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Dem Ausbau sah ich mit gemischten Ge-fühlen zu: der neue Schreibtisch, die ab-schließbaren Steckdosen, alles sehr karg dazu die Ecke für die „Erziehungshelfer“

was kam da auf mich zu? In der 6.

Klasse war es dann endlich so weit, die

„Kammer“ -wie ich das Studierzimmer nannte- war fertig, ich durfte es bezieh-en, alle meine Schulsachen kamen dort hinein... ich weiß es noch ganz genau, es war an einem Samstag, Mutti brachte mich nach dem Mittagessen zur Einweih-ung zum 1. mal in die Kammer, mir war dabei ganz mulmig...ich sollte meine Aufgaben für Montag jetzt hier erledigen zusätzlich hatte Mutti mir noch Erdkunde zum Lernen aufgebrummt und dann kam die Ansage:„Du bleibst in diesem Zimmer bis du deine gesamten Hausaufgaben tipp topp erledigt hast und auch Erdkun-de kannst. Wenn du fertig bist oErdkun-der frag-en hast meldest du dich über das Haus-telefon. Ich komme dann und kontrolliere deine Hausaufgaben und höre Erdkunde ab. Dann entscheide ich ob du raus darfst oder Nacharbeiten mußt. Wehe dir du gehst von alleine raus!!!“Weiße karge Wände, gefliester Boden, nichts Privates, nichts was der Zersträuung hätte dienen können ja dieser Raum diente nur einem einzigen Zweck: dem Lernen!!! Es war dem Lernen!!!

die 1. von einer Unzahl von Sitzungen in den kommenden Jahren in dieser Kamm-er, zum 1. mal dieses Prozedere das mich über Jahre begleiten wird...

Erwähnen will ich noch unsere Gymnastik... Das Abwechseln zwischen Schreibtisch und Stehpult sollte ja meiner Ermüdung vor-beugen. Da ich aber u.U. neben den Hausaufgaben für Klassen-arbeiten lernen mußte, ich noch Hausaufgaben wegen

Fehler/Schlampigkeit nacharbeiten mußte und ich evtl. noch Nach-sitzen hatte (ja auch das gab es bei uns) mußte ich öfters lange im Studierzimmer -wie ich das nannte- „einsitzen“. Deshalb und für meine Gesundheit kam Mutter/Vater nach ca. 1h jeweils zu mir ins Zimmer fragte wie weit ich sei und lies mich Gymnastik nach Anweisung machen: Bocksprünge,etc., ich kam mir dabei blöd vor, fand daß ich „den Affen machen mußte“...

Jeden Werktag nach dem Mittagessen -Ich muß in das Studierzimmer -Werde dorthin von den Eltern gebracht -muß dort Lernen/Hausaufgaben machen

Dann bekomme ich eine klare Ansage:

Welche Hausaufgaben muß ich erledigen, was muß ich lernen?

Evtl. bekomme ich noch Zusatzübungen/Wiederholungen auf.

Auch die genaue Reihenfolge der Aufgaben wird bestimmt.

Bis alle Aufgaben erledigt sind darf ich unter Strafe das Studierzimmer nicht mehr verlassen!!!

Lernen, Rechnen, Schreiben, Lernen, Lernen, Rechnen, Schreiben, Lernen,

Vokabeln, Üben... Vokabeln, Üben...

Allein im Zimmer... Ohne Ablenkung...

Immer schön fleißig sein...

Ich lerne, mache meine Hausaufgaben, von Zeit zu Zeit rufe ich die Eltern oder sie kommen auch von sich aus vorbei, um den Fortschritt zu kontrollieren. Dann wird das Gelernte ab-gehört, die Hausaufgaben und Übungen kontrolliert. Evtl.

bekomme ich die Auflage manches nachzuarbeiten oder neu zu machen. Dann kommt die „Gymnastikeinlage“, dann sitze ich wieder alleine am Schreibtisch, lerne weiter, mach mit den Hausaufgaben und Übungen weiter... bis zur nächsten Kontrolle, zur nächsten Nacharbeit, immer in diesem Zimmer, evtl. unterbrochen durch einen erlaubten Toiletten-gang, bis ich das festgesetzte Tagesziel erreicht habe...

