• Keine Ergebnisse gefunden

Dieses Kapitel beschäftigt sich auf Grundlage der vorangegangenen Kapitel, mit medienrelevanten Ansätzen für Seminare hinsichtlich der Gen Y als Teilnehmer. Wie in Kapitel 3 geschildert wurde, ist die Medienpädagogik der Oberbegriff und zählt die Mediendidaktik als Unterkategorie. Da beide Felder sehr stark miteinander verzahnt sind, können die Ansätze für eine Gestaltung der betrieblichen Weiterbildung bezüglich

der Gen Y nicht nur in eine Richtung gehen.

In den meisten Betrieben wird bislang auf die bestehende Generation der Beschäftigten Rücksicht, hinsichtlich der betrieblichen Weiterbildung, genommen.

Im Anschluss zur Identifizierung und Gewinnung der Gen Y, siehe Kapitel 2.2, erfolgt die Entwicklung und Förderung von Gen Y. Um die Ziele eines Betriebs zu erreichen und die Produktivität zu steigern, müssen Beschäftigte qualifiziert werden und deren Fähigkeiten und Kompetenzen gefördert werden58.

Aufgrund der sich stetig wandelnden Technologie und Arbeitsanforderungen ist die Halbwertzeit des Wissens oft schnell erreicht ist59. Um sich im Wettbewerb behaupten zu können, genügen die erworbenen Kompetenzen und Qualifikationen der Erstausbildung nicht mehr. Die sich ändernde Ökonomie fordert eine ständige Weiterbildung und Anpassung60. „Die Entwicklungsmaßnahmen [in der betrieblichen Weiterbildung] zielen darauf ab, die Kompetenzlücken zwischen Ist- und Soll-Profilen zu schließen und so die Belegschaft im Sinne der (…) [Unternehmensstrategie] zu entwickeln“61. Eine bestmögliche Ausschöpfung und Wirksamkeit bietet die

57 MOOCs steht für Massive Open Online Courses und „kombinieren als allgemein offene Online-Kurse konventionelle und mediale Formen der Wissensvermittlung wie Lernvideos, Seminartexte und Übungsaufgaben mit seminarbegleitenden Foren, in denen Lehrende und Lernende miteinander kommunizieren und Lerngemeinschaften bilden können“ (Jungermann/Wannemacher 2015, S.4).

58 Vgl. Enaux/Henrich 2011, S.40

59 Vgl. Ritz/ Thom 2011, S. 19

60 Vgl. Steinweg 2009, S. 167f.

61 Steinweg 2009, S. 174

33 betriebliche Weiterbildung, wenn sie individuell auf die Beschäftigten und deren Aufgaben zugeschnitten wird.62

Viele Betriebe sind von der Baby-Boomer Generation geprägt, demnach sind auch deren Seminarmethoden auf die Generation der Baby-Boomer zugeschnitten (vgl.

Parment 2013, S.25). Es ist die Aufgabe der betrieblichen Bildung, eine Lehr- und Lernkultur im Sinne der Anforderungen der Gen Y zu fördern sowie die geeigneten Instrumente dafür zu entwickeln. Um dies zu ermöglichen, sollten seitens der betrieblichen Weiterbildung praxisnahe Lernformen und Qualifizierungsformate etabliert werden und eine Steuerung des Wissenstransfers gegeben sein.

Lernformen und Qualifizierungsformate bilden den Rahmen für unterschiedliche Arten von Lernen, welche sich vorwiegend durch Lernumgebung, Lernziele und die Lernzeit unterscheiden. In der folgenden Abbildung werden Lernformen und Lernformate exemplarisch abgebildet.

62 Vgl. Körber 2007, S.80

Lernen am Arbeitsplatz (On the job)

Lernen nahe des Arbeitsplatzes

(Near the job)

Lernen außerhalb des Arbeitsplatzes bzw. der

Organisation (Off the job)

Selbststudium Vortrag Externer Aufenthalt

Lernen im Täglichen E-Learning Fachforum Job-Rotation Blended Learning Seminar Lernen am Modell Coaching/Mentoring Programm Einweisung Kollaboratives Lernen Workshop Augmented Reality Praxisberatung

