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Material culture, trade, travel, and socio-economic conditions

Im Dokument Papers of the 3 (Seite 192-200)

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A D U

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R D E V A N

„Dakische Steinblöcke“ im römischen Kontext: ein Problem der Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Provinz Dakien

Tafeln 18–22

Die Archäologie Rumäniens kennt ziemlich gut und behandelt recht oft die Steinblö-cke, welche die Daker im 1. Jh. v. Chr. für die Errichtung von zweischaligen Umfas-sungs- und Stützmauern verwendet haben. Es handelt sich um Blöcke aus Kalkstein in Gestalt von Parallepipeda, die mit schwalbenschwanzförmigen Schlitzen versehen sind. Für den Bau einer solchen Mauer wurden zwei parallel verlaufende Reihen dieser Steinblöcke aufgeschichtet und mit Holzbalken verbunden; der Zwischenraum wurde mit Erdreich und Steinschutt aufgefüllt (emplecton-Mauerwerk). Dies ist der so genannte murus Dacicus, ein typisches Element der vorrömischen Kultur Dakiens1 (siehe Taf. 18–19, Abb. 1–42). Für die rumänischen Archäologen galt die Auffindung solcher Blöcke, in Gruppen oder als Einzelstücke, stets als ein sicherer Beleg für die Existenz einer dakischen Festung am Fundplatz selbst oder in dessen näherer Umge-bung3. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte erlauben es nunmehr, diesen Befund weiter zu präzisieren. Heute weiß man, dass diese Art von dakischer Mauer nur im südwestlichen Siebenbürgen anzutreffen ist4. Ansonsten aber bleibt die ältere An-schauung bestehen; vor allem ist bislang keine alternative Deutung der zufälligen Streufunde solcher Blöcke erwogen worden. Der vorliegende Beitrag hat genau dies zum Ziel, nämlich für solche Einzelfunde eine neue Interpretation vorzuschlagen.

1 Glodariu 1983, 27–28. 36. 82–108. 114–116. 123–125. 133–134. Murus Dacicus ist die in der rumänischen Forschung etablierte Bezeichnung dieser Form von Mauerwerk. Es sollte allerdings beachtet werden, dass Steinquader dieses Typs ebenso wie das Prinzip des durch Holzbalken verstärkten Mauerwerks auch außerhalb des Bereichs der dakischen Kultur begeg-nen, so etwa in Histria, und dass umgekehrt die betreffenden Steinquader im dakischen Raum oftmals griechische Buchstaben aufweisen. Dies alles deutet auf eine Entlehnung der Technik aus der griechisch-hellenistischen Welt, und vielleicht sollte daher eher von murus Graecus gesprochen werden.

2 Wir bedanken uns herzlich bei Răzvan Mateescu, Archäologe am Nationalmuseum für die Geschichte Siebenbürgens zu Cluj-Napoca, der uns großzügigerweise seine eigenen Photos der dakischen Mauer in der Festung Blidaru (Kreis Hunedoara) zur Verfügung gestellt hat.

Siehe auch Pescaru et al. 2014, 4. 6–7. 9–10.

3 Glodariu 1983, 116.

4 Pupeză 2011, 149–150.

Im Jahre 1973 berichtete Dr. Octavian Floca, der damalige Direktor des Kreismu-seums Hunedoara im südwestlichen Siebenbürgen, über die Entdeckung von zwei dakischen Steinblöcken, die die typischen schwalbenschwanzförmigen Schlitze auf-wiesen, in der Umgebung von Ulpia Traiana Sarmizegetusa. Seiner Meinung nach war diese Entdeckung ein Beweis für die Existenz einer dakischen Festung irgendwo in der Nähe der römischen Stadt5. Leider sind beide Blöcke kurz darauf verlorenge-gangen, ohne studiert bzw. veröffentlicht zu werden6. Trotzdem ist die Richtigkeit der Fundnachricht kaum zu bezweifeln. Solche Steinblöcke waren den rumänischen Fach-leuten gut bekannt, und Floca hatte mehrmals solche Mauern selbst erforscht7, sodass wir annehmen können, dass der Fund tatsächlich stattgefunden hat. Allerdings existie-ren keine Spuexistie-ren einer dakischen Siedlung der vorrömischen Zeit in der Gegend von Ulpia Traiana Sarmizegetusa. Obwohl die Archäologen mehrmals danach gesucht haben, kamen niemals entsprechende Funde ans Licht8. Infolgedessen dürften die besagten Steine anders zu deuten sein.

