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Tabelle 11 Geförderte Ausreisen REAG/GARP 2015 – 1. Halbjahr 2019

2015 2016 2017 2018 1. Halbjahr 2019

33.514 54.006 29.522 15.962 6.786

Quelle: Statistische Veröffentlichungen des BAMF und IOM

Abschiebungen

Die Zahlen der erfolgten Abschiebungen von 2015 bis zum 1. Halbjahr 2019 können der folgenden Tabelle entnommen werden. Die Abschiebungszahlen beinhalten auch die Überstellungen im Rahmen der sog. Dub-lin III-VO in den jeweiligen Jahren.

Tabelle 12 Abschiebungen 2015 – 1. Halbjahr 2019

2015 2016 2017 2018 1. Halbjahr 2019

20.888 25.375 23.966 23.617 11.496

Quelle: BMI und BAMF

1.3 Mehrwert der Zuwanderung und potenzialorientierter Integrationspolitik

 Vielfalt ist ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Gemischte Teams sind erfolgreicher, schaffen gutes Miteinander und wirtschaftlichen Mehrwert.

 Teilhabe ermöglichen und Diskriminierung bekämpfen: Die Beauftragte fordert von Arbeitgebern ein kla-res Bekenntnis zu Vielfalt und Integrationskonzepte, die den vielschichtigen Realitäten im Arbeitsalltag gerecht werden.

Mehrwert der Zuwanderung

Zuwanderinnen und Zuwanderer bringen viele Kenntnisse mit, die die Gesellschaft bereichern. Dies gilt insb.

für Kompetenzen, die im Zusammenhang mit der Migrationsgeschichte entstehen bzw. entwickelt werden, aber auch für die berufsspezifischen und allgemeinen Qualifikationen. So sprechen Zugewanderte oft Sprachen, die in Deutschland nicht mehrheitlich unterrichtet und von deutschen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kaum gelernt werden, die aber in der modernen globalen Welt von großer Bedeutung sind (z. B. Arabisch, Chinesisch, Hindi, osteuropäische Sprachen etc.). Daneben entwickeln Zuwanderinnen und Zuwanderer aufgrund ihrer multikulturellen Erfahrungen und der damit einhergehenden notwendigen Anpassungsprozesse häufig interkulturelle Sensibilität, die über die reine Sprachkompetenz hinausgeht. Die interkulturellen Kompetenzen können in vielen Verhandlungssituationen helfen und insb. beim Aufbau von Kontakten und Handlungs-beziehungen auf internationalen Märkten erheblich zur Wettbewerbsfähigkeit von Organisationen und Unternehmen beitragen. Aber auch Eigenschaften wie Flexibilität, Risikobereitschaft und Eigenmotivation sind in der Gruppe der Zugewanderten besonders stark ausgeprägt, da sie ihr Herkunftsland häufig gezielt verließen und mit viel Mut ihre Lebens- und Arbeitssituation neu gestalten mussten. Viele sind hoch motiviert und zielstrebig. Diese Eigenschaften werden als Ressource in den Arbeitsalltag eingebracht und genutzt. Viele Unternehmen, Verwaltungen und Organisationen haben diese Vorteile für sich erkannt. Betriebsintern werden interkulturelle und multinationale Teams durch die Vielfalt der Perspektiven und Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als besonders innovationsfähig und flexibel für kreative Lösungen empfunden.

So haben bei einer Befragung zur Stimmungslage mittelständischer Unternehmen in Deutschland 72 % der Unternehmen angegeben, dass die Vielfalt der Belegschaft die Produktivität ihrer Betriebe positiv beeinflusst habe.41

41 Institut für Mittelstandsforschung (IfM Bonn) (Hrsg.): Triebwerk des Erfolgs – der deutsche Mittelstand im Fokus, Bonn 2015, S. 4.

Aus diesem Grund bemüht man sich über vielfaltsorientierte Managementstrategien, die Arbeitgeber-attraktivität im (internationalen) Wettbewerb um Fachkräfte zu erhöhen. Vielfaltsorientierte Unternehmen, Verwaltungen und Organisationen profitieren besonders von motivierten und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wobei ein weltoffenes und diskriminierungsfreies Betriebsklima maßgeblich zu einer höheren Zufriedenheit und weniger Personalfluktuation beiträgt.

Dass Zuwanderinnen und Zuwanderer einen wichtigen Beitrag für die Volkswirtschaft leisten, zeigt sich beim Blick auf die Beschäftigungszahlen: In den vergangenen fünf Jahren haben ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen deutlichen Beitrag zum Beschäftigungszuwachs geleistet: War 2013 nur jeder 13. sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ein Ausländer oder eine Ausländerin, war es 2018 bereits jeder neunte, was einem Anstieg von fast 65 % in diesem Zeitraum entspricht. Damit stieg auch die Zahl derjenigen, die in unsere Sozialsysteme einzahlen. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung42 aus 2014 zeigt, dass Menschen ohne deutschen Pass in der Bundesrepublik deutlich mehr Steuern und Sozialbeiträge zahlen, als sie sie umgekehrt vom Staat erhalten. Auf lange Sicht könne der Beitrag der Ausländerinnen und Ausländer zu den öffentlichen Haushalten nach Berechnungen des Forschungsteams durch ein höheres Bildungsniveau noch weiter gesteigert werden.

Mehrdimensionale Vielfaltsstrategien

Durch Einwanderung ist Deutschland schon lange eine ethnisch, kulturell und religiös vielfältige Gesellschaft.