Tabelle 1: Beispielaufzählung von Lernformen und Qualifizierungsformaten

34 Bei der Implementierung dieser Lernformen sowie Qualifizierungsformate sollte beachtet werden, dass zuvor Lernziele formuliert werden und jene reproduzierbar sowie dokumentierbar sind. Die Einhaltung aller drei genannten Prämissen ist allerdings gerade bei den Lernformen und Qualifizierungsformaten Lernen am Arbeitsplatz schwer zu steuern, da jene einen starken individuellen Charakter aufweisen. Dennoch muss die betriebliche Weiterbildung das Bewusstsein im Fachbereich gerade für diese Lernformen und Qualifizierungsformate schaffen, denn nur so kann die betriebliche Weiterbildung der Forderung nach Anerkennung von informell erworbenen berufsrelevanten Kompetenzen nachkommen. Ebenfalls sollte die Vermittlung zum Ziel der betrieblichen Weiterbildung gehören, da Lernformate über das klassische Klassenraumtraining hinausgehen.

Somit wird durch die Einführung von Lernformen und Qualifizierungsformaten einerseits bereits in der Organisation existierendes, selbstorganisiertes Lernen institutionalisiert, unterstützt und wertgeschätzt und andererseits auf typische pädagogische Lernformen bzw. Qualifizierungsformate zurückgegriffen.

Zwar bezieht sich der Schwerpunkt dieser Arbeit auf medienpädagogische Ansätze eines Seminars, doch aufgrund der beschriebenen Lernanforderungen der Gen Y wird auch auf andere Lern- und Qualifizierungsformate verwiesen. Zur Förderung und Stärkung des internen Wissenstransfers sollte über die betriebliche Weiterbildung die Möglichkeit zur Kombination von Lernformen, Qualifizierungsformaten und Methoden sichergestellt werden. Konkret bedeutet dies, dass das Individualdenken bei der Gen Y weniger gefordert werden muss als z.B. bei den Boomers. Im Rahmen einer betrieblichen Weiterbildung der Gen Y, resultieren folgende Weiterbildungs- und Entwicklungsmaßnahmen:

• Kollaboratives Lernen: Weniger Gruppenarbeit und Rollenspiele, dafür ein individualisiertes Arbeiten und gemeinsamer Wissensaustausch mit dem Lehrenden und den Seminarteilnehmern per App oder Onlineseminar. Vorabaufgaben können online auf einer Bildungsplattform bereitgestellt werden und die erarbeiteten Ergebnisse sollten auch nach Seminarende noch zugriffbereit sein um die Nachhaltigkeit des Wissens zu garantieren.

• Professionelle/Globale Netzwerke: Betriebe bieten einen Wissensaustausch unter Beschäftigten mit ähnlichen Aufgaben. Betriebsweite Treffen und ein

35 internationales Online-Netzwerk mit dem Ziel, das Netzwerk und Wissen eines Beschäftigten zu erweitern und so die Entwicklung, sowie den Verlauf der Karriere zu fördern63. Ein internationaler Austausch ermöglicht somit auch einen gleichen Arbeitsstandard bei den Beschäftigten.

• Adaptive Learning: Individuelle benutzerorientierte Lernprogramme, die sich an das Lerntempo und -niveau des Lernenden anpassen sind von der Gen Y gewünscht.

Ein sogenanntes „‘intelligentes‘ E-Portfolio, d.h. das System speichert für jeden einzelnen Lerner seine individuellen Lernprozesse und bringt die Lernerfahrungen in ein System nach der Bedeutung für den Lerner“ (Erpenbeck/Sauter: 2013, S.48).

Hierbei kann es eine automatische (vom Lernprogramm) oder manuelle (vom Lehrenden) Rückmeldung geben. Die von der Gen Y geforderte Flexibilität in der betrieblichen Weiterbildung kann insofern ermöglicht werden, dass die Weiterbildung als mobile learning, z.B. per App oder per MOOCs durchgeführt werden kann. Per App wird orts- und zeitunabhängiges Lernen gefördert und der Beschäftigte kann sich selbst seine Lernzeit einteilen. Er kann per Smartphone oder Tablet auf bereits abgearbeitete Lerninhalte zugreifen und sich diese nochmals durchlesen, wenn er sie benötigt. Diese Art des Lernens kann durch einen Mentor oder Coach unterstützt werden, der bei Fragen erreichbar oder auch im Berufsalltag greifbar ist. Durch MOOCs ist ein Austausch über eine Plattform möglich und kollaboratives Lernen wird unterstützt. Dies ist vor allem für internationale Betriebe von großem Vorteil, da somit weltweit ein Weiterbildungsstandard gesetzt wird und verschiedene Blickwinkel miteingebunden werden können. Diese Möglichkeit der individuellen Weiterentwicklung und Anpassung des Lernniveaus unterstützt den in Kapitel 3.1 vorgestellten handlungsorientierten Ansatz. Im Zentrum dessen stehen der Lernende sowie sein Umgang mit Medien beim Lernprozess.