Eine zweite ähnliche Entdeckung geschah schon früher, während der 50er Jahre, in der mittelalterlichen Festung von Moldoveneşti (ung. Várfalva), Kreis Cluj. Hier wurde eine Burg aus dem 11.–13. Jh. teilweise ausgegraben und in vorläufiger Form veröffentlicht9. Ihre Umfassungsmauer bestand ebenfalls aus zwei Schalen von paral-lelepipedonförmigen Steinblöcken mit Holzverstrebungen und Füllmaterial dazwi-schen10. Die Mauer wurde allerdings nie vollständig erforscht, und es gibt auch keine genaue Beschreibung der Blöcke. Es ist aber bemerkt worden, dass manche Steine ebenfalls Schlitze zur Befestigung mit Holzbalken bzw. Eisendübel aufwiesen11. Laut der Meinung eines Archäologen, der die Festung mehrmals erforscht hat, gab es da-runter auch typische „dakische Steinblöcke“, die er als wiederbenutztes antikes Bau-material betrachtete12. Die Siedlung von Moldoveneşti liegt in der Nähe der antiken Stadt Potaissa. Viele römische Spolien sind in der mittelalterlichen Festung und im heutigen Dorf zu finden13. Es gab in diesem Raum eine römerzeitliche Ortschaft14, aber sicherlich keine dakische Siedlung15. Also ist die soeben beschriebene Fundsi-tuation derjenigen von Ulpia Traiana Sarmizegetusa ähnlich.

5 Floca 1973.

6 Als wir in den 90er Jahren diese Steine gesucht haben, waren sie im Museum nicht mehr zu finden. Gleichfalls gab es kein weiteres schriftliches Zeugnis darüber.

7 Über sein Leben und seine Leistungen siehe Lazăr 1982–1983 und Mărghitan 2013.

8 Ardevan 1998, 43 Anm. 146.

9 Horedt 1958, 133–143; Rusu 1971, 201; Rusu 1978, 162–163.

10 Horedt 1958, 141; Rusu 1978, 163.

11 Horedt 1958, 141.

12 Mündliche Mitteilung vor ungefähr 30 Jahren des Dr. M. Rusu (1928–1999; siehe Glo-dariu 1998 und Stanciu 1998), dem wir nochmals unsere Dankbarkeit ausdrücken. Leider ver-starb er, ohne die Ausgrabungen von Moldoveneşti veröffentlicht zu haben.

13 Horedt 1958, 138. 141–142.

14 Horedt 1958, 142; RepCluj, 283.

15 RepCluj, 283.

Ein dritter Fall bleibt sehr unsicher. Es geht um die mittelalterliche Festung von Dăbâca (ung. Doboka) bei Cluj-Napoca/Klausenburg. Diese Anlage ist in mancher Hinsicht der Burg von Moldoveneşti ähnlich und datiert aus derselben Zeit. Auch an diesem Platz wurden wichtige archäologische Forschungen durchgeführt, die aber nur vorläufig veröffentlicht worden sind16. Unter den Steinblöcken der Umfassungsmauer habe ich selbst als Student im Sommer des Jahres 1972 ein Stück eines rechteckigen Kalksteins mit schwalbenschwanzförmigen Schlitzen gesehen. Leider habe ich diese Beobachtung nicht schriftlich festgehalten, d. h. dass diese Information nicht mehr eindeutig belegt werden kann. Immerhin sei bemerkt, dass in Dăbâca weder dakische noch römische Spuren nachgewiesen sind; jedoch befindet sich der Ort in der Nähe der antiken Römerstadt Napoca17.

