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Engagement der Beauftragten zur Unterstützung von Geflüchteten – Ankommen er- er-leichtern, Integration fördern er-leichtern, Integration fördern

II. Bessere Chancen von Anfang an: Potentiale entfalten, Qualifikationen stärken 1 Vor Zuwanderung: Integrationsangebote im Herkunftsland 1 Vor Zuwanderung: Integrationsangebote im Herkunftsland

2 Erfolgreich Ankommen: aufsuchende Informations- und Beratungsangebote stärken und ausweiten und ausweiten

3.4 Engagement der Beauftragten zur Unterstützung von Geflüchteten – Ankommen er- er-leichtern, Integration fördern er-leichtern, Integration fördern

Faire Mobilität

Das BMAS fördert seit 2011 das Beratungs- und Informationsprojekt „Faire Mobilität – Arbeitnehmerfreizügigkeit sozial, gerecht und aktiv“.277 Die Projektumsetzung liegt beim DGB und dessen Partnern. Das kostenlose Angebot richtet sich an Arbeitskräfte aus anderen europäischen Ländern, insb. Mittel-und Osteuropa, Mittel-und hilft ihnen dabei, faire Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Dies geschieht durch arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Information und Erstberatung in mehreren Sprachen.

Das Internetportal www.fair-arbeiten.eu informiert mehrsprachig zu den wichtigsten Branchen und Arbeits-verhältnissen, die für die Zielgruppe relevant sind. Zu häufig auftauchenden Problemen werden Lösungswege aufgezeigt. Dazu gehören etwa eine ungerechtfertigte oder fehlerhafte Kündigung, die Einbehaltung des Lohnes oder die Nichteinhaltung des Mindestlohns.

Die von „Faire Mobilität“ erstellte Broschüre „Wissen ist Schutz!“ ist ein mehrsprachig verfügbarer Leitfaden für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger, die vorübergehend oder auf Dauer in Deutschland leben und arbeiten wollen. Er enthält Informationen, die helfen, in Deutschland eine legale Arbeit unter fairen Bedingungen zu finden und nicht in ausbeuterische Situationen zu geraten.

Zu den Angeboten des EURES-Netzwerks und der Internetplattform „Make it in Germany“ siehe auch Kap. II.1.

Europäische Arbeitsbehörde

Die Europäische Arbeitsbehörde (European Labour Authority [ELA]) wird 2019 ihre Arbeit aufnehmen und ihre volle operative Kapazität bis 2023 erreichen. Auftrag der neuen Agentur ist es, die EU-Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften in den Bereichen grenzüberschreitender Arbeitskräftemobilität und Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit zu unterstützen. Dies schließt die Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Entsendung und die mit Mobilität verbundene Erbringung von Dienstleistungen ein.

Die EU-Mitgliedstaaten werden sich überwiegend auf freiwilliger Basis an den Aktivitäten der ELA beteiligen.

Die ELA wird voraussichtlich rd. 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben, von denen ein Teil aus den EU-Mitgliedstaaten abgeordnet sein und als nationale Verbindungsbeamte fungieren wird.

Eine Aufgabe der ELA wird sein, den Zugang zu Informationen über Rechte und Pflichten in Fällen grenzüberschreitender Mobilität für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Arbeitgeber sowie für die nationalen Verwaltungen zu erleichtern.

3.4 Engagement der Beauftragten zur Unterstützung von Geflüchteten – Ankommen er-leichtern, Integration fördern

 Das Ehrenamt in der Flüchtlingshilfe ist eine wichtige Ergänzung hauptamtlicher Unterstützungsangebote und muss weiter gestärkt und qualifiziert werden.

 Geflüchtete Frauen müssen in Deutschland über ihre Rechte aufgeklärt werden. Zudem müssen Angebote zur Gewaltprävention und zum Schutz geflüchteter Frauen ausgebaut werden.

 Perspektivisch sollten die geschaffenen Strukturen in den Bereichen Ehrenamtskoordination sowie Em-powerment in die Regelangebote integriert werden.

 Mit dem neuen Pilotprogramm „Neustart im Team“ arbeiten Staat und Zivilgesellschaft Hand in Hand bei der Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge.

