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Bildung von Sarkomycin unter Mikrowellen-Reaktionsbedingungen und nachfolgende Derivatisierungen

C. Additionsreaktionen an cyclische Enone und ihre synthetische Anwendung

II. Enantioselektive formale Totalsynthese von (R)-Sarkomycin

II.3 Bildung von Sarkomycin unter Mikrowellen-Reaktionsbedingungen und nachfolgende Derivatisierungen

II.3 Bildung von Sarkomycin unter Mikrowellen-Reaktionsbedingungen und

Die Produktbildung erfolgte dabei chemoselektiver als unter den gleichen Bedingungen mit HCl, erst nach über 24 h sank die Ausbeute durch die zunehmende Bildung von Neben- und Abbauprodukten über die lange Reaktionslaufzeit wieder leicht ab. Um dem Problem der Bildung von Nebenprodukten bei längerer Reaktionslaufzeit zu begegnen, wurde die Reaktion anstelle der klassisch-thermischen Bedingungen bei 60 °C in einem Mikrowellen-Reaktor durchgeführt. Die Beschleunigung diverser Reaktionen unter Mikrowellen-Reaktionsbedin-gungen, möglicherweise durch nicht-thermische Effekte, wurde bereits in zahlreichen Publikationen beschrieben, die theoretischen Hintergründe sind bislang aber nur unzureichend verstanden. Neben der Ausrichtung der Dipole der in der bestrahlten Reaktionslösung enthaltenen Komponenten im elektromagnetischen Feld werden unter anderem auch die Bildung thermischer „Hot-Spots“ sowie die selektive Absorption der Energie durch einzelne, hoch absorptionsfähige Komponenten, diskutiert.[88] Die meisten Hinweise deuten aber darauf hin, dass die Beschleunigung von Reaktionen durch Mikrowellen-Bestrahlung auf thermischen Effekten beruht, die über verschiedene Mechanismen wirken.

Bei einer so auf 1 h deutlich reduzierten Reaktionsdauer wurde 42 in 84% Ausbeute gebildet und die Bildung von Nebenprodukten weitgehend unterdrückt (Eintrag 2). Eine weitere Erhöhung der Reaktionstemperatur führte bereits nach 0.5 h zu einer geringeren Ausbeute und der überwiegenden Bildung von Neben- und Abbauprodukten (Einträge 3,4).

Die Bildung von 42 verläuft über einen zweistufigen Mechanismus, bei dem zunächst das Acetal hydrolysiert und nachfolgend Wasser eliminiert wird (Schema 49). Dies konnte in den Reaktionsverfolgung per 1H NMR Spektrometrie indirekt durch die Zeitverzögerung zwischen dem schnellen Abbau des Acetals in 113 und der Bildung von 42 gezeigt werden, was auf die intermediäre Bildung des Alkohols 120 hinweist.[35]

O

CO2H OTHP

113

O

CO2H 42 O

CO2H OH

120

Schema 49: Vermuteter Mechanismus der Bildung von 42, vorgelagerte Spaltung des Acetals.

Um den ersten Schritt der Acetalspaltung und so auch die Bildung von 120 zu beschleunigen, wurde die Umsetzung in einem 10:1 Gemisch aus Aceton-d6/D2O durchgeführt (Eintrag 5).

Dies führte jedoch zu einer verlangsamten Reaktion, so dass die maximale Ausbeute von 63%

erst nach 2 h erreicht wurde. In Benzol fand ein äußerst schneller Umsatz von 113 statt, die ausgeprägte Bildung von Neben- und Abbauprodukten steht jedoch einer synthetischen Nutzung entgegen (Eintrag 6).

Die anschließende Isolierung des unter den optimierten Bedingungen (Eintrag 2) dargestellten Sarkomycins (42) erwies sich durch die bekannte Neigung zur Dimerisierung und Polymerisation[34] von 42 als problematisch. Nach der Aufarbeitung und dem Entfernen des Lösungsmittels bildete sich rasch ein Film an der Kolbenwandung aus, der auch in CDCl3