Somit sind zwei, eventuell sogar drei Fälle zu verzeichnen, in denen Steinblöcke entdeckt wurden, die zwar denen des murus Dacicus sehr ähneln, deren Deutung als dakische Bauelemente aus den angeführten Gründen aber höchst unwahrscheinlich ist. Was diese Steinblöcke in Wirklichkeit darstellen dürften, darauf wurde ich zufäl-ligerweise von dem berühmten Professor Robert Etienne aus Bordeaux aufmerksam gemacht. Als dieser in Sarmizegetusa archäologische Forschungen in Zusammenar-beit mit der Universität zu Klausenburg betrieb18, hat er auch nach Gewichtssteinen antiker Kelteranlagen gesucht und hierzu traditionelle bäuerliche Weinpressen der Neuzeit überprüft. Bei dieser Gelegenheit bin ich darauf aufmerksam geworden, dass die Kelteranlagen der Römerzeit steinerne Gegengewichte (lat. stelae19) besaßen, die den dakischen Steinblöcken sehr ähnlich sehen20 — ein gutes Beispiel bieten entspre-chende Entdeckungen aus Caesarea in Mauretanien21. Erst viel später dann, als ich die Fachliteratur des Forschungsfeldes einsehen konnte, habe ich mich davon überzeugt, dass solche Steinblöcke zu römischen Kelteranlagen gehört haben dürften.

Die antiken Zivilisationen rund um das Mittelmeer stützten sich weitgehend auf eine spezifische Form der Landwirtschaft, in deren Mittelpunkt die Produktion von Weizen, Olivenöl und Wein stand22. Wein- und Ölpressen bildeten daher unverzicht-bare Apparate der Landwirtschaft. Die Erforschung solcher Anlagen im antiken Mit-telmeerraum ist in der modernen Forschung mittlerweile weit fortgeschritten. Es gibt wichtige synthetische Arbeiten zu diesem Thema23. Seit Jahrzehnten wurden viele solche torcularia entdeckt, ausgegraben und sorgfältig untersucht24. Ihre

16 Pascu et al. 1968; Gáll 2013, 160–163.

17 RepCluj, 174–178.

18 Piso 2006, 9–10.

19 Baratta 2005, 47 (das Wort erscheint bei Plin. nat. hist. 18, 317).

20 Ardevan 1998, 43.

21 Leveau 1984, 429–434 und Abb. 231.

22 Siehe z. B.: Amouretti / Brun 1993; Celestino 1995; Celestino 1999; Frankel 1999;

Etienne / Mayet 2000; Brun 2004.

23 Eine kleine Auswahl: Saglio 1907; Jardé 1919; Drachmann 1932; Bruneau 1984;

Gonzalez Blanco 1993; Jameson 2001; Lewit 2012.

24 Neuere Synthesen: Baratta 2005; Peña Cervantes 2010.

schen Spuren sind zwar zahlreich, aber manchmal nur schwer bemerkbar ; trotzdem ist heute eine riesige Zahl solcher Befunde bekannt, die selbstverständlich nur einen geringen Prozentsatz der ehemaligen Anlagen darstellt26.

Zu den vergleichsweise gut erkennbaren Überbleibseln der antiken torcularia ge-hören die großen Keltersteine, die beim Pressen als Gegengewicht dienten27. Solche Steine sind besonders für den älteren Keltertyp, die so genannte Baumkelter (Taf. 22, Abb. 9), unverzichtbar gewesen28. Oftmals bestanden sie aus parallelepipedonförmi-gen Kalksteinblöcken, die manchmal auch Nuten bzw. Schlitze in Form eines Schwal-benschwanzes zeigen29. Das heißt, dass sie den „dakischen Steinblöcken“ sehr ähnlich sind (s. auch Taf. 19–21, Abb. 5–8), und dass man beide sehr leicht miteinander ver-wechseln kann.

Kelteranlagen der Römerzeit wurden bisher sowohl im westlichen europäischen Mittelmeerraum als auch in Nordafrika, in der Levante und vor allem im Moseltal ausführlich erforscht30. Im nördlichen Europa bzw. in den dortigen Limesprovinzen wurden hingegen kaum Bestrebungen in dieser Hinsicht entwickelt. Die Entdeckun-gen von torcularia bleiben in diesen Regionen spärlich, und es gibt keine als solche veröffentlichten Keltersteine31. Wir vermuten, dass es sich lediglich um eine Lücke im Kenntnisstand handelt, die aus mangelndem Interesse oder ungenügender Auf-merksamkeit seitens der bisherigen Forschung resultiert. Da auch in solchen europäi-schen Provinzen, für die noch keine entsprechenden Befunde vorliegen, in römischer Zeit zumindest zeitweise Wein erzeugt worden ist, ist kaum zu bezweifeln, dass wei-tere Forschungen Überbleibsel von torcularia mit Keltersteinen ans Licht bringen werden.