• Coaching & Mentoring: Unverzichtbar sind Mentoren oder Coaches, die dem Beschäftigten bei der betrieblichen Weiterbildung zur Seite stehen (vgl. Burkhart 2016, S.71). Innerhalb eines Mentoring Programms wird dem Beschäftigten der Gen Y ein erfahrener Mitarbeiter des Betriebs zur Seite gestellt. Gerade Mentoren mit Erfahrung können den Berufsneulingen der Gen Y mit Rat, Unterstützung und dem gemeinsamen Austausch zur Seite stehen. Sie helfen dem Beschäftigten bei der beruflichen

63 Vgl. Körber 2007, S. 87

36 Entwicklung und dienen auch als Vorbild. Ein Coach hingegen, welcher sowohl intern als auch extern bezogen werden kann64, trägt durch sein Methodenwissen an der Entwicklung des Beschäftigten bei und unterstützt seinen Schützling bei herausfordernden Aufgaben und Situationen. Dies geschieht jedoch nur allgemein und konkrete Lösungsvorschläge sollen vom Beschäftigten selbst erarbeitet werden. Das Coaching an sich kann durch persönliche Treffen oder auch per Internet stattfinden.

Dies erfüllt den Anspruch der Gen Y an individuelles Lernen und stützt die in Kapitel 3.2 vorgestellte Ermöglichungsdidaktik insofern, dass der Lernende an die Hand genommen und bei seinem Lernprozess begleitet wird.

• Augmented Reality: Für realitätsnahen Wissenstransfer und praxisnahe Tätigkeiten, eignen sich in der betrieblichen Weiterbildung On the Job - Simulationen wie Augmented Reality. Diese interaktive und visuelle Wissensvermittlung ist ideal für die Gen Y, die aktive und digitale Weiterbildung fordert, die zudem Spaß macht. Als Beispiel für Augmented Reality kann man praxisnahe Seminare wie z.B. die

Servicetrainings von Flugbegleitern nehmen.

Ein Beispiel: Mit einer entsprechenden App auf dem Smartphone oder Tablet, gehen Flugbegleiter in die Küche des Flugzeuges und fokussieren per Kamera den Backofen.

Dabei wird ein überlagertes virtuelles Bild in das reale Bild eingeblendet, welches die aufzubackenden Brötchen und einen entsprechenden Hinweis zur Aufbacktemperatur und –zeit darstellt. Diese Art der betrieblichen Weiterbildung ist auf fast alles übertragbar und sehr praxisnah. Zudem könnte diese App auch nach Seminarende weiter benutzt werden und dadurch wäre der Lerninhalt weiter abrufbar und somit nachhaltig.

• Gamification65: Spielerische Lernszenarien können auch mit Gamification umgesetzt werden. Dem Beschäftigten wird spielerisch Wissen vermittelt und sein

Lernerfolg abgerufen und eingeordnet.

Auch bei Sprachen kann Gamification eingesetzt werden und so können Lerninhalte auf eine moderne und mediale Art und Weise übermittelt werden. Dadurch, dass die Gen Y mit Medien und vor allem mit Computerspielen aufgewachsen ist, verbinden sie damit

64 Vgl. Steinweg 2009, 179f.

65Gamification: „Nutzen von Elementen aus Spielen in spielfremden Kontexten. Zentrale umzusetzende Elemente in Bezug auf den Lerninhalt sind Autonomie, Engagement, Meisterschaft, Fortschritt und Bedeutung.“ (Knautz 2015, S.71).

37 in erster Linie Spaß. Wenn diese Assoziation nun mit Lerninhalten gefüllt wird, so sind Interesse und die Motivation bei der Gen Y gegeben, sich auf diese Art verstärkt weiterzubilden.

