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Medienkompetenz hat sich mittlerweile als eine der wichtigsten Schlüsselqualifikation für eine kompetente Teilhabe im digitalen (Über-)leben erwiesen. Mit fortschreitender Entwicklung digitaler Medien wurde auch der Medienkompetenzbegriff weiter

ausdifferenziert und ist nun als vielschichtiger Terminus präsent. Er zählt als zentrales theoretisches Konzept in der Medienpädagogik und steht seit den 1990er Jahren in der wissenschaftlichen Diskussion (vgl. Hugger 2008, 93). Der Diskurs ist aber nicht nur in der Medienpädagogik ein elementares Thema, vielmehr findet er in folgenden unterschiedlichen Disziplinen statt: Medienethik, -politik, -recht, -technik, -wirtschaft, Psychologie und Sozialwissenschaft. Der Begriff meint umgangssprachlich wie auch im wissenschaftlichen Bereich die Fertigkeit, kritisch mit Medien umgehen zu können.

Doch im Allgemeinen werden dem Begriff vermehrt allein technische Fertigkeiten zugeordnet (vgl. Schorb, Hartung-Griemberg, Dallmann 2007, S. 254). Dennoch erfordert es eine ganzheitliche und mehrdimensionale Betrachtung des Kompetenzbegriffs. Der Begriff bezieht sich grundlegend auf den allgemeinen Kompetenzbegriff, der durch sehr unterschiedliche Konzepte definiert wird. Weinert definiert Kompetenzen

„als die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“ (Teumann et al. 2007 zit. nach Weinert, S. 32).

Medienkompetenz bindet sich wiederum an den fachlichen Bereich der Medien. Der Medienkompetenzbegriff wurde durch Dieter Baacke (Professor für Erziehungswissenschaft an der Universität Bielefeld) in der medienpädagogischen Diskussion stark geprägt und in seiner Habilitationsschrift Kommunikation und Kompetenz - Grundlegung einer Didaktik der Kommunikation und ihrer Medien (1973) aufbereitet. In den 1990er Jahren hat sein sog. „Bielefelder Medienkompetenzmodell“ immer mehr an Bedeutung in Politik und Praxis gewonnen. Medienkompetenz stellt demnach eine Art gesellschaftliches Gestaltungsziel dar, das „nicht bloß rezeptive, passive Nutzung von Medien“ (Baacke 2001) meint, sondern darüber hinaus einen kritisch-reflexiven, aber auch kreativen Umgang mit Medien anstrebt (vgl. Baacke 2001). Unter dem Begriff versteht man demzufolge nicht die Vermittlung von medialem Wissen, es wird damit vielmehr ein aktiver und handlungsreflektierten Diskurs mit der Medienwelt angestrebt (vgl. GMK 2018). Baackes Definition bezieht sich zudem auf Noam Chomsky (1999) sowie auf die Kommunikative Kompetenz nach Habermas (1972) der insbesondere durch seine Kritische Theorie der Gesellschaft in der dialektischen Wissenschaft an Bedeutung gewann.

„Medienkompetenz meint grundlegend nichts anderes als die Fähigkeit, in die Welt aktiv aneignender Weise auch alle Arten von Medien für das Kommunikations- und Handlungsrepertoire von Menschen einzusetzen“ (Baacke 2001). Sie wird nach dem Bielefelder Medienkompetenzmodell von Baacke durch vier Kategorien definiert.

Dazu zählen Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung (vgl.

Abb. 18: Medienkompetenz nach Dieter Baacke, S. 70). Die beiden ersten Begriffe Medienkritik und Medienkunde werden der Dimension der Vermittlung, die Letzteren der Dimension des Handelns zugeordnet.

Medienkritik bedeutet, Medien zu analysieren und kritisch zu hinterfragen, d. h.

analytisch mit den Inhalten umzugehen, statt einfach alles hinzunehmen, z.B. die Tatsache, dass kostenlose Angebote oft durch Werbung finanziert werden und dass dies Konsequenzen für die Inhalte der Angebote mit sich zieht. Lerner sollen außerdem bewusst zwischen den vielen Angeboten wählen können. Dieses analytische Wissen soll auf die eigene Person sowie auf das eigene Handeln bezogen werden. Es soll demnach ein reflexiver Rückbezug, auch sozialverantwortliche Selbstreflexion genannt, stattfinden, durch den das eigene Handeln sozialverantwortlich ausgerichtet wird. Ziel der Medienkritik ist die reflektierende Nutzung gesammelter Erfahrungen und angeeigneten Wissens hinsichtlich der analytischen, reflexiven und ethischen Ebene (vgl. Treumann et al. 2007, S. 33).

Medienkunde bedeutet, einen klassischen Wissensstand über Medien sowie deren Strukturen zu besitzen, d.h. über Medien informiert zu sein (know-what). Lerner können unter anderem Hardware und Software installieren, zudem sind sie darüber hinaus in der Lage, einfache Probleme zu lösen. Weiterhin können sie Suchmaschinen effizient nutzen und kennen Fachbegriffe aus der Medienwelt. Schließlich ist mit instrumentell-qualifikatorisch die eigentliche Fähigkeit gemeint, neue Geräte bedienen zu können (know-how) (vgl. Treumann et al. 2007, S. 33).