Der Fall des römischen Dakien nährt diesen Verdacht. Die Agrargeschichte der Provinz ist noch immer zu wenig erforscht32. Es ist bemerkenswert, dass in der Fach-literatur bislang nur einige Dutzend Villen erwähnt werden, von denen nur wenige umfassend ausgegraben und publiziert worden sind33. In den relevanten Studien zur Thematik finden wir kein torcular bzw. steinernes Gegengewicht einer Kelter er-wähnt34; lediglich eine cella vinaria35 in der Nähe der Stadt Potaissa wurde

25 Man entdeckt sie fast nie in situ, sondern als Streufunde oder eben als spolia (Baratta 2005, 96).

26 Baratta 2005, 133–135.

27 Baratta 2005, 75; Peña Cervantes 2010, 43.

28 Callot et al. 1986; Krier 1992; Frankel 1993; Morandini 1997; Baratta 2005, 43, 55–57, 67, 75, 86, 96, 98–99; Peña Cervantes 2010, 43, 70–72, 96–98, 117–118.

29 Baratta 2005, 98, 99; Peña Cervantes 2010, 71, 117; Lewit 2012, 138–142.

30 Baratta 2005, 22, 99.

31 In Obermoesien z. B. kennt man bisher nur zwei torcularia und keinen Kelterstein (Pilipović 2013, 27). Siehe auch Dyczek 2007 für Niedermoesien.

32 Gudea 2008, 21–28; eine gute Synthese auch bei Oltean 2007.

33 Gudea 2008, 115–122; siehe auch Şandru 1999.

34 Gudea 2008, 33–34, 39, 42, 68–69.

35 Peña Cervantes 2010, 33 (sie bildet eine Sonderabteilung eines torcular).

lich erforscht36. Es verwundert daher auch nicht, dass die Keltersteine bislang nie als solche erkannt wurden, umso mehr, als die Fachleute geneigt waren, sie als „dakische Steinblöcke“ zu deuten.

Wir vermuten also, dass die zwei, vielleicht auch drei oben erwähnten Beispiele von „dakischen Steinblöcken” in Wirklichkeit Steingewichte von römischen Kelteran-lagen darstellen. Sie dürften das Vorhandensein solcher AnKelteran-lagen in den ruralen Zonen des römischen Dakien bezeugen. Diese Erkenntnis wirft ein neues Licht auf die Ent-wicklung der römisch-dakischen Landwirtschaft, die damit den anderen Provinzen viel ähnlicher wäre37. Da in Nord- und Mitteleuropa kein Olivenanbau in Frage kommt, ist anzunehmen, dass die Keltern Dakiens der Gewinnung entweder von Wein oder aber anderer Öle dienen sollten38.

Ungeachtet der hier behandelten möglichen Fälle bliebe aber die Zahl der nach-weisbaren Kelteranlagen im römischen Dakien immer noch sehr gering. Und die Situation in anderen nord- und mitteleuropäischen Provinzen ist ähnlich39. Um dies zu erklären, ließe sich etwa mutmaßen, dass der Gegenstand in diesen Gebieten noch nicht ausreichend erforscht ist, oder dass die Gewichtsteine der Pressen später für andere Zwecke wiederbenutzt wurden40. Die strukturelle Differenz zu anderen Regio-nen des Reiches bliebe aber bestehen, was für sich genommen wenig plausibel ist41. Das heißt, dass ein weiterer Grund zu suchen ist, der die geringe Zahl von Kelteranla-gen in Dakien und anderen nördlichen Limesprovinzen erklären könnte.

Die neueren Forschungen haben gezeigt, dass Kelteranlagen nur dort anzutreffen sind, wo Produktion für einen größeren Absatzmarkt intendiert war42. Man könnte sogar sagen, dass sie einen Indikator für solche ökonomischen Strukturen darstellen.

Nun ist aber gewiss, dass es im römischen Dakien keine ausgedehnten latifundia gab, wie sie in anderen Teilen des Reiches vorkamen43; deshalb wurden aus der Gesell-schaft dieser Provinz auch so gut wie keine Mitglieder in den Senatorenstand beför-dert44. Die Güter der römisch-dakischen Elite dürften somit wesentlich bescheidene-ren Umfangs gewesen sein. Dies gilt auch für andere europäische Limesprovinzen,

36 Cătinaş / Bărbulescu 1979.

37 Die in Dakien bemerkten Steinblöcke sollen zu Baumkeltern bzw. Haspelbaumkeltern gehört haben. Diese Typen wurden häufiger im Ostmittelmeerraum als im Westen benutzt (Peña Cervantes 2010, 45–46).