Die Integration der seit 2015 nach Deutschland gekommenen Geflüchteten – Asylsuchende, international Schutzberechtigte und Personen mit anderen humanitären Aufenthaltserlaubnissen oder einer Duldung – war eine wesentliche Aufgabe und Herausforderung im Berichtszeitraum. Ging es in den Jahren 2015 und 2016 noch primär um Fragen der Unterbringung und Erstorientierung der nach Deutschland geflohenen Menschen,

277 Vgl. dazu auch unter Kap. II.3.2.3.

so stehen seither deutlich stärker die Aufgaben der Integration in Schule, Ausbildung, Arbeit sowie Wohnen und Gesundheitsversorgung im Vordergrund.

Seit 2016 steht der Beauftragten ein Haushaltstitel für die Unterstützung von Flüchtlingsprojekten zur Verfü-gung. In den Jahren 2016 und 2017 umfasste dieser jeweils 20 Mio. Euro. 2018 wurden die Mittel zwar auf 17 Mio. Euro abgesenkt, für das Jahr 2019 aber wieder auf 20 Mio. Euro erhöht. Ziel dieser Projektförderung war und ist es, möglichst frühzeitig gesellschaftliche Zugänge zur Gesellschaft zu ermöglichen und Integration von Anfang an zu befördern, um die Teilhabechancen zu erhöhen.

Seit 2018 erfolgt die Förderung auf der Grundlage einer Förderrichtlinie. Ab kommendem Jahr ist erstmals eine Förderung von bis zu zwei Jahren möglich. Inhaltliche Schwerpunkte im Förderzeitraum 2020/2021 werden die Förderung von hauptamtlichen Koordinatorinnen und Koordinatoren zur Unterstützung des Ehrenamts in der Flüchtlingsarbeit sowie die Förderung des ehrenamtlichen Engagements, Unterstützungsangebote beim Em-powerment von geflüchteten Mädchen, Frauen und Familien sowie anderer besonders schutzbedürftiger Perso-nen und die Unterstützung der gesellschaftlichen und politischen Teilhabe von Flüchtlingen sein.278

Projekte zur Unterstützung des Ehrenamtes in der Flüchtlingsarbeit

Seit 2015 entstanden zahlreiche ehrenamtliche Initiativen, die einen Großteil der Unterstützung für ankommende Flüchtlinge vor Ort leisteten.279 Das ehrenamtliche Engagement ist nach wie vor sehr hoch und immer noch ein wichtiger Baustein bei der Integration. Nach einer repräsentativen Umfrage, die im April 2017 durchgeführt wurde,280 haben seit 2015 55 % der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland Flüchtlinge in irgendeiner Weise unterstützt, davon haben 25 % einen Migrationshintergrund. Ein Viertel der befragten Personen „waren oder sind aktive Helferinnen und Helfer, etwa durch Sprachunterricht oder Hilfestellungen bei Behörden, Ärztinnen und Ärzten“,281 9 % der Befragten sind durch ihr Engagement für Flüchtlinge zum ersten Mal ehrenamtlich tätig geworden. Zum Zeitpunkt der Umfrage waren 19 % der Befragten weiterhin in der Flüchtlingshilfe unterstützend tätig. Von den 11 % der Bevölkerung, die sich zum Befragungszeitpunkt an der aktiven Flüchtlingshilfe beteiligten, wollten die meisten ihr Engagement auch in den nächsten Jahren fortsetzen.282 Eine Evaluierung der von der Beauftragten in den Jahren 2016 und 2017 geförderten Projekte zur Unterstützung des Ehrenamts in der Flüchtlingsarbeit hat ergeben, dass ein hoher Anteil der ehrenamtlich in den Projekten Engagierten weiblich ist und knapp die Hälfte der Ehrenamtlichen vorher noch nicht freiwillig engagiert war.283 Insbesondere in den Großstädten engagieren sich Migrantenorganisationen und Migrantinnen und Migranten im Ehrenamt für Geflüchtete.284 Die von der Beauftragten geförderten Projekte berichten zudem, dass sich immer mehr Geflüchtete selbst ehrenamtlich engagieren und ihre Erfahrungen einbringen. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, die Hilfe zurückzugeben, die sie selbst erhalten haben.

