• Keine Ergebnisse gefunden

Mahlers politische Aktivitäten vom SDS zur APO Mahler war bis zu seiner Übersiedlung nach Berlin (West) Mitglied

Seine Entwicklung vom Linksterroristen zum Rechtsextremisten

2.1 Mahlers politische Aktivitäten vom SDS zur APO Mahler war bis zu seiner Übersiedlung nach Berlin (West) Mitglied

der sozialistisch ausgerichteten FDJ (Freie Deutsche Jugend).

Während seiner Studienzeit war Mahler von 1955 bis 1956 vor-übergehend Mitglied der schlagenden Verbindung "Thuringia".

Im Jahre 1956 trat er der Sozialdemokratischen Partei Deutsch-lands (SPD) bei und leitete von 1958 bis 1959 die Arbeitsgemein-schaft der Jungsozialisten (Jugendorganisation der SPD) in Ber-lin-Charlottenburg.

102 Vgl. DR. MUNZINGER, Ludwig: Artikel: Horst Mahler, in: Munziger-Archiv/Internationales Biographisches Archiv – Lieferung 38/98 P013471-4, Munzinger Archiv GmbH, Archiv für publizistische Arbeit Ravensburg.

Seit 1959 arbeitete Mahler im Sozialistischen Deutschen Studen-tenbund (SDS)103 mit. Im November 1961 erließ der Parteivor-stand der SPD einen Unvereinbarkeitsbeschluß, wonach alle SDS-Mitglieder aus der SPD ausgeschlossen wurden. Mahler ent-schied sich weiterhin im SDS zu verbleiben und wurde somit im Februar aus der SPD ausgeschlossen.104

1962 erklärte er in einem vor dem SDS gehaltenen Referat mit dem Titel "Die Aufgaben der sozialistischen Linken in West-deutschland" seine politischen Ansichten:

Das Ziel der sozialistischen Linke sei demnach die Umgestaltung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung durch die Vergesell-schaftung der Produktionsmittel gegen den Widerstand der be-sitzenden Klassen. Die gegenwärtige Aufgabe der Sozialisten sei es, die Bevölkerung über die tatsächlichen gesellschaftlichen Zusammenhänge aufzuklären und somit zur politischen Bewußt-seinsbildung beizutragen.

Das Ergebnis wäre die bewußte Ablehnung wenigstens einzelner Erscheinungen des bestehenden Systems und das Streben nach einer politischen Alternative.

Die Sozialdemokratie würde nur vortäuschen eine Alternative zu sein, sie hätte die Bildung eines sozialistischen Flügels nicht zu-gelassen, dieses müsse der Arbeiterschaft deutlich gemacht

103 Sozialistischer Deutscher Studentenbund (SDS) wurde 1947 als Stu-dentenverband der SPD gegründet, vertrat zunächst eine demokra-tisch-rechtsstaatliche Haltung. Nach dem Godesberger Programm der SPD 1959 begannen sich im SDS jene politischen Kräfte rasch durchzusetzen, die den Verband in eine radikale Opposition gegen die Sozialdemokratie drängten. Im November 1961 erließ der Partei-vorstand der SPD daraufhin einen Unvereinbarkeitsbeschluß, wo-nach alle SDS-Mitglieder aus der SPD ausgeschlossen wurden. Da-nach radikalisierte sich der SDS noch mehr und vertrat eindeutig eine linksextremistische Zielsetzung. Aktivitäten von Teilen seiner Kräf-te mündeKräf-ten in die jugendliche ProKräf-testbewegung und die außer-parlamentarische Opposition. Innere Gegensätze führten 1970 zur endgültigen Auflösung.