• Einzelfeedbacks: Durch individuelles Aufzeigen der Lernfelder und auch (positiver) Feedbacks nicht nur durch den Lehrenden, einem Mentor/Coach sondern auch durch die Seminarkollegen/-innen, kann ein Beschäftigter der Gen Y anschaulicher an seinen Lernfeldern ansetzen und daran arbeiten. Transparenz ist für die Gen Y ein wichtiger Lernfaktor. Lern- bzw. Seminarziele müssen zu Beginn der Weiterbildung deutlich und kommuniziert werden. Eine Videoansprache vom Vorstand kann z.B. die Wichtigkeit des Seminars unterstreichen und durch eine persönliche Anrede wird der Teilnehmer stärker motiviert, es schafft Vertrauen und Wertschätzung.

• Stretch Assignments: Beschäftigten wird eine herausfordernde/s Aufgabe/Projekt zugewiesen, welche die bisherigen Qualifikationen übersteigt. Diese Herausforderung ist eine Ausdehnung („stretch“) des Aufgabenbereiches („assignment“), an welcher der Beschäftigte wachsen und sein Wissen erweitern soll66. Da die Gen Y sich stets weiterentwickeln möchte, sollten im Seminar Herausforderungen angeboten und der Wettkampfgedanke gefördert werden. Es sollte kein richtiger Wettbewerb initiiert, sondern lediglich ein Ansporn geschaffen werden, die gestellte Aufgabe sehr gut zu meistern.

• Open Spaces: Auch die Arbeits- und Lernumgebung ist wie bereits in Kapitel 2.2 erwähnt von hoher Wichtigkeit für die Gen Y. Es sollte bei der betrieblichen Weiterbildung auf die üblichen Lehrräume verzichtet und stattdessen eine angenehme und eher wohnliche Atmosphäre geschaffen werden. Startups sind momentan ein gutes Beispiel für eine solche Arbeitsatmosphäre. Hier sind sogenannte „Open Spaces“

vorherrschend, welche offene Arbeits- und Lehrräume sind, die gemütlich und wohnlich gestaltet wurden67. „So können die Mitarbeiter drinnen oder draußen sitzen, auf Stühlen, Bänken oder auch auf weichen Möbeln wie Sofas oder Sesseln. Es gibt Raumecken, in denen Austausch mit mehreren problemlos stattfinden kann, und es gibt Schreibtische, die für alle Mitarbeiter zur Verfügung stehen (Schreibtisch-Sharing am Arbeitsplatz)“

(Burkhart 2016, S.228f). Lernerfolg und somit der betriebliche Erfolg sind sehr eng

66 Vgl. Deloitte Development LLC 2016

67 Vgl. Stadler 2011, S.3

38 miteinander verknüpft. Diese Arbeits- und Lernatmosphäre ist sehr ansprechend für die Gen Y und führt zu einer hohen Zufriedenheit, dadurch, dass deren Ansprüche erfüllt werden. Für Seminare, die mehrtägig sind, bietet es sich an interessante und außergewöhnliche Lernumgebungen zu suchen wie z.B. Berghütten oder Baumhäuser, oder auch Seminare im Ausland.

• Sprachliche Weiterbildungen: Ein Betrieb kann z.B. online ein Tandem-Coaching mit gleichzeitigem Wissensaustausch mit anderen Standorten im Ausland durchführen. Hierbei greift man auf eine bereits vorhandene Ressource des Betriebs zurück und kann als Goodie für gute Leistung oder als Ansporn, den Beschäftigen für einen definierten Zeitraum zu diesem Standort entsenden damit er seine Sprachkenntnisse aufbessern kann. Für Betriebe, die nicht international tätig sind, kann man auch eine sprachliche Weiterbildung anbieten, wie bereits erwähnt z.B. per App, und im Betrieb selbst Zeitungen auslegen, welche in den jeweiligen Sprachen verfügbar sind wie z.B. das englische Magazin Spotlight, welches auch als App bzw. online verfügbar ist.

Prinzipiell muss das Weiterbildungssystem in Betrieben so aufgebaut sein, dass die Beschäftigten Zugriff darauf haben, von zu Hause, per Smartphone, per Tablet oder vom Betrieb aus, on demand. Somit entscheidet der Beschäftigte selbst wann und wie er lernt.