Im Berichtszeitraum standen im Rahmen der Projektförderung der Beauftragten anfangs – entsprechend den tatsächlichen Notwendigkeiten – die Gewinnung und Qualifizierung von Ehrenamtlichen im Vorder-grund.

Zum einen hat ein Teil der seit 2015 ehrenamtlich Tätigen sich nach intensivem Engagement zurückgezogen.

Zum anderen erfordert die Änderung der Bedarfe aufseiten der Geflüchteten – weg von der Erstaufnahme und -orientierung hin zur individuellen Integrationsunterstützung – auch aufseiten der Ehrenamtlichen ein anderes Herangehen bzw. das Setzen neuer Schwerpunkte. Die von der Beauftragten geförderten hauptamtlichen Ehrenamtskoordinatorinnen und -koordinatoren haben eine Vielzahl von Schulungen und Fortbildungen zu unterschiedlichen Themen durchgeführt, z. B. zu Möglichkeiten und Grenzen ehrenamtlichen Engagements,

278 Die Förderrichtlinie ist abrufbar unter https://www.integrationsbeauftragte.de/ib-de/themen/projekte-und-forschung/projekte/richtlinien-fuer-fluechtlingsprojekte-398766 [Stand: 30.09.2019].

279 Schiffauer spricht in diesem Zusammenhang von einer „neuen Bürgerbewegung“. Vgl. Schiffauer, Werner / Eilert, Anne / Rudolff, Marlene (Hrsg.): So schaffen wir das. Eine Zivilgesellschaft im Aufbruch, Band 1: 90 wegweisende Projekte mit Geflüchteten, Bielefeld 2017; Band 2: Bedingungen für die nachhaltige Projektarbeit mit Geflüchteten. Eine Bilanz, Bielefeld 2018.

280 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Engagement in der Flüchtlingshilfe. Ergebnisbericht einer Un-tersuchung des Instituts für Demoskopie Allensbach, Berlin 2017.

281 Ebd., S. 11.

282 Vgl. ebd., S. 12 f.

283 Vgl. Ramboll: Abschlussbericht – Evaluation der Unterstützung von Flüchtlingsprojekten, Berlin 2018, S. 19.

284 Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration: Kommunale Flüchtlings- und Integrationspolitik. Ausgewählte Ergebnisse der Online-Befragung von Städten, Landkreisen und Gemeinden. Zeitraum der Befragung: 25. Januar 2016 bis 5. März 2016, Dr. Frank Gesemann / Prof. Dr. Roland Roth.

dem Umgang mit traumatisierten Flüchtlingen, zu interkultureller Kommunikation, zu Frauen- und Menschenrechten, zur Unterstützung als Brückenbauer in Bildungseinrichtungen, zum Arbeits- oder Wohnungsmarkt und zu den zentralen rechtlichen Fragen. Da es zunehmend zu Anfeindungen von Geflüchteten und Ehrenamtlichen kommt, liegt ein Fokus bei den Schulungen nun auch auf der Stärkung von Ehrenamtlichen im Umgang mit solchen Anfeindungen und Konflikten.285 Zu all diesen Themen ist eine Reihe von Schulungsunterlagen entstanden, die auch projektübergreifend u. a. über die ebenfalls durch Projektmittel geförderte Internetseite von Wohlfahrts-verbänden und dem Informationsverbund Asyl und Migration www.fluechtlingshelfer.info zur Verfügung stehen. Die Projekte in Trägerschaft von Migrantenorganisationen sprechen v. a. Ehrenamtliche mit eigener Migrations- und Fluchterfahrung und z. T. auch den sprachlich-kulturellen Kenntnissen der Herkunftsländer von Geflüchteten an. 286

