• Keine Ergebnisse gefunden

Mechanistische Untersuchungen zur Bildung des Silylenolethers

C. Additionsreaktionen an cyclische Enone und ihre synthetische Anwendung

I. Rh-katalysierte asymmetrische 1,4-Additionen von Alkenyl-Nucleophilen an cyclische Enone; Silylierendes Abfangen des Enolats

I.3 Mechanistische Untersuchungen zur Bildung des Silylenolethers

Reaktion ist am Ende des Abschnitts in Tabelle 3 zusammengefasst.

Aus dem Silylenolether 76 wurde zunächst das Li-Enolat 77 dargestellt. Anschließend erfolgte durch Zugabe von 1.0 Äquivalenten ZrCp2Cl2 die Umsetzung zum entsprechenden Zr-Enolat. Neben der Bildung des erwarteten Zr-Enolats 78a wurde jedoch, in einem 1:1 Verhältnis, auch die Bildung des Zirkonocenbisenolats 78b beobachtet. Dies ist mit dem Vorliegen von 0.5 Äquivalenten nicht reagierten ZrCp2Cl2 in der Reaktionslösung konsistent und stellt vermutlich die Gleichgewichtslage zwischen 78a auf der einen und 78b sowie 79 auf der anderen Seite unter diesen Reaktionsbedingungen dar (Schema 26).

OZrCp2Cl

78a

O O Cp2Zr +

78b

1.0 Äq MeLi THF-d8, –78 °C, 10 min

OZrCp2Me

80

O O Cp2Zr +

78b Schema 27: Umsetzung der Enolate 78a und 78b mit 1.0 Äquivalenten MeLi.

Die Umsetzung dieses Gemisches aus 78a und 78b mit 1.0 Äquivalenten MeLi bei –78 °C führte zur Bildung des monomeren Zr-Enolats 80, wohingegen das Enolat 78b unverändert vorlag (Schema 27). Überschüssiges MeLi führte hierbei bereits zur anteiligen Bildung des Li-Enolats 77. Erst nach Zugabe eines weiteren Äquivalents MeLi wurde innerhalb von 10 min ein Anteil von 90% der Zr-Enolate 78b und 80 in das Li-Enolat 77 überführt, wobei im verbleibenden Edukt eine leichte Anreicherung des dimeren Komplexes 78b zu beobachten war. Durch kurzes Erwärmen der Probe von –78 °C auf RT war es anschließend möglich, einen vollständigen Umsatz zu 77 zu erzielen (Schema 28).

OZrCp2Me

80

O O Cp2Zr +

78b

1) 1.0 Äq MeLi, –78 °C, 10 min 2) –78 °C → RT, 2 min THF-d8

OLi

77

+ Cp2ZrMe2 (75) + LiCp (81) + Li[CpZrMe4] (82)

Schema 28: Bildung des Li-Enolats 77 aus den Zr-Enolaten 78b und 80.

Damit konnte eindeutig die Bildung des Li-Enolats nach Zugabe von 2.0 Äquivalenten MeLi zum Zr-Enolat 78a/b nachgewiesen werden. Für eine Bildung des ebenfalls denkbaren „At“-Komplexes, analog zu 72, wurden in der Untersuchung der Modellreaktion keine Hinweise

gefunden. Das dabei in stöchiometrischer Menge entstandene Nebenprodukt konnte durch Vergleich mit Literaturangaben als Cp2ZrMe2 (75) bestimmt werden.[55]

Die 1H NMR Verschiebungen des in der Reaktion gebildeten Cp2ZrMe2 sind ein Hinweis darauf, dass das Li-Enolat 77 in einem koordinativen Komplex mit Cp2ZrMe2 vorliegt, ähnlich zu 83. Durch einen geringen Überschuss an MeLi wurde auf dem Schritt der Bildung des Zr-Enolats 80 bereits Cp2ZrMe2 gebildet, das Signale bei δ = 6.15 und –0.47 ppm aufweist. Nach der Überführung von 80 in das Li-Enolat 77 wurden auch die Signale von Cp2ZrMe2 zu δ = 6.12 sowie –0.49 ppm hochfeldverschoben (Abbildung 2). Die Abweichung der chemischen Verschiebung von Cp2ZrMe2 ist gering, blieb jedoch über mehrere gemessene NMR Spektren konstant.