104 Vgl. DR. MUNZINGER, Ludwig: Artikel: Horst Mahler, in: Munziger-Archiv/Internationales Biographisches Archiv – Lieferung 38/98 P013471-4, Munzinger Archiv GmbH, Archiv für publizistische Arbeit Ravensburg.

werden. Die Sozialdemokratie müsse zerschlagen werden, um die Kräfte für eine sozialistische Bewegung freizusetzen.105

"Die sozialistische Bewegung hat nur dann eine Zukunft, wenn sich die Sozialisten von den opportunistischen und bürgerlichen Elementen säuberlich und unwiderruflich trennen, d.h. wenn die SPD zerschlagen wird".106

Es müsse eine Sammlungsbewegung für alle sozialistischen Kräf-te, losgelöst von den Gruppenrivalitäten, gebildet werden, die als Keim einer neuen politischen Arbeiterbewegung in West-deutschland betrachtet werden könne. Zu den Mitgliedern der sozialdemokratischen Organisationen sollen Kontakte aufge-nommen werden, um das notwendige politische Wissen zu ver-mitteln.

Außerdem müsse die Zusammenarbeit mit allen demokratischen Gruppen, die gegen den zunehmenden Abbau der bürgerli-chen Freiheiten kämpfen, gesucht werden. Ein dichtes Informa-tionsnetz würde die Kommunikation innerhalb der Bewegung wesentlich verbessern.107

Im Jahre 1966 ergänzte Mahler diese Ausarbeitung:

Die heutige Aufgabenstellung müsse wesentlich breiter angese-hen werden, aufgrund der erheblicangese-hen Zunahme der Außer-parlamentarischen Opposition, die sich überwiegend außerhalb der etablierten Parteien vollziehe. Der Strom der Unzu-friedenen solle teilweise in eine soziale Linksopposition umge-leitet werden.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sei die Haupt-aufgabe, die Or-ganisation handlungsfähiger politischer Grup-pen aufzubauen und sie in einem groben System zusammen-zufügen. Für den Übergang von der kapitalistischen zur sozialistischen Gesell-schaftsordnung sei es entscheidend, daß sich die Massen au-ßerhalb der bürgerlichen Strukturen organi-sieren. Die

105 Vgl. MAHLER, Horst: Die Aufgaben der sozialistischen Linken in West-deutschland, Schrift wurde innerhalb des SDS verbreitet, 1962.

106 Zit. n. MAHLER, Horst: Die Aufgaben der sozialistischen Linken in Westdeutschland, Schrift wurde innerhalb des SDS verbreitet, 1962.

107 Vgl. MAHLER, Horst: Die Aufgaben der sozialistischen Linken in West-deutschland, Schrift wurde innerhalb des SDS verbreitet, 1962.

zelung der sozialistischen Partei in den Massen sei dabei unbe-dingt notwendig.108

Am 28.November 1966 wurde die Novembergesellschaft (Novges)109 gegründet, Mahler gehörte zu den Gründungsmit-gliedern.

Am 30.April 1967 gründete sich auf Initiative der Novges der Re-publikanische Club (RC)110. Horst Mahler gehörte zu den Grün-dungsmitgliedern und war bis zum Dezember 1970 dessen Vor-standsmitglied.

Zudem gehörte er der Republikanischen Club GmbH & Co., dem wirtschaftlichen Träger des RC, als Kommanditist an. Ferner war Mahler Mitbegründer und Gesellschafter des Berliner Extra-Dienstes (BED)111.

Gleichzeitig mit seinem Aufstieg als Anwalt der APO (siehe Kapi-tel 2.3) wurde Horst Mahler auf dem politischen Sektor aufgrund seines Intellekts und seiner Beredsamkeit zu einem maßgebli-chen Aktivisten der "antiautoritären Studentenbewegung".

Besonders in der Hochzeit der APO (1967 und 1968) beteiligte sich Mahler an zahlreichen Veranstaltungen, Demonstrationen und Aktionen der APO. Die Aktivitäten der APO richteten sich, abgesehen von hochschulpolitischen Belangen, vorrangig ge-gen den Krieg der USA in Vietnam, die Notstandsgesetzgebung und die Konzentrationserscheinungen im Pressewesen

108 Vgl. MAHLER, Horst: Anmerkung zur Ausarbeitung: Die Aufgaben der sozialistischen Linken in Westdeutschland, Schrift wurde innerhalb des SDS verbreitet, 1966.