Um die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des ehrenamtlichen Engagements zu erhöhen, hat sich die Unterstüt-zung durch hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewährt. Diese übernehmen Koordinationsaufga-ben, unterstützen bei der Vernetzung und bieten Hilfestellungen bei auftretenden Problemen. Damit wird das ehrenamtliche Engagement stabilisiert, qualifiziert und einer Überforderung von Ehrenamtlichen entgegenge-wirkt. Zudem wird die Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen ausgebaut. Die Arbeit der Ehrenamtsko-ordinatorinnen und -koordinatoren zielt auch auf eine stärkere Vernetzung im Sozialraum. Die Kooperation beispielsweise mit kommunalen Strukturen, Vereinen und Unternehmen ist bei der Unterstützung der Integra-tion von zentraler Bedeutung. Dies gilt für alle Bereiche der gesellschaftlichen Teilhabe von Kita und Schule über Ausbildung und Arbeitsmarkt bis hin zu Gesundheitsversorgung und Wohnen. Dabei ist der Umzug Ge-flüchteter von Gemeinschaftsunterkünften in privaten Wohnraum zum einen ein wesentlicher Integrationsfaktor und zugleich ein sensibler Punkt, wenn kein Anschluss an die Gesellschaft gefunden wird. Zum anderen stellen die häufig angespannten lokalen Wohnungsmärkte und nicht selten anzutreffende Vorurteile bei der Vermietung an Geflüchtete zentrale Herausforderungen sowohl für die Flüchtlinge als auch für die sie unterstützenden Eh-renamtlichen dar. Hier hilft die Kooperation mit zentralen Akteuren wie kommunalen Ämtern und Wohnungs-baugesellschaften.

Die Projektförderung der Beauftragten in den Jahren 2016 und 2017 ist rückwirkend evaluiert worden. Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Ehrenamtsprojekte auf einen hohen Praxisbedarf treffen und zielgerichtet ar-beiten. Sie zeichnen sich durch eine Vielzahl verschiedener ehrenamtlicher, häufig niedrigschwelliger Angebote für Geflüchtete aus, um – auf die jeweiligen lokalen Bedarfe bezogen – Zugang zur Zielgruppe zu erhalten.

Insbesondere in ländlichen Gebieten hat die Ehrenamtskoordination eine wichtige Bedeutung für das ehrenamt-liche Engagement, da andere Hilfestellungen und Austauschmöglichkeiten mitunter fehlen.287 Die im laufenden Jahr im Rahmen der Förderrichtlinie finanzierten Projekte werden nun projektbegleitend evaluiert.

Projekte zur Gewaltprävention und zum Empowerment von geflüchteten Frauen und anderen besonders schutzbedürftigen Personen

Eine gesondert adressierte Zielgruppe der Projektförderung der Beauftragten sind geflüchtete Frauen und andere besonders schutzbedürftige Gruppen288. Viele Frauen waren und sind auf der Flucht, aber auch in ihrer

An-285 Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Geflüchtete und Ehrenamtliche in ihrem Alltag Anfeindungen erfahren, hat die AWO 2018 die Aktion „Zeichen gegen Rassismus“ durchgeführt. Vgl. dazu AWO Bundesverband e. V.: Zusammenhalt stärken! Einblicke in die Wirkung der Engagementförderung im Rahmen des Projektes „Begegnung und Partizipation im Engagement mit Geflüchteten“, Berlin 2018.

286 Dachverband der Migrantinnenorganisationen DaMigra e. V. und Bundesverband Netzwerke von Migrantenorganisationen BV-NEMO e. V. seit 2016; Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände BAGIV e. V., The African Network of Germany TANG e. V., MINA e. V. und Arbeitsgemeinschaft von Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen in Niedersachsen amfn e. V.

seit 2019.

287 Vgl. Ramboll: Abschlussbericht – Evaluation der Unterstützung von Flüchtlingsprojekten, a.a.O., S. 14 und 20.

288 Neben der Beauftragten fördert auch das BMFSFJ Projekte zum Gewaltschutz von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten. So wurden im Rahmen der Bundesinitiative „Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften“ gemeinsam mit UNICEF unter Beteiligung weiterer Akteure „Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Unterkünften“ veröffentlicht. Zur Umsetzung der Mindeststandards wurden praxiserprobte Handreichungen und Trainingshandbücher entwickelt. Und seit 2019 för-dert das BMFSFJ den Aufbau und die Etablierung einer „Dezentralen Beratungs- und Unterstützungsstruktur für Gewaltschutz in Flüchtlingsunterkünften (DeBUG)“ zur Begleitung entsprechender Umsetzungsprozesse. Die Publikationen und weitere Informatio-nen zu diesen und weiteren Projekten finden sich unter: https://www.gewaltschutz-gu.de/ [Stand: 24.10.2019].