Dann und nur dann,

wenn meine Eltern mit meinen Leistungen zufrieden waren

Und ich auch fleißig und ge-horsam war, es keine Wieder-worte oder Aufsässigkeiten von meiner Seite gab...

...dann konnte ich nach Stunden der „Plakerei“ meine Eltern um die Erlaubnis bitten, das Studier-zimmer wieder verlassen zu dürfen, bekam ich für mein gutes Benehmen und für meine Leist-ungsbereitschaft die ersehnte Ausgangserlaubnis...

Lernen, Üben, Rechnen, Wiederholen, fleißig Lernen...

Lernen, Üben, Rechnen, Wiederholen, fleißig Lernen...

Ich wollte das dann schnellstmöglich jeden Tag hinter mich bringen, wollte wieder raus... schnell hatte ich kapiert, daß es dafür (leider) nur 2 Mittel gab:

Gehoram sein, keine Diskussionen oder Wiederworte wegen dem Lernpensum, weil es hilft ja doch nichts im Gegenteil, es verlängert nur unnötig den Aufenthalt in dem Studierzimmer...

Sich anstrengen, konzentriert lernen, auch unangenehme Dinge anpacken, je konzentrierter ich lernte, desto

schneller waren die Aufgaben erledigt. Mit der Zeit lernte ich dabei auch immer effektiver zu lernen und effektiver mit meiner Zeit umzugehen

so hat der „Leidensdruck der Kammer“ tatsächlich dazu geführt, daß ich mich immer besser konzentrierte, mich nun anstrengte und beim Lernen „am Riemen riss“, denn je schneller ich mit Hausaufgaben/Lernen fertig war, desto schneller durfte ich auch endlich wieder raus!!!

Da ich bei den Hausaufgaben im Dachgeschoß aber i.d.R. ganz alleine war, so nutzte ich doch so manche Gelegenheit zu einem unerlaubten Ausflug in mein Zimmer, zu meinen Comics, meinem Karl May oder der Stereoanlage (mit Kopfhörer) um für etwas Zerstreuung in diesem tristen Lernalltag zu sorgen, zumindest am Anfang, später ging das nicht mehr aber das ist eine andere Geschichte... in jedem Fall mußte man aufpassen ob man die Eltern kommen hörte, dann mußte ich schnell lautlos (ein

Vorteil meiner Barfüßigkeit) an den Schreibtisch zurück bevor einer was merkte...

Unerlaubt zum Relaxen ins Kinderzimmer...

Dennoch auch kleine Betrügereien...

Dennoch auch kleine Betrügereien...

genau gesagt bekommen was man zu tun und zu lernen hat,

Ohne Recht der Einrede oder Widerrede

dann kontrolliert werden,

Auf Weisung Nachlernen, Aufgaben neu machen oder nachbessern müssen

Nicht ohne Erlaubnis das Zimmer verlassen zu dürfen,

dieses Prozedere war für die nächsten Jahre an jedem Werktag fester Bestandsteil meines Lebens, war gesetzt, manchmal bei Bedarf auch am Sonntag Morgen.

In der Anfangszeit hatte ich da auch irgendwie einen Klos im Hals wenn Mutti mich die Treppe hoch Richtung Studierzimmer brachte, ich dann durch die Zimmertür ging und ich wußte: so die nächsten Stunden darfst du hier nicht mehr raus, mußt tun und lassen was dir jetzt gesagt wird...

Es war auch irgendwie erniedrigend da jeden Werktag rein zu müssen und selbst nicht bestimmen zu dürfen wann man wieder raus durfte, auch so ein ja

ungewohntes Gefühl hier nun extrem fremdbestimmt (durch die Eltern) zu sein...

Diese Gefühlswelt veränderte sich dann im laufe der Zeit, auch nachdem meine Eltern sich gezwungen sahen ein paar weitere Futures wegen Fehler von mir einzubauen, bildete sich ein „Gefühlsmischmasch“ aus Klos im Hals, sich „klein fühlen“, Erniedrigung mit Akzeptanz (meine Noten wurden besser bis gut),

Erfolgsgefühl, Freude wenn ich wieder raus konnte und ja mit Gewöhnung... aber dies ist eine andere Geschichte, die ich vielleicht auch erzähle...

Vokabeln können „brennen“...