nicht löslich war und vermutlich aus Oligo-Sarkomycin bestand. Die Lagerung in Chloroform oder Aceton über einen Zeitraum von zwei Wochen bei –18 °C führte dagegen zu keiner Zersetzung der Probe. Das Problem der Dimerisierung und Polymerisation konnte umgangen werden, indem 42 aus der Reaktionslösung zunächst über einen basisch-sauren Trennungsgang abgetrennt und nach Wiederansäuern in Et2O aufgenommen wurde. Das Lösungsmittel wurde bei einer Temperatur unterhalb von –40 °C entfernt und der Rückstand unmittelbar in CDCl3 aufgenommen. Das so im Anschluss aufgenommene NMR-Spektrum des erhaltenen Rohprodukts wies, gerade im Vergleich zu literaturbekannten Spektren von 42, eine hohe Reinheit auf. Die Probe wurde anschließend einkonzentriert und ausgewogen, und so eine Ausbeute von 86% für die Umsetzung bestimmt. Dies steht in guter Übereinstimmung mit der aus dem 1H NMR berechneten Ausbeute (84%, Eintrag 2).

Beim Versuch einer Tieftemperaturkristallisation wurde bei –65 °C ein kristalliner Feststoff abgetrennt, der jedoch keine für die Röntgenstrukturanalyse brauchbaren Kristalle enthielt.

Der Schmelzpunkt der Kristalle wurde durch langsames Erwärmen der isolierten Kristalle unter Inertgasatmosphäre auf etwa –14 °C bestimmt.

Sarkomycin kann aufgrund seiner ausgeprägten Empfindlichkeit nicht durch Säulen-chromatographie aufgereinigt werden und musste daher zunächst in ein stabiles Derivat überführt und als solches isoliert werden.

Zunächst wurde die Bildung eines Sarkomycin-Silylesters untersucht, da diese unter milden Bedingungen wieder in 42 überführbar sind und daher eine geeignete Speicherform darstellen könnten.

Nach der Bildung von Sarkomycin wurde das Rohprodukt nach dem basisch-sauren Trennungsgang mit Et2O aufgenommen und in diesem Lösungsmittel mit äquimolaren Mengen TBSCl und NEt3 umgesetzt (Schema 50). 121 wurde dabei vollständig gebildet, bereits beim Versuch der Säulenchromatographie über desaktiviertem Silica trat jedoch fast

vollständige Hydrolyse auf, so dass diese Strategie zur Derivatisierung nicht weiter verfolgt wurde.

O

CO2SitBuMe2 1.0 Äq tBuMe2SiCl, 1.0 Äq NEt3

Et2O, RT, 17 h O

CO2H

42 quant. Umsatz 121

Schema 50: Bildung des Sarkomycin-Silylesters 121.

Die Umsetzung von Sarkomycin mit Diazomethan zum Methylester 109 fand bereits Anwendung in bekannten Totalsynthesen von Sarkomycin. HUDLICKY et al. konnten 109 in 11% Ausbeute über die zwei Stufen der Bildung von 42 und der nachfolgenden Veresterung erhalten.[75] Die niedrige Ausbeute führen sie dabei auf die mögliche Bildung des Pyrazolins 122 zurück (Schema 51, rechts). Dieses wurde bereits 1956 von WHEATLEY et al. postuliert, die nach der Veresterung von Sarkomycin mit Diazomethan das vermutete Pyrazolin als Hydrochlorid isolieren und per Elementaranalyse untersuchen konnten.[89] Hingegen beschreiben MIKOLAJCZYK und BALCZEWSKI für die Bildung von 109 keine Probleme, geben jedoch auch keine Ausbeute für die Reaktion an.[90]

O

CO2Me CH2N2 (Überschuss)

Et2O O

CO2H

O

CO2Me

42 109 122

N HN

Schema 51: Umsetzung von 42 mit CH2N2, mutmaßlich gebildetes Pyrazolin 122.