6.15, –0.47 ppm Zr OLi Zr

6.12, –0.49 ppm

75 83

Abbildung 2: Mögliche Komplexierung von 75 mit dem gebildeten Li-Enolat zum Komplex 83.

Die zwei weiteren in der Reaktionslösung erhaltene Verbindungen, sowie Li[CpZrMe4] sowie freies LiCp, stammen offenbar aus einer Folgereaktion von Cp2ZrMe2 mit überschüssigem MeLi. Eine ähnliche Reaktion beschrieben KONDAKOV und NEGISHI für die Umsetzung von Cp2ZrCl2 mit 3.3 Äquivalenten MeLi. Hier soll der 12 Valenzelektronen (VE) Komplex CpZrMe3 neben LiCp im Gleichgewicht mit dem 16 VE Komplex Cp2ZrMe2 vorliegen (Schema 29).[56]

Cp2ZrCl2 3.3 Äq MeLi THF

Cp2ZrMe2 + MeLi CpZrMe3 + LiCp

(79) (75) (84)

Schema 29: Reaktion von Cp2ZrMe2 mit MeLi nach KONDAKOV und NEGISHI.[56]

Zur Zuordnung der Signale im 1H-NMR wurden die diskutierten Verbindungen einzeln dargestellt und über ihr NMR-Spektrum charakterisiert. Die Messung der Proben erfolgte dabei direkt aus der Reaktionslösung mit der No-D 1H-NMR Technik, die den Verzicht auf deutertierte Lösungsmittel und somit die direkte Probennahme aus der Reaktionslösung

Messungen in THF um bis zu 0.07 ppm von denen in THF-d8 abweichen, sind diese in der Zusammenfassung der 1H-NMR Verschiebungen am Ende des Abschnitts separat aufgeführt (Tabelle 3).

Cp2ZrCl2

3.9 Äq MeLi THF, 0 °C, 15 min

Li[CpZrMe4] + LiCp

(79) (82)

2.0 Äq MeLi THF, 0 °C, 10 min Cp2ZrMe2

(75)

Schema 30: Bildung von Cp2ZrMe2 (75) und dem erstmals beschriebenen Zirkonat 82.

Aus der Umsetzung von 79 mit 2.0 Äquivalenten MeLi wurde zunächst ein 1H NMR Spektrum von Cp2ZrMe2 als Referenz gemessen. Nach der Umsetzung von 79 mit 3.9 Äquivalenten MeLi waren in der Reaktionslösung nur noch Spuren von Cp2ZrMe2 und kein freies MeLi enthalten. Die beiden weiteren beobachteten Signalsätze wurden, zunächst anhand ihrer Integrale im 1H NMR, dem 14 VE Komplex Li[CpZrMe4] sowie LiCp zugeordnet, was auch mit der beobachteten 1:1 Stöchiometrie beider Verbindungen konsistent ist (Schema 30). Komplexe der Form M[CpZrX4] wurde bereits von NEGISHI als denkbar bezeichnet und sind in dieser Arbeit erstmals mit dem Komplex Li[CpZrMe4] synthetisiert worden.[58]

Mit diesen Ergebnissen konnten die gebildeten Nebenprodukte in der Modellreaktion (Schema 28) klar dem Komplex Cp2ZrMe2, sowie den durch überschüssiges MeLi entstandenen Komponenten Li[CpZrMe4] und LiCp zugeordnet werden.

Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse über den Verlauf der Reaktion anhand des Modellsystems wurden anschließend das aus der 1,4-Addition erhaltene Zr-Enolat sowie der Schritt der Lithiierung über No-D NMR Messungen der Reaktionslösung untersucht. Das Zr-Enolat lag, ähnlich zu den Ergebnissen aus dem untersuchten Modellsystem, in einem Gemisch aus den beiden Zr-Enolaten 73 und 85 vor (Schema 31).

+ Cp2ZrCl2 (79) O

C4H9 Cp2Zr

Cl

+

O 1.2 Äq 47

2.5 mol% [Rh(cod)Cl]2 6.0 mol% (R)-Binap

THF, RT, 1 h

46

O O Cp2Zr

nBu

nBu 85

73

73/85

OLi

C4H9 74

4 Äq MeLi, –78 °C, 1 h THF-d8

+ LiCp (81) + Li[CpZrMe4] (82)

Schema 31: Bildung des Li-Enolats 74 aus den Zr-Enolaten 73 und 85.

Hierbei bildete das Zirkonocenbisenolat 85 die Hauptkomponente im Verhältnis 2:1 mit dem Zr-Enolat 73, zusätzlich wurde Cp2ZrCl2 in der hierzu konsistenten Menge erhalten. Die Lithiierung der im NMR-Rohr enthaltenen Probe mit einem Überschuss von 4 Äquivalenten MeLi führte anschließend binnen einer Stunde zur vollständigen Bildung des Li-Enolats 74.

Zuvor enthaltenes Cp2ZrCl2 wurde dabei durch den Überschuss an MeLi vollständig in 75 und 82 überführt. Ohne überschüssig eingesetztes MeLi sollte demnach in der Reaktion ausschließlich Cp2ZrMe2 gebildet werden.

Mit den erhaltenen Ergebnisse konnte gezeigt werden, dass unter den Reaktionsbedingungen ausschließlich das Li-Enolat 74 gebildet wird und der diskutierte „At“-Komplex 72 in keinem synthetisch relevanten Schritt der Reaktion auftritt.

Die Reaktivität von Li-Enolaten ist gut untersucht, eine Einschränkung stellt im vorliegenden Fall aber die mögliche Koordinierung von Cp2ZrMe2 an das Li-Enolat dar, durch die die Reaktivität beeinflusst werden könnte.

Tabelle 3: Zusammenfassung der 1H-NMR Verschiebungen charakteristischer Signale der bei den NMR-Untersuchungen charakterisierten und zuvor diskutierten Verbindungen.

Verbindung Verschiebung im 1H-NMR (THF-d8) 76 δ = 4.58 (s, 1H, 2-H) ppm.

77a δ = 3.85-3.72 (1H, 2-H) ppm.

78a δ = 6.60 (s, 10H, Cp), 4.33 (s, 1H, 2-H) ppm.

73 δ = 6.59 (s, 10H, Cp), 4.15 (s, 1H, 2-H) ppm.

78b δ = 6.36 (s, 10H, Cp), 4.24 (s, 2H, 2-H) ppm.

85 δ = 6.38 (s, 10H, Cp), 4.24 (s, 2H, 2-H) ppm.

80 δ = 6.13 (s, 10H, Cp), 4.15 (s, 1H, 2-H) ppm.

79 δ = 6.44 (s, 10H, Cp).

75 δ = 6.14 (s, 10H, Cp), –0.47 (s, 6H, (CH3)2) ppm.

75b δ = 6.08 (s, 10H, Cp), –0.43 (s, 6H, (CH3)2) ppm.

82 δ = 5.88 (s, 5H, Cp), –0.58 (s, 12H, (CH3)4) ppm.

82b δ = 5.81 (s, 5H, Cp), –0.55 (s, 12H, (CH3)4) ppm.

a: 77 lag in mindestens vier unterschiedlichen Aggregationszuständen vor, deren Signale im 1H NMR voneinander überlagert wurden. b: No-D Messung in THF mit interner D2O-Kapillare.

Detaillierte Beschreibungen der Versuche befinden sich zusammen mit den abgebildeten und einzelnen Substanzen zugeordneten 1H NMR Spektren in Kapitel F.