fangszeit in Deutschland, großen Belastungen ausgesetzt. Gleichzeitig kommt ihnen häufig innerhalb der Fa-milie eine Schlüsselfunktion für die Erziehung und Förderung der Kinder zu. Diese wichtige Aufgabe erfordert psychosoziale Stabilität und Wissen um gesellschaftliche Strukturen und Angebote.

Die Beauftragte fördert daher Projekte, die sich gezielt an Frauen richten und deren Eigenständigkeit fördern.

In den Projekten werden Frauen informiert und unterstützt. Die Evaluation hat gezeigt, dass hier vielerorts eine Lücke geschlossen werden konnte und „dass Frauen insb. dann erreicht werden, wenn Formate gezielt auf sie zugeschnitten sind. So nehmen weibliche Geflüchtete insb. an Angeboten im Themenschwerpunkt

„Empowerment geflüchteter Frauen und besonders schutzbedürftiger Personen“ teil. Angebote, die für alle Geflüchteten geöffnet sind, werden hingegen insb. von Männern genutzt.“289

Die geförderten Projekte verfolgen unterschiedliche Ansätze und Ziele. Neben der Informationsvermittlung und der psychosozialen Stabilisierung geht es auch darum, das Selbstbewusstsein der Frauen zu stärken und sie darin zu unterstützen, eigene Kompetenzen, Interessen und Chancen zu erkennen.

Die geförderten Projekte sind daher vielfältig und an den lokalen Erfordernissen und Bedarfen der Zielgruppe ausgerichtet. Diese Herangehensweise ist zentral für den Erfolg der Projekte, wie die Evaluation gezeigt hat:

„Die Mehrheit geförderter Projekte kann auf Umsetzungsebene eine hohe Nachfrage vorweisen. Geförderte Ansätze sind also passgenau konzipiert und zielgruppengerecht umgesetzt. Relevanter Einflussfaktor ist die praxisnahe Projektkonzeption, die auf beobachtete Herausforderungen vor Ort reagiert.“290

Durch aufsuchende Angebote in Unterkünften, niedrigschwellige Müttercafés, Stärkung in den Bereichen Frauen- und Menschenrechte, Beratungsangebote, Frauen-Selbstverteidigungskurse oder auch Gewaltpräventi-onsschulungen werden Frauen in verschiedenen Lebenslagen erreicht und gestärkt. Die Bandbreite der geför-derten Maßnahmen ist groß. Sie geht von aufsuchenden Angeboten in Gemeinschaftsunterkünften wie im Pro-jekt Brückenbau der Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland291 bis zu Gewaltpräventionsangeboten durch geschulte Migrantinnen und Migranten des Ethno-Medizinischen Zentrums292 bis zur Unterstützung von Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind durch die Fachberatungsstelle Nadeschda.

Als wesentliches Erfolgskriterium hat sich zudem die Vernetzung mit anderen Akteuren der sozialen Arbeit sowie kommunalen Stellen erwiesen. So können geflüchtete Frauen umfassend in ihrem Integrationsprozess unterstützt werden und Zugänge zu weiteren Einrichtungen sowie den Angeboten der Regelstrukturen finden.

Viele Frauen haben im Heimatland, auf der Flucht oder auch in Deutschland Gewalt erlitten. Diese Erfahrungen beeinträchtigen betroffene Frauen stark und können sich auch integrationshemmend auswirken. Grundlegend sind daher die Identifizierung der von Gewalt betroffenen Frauen und die Weiterverweisung an Hilfeeinrichtungen, da vielen Frauen ihre Rechte und bestehende Hilfemöglichkeiten in Deutschland nicht bekannt sind. In den Projekten wird daher regelmäßig über Frauenrechte informiert.

Zudem wurden Projekte finanziert, die sich geschlechtersensibel ausschließlich an geflüchtete Männer richten.