109 Die Novges wurde seinerzeit von Sozialisten unterschiedlichster Prä-gung, vorwiegend jedoch von Mitgliedern des SDS, gegründet und verstand sich als "marxistischer Kader" innerhalb der "antiautoritären Bewegung". Ihre Mitglieder betrachteten die Gründung als Antwort auf die Bildung der Großen Koalition aus SPD und CDU/CSU 1966.

110 Der Republikanischen Club (RC), Treffpunkt für viele Westberliner Linke, war ein Forum zur Diskussion politischer und kultureller Proble-me. Er diente den Anhängern der APO als Kontakt- und Kommunika-tionszentrum.

111 Der Berliner Extra-Dienst (BED) erschien erstmalig Anfang 1967. Zu-mindest bis Ende 1968 kann er als Informationsträger der APO und darüber hinaus als Organ des RC bezeichnet werden. Der BED wur-de mit Hilfe wur-der SEW gegrünwur-det und vertrat zuminwur-dest in wur-den Jahren 1971 bis 1975 auch Positionen der SEW.

ger-Kampagne"). Durch sein bürgerlich-konservatives Erschei-nungsbild, mit Hut und Regenschirm, fiel Mahler innerhalb der Bewegung auf.112

Im Zusammenhang mit diesen Aktionen geriet er wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt. Gegen Mahler wurden zahlreiche Er-mittlungsverfahren, u. a. wegen Verdachts der Aufforderung zum Ungehorsam oder zu strafbaren Handlungen, gefährlicher Körperverletzung, Nötigung, Beleidigung, Begünstigung, Auf-laufs, Landfriedenbruchs und Hausfriedenbruchs, angestrengt.

Aufgrund der Generalamnestie des Straffreiheitsgesetzes von 1970 kam es zu keiner Verurteilung dieser Delikte.

Im Juni 1968 verfaßte Mahler ein Thesenpapier zum Thema "Die Krise der Außerparlamentarischen Opposition im Sommer 1968 – und wie man sie überwindet":

Darin behauptet Mahler, daß die APO sich nicht in einer Krise befinde, sondern lediglich "Wachstumsbeschwerden" habe, weil sich diese massenhafte Opposition in kurzer Zeit gebildet habe.

Man müsse die kommunistischen Theorien an die derzeitige Si-tuation anpassen und feststellen, daß die Arbeiter noch weit entfernt seien von ihrem Klassenbewußtsein. Die Studenten da-gegen hätten ein politisches Bewußtsein erlangt und würden daher die kapitalistische Gesellschaftsordnung insgesamt in Fra-ge stellen. Die sozialistische Politik sei nicht zwinFra-gend an die re-volutionären Kräfte der Arbeiter gebunden. Die Massenbasis der APO stelle eine bedeutende politische Kraftreserve dar, aber bisher sei es noch nicht gelungen, daraus eine kontinuierliche politische Bewegung zu erreichen. Deshalb müsse eine Organi-sationsstruktur erschaffen werden, auch wenn die antiautoritäre Einstellung der APO sich dagegen widerstrebe. Die Unterwderung der bestehenden Institutionen durch Mitglieder der an-tiautoritären Bewegung solle weiterhin erfolgen, weil diese Insti-tutionen dadurch in eine schwere Krise geraten und somit die Umwälzung der kapitalistischen Gesellschaft beschleunigen würden. Die politische Organisation der Arbeiterklasse in einer proletarischen Klassenpartei sei derzeit nicht möglich, weil die

112 Vgl. BUTZ, Peter: RAF Terrorismus in Deutschland, Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart 1991, S. 71.

Arbeiterklasse noch nicht ihr proletarisches Klassenbewußtsein erreicht habe. 113

2.2 Der Tod von Benno Ohnesorg und das Attentat auf