Mediennutzung schließt ein, dass Lerner Medien effizient einsetzen können und somit eine gewisse Nutzungskompetenz besitzen, z.B. zum Lösen von Aufgaben oder Problemen. Neue Medien zeichnen sich durch ihre Interaktivität aus. Diese interaktiven Angebote sollen wahrgenommen, aber auch innovativ eingebracht werden, damit der Lerner innerhalb einer Medienwelt interaktiv tätig sein kann.

Weiterhin beinhaltet Mediennutzung das rezeptive bzw. das aufnehmende Anwenden der angebotenen Inhalte (vgl. Treumann et al. 2007, S. 34).

Mediengestaltung bezeichnet die aktive Teilnahme des Mediennutzers. Lerner können allein oder gemeinsam Medien gestalten und beispielsweise Videos produzieren, Fotos bearbeiten, Webseiten kreieren, usw. Nur wer kompetent mit Medien umgehen kann und sich mit den Veränderungen und Entwicklungen des Mediensystems auseinandersetzt, ist in der Lage, Medien auf einer kreativen Ebene mitzugestalten (vgl.

Treumann et al. 2007, S. 34). Die innovative Mediengestaltung beinhaltet daher auch die „Weiterentwicklung des Mediensystems innerhalb der angelegten Logik“ (Baacke 2001).

Zusammenfassend ist für dieses Kapitel festzuhalten, dass der Begriff Medienkompetenz beinhaltet, verschiedene Medien zu kennen und nutzen zu können, eine Orientierung innerhalb der digitalen Medienwelt zu haben und an medial vermittelten Kommunikationen teilnehmen zu können, darüber hinaus eine kritische Distanz gegenüber Medien zu wahren, aber auch selbst kreativ in der Medienwelt zu handeln. Baackes Definition ist bezeichnend für die Vielfältigkeit des Kompetenzbegriffs (vgl. Treumann et al. 2007, S. 35). Er hat mit seiner Konzeption eine wesentliche Basis für die Medienpädagogik entworfen, die in der Folge durch eine Vielzahl von medienpädagogischen Überlegungen erweitert wurde (vgl. Bachmair 2009, S. 173).

Eine dieser Erweiterungen des Medienkompetenzbegriffs wurde von Stefan Aufenanger (Professor für Erziehungswissenschaft und Medienpädagogik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz), durch die Initiierung sozialer, ästhetischer und affektiver Teilbereiche vorgenommen. Die Soziale Dimension bezieht sich auf das Handeln im sozialen und politischen Raum und greift Aspekte wie soziale Auswirkungen von Medien sowie Rechte an Medien auf. Neben der kritisch-analytischen Dimension haben Medien auch eine Unterhaltungsfunktion (vgl.

Aufenanger 1997, S. 16). Der angemessene Umgang mit der Mediennutzung ist Inhalt der Affektiven Dimension. Aufenanger umschreibt den Begriff Medienkompetenz anhand sechs folgender Dimensionen: Kognitive Dimension, Handlungsdimension, Moralische Dimension, Soziale Dimension, Affektive Dimension und Ästhetische Dimension. Diese Teilbereiche müssen in Relation verstanden werden und dürfen nicht im Einzelnen dominieren (Aufenanger 1997, S. 17f). Nach Aufenanger bedeutet Medienkompetenz auch, dass es eine Bildungsaufgabe sowie eine intergenerationelle und interkulturelle Aufgabe unserer Gesellschaft sein sollte, die Menschen „zu einem selbstbestimmten Umgang mit Medien als auch zu medienpolitischen Aktivitäten im

Sinne von Partizipation“ (Aufenanger 1997, S. 18) zu befähigen. Darüber hinaus haben Groeben (2002), Moser (2000) und Tulodziecki (1998) weitere Definitionen von Medienkompetenz entwickelt.

„Medienkompetenz beinhaltet Wissen und Reflexion über die Strukturen und Funktionen der jeweils verfügbaren Medienwelt, verbunden mit der konkreten Handhabung und dem selbstbestimmten und eigentätigen Gebrauch von Medien als Mittel der Artikulation und Partizipation, und mit der auf Wissen, kritischer Reflexion und Handlungserfahrung fußenden Positionierung gegenüber der Medienwelt.“

(Schorb 2017, S. 255)

Durch die ständige Präsenz mobiler Endgeräte ist Medienkompetenzförderung wichtiger aber auch umfassender geworden. Sie hat sich zu einer Schlüsselkompetenz für den heutigen mobilen Lerner entwickelt, um diesem eine aktive und aufgeklärte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in einer digitalen Welt zu ermöglichen.

Schließlich geht es um die Fähigkeit, Medien kritisch, selbstbestimmt und verantwortlich nutzen, verstehen, bewerten und mitgestalten zu können. Daher muss sie auch als dynamischer Prozess verstanden werden, der vom Subjekt immer weiterentwickelt wird (vgl. Schorb 2017, S.255). Medienkompetenz bedeutet jedoch auch, aufgrund technologischer Entwicklungen in Bezug auf Medienkunde, lebenslanges Lernen.