Geflüchtete Frauen hatten in den Projekten berichtet, ihre Männer hätten sich durch die Flucht verändert oder kämen mit den neuen Begebenheiten und Geschlechterrollen häufig weniger gut zurecht. Daher bitten Frauen immer wieder um eine gezielte Einbeziehung ihrer männlichen Familienmitglieder bzw. um Angebote für sie.

Es zeigt sich, dass häufig Männer diejenigen sind, deren Rolle sich durch die Flucht besonders stark verändert hat. Die migrationsbedingte notwendige Neuorientierung und der Bezug von Transferleistungen führen bei ge-flüchteten Männern nicht selten zu Anpassungsschwierigkeiten. Die psychosoziale Stabilisierung von Männern und Gewaltschutz durch Aufklärung können hier hilfreich sein. Dies kann den familiären Zusammenhalt und die damit verbundenen Selbsthilfepotenziale stärken.

So ist die Förderung von Frauen zwar ein wichtiger Faktor zur Stärkung und Unterstützung von Familien, doch zeigt sich auch, dass die geschlechtergetrennte Arbeit mit Männern – gerade auch zu sensiblen Themen wie häuslicher Gewalt oder Frauenrechten – ein wesentlicher Faktor für die Stabilisierung und das Empowerment von Familien sein kann.

289 Ebd. S 1.

290 Ebd. S 1.

291 Nähere Informationen hierzu unter https://www.zwst.org/de/mbe/fluechtlingshilfe/ [Stand: 15.10.2019].

292 Nähere Informationen hierzu unter https://www.mimi-gegen-gewalt.de/ [Stand: 15.10.2019].

In vielen Projekten ist es auch gelungen, Fachkräfte mit Migrationshintergrund zu beschäftigen, die aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse gute Zugänge zur Zielgruppe hatten. Der Einsatz von Menschen mit eigener Migrationserfahrung und sprachlich-kulturellen Hintergründen der Geflüchteten ist, insb. bei der Arbeit mit geflüchteten Frauen, sehr hilfreich. Diese Kenntnisse ermöglichen z. B. den Austausch über sensible Themen in den Bereichen Gesundheit, Kindererziehung und Gewalt. Aber auch bei Männern hat sich der Einsatz von Multiplikatoren mit Migrationshintergrund bewährt, gerade wenn es um Themen wie veränderte Geschlechterrollen und sexuelle Selbstbestimmung in Deutschland geht.

Im Rahmen der Projektförderung wurde mehrsprachiges Informations- und Aufklärungsmaterial zum Thema

„Frauenrechte und Gewaltprävention“ erarbeitet und kann online abgerufen werden.293 Fachgespräch Gewaltschutz

Im Februar 2019 fand auf Einladung der Beauftragten im Bundeskanzleramt ein Fachgespräch zum Thema

„Gewaltprävention und Schutz von geflüchteten Frauen“ mit den auf Gewaltschutz spezialisierten Projekten statt. Ziel war es, einen fachlichen Austausch zu ermöglichen und erfolgreiche Ansätze und geeignete Zugänge zur Zielgruppe zu diskutieren. Teilgenommen haben Vertreterinnen und Vertreter von 24 Projekten.

Wichtige Erkenntnisse des Fachgesprächs waren:

 Niedrigschwellige und aufsuchende Angebote sind notwendig, um die Zielgruppe zu erreichen und Lücken in der Hilfestruktur zu schließen. Zudem ist eine Begleitung in die Hilfsangebote der Regelstrukturen notwendig.

 Geflüchtete Frauen sollten stärker in die Beratungsarbeit eingebunden werden und als Multiplikatorinnen andere Frauen unterstützen. Multiplikatorinnen und Multiplikatoren müssen zudem geschult werden, damit sie Opfer von Gewalt und Menschenhandel erkennen und weiterverweisen können. Zudem müssen sie die lokalen Gewaltschutzstrukturen kennen, um kooperieren und weiterverweisen zu können.

 Es hat sich bewährt, die Gewaltschutzthematik nicht in den Vordergrund zu stellen, sondern eher Gesundheitsthemen oder Hilfen bei der Kindererziehung in einem ersten Schritt anzubieten. Im geschützten Raum werden oft nachfolgend Gewaltprobleme angesprochen. Hier kann dann konkrete Hilfestellung gegeben werden.

