen gesenkt werden können, kann somit nicht beantwortet werden. Doch können Best Practice-Beispiele auf einen positiven Effekt hinweisen. So konnten in Kanada die ACSC-Aufnahmen innerhalb von fünf Jahren um 9% gesenkt werden, indem der Zugang und die Qualität der Primärver-sorgung verbessert wurden (Sanchez et al., 2008 zit. aus Czypionka, 2014a).

Die medizinische Versorgung in den Alten-/Pflegeheimen ist in Österreich annähend gleich dem extramuralen Bereich. Auch hier gilt die freie Arztwahl und die Bewohne-rinnen/Bewohner werden von ihrer/ihrem Hausärztin/-arzt betreut, die sie auch schon zu Hause medizinisch versorgt hat. Anders ist dies in den Niederlanden. Hier über-nimmt eine/ein spezialisierte/r Hausärztin/-arzt für Pflegeheime die medizinische Be-treuung. Die Ausbildung für diese Spezialisierung dauert drei Jahre und berechtigt danach, die hausärztliche Versorgung in Pflegeheimen, Tagespflegeheimen und Al-tenheimen zu übernehmen. Die Pflegeheime in den Niederlanden haben, anders als in Österreich, auch einen rehabilitativen Versorgungsauftag, der dazu führt, dass 36% der Pflegeheimbewohnerinnen/-bewohner wieder nach Hause entlassen wer-den können (Hoek et al. 2003, zit.aus Bussche, 2009). In Belgien und Frankreich werden die Bewohnerinnen/Bewohner eines Alten-/Pflegeheim von den niedergelas-senen Hausärztinnen/-ärzten versorgt. Zusätzlich gibt es eine/einen „Koordinieren-de/Koordinierenden Hausärztin/-arzt“, die/der die Aktivitäten der niedergelassenen Kolleginnen/Kollegen in einem Pflegeheim koordiniert. Diese Funktion wird vor allem

in Frankreich von Geriatern eines benachbarten Krankenhauses, meist nebenberuf-lich, übernommen (Bussche et al., 2009).

Eine andere Art der medizinischen Versorgung in einem Alten-/Pflegeheim ist die/der Heimärztin/-arzt. Wien hat darin eine 100jährige Tradition, denn schon zu Beginn des 19. Jahrhundert wurden im Pflegeheim Lainz mit seinen 6.000 Betten, alte Menschen von Ärztinnen/Ärzten medizinisch versorgt (Fasching, 2007). Bei dieser Form der medizinischen Versorgung werden sogenannte Heimärztinnen/-ärzte von Pflege-heimbetreiber angestellt. Diese Heimärztinnen/-ärzte sind dann für die medizinische Versorgung aller Heimbewohnerinnen/-bewohner verantwortlich. Eine Aufnahme in ein Alten-/Pflegeheim setzt bereits einen erhöhten Pflege- und Betreuungsbedarf vo-raus. Meist wird von einer Pflegestufe drei bis vier (von sieben möglichen Pflegstu-fen) ausgegangen. Niedrigere Pflegestufen kommen nur im Zusammenhang mit psy-chiatrischen Diagnosen wie Demenz, oder aufgrund einer sozialen Indikation, oder im Rahmen einer palliativen Betreuung in Frage (NÖ Heime). Durch diese Aufnah-mevoraussetzungen zeigen sich in den Alten-/Pflegeheimen ein hoher medizinischer wie pflegerischer Anspruch, bedingt durch die Multimorbidität der Bewohnerin-nen/Bewohner. Unterstrichen wird dies auch durch die Ergebnisse von Balzer et al.

(2013) in einem HTA-Bericht zur Versorgung von Pflegeheimbewohnerinnen/-bewohnern in Deutschland. Demnach sind Demenzerkrankte in den Pflegeheimen im Mittel mit fünf internistischen Medikamenten und einem psychotropen Medikament versorgt. Fasching (2007) fordert daher eine bundesweite Implementierung von qua-lifizierten Heimärztinnen/-ärzten nach niederländischem Vorbild, um Spitalseinwei-sungen entgegen zu wirken. Dies würde aber dem Recht auf freie Arztwahl in Öster-reich widersprechen.