In den eigenen Arbeiten wurde die Sarkomycin enthaltende Reaktionslösung bis zur bleibenden Gelbfärbung mit einer Lösung von Diazomethan in Et2O titriert. Die Umsetzungen führten jedoch sowohl bei RT als auch bei einer auf –10 °C abgesenkten Reaktionstemperatur nicht zur Bildung der Zielverbindung. Das erhaltene Rohmaterial enthielt eine Mischung nicht charakterisierbarer Nebenprodukte, wobei auch das Pyrazolin 122 massenspektrometrisch nicht nachgewiesen werden konnte. Die thermische Abspaltung von N2 aus 122 unter Ausbildung einer Ethyliden-Funktion ist jedoch literaturbekannt und möglicherweise Intermediat für Folgereaktionen, durch die 122 oder sein bekanntes Abbauprodukt nicht massenspektrometrisch nachweisbar waren.[89]

O

CO2Me 1.5 Äq Me3OBF4

1.5 Äq DIPEA Aceton, RT, 1 h O

CO2H 42 O

CO2H 113

OTHP

Lewatit K2611, µw Aceton, 60 °C, 1 h

109 58% über 2 Stufen Schema 52: Bildung des Sarkomycin-Methylesters mit Me3OBF4.

Mit dem Meerwein-Salz Trimethyloxoniumtetrafluoroborat (Me3OBF4) hingegen konnte selektiv der Methylester 109 gebildet und nach Säulenchromatographie über Silica in 58%

Ausbeute über zwei Stufen isoliert werden (Schema 52). Hierzu wurde nach der Bildung von Sarkomycin vom Ionentauscher Lewatit K2611 dekantiert und die 42 enthaltende Reaktionslösung direkt mit Me3OBF4 zu 109 umgesetzt.

Die formale Totalsynthese von (R)-Sarkomycin (42) gelang damit in einer Gesamtausbeute von 16% über fünf Stufen, ausgehend von Cyclopentenon (46). Die Synthesestrategie weist mit dem Einstieg und der finalen Stufe der Totalsynthese zwei Alleinstellungsmerkmale auf, die im Vergleich zu bislang bekannten Methoden eine wesentliche Verbesserung des Zugangs zu 42 ermöglicht haben.

Die Rh/Binap-katalysierte asymmetrische Übertragung eines Alkenyl-Nucleophils, das als maskierte Carboxyl-Funktion eingeführt wurde, stellt das erste Beispiel einer (formalen) Totalsynthese von 42 dar, die auf eine asymmetrisch katalysierte Reaktion zum Aufbau des Stereozentrums zurückgreift. Aus den bislang meist genutzten Speicherformen, Sarkomycin-methylester (109) und Cyclosarkomycin (110), wurde Sarkomycin durch saure Hydrolyse des Esters oder Lactons in niedrigen Ausbeuten gebildet. Die in der vorliegenden Arbeit entwickelten Mikrowellen-Reaktionsbedingungen erlauben hingegen die effiziente und weitgehend chemoselektive Bildung von 42 unter so milden Bedingungen, dass die Bildung von Abbauprodukten weitgehend unterdrückt wird. Damit ist erstmals ein präparativ einfacher Zugang zu 42 mit hoher Reinheit vorhanden, der die Basis für weitere Untersuchungen an 42 bilden kann.

O

CO2Me 5.0 Äq Me3OBF4

5.0 Äq DIPEA Aceton, RT, 1 h O

CO2H 42 O

CO2H 113

OTHP

Lewatit K2611, µw Aceton, 60 °C, 1 h

109 73% über 2 Stufen

82% ee Schema 53: Bildung von (R)-Sarkomycin mit nachfolgender Veresterung durch KAISER.[91]

Die asymmetrische Totalsynthese von (R)-Sarkomycin wurde mit der entwickelten Methode von KAISER in seiner im Kontext dieser Dissertation angefertigten Bachelorarbeit mit der Umsetzung von 113 zu Sarkomycin abgeschlossen.[91] Dazu konnte er auf den in der eigenen Arbeit dargestellten Präkursor (2R,3R)-113 zurückgreifen und über zwei Stufen den Sarkomycin-Methylester (109) in einer Ausbeute von 73% mit 82% ee isolieren (Schema 53).

So konnte er zeigen, dass das in der asymmetrischen Rh/Binap-katalysierten Addition eines Alkenylzirkonocens eingeführte Stereozentrum über die Stufen der Totalsynthese stabil ist und keine Isomerisierung auftritt.

Später wurde die Totalsynthese entlang des zuvor diskutierten Reaktionspfades durch PFAFF

wiederholt. Dabei konnte er durch die asymmetrische Addition eines Alkenylzirkonocens mit (R)-Segphos als chiralem Liganden 109 nach Abschluss der Totalsynthese mit einem ee von 96% isolieren.[70]

D. Synthese und Anwendung cyclischer, α,β-ungesättigter,