Menschen mit Migrationshintergrund leisten einen erheblichen Beitrag zur wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklung sowie zur Produktivität Deutschlands.

Für viele Migrantinnen und Migranten ist Deutschland längst zur Heimat geworden, in der sie mit ihren Fami-lien leben, wo ihre Kinder eine Ausbildung absolvieren und eigene Existenzen gründen und wo bereits ihre Enkel- oder Urenkelkinder in dritter und vierter Generation aufwachsen und neue Zukunftsperspektiven haben.

Vor dem Hintergrund dieser zunehmend pluralen Gesellschaft wird es immer wichtiger, mehrdimensionale, potenzialorientierte Integrationsansätze zu entwickeln und die Vielfalt als gesellschaftlichen sowie wirtschaft-lichen Mehrwert erkennen.

Die Herausforderung für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die gewachsene Vielfalt an Lebens- und Arbeits-formen zu gestalten, verlangt nach zukunftsfähigen und mehrdimensionalen Integrationsansätzen. Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht nur ethnisch, kulturell und religiös verschieden. Sie unterscheiden sich darüber hinaus – ebenso wie Menschen ohne Migrationshintergrund – in Bezug auf zahlreiche weitere Identi-tätsmerkmale wie etwa Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, soziale Herkunft, Einkommen, Bildungsni-veau und Arbeitsfelder. Sie sind wie alle Personen in unserer Gesellschaft von verschiedenen Lebensformen und Identitätsmerkmalen geprägt, die sie mit anderen Individuen oder Sozialgruppen unabhängig von der Mig-rationserfahrung gemein haben. Mehrdimensionale Vielfalts- bzw. Diversity-Ansätze gehen daher davon aus, dass Individuen unterschiedliche soziale Positionen einnehmen, in denen die individuellen Merkmale variie-rende Bedeutung, Gewichtung und Wertung haben können.

42 Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.): Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt. (ZEW), Hol-ger Bonin, Gütersloh 2014.

Abbildung 11 Die vier Schichten von Vielfalt im Unternehmens- und Organisationskontext

Quelle: Schaubild nach Gardenswartz, Lee/ Rowe, Anita43: Diverse Teams at Work. Capitalizing on the Power of Diversity. Society for Human Resource Management. Alexandria, Virginia 2003.

Zahlreiche Kommunen und Bundesländer, die sich z. B. im „Diversity-Netzwerk der Kommunal- und Landesverwaltungen“ oder im „Qualitätszirkel der Kommunen in der Integrationspolitik“ austauschen, haben mittlerweile vielfalts- und potenzialorientierte Integrationskonzepte entwickelt, um den vielschichtigen sozialen Realitäten vor Ort gerecht zu werden.

Auch in anderen relevanten gesellschaftlichen Bereichen wie z. B. in Kitas, Schulen, in der Ausbildung oder im Hochschulbereich sowie insb. auch bei zahlreichen Unternehmen ist der Diversity-Ansatz als Antwort auf die gewachsene Vielfalt sowie strategische Aufgabe erkannt worden.

43 Die Darstellung der verschiedenen Persönlichkeitsdimensionen nach Gardenswartz und Rowe nimmt die sozio-kulturellen Mehr-fachzugehörigkeiten sowie die individuelle Lebens- und Arbeitssituationen einer Person stärker in den Blick.

Ausdruck dieses Wandels ist z. B., dass inzwischen mehr als 3.300 Unternehmen und Institutionen mit mehr als 13,1 Mio. Beschäftigten im Rahmen der Initiative „Charta der Vielfalt e. V“. die Selbstverpflichtung zu einem vorurteilsfreien Arbeitsumfeld und wertschätzender Organisationskultur unterzeichnet haben. Den größten Anteil bilden mit 52 % Kleinst-, Klein- und mittlere Unternehmen; 15 % der Unterzeichner sind Großunternehmen und zunehmend wird die Selbstverpflichtung auch von öffentlichen Einrichtungen (17 %) und Vereinen, Verbänden und Stiftungen (16 %) unterzeichnet.44

Perspektivwechsel von einer Defizit- zu einer Potenzialorientierung

Lange gingen Integrationsmaßnahmen von einer reinen Problemorientierung in Bezug auf Integration aus und formulierten oftmals defizitorientierte Zielgruppenmaßnahmen. Zunehmend gibt es Kritik an diesen Sonder-strukturen, da sie zu einer Verstetigung von Betroffenheit beitragen und Menschen mit Migrationshintergrund gleichermaßen als defizitär stigmatisieren.

Vielfaltsorientierte Integrationsmaßnahmen fokussieren dagegen nicht mehr nur die kulturelle und ethnische Herkunft oder eine vermeintliche Gruppenidentität, sondern verfolgen eine ressourcen- und zielgruppenübergreifende Strategie. Diese kommt auch der Gesellschaft zugute, weil sie die individuellen Qualifikationen, Kompetenzen, Erfahrungen, Talente und Interessen einer Person in den Blick nimmt, die diese in ein Unternehmen, eine Organisation oder Verwaltungen einbringen kann. Vielfalt wird dabei nicht mehr als negativer Kostenfaktor und gesellschaftliche Belastung betrachtet, sondern als Normalität, Bereicherung und Chance für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Wachstum in Deutschland.

Abbildung 12

Mehrfacher Perspektivwechsel zu diversitätsorientierten Integrationsansätzen

Quelle:

Schaubild nach Charta der Vielfalt e. V. (Hrsg.): Vielfalt, Chancengleichheit und Inklusion. Diversity Management in öffentlichen Verwaltungen und Einrichtungen, Berlin 2016, S. 15.