Mit Hilfe von Konsiliar-/Liaisondiensten durch Fachärztinnen/-ärzte in den Alten-/Pflegeheimen sollen Krankenhauseinweisungen möglichst vermieden werden. Kon-siliar-/Liaisondienste in Alten-/Pflegeheimen, sowie im extramuralem Bereich haben in Österreich aber noch einen sehr projekthaften Charakter. In Österreich finden vor allem der gerontopsychiatrische und der geriatrische (internistische) Konsiliar-/Liaisondienst in den Alten-/Pflegeheimen Anwendung, und es zeigen sich positive Tendenzen einer Reduktion von Krankenhausüberweisungen durch diese Dienste (Craig & Pham, 2006; Schippinger et al., 2012; Kirchen-Peters et al., 2012b, 2013, 2014).

Welche Erkrankungen die Bewohnerinnen/Bewohner in einem Alten-/Pflegeheim mit Hilfe von geriatrischen oder psychiatrischen Konsiliar-/Liaisondiensten behandelt werden können, sind nicht einfach aufzählbar. In erster Linie sollten die Erkrankun-gen den FachrichtunErkrankun-gen einer/eines geriatrischen (internistischen) oder psychiatri-schen Fachärztin/-arztes entsprechen. Ebenso ist das Stadium der Erkrankung aus-schlaggebend und ob eine chirurgische Intervention von Nöten ist. Besonders Er-krankungen, die im Rahmen der ACSC genannten Diagnosen lassen sich auf die demenzerkrankten Patientinnen/Patienten übertragen. Infektionen der Atemwege sind sehr häufig Überweisungsgründe in ein Krankenhaus, die durch eine optimierte medizinische Versorgung in den Alten-/Pflegeheimen mit Unterstützung von Konsili-ar-/Liaisondiensten verhindert werden könnten (Givens et al. 2012). Im Rahmen der Demenz ist der gerontopsychiatrische Konsiliar-/Liaisondienst vor allem in der Diag-nostik und Therapie unterstützend. Immer wieder werden Bewohnerinnen/Bewohner mit herausforderndem Verhalten in Krankenhäuser überwiesen. Diese Überweisun-gen könnten sicher größtenteils durch einen gerontopsychiatrischen Konsiliar-/Liaisondienst verhindert werden. Vor allem eine regelmäßige und frühzeitige geron-topsychiatrische Betreuung durch Fachärztinnen/-ärzte bei allen gerontopsychiatri-schen Diagnosen der Heimbewohnerinnen/-bewohner, könnten Krisensituationen vermeiden und somit mögliche Krankenhauseinweisungen verhindern (Kirchen-Peters et al., 2012b).

Zusammenfassend können vor allem chronische Erkrankungen bei Bewohnerin-nen/Bewohner von geriatrischen oder gerontopsychiatrischen Konsiliar-/Liaisondiensten medizinisch versorgt werden. Sind chronische Erkrankungen, wie Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus medizinisch gut versorgt, können Dekompen-sationen oder Blutzuckerentgleisungen verhindert werden und somit eine Kranken-hauseinweisung unnötig machen. Das gleiche gilt bei Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen einer Demenz.

Es kann somit die Hypothese „Der Einsatz von geriatrischen und psychiatrischen Konsiliar-/Liaisondiensten kann die Überweisungen von Pflegeheimbewohnerinnen/-bewohnern mit der Diagnose Demenz in ein Krankenhaus reduzieren“ verifiziert wer-den.

5 Schlussfolgerungen

Um Krankenhauseinweisungen bei Frauen und Männern mit Demenz zu verhindern, bedarf es vielfältiger Struktur- und Unterstützungsmaßnahmen.

Im Rahmen der medizinischen Versorgung ist auf eine verbesserte Diagnostik und Therapie im extramuralen Bereich, in den Alten-/Pflegeheimen sowie letztlich in den Krankenhäusern zu achten. Besonders die Frühdiagnostik muss forciert werden, denn so können sekundäre Demenzen wie z.B. Vitaminmangelerscheinungen oder Stoffwechselerkrankungen erkannt und behandelt werden. Weiters können medika-mentöse und nichtmedikamedika-mentöse Therapieformen den Krankheitsverlauf bei den Betroffenen verzögern und deren Lebensqualität aufrechterhalten.

Hausärztinnen/-ärzte müssen in Fort- und Weiterbildungen informiert werden, dass nicht-medizinische therapeutische Maßnahmen (Ergo-, Physio-, Musiktherapie) gut für Demenzpatientinnen/-patienten wirksam sind. Beispielsweise kann durch eine effektive Therapie der Krankheitsverlauf verzögert, sowie die Sturzgefahr reduziert und dadurch Krankenhausaufenthalte vermieden werden.