 Aufklärung zu (Frauen-)Rechten ist dringend geboten, da Fehlinformationen und Unwissenheit verbreitet sind. Hier müssen Informationen über Rechte, Hilfsangebote und die schädlichen Auswirkungen von Gewalt für Betroffene, aber auch für andere Familienangehörige wie Kinder, erläutert werden.

 Grundlegend für einen effektiven Gewaltschutz geflüchteter Frauen in Unterkünften sind die verbindliche Umsetzung von Konzepten zur Gewaltprävention und die Bereitstellung von Schutzräumen in Gemeinschaftsunterkünften. Geflüchtete Frauen sollten darüber hinaus auch beim Umzug in eigenen Wohnraum durch Begleitung, Erstorientierung im neuen Wohnumfeld und Nachbetreuung unterstützt werden.

 In den ländlichen Räumen gibt es an vielen Orten eine deutliche Unterversorgung mit frauenspezifischen Beratungsangeboten, insb. im Bereich Gewaltschutz. Aufgrund der größeren Entfernungen sind Beratungsstrukturen, Sprachmittlerinnen sowie Kinderbetreuungsangebote häufig schwerer zugänglich.

Aufsuchende Angebote haben sich daher bewährt. Um betroffene Frauen wirksam unterstützen zu können, müssen lokale Strukturen analysiert und Angebote auf die ländlichen Räume abgestimmt sein. Neben mobilen Beratungs- und Informationsstrukturen braucht es zudem mobilitätsfördernde Maßnahmen.

Ehrenamtlicher Unterstützung und deren Vernetzung mit hauptamtlichen Netzwerken kommt auch in diesem Themenfeld im ländlichen Raum eine besondere Bedeutung zu.

Die Beauftragte führt ihr Engagement zur Unterstützung von Geflüchteten auch 2019 und in den Folgejahren fort, da dies weiterhin eine zentrale gesellschaftspolitische Aufgabe ist. Sie spricht sich dafür aus, mittelfristig die geschaffenen Strukturen in den Bereichen Ehrenamtskoordination sowie Empowerment in die Regelangebote zu integrieren.

293 Abrufbar sind die Materialien z. B. unter: https://www.mimi-gegen-gewalt.de/wegweiser/downloads/ [Stand: 15.10.2019]

https://www.der-paritaetische.de/publikation/rechte-fuer-alle-frauen/ [Stand: 15.10.2019].

Projekt „Queer Refugees Deutschland - Beratung von und self-empowerment für LSBTI-Flüchtlinge“

Seit 2017 fördert die Beauftragte das Projekt „Queer Refugees Deutschland – Beratung von und self-empowerment für LSBTI-Flüchtlinge sowie Schulung und Stärkung der Beratungskompetenz von Einrichtungen für LSBTI-Flüchtlinge“.294 Bereits im Rahmen des ersten Fachgesprächs zu Gewaltschutz im Jahr 2017 wurde ein großer Bedarf an Beratung von LSBTI-Menschen mit Fluchterfahrung identifiziert.

LSBTI-Geflüchtete sind regelmäßig als besonders schutzwürdig einzustufen. Sie sind in besonderem Maße sowohl Mehrfachdiskriminierung als auch mehrdimensionalen Diskriminierungs-strukturen in verschiedenen Lebensbereichen ausgesetzt bzw. fürchten entsprechende Stigmatisierungen und Gewalt.295 Queer Refugees Deutschland (QRD) ist das erste bundesweite Projekt, das spezielle Unterstützungsstrukturen für die Zielgruppe

LSBTI-Geflüchtete sind regelmäßig als besonders schutzwürdig einzustufen. Sie sind in besonderem Maße sowohl Mehrfachdiskriminierung als auch mehrdimensionalen Diskriminierungs-strukturen in verschiedenen Lebensbereichen ausgesetzt bzw. fürchten entsprechende Stigmatisierungen und Gewalt.295 Queer Refugees Deutschland (QRD) ist das erste bundesweite Projekt, das spezielle Unterstützungsstrukturen für die Zielgruppe