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2 Literaturübersicht

2.2 Implantatmaterialien

2.2.3 Resorbierbare Implantate

2.2.3.2 Magnesium

Magnesium ist ein essentieller Mineralstoff, der innerhalb des Organismus kontinuierlich reguliert wird (VORMANN 2003).

Etwa die Hälfte des Magnesiumanteils im menschlichen Körper ist im Knochen lokalisiert. Ein weiterer Anteil ist in verschiedenen Organen und in geringem Maße im Blutplasma zu finden (WACKER 1980; TOPF u. MURRAY 2003). Magnesium ist ein wichtiger Cofaktor für Enzym-Substrat-Wechselwirkungen und stabilisiert Zwischenprodukte (WOLF u. CITTADINI 2003). Weiterhin ist das Element für die neuromuskuläre Reiz- und Erregungsübertragung zuständig (WACKER 1980;

ANDERS 1986). Das Hauptausscheidungsorgan des Elementes sind die Nieren (TOPF u. MURRAY 2003).

Die Ursachen von Hypomagnesämien können sowohl extrarenal, insbesondere bei Vorliegen enteraler, aber auch kutaner und osseärer Erkrankungen liegen. Renale Störungen, wie tubuläre Dysfunktionen oder ein gesteigerter tubulärer Fluss können ebenfalls Magnesiummangel auslösen. Ein Magnesiummangel allein ist häufig asymptomatisch bzw. schwierig abzuklären, da er oft von Hypokaliämien, Hypocalcämien und Hyponatriämien begleitet wird (MARTIN 1998; TOPF u.

MURRAY 2003).

Durch die hohe Ausscheidungsfähigkeit der Nieren kommen Hypermagnesämien relativ selten vor (HARRISON u. FAUCI 1998). Schwere Symptome wie Arrythmien, Schwächeanfälle bis hin zu Paralysen, Atem- oder Herzstillstand werden nur im Rahmen therapeutischer, intravenöser Applikation erreicht (HERMANS et al. 1996;

KNOCHEL 1998).

Magnesium als Leichtmetall besitzt mit 1,74 -2,0 g/cm3 eine um 1,6 bzw. 4,5 mal geringere Dichte als Aluminium bzw. Stahl (KAMMER 2000). Sein Vorteil als Osteosynthesematerial besteht in den günstigen Druck- und Zugfestigkeiten, sowie in dem Elastizitätsmodul (41-45 GPa), welcher der Knochenkortikalis im Vergleich zu den anderen metallischen Implantaten am nächsten kommt (KAMMER 2000; KAESE 2002; STAIGER et al. 2006).

Die Möglichkeit von Magnesium zu korrodieren ist essentiell, um als degradables Implantatmaterial eingesetzt zu werden. Allerdings ist die sehr starke Korrosionsanfälligkeit des Materials auch sein Hauptschwachpunkt (STAIGER et al.

2006). Als Korrosion wird die Reaktion eines metallischen Werkstoffes mit seiner Umgebung bezeichnet, die eine messbare Veränderung des Werkstoffes bewirkt und zur Beeinträchtigung der Funktion des mechanischen Bauteils führen kann (Kammer 2000).

Unter atmosphärischen Bedingungen bildet Magnesium an der Oberfläche eine weiße, kristalline Magnesiumhydroxidschicht aus, die innerhalb einer relativ weiten pH-Wert-Spanne einen gewissen Korrosionsschutz bieten kann (SONG u. ATRENS 1999). In chloridhaltigen Medien und somit ebenso in menschlicher Körperflüssigkeit und Blutplasma zeigen Magnesium und seine Legierungen eine relativ rasche Korrosion (SONG u. ATRENS 1999; SONG u. ATRENS 2003). Der Korrosionswiderstand wird zusätzlich herabgesetzt, wenn eine Magnesiumlegierung spezifische, metallische Verunreinigungen, insbesondere Eisen, Nickel und Kupfer enthält (SONG u. ATRENS 1999; WITTE et al. 2007b).

Die Gesamtreaktionsgleichung der Magnesiumkorrosion in wässriger Lösung lautet:

Mg + 2H2O → Mg(OH)2 + H2 (MAKAR u. KRUGER 1993).