38 Baratta 2005, 131–132. Es ist äußerst schwer, die Kelter nach ihrem Nutzen zu trennen, da sie die gleiche Struktur hatten; siehe Baratta 2005, 69. 123–132. 137.

39 Keine Belege bei Baratta 2005, 22. Siehe auch: Matijasić 1993; Savvonidi 1993;

Dyczek 2007; Pilipović 2013.

40 Baratta 2005, 96; Peña Cervantes 2010, 72.

41 Es sei daran erinnert, daß in Gallien ungefähr 105 mit Kelteranlagen ausgerüstete Sied-lungen, bzw. nur in der Gegend von Cherchell (Nordafrika) 55 solche Ortschaften bekannt sind (Baratta 2005, 99). Darüber hinaus gibt es je ein paar hundert ähnliche Entdeckungen in Italien (Baratta 2005, 133, 145–268) und in Hispanien (Peña Cervantes 2010, 71–72. 158–184).

42 Baratta 2005, 136; Peña Cervantes 2010, 40.

43 Piso 1995, 441–444; Ardevan 1998, 218–221.

44 Piso 1993, 325; Ardevan 1998, 220.

die hinsichtlich der sozio-ökonomischen Strukturen ein ähnliches Bild bieten . Viel-leicht trägt also die eher geringe Ausdehnung von Grundbesitz zumindest eine Mit-schuld daran, dass die Kelteranlagen in diesen Provinzen nicht so gut vertreten sind.

Nicht zufällig stammen die oben erwähnten mutmaßlichen Keltersteine aus der Nachbarschaft wichtiger Städte Dakiens46. Deren Markt dürfte die Weinproduktion in großem Stil attraktiv gemacht haben. Es ist auch erkennbar, dass die Keltern im römi-schen Dakien denen aus Norditalien ähnlich sind47, eine Eigenschaft, die nochmals die besondere Rolle dieser Region für die Entwicklung desrömischen Dakien unter-streicht48. Es hat somit den Anschein, dass in Dakien durchaus römische Kelteranla-gen existiert haben, wenn auch in geringerer Zahl als in den Westprovinzen. Die zu-künftigen Forschungen sollen diese Hypothese überprüfen.

Zuletzt eine Bemerkung zu einem weiteren Aspekt der Thematik. Die Mehrheit der Keltersteine in den westlichen Provinzen besteht aus zylinderförmigen, manchmal mit Nuten oder Rinnen ausgerüsteten Gegengewichten. Solche Steinblöcke weisen immer ein rundförmiges Loch auf der Oberseite auf. Offenkundig wurden sie in Spin-delkeltern verwendet49 (siehe Taf. 21–22, Abb. 8, 10). Allerdings gelang die Erkennt-nis, dass es sich hierbei um Keltersteine handelt, der Forschung erst ziemlich spät, nach vielen Fehleinschätzungen.50. Dieser fortgeschrittene Typ von Kelter ist bisher in den Donauprovinzen nicht nachgewiesen. Aber derartige Steinblöcke sind in man-chen römerzeitliman-chen Siedlungen von Dakien öfter anzutreffen; die Archäologen be-trachten sie allerdings stets als Fragmente von Säulen51. Unseres Erachtens ist es durchaus möglich, dass zumindest einige dieser Steinblöcke Gegengewichte aus Spindelkeltern darstellen. Deshalb denken wir, dass eine erneute Überprüfung dieser vernachlässigten Evidenz notwendig wäre. Eine solche Studie könnte weiteren Auf-schluss über die Wein- und Ölgewinnung im römischen Dakien erbringen.

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45 Alföldy 2004, 217–219.

46 Siehe Ardevan 1998, 74–81. 188–207 (Sarmizegetusa). 55–61. 182–183 (Potaissa). 61–

65. 183–187 (Napoca).

47 Baratta 2005, 134, 137.

48 Ardevan 1998, 348.

49 Baratta 2005, 97. 98. 132–137; Peña Cervantes 2010, 43–46; Lewit 2012, 144–146.

50 Liverani 1987, 122–125; Morandini 1997, 198–200; Baratta 2005, 97.

51 Aus persönlicher Erfahrung kann ich behaupten, dass solche Stücke oft nicht bemerkt oder veröffentlicht wurden.

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