Diese Notwendigkeit der Fort- und Weiterbildung gilt für alle Professionistin-nen/Professionisten, die Demenzpatientinnen/-patienten behandeln und auch für de-ren unterstützende Angehörige. Dies sichert, dass diese Personen- und Professions-gruppen den Anforderungen in der Therapie, Pflege und Betreuung adäquat entspre-chen können.

Pflegende Angehörige brauchen niederschwellige Beratungs- und Informationsleis-tungen von einer Stelle (z.B. Pflegestützpunkte). Unterstützungsangebote für Ange-hörige in Form von Kurzzeitpflege, Tagespflege, betreute Urlaube, Pflegekurse oder telefonische Beratung sind notwendig und müssen noch weiter ausgebaut werden, um auch berufstätigen Angehörigen die Übernahme von Pflege zu ermöglichen.

Weiters müsste die interdisziplinäre Zusammenarbeit forciert werden, beispielsweise anhand von Versorgungsstandards und –leitlinien.

Netzwerkbildung und Koordination der Versorgung durch Case Management oder Integration der Angebote müssen zunehmend forciert werden. Viele Angebote be-stehen bereits, allerdings ist es oft schwierig, die passenden Angebote zu finden und

zu identifizieren. Ebenso muss der Zugang zu Unterstützungsleistungen für Angehö-rige noch niederschwelliger werden, denn Demenz ist noch immer tabuisiert und vie-le Angehörige vermeiden die Öffentlichkeit. Ein möglicher Ansatz könnte hier die Etablierung einer/eines Gemeindeschwester/-pflegers sein, die/der systematisch Hausbesuche bei Gemeindemitgliedern beispielsweise ab einem gewissen Alter an-bietet und durchführt.

Die Gemeinden sind gefordert, angepasste Lebens- und Wohnformen zu schaffen, die Demenzerkrankte integrieren und nicht separieren. Die Initiative „Demenzfreund-liche Kommune“ zeigt, wie die zu verwirk„Demenzfreund-lichen wäre.

Viele Projekte zur Optimierung der Versorgung von Demenzerkrankten leiden an der fehlenden Nachhaltigkeit, d.h. eine adäquate und langfristige finanzielle Absicherung von evaluierten Projekten ist zu fordern. Auch ist sicher zu stellen, dass keine regio-nale Ungleichheit in der Versorgung von Demenzerkrankten entsteht, oder eine sol-che bei Bestehen abgebaut wird. Vor allem in ländlisol-chen Regionen herrscht eine Un-terversorgung von Fachärztinnen/-ärzten für Psychiatrie und Geriatrie, sowie an spe-zifischen Demenzberatungsstellen. Hier bedarf es dringend einer Verbesserung der Strukturen.

Ganz wichtig ist es, im Sinne der Menschenrechte, Frauen und Männer, die an De-menz leiden, als Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen und ihnen ein selbstbe-stimmtes Leben zu ermöglichen. Wenn nötig, sie aber auch so gut wie möglich zu betreuen und zu versorgen. Es gilt, die Demenz als einen möglichen Bestandteil des Alterns zu begreifen und die Gesellschaft an die Bedeutung der Nachbarschaftlich-keit, Freundlichkeit und Wärme zu erinnern (Gronemeyer, 2013).

6 Literatur

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Angerhausen, Susanne (2008): Demenz – eine Nebendiagnose im Akutkrankenhaus oder mehr?

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Arnold, Jens; Ahe von der, Hartmut E; Hermsen, Thomas et al. (2014): Effektivität und Effizienz des Case Managements in der ambulanten, sektorenübergreifenden Basisversorgung Demenzkranker.

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Auer, Elisabeth (2014): Diätologie. In: Höfler, Sabine; Bengough, Theresa; Winkler, Petra et al. (2015):

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Auer, Martin (2014): Das Team rund um den Hausarzt. Konzept zur multiprofessionellen und interdis-ziplinären Primärversorgung in Österreich. Bundesministerium für Gesundheit

http://www.bmg.gv.at/cms/home/attachments/1/2/6/CH1443/CMS1404305722379/primaerversorgung.

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Balzer, Karin; Butz, Stefanie; Bentzel, Jenny et al. (2013): Beschreibung und Bewertung der fachärzt-lichen Versorgung von Pflegeheimbewohnern in Deutschland. GMS Health Technology Assessment 2013, Vol. 9

Baumgardt, Johanna; Radisch, Jeanett; Touil, Elina et al. (2014): Aspekte der Nachhaltigkeit in der

Baumgardt, Johanna; Radisch, Jeanett; Touil, Elina et al. (2014): Aspekte der Nachhaltigkeit in der