Im Rahmen der Korrosion entstehen Magnesiumhydroxid sowie freier Wasserstoff. In den meisten Fällen wird die Korrosion von Magnesium und Magnesiumlegierungen von Lochfraßkorrosion initiiert. Die Lochfraßkorrosion muss aber nicht ausschließlich in Form von Löchern auftreten, sondern kann ebenso flach und ausgedehnt erscheinen (SONG u. ATRENS 1999). Die Morphologie der Korrosion hängt dabei von der Legierungszusammensetzung sowie von den Umgebungsbedingungen ab.

Die Korrosionsrate von Magnesiumlegierungen liegt im Allgemeinen zwischen der von Aluminium und unlegiertem Stahl (SONG u. ATRENS 1999).

Neben positiver werkstofftechnischer Beeinflussung des Basiswerkstoffes sollten auch die Legierungskomponenten über eine gute Biokompatibilität verfügen (LI et al.

2008).

Bereits die Zulegierung von wenigen Zehntel-Prozenten Calcium erhöht den Korrosionswiderstand von Magnesium (KAESE 2002). Calcium kommt als essentielles Mengenelement im Körper und natürlicherweise im Knochen vor (KANNAN u. RAMAN 2008). Im Zusammenspiel von Calcium und Magnesium wird bezüglich der Knochenheilung ein positives Ergebnis erwartet, da Magnesium ein essentielles Element für den Einbau von Calcium in den Knochen ist (SERRE et al.

1998; LI et al. 2008). Bei Testung einer Magnesiumlegierung mit einem Prozent Calcium konnte während Zytotoxizitätstests keine toxische Auswirkung auf die Zellen beobachtet werden (LI et al. 2008). Andere Ergebnisse fanden dagegen BRAUN et al. (2007). Sie testeten reines Magnesium, eine Legierung mit 0,8 wt% Calcium und eine Legierung mit 3 wt% Aluminium und 0,8 wt% Calcium in Zellkulturexperimenten an Fibroblasten und Keratinozyten. Magnesium zeigte dabei in Konzentrationen über 10 mmol/l eine zytotoxische Wirkung. Calcium und Aluminium erwiesen sich in Konzentrationen von ca. 10 bzw. 0,1 mmol/l als zellschädigend.

Magnesium-Calcium-Legierungen wurden sowohl in vitro (KANNAN u. RAMAN 2008;

LI et al. 2008) als auch in vivo (KRAUSE 2008; LI et al. 2008; VON DER HÖH 2008) untersucht. Während KANNAN (2008) in vitro eine signifikante Erhöhung des Korrosionswiderstandes feststellte, wurden in in vivo Untersuchungen über eine deutlich erkennbare Degradation der Legierungen, teilweise in Verbindung mit einer Gasbildung (LI et al. 2008, VON DER HÖH 2008) berichtet.

Das Leichtmetall Aluminium kam innerhalb der Magnesiumforschung bereits häufig zum Einsatz (VERBRUGGE 1934; MCBRIDE 1938; ZNAMENSKII 1945;

REIFENRATH 2005; SWITZER 2005; WITTE et al. 2006; HUANG et al. 2007;

KRAUSE 2008; PARDO et al. 2008) und wird als eine der wichtigsten Legierungskomponenten angesehen (KAESE 2002). Aluminiumgehalte von 1-9 wt%

gelten als korrosionsschützend, wobei die Schutzwirkung mit steigendem Aluminiumgehalt erhöht wird (KAESE 2002).

Nach SONG et al. (2007) ist die Biokompatibilität dieses Elementes allerdings als gering anzusehen. Aluminium ist in hohen Konzentrationen als neurotoxisch bekannt und wird mit neurologischen Störungen wie Demenz, seniler Demenz und der Alzheimer-Krankheit in Verbindung gebracht (EL-RAHMAN 2003; LI et al. 2008).

Nach UNGETHÜM u. WINKLER-GNIEWEK (1984) verhält es sich jedoch selbst nach Aufnahme großer Mengen physiologisch neutral und wird vom Gewebe außerordentlich wenig absorbiert. Während in früheren Arbeiten bei Zulegierung von Aluminium über sehr rasche Korrosionsraten berichtet wurde (VERBRUGGE 1934;

MCBRIDE 1938; ZNAMENSKII 1945), zeigen neuere Studien insbesondere durch Zulegieren weiterer Elemente wie Zink (HUANG et al. 2007; PARDO et al. 2008) oder Seltene Erden (SWITZER 2005; KRAUSE 2008) eine verlangsamte Degradationsrate im Vergleich zu Reinmagnesium bzw. zu Vergleichslegierungen.

Das Legierungselement Lithium wird ebenfalls eingesetzt um die Korrosion von Magnesium zu verringern (HAFERKAMP et al. 2001; KAESE 2002).

Lithium besitzt eine wichtige therapeutische Funktion bei Behandlung von manisch-depressiven Erkrankungen sowohl bei akuter Problematik als auch zur Erhaltungstherapie. Ein Zusammenhang mit Teratogenität, Nierentoxizität und Manie wird diskutiert (MCINTYRE et al. 2001). Sowohl in vitro (HAFERKAMP et al. 2001) als auch in vivo (SWITZER 2005; KRAUSE 2008) zeigten lithiumhaltige Legierungen im Vergleich zu Reinmagnesium und Vergleichslegierungen eine verbesserte Korrosionsbeständigkeit.

Seltene Erden, wie Cer, Neodym oder Lanthan können als Legierungsbestandteil von Magnesium ebenfalls den Korrosionswiderstand erhöhen (SWITZER 2005; WU et al. 2005; KANNAN u. RAMAN 2008; KRAUSE 2008). Zur Wirkung und Toxizität der Seltenen Erden gibt es kontroverse Berichte. WELLS UND WELLS (2001) fassten in einem Buchkapitel diverse Studien über deren akute und chronische Toxizität zusammen. Bezüglich der Wirksamkeit der Seltenen Erden auf

Knochengewebe konnten bei einem Fütterungsversuch über sechs Monate sogar ein knochenprotektiver Effekt sowie eine positive Beeinflussung der Knochendichte nachgewiesen werden (FELDHAUS 2006). SONG (2007) hält die Anwendung Seltener Erden als Legierungselement in geringen Mengen für gut tolerierbar.

Bei Implantation von Seltene-Erden-haltigen Legierungen (LAE442 und WE43) im Meerschweinchen (SWITZER 2005) und Kaninchenmodell (KRAUSE 2008) zeigten diese im Vergleich zu ebenfalls getesteten Magnesium-Aluminium-Zink-Legierungen (AZ31 , AZ91) bzw. einer Magnesium-Calcium-Legierung (MgCa0,8) eine langsamere Degradationsrate. Beide Arbeiten berichteten über unterschiedliche Morphologien der Implantatdegradation. Während bei WE43 sowohl über eine gleichmäßige Korrosion (SWITZER 2005) als auch über eine unregelmäßige Lochfraßkorrosion (KRAUSE 2008) berichtet wurde, degradierte die Magnesium-Lithium-Aluminium-Seltene Erden-Legierung LAE442 langsam und gleichmäßig.

Die Anfänge des Einsatzes von Magnesium-Implantaten zur Frakturversorgung sind zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu finden. Hierbei wurde reines Magnesium in Form einer Platte zur Versorgung einer Tibiafraktur beim Menschen angewandt. Die Platte wurde mit Stahlnägeln am Knochen fixiert. Durch die starke Korrosion des Reinmagnesiums hatte die Platte bereits nach einer Woche ihre Funktion verloren.

Weiterhin wurde eine starke Gasbildung festgestellt (LAMBOTTE 1932).

LAMBOTTE (1932) beurteilte die Einsatzmöglichkeit von Magnesium als Implantatmaterial kritisch und forderte ein stabileres, resorbierbares Material.

Über Versuche, die Korrosionsbeständigkeit durch Zulegieren verschiedener Elemente zu erhöhen, wurde bereits Mitte der Dreißiger Jahre berichtet.

VERBRUGGE (1934) setzte eine Magnesiumlegierung mit 8 wt% Aluminium ein.

Auch in diesem Fall wurde die zügige Resorption in Verbindung mit der Bildung von Gas beschrieben. Zu diesem Zeitpunkt wurde vermutet, dass es sich bei dem Gas um Wasserstoff handelte (LAMBOTTE 1932; VERBRUGGE 1934).

MCBRIDE (1938) setzte Platten und Schrauben einer Magnesium-Aluminium-Mangan-Legierung zur Frakturversorgung beim Menschen ein. Auch hier war eine zu schnelle Degradation in Verbindung mit der Entwicklung von Gas zu verzeichnen.

Außerdem wurde eine starke periostale Knochenproliferation festgestellt. McBride vermutete, dass die Absorptionsrate von Implantatmaterial im Rahmen von traumatisiertem Gewebe erhöht würde. Die Gasblasen wurden punktiert und das Gas analysiert. Als Hauptanteil wurde Stickstoff (80,6 %) nachgewiesen, Wasserstoff war nur mit 7,3 % vertreten.

Systemische Nebenwirkungen durch Magnesium konnten von den drei Autoren nicht festgestellt werden.

TROITSKII u. TSITRIN (1944) nutzten cadmiumhaltige Magnesiumlegierungen zur Versorgung diverser Frakturen beim Menschen. Die Implantatresorption fand relativ ungleichmäßig statt und schwankte zwischen drei Wochen und 12 Monaten. Als Ursache für die zum Teil sehr kurzen Degradationszeiten wurde ein pH-Wert-Abfall im Bereich einiger Frakturen genannt. Im Zuge dieser Untersuchung wurde außerdem von der Entstehung eines harten Kallusgewebes im Frakturbereich sowie von der Bildung von Wasserstoffgas berichtet. Platten, sowie zu deren Befestigung genutzte Pins aus Magnesium und zehn Gewichtsprozent Aluminium wurden von ZNAMENSKII (1945) zur Behandlung zweier Männer mit Schussverletzungen verwendet. Spätestens nach sechs Wochen waren sowohl Pins als auch Platten resorbiert.

NICOLE (1947) brachte Staub aus Reinmagnesium subkutan in die Tibia und die Muskulatur von Kaninchen und Hunden ein, um das Auftreten einer Metallose zu überprüfen. Es konnte überall eine Entzündung mit bindegewebiger Abkapselung festgestellt werden. Eine Metallose war im Weichteilgewebe zu finden. Ebenso trat Gasbildung im Weichteilgewebe auf.

1971 wurde erneut eine Magnesiumlegierung mit Cadmiumanteil in der Osteosynthese eingesetzt (STROGANOV et al.). Hierbei wurde über die geringe Freisetzung von Wasserstoffgas, aber über die starke Freisetzung des toxischen Cadmiums berichtet.

2005 wurden Magnesiumschwämme der Legierung AZ91 (9 wt% Aluminium, 1 wt%

Zink) hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Knorpelregeneration bei Knorpel-Knochendefekten im Kaninchenmodell getestet (REIFENRATH 2005; REIFENRATH et al. 2007; WITTE et al. 2007c).

Es konnte keine Verbesserung der Knorpelregeneration im Vergleich zur Kontrollseite mit einer osteochondralen Umkehrplastik festgestellt werden, wobei die schnelle Implantatdegradation und die damit verbundene Freisetzung von Korrosionsprodukten als Ursache postuliert wurde (REIFENRATH 2005;

REIFENRATH et al. 2007; WITTE et al. 2007c).

In der Arbeit von SWITZER (2005) wurden die Legierungen AZ31 (3 wt% Aluminium, 1 wt% Zink), AZ91, WE43 (4 wt% Yttrium, 3 wt% Seltene Erden) und LAE442 als stiftförmige Implantate (1,5 mm x 20 mm) intramedullär in die Femura von Meerschweinchen eingesetzt. Als Vergleichslegierung dienten Implantate aus Titan und PLA. Die Legierung LAE442 degradierte am langsamsten und gleichmäßigsten.

Nach 18 Wochen waren alle Implantate resorbiert (SWITZER 2005; WITTE et al.

2005; WITTE et al. 2006). Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen zeigten auf allen Implantaten eine calcium- und phosphatreiche Degradationsschicht (WITTE et al. 2005). Die Elemente der Seltenen Erden verteilten sich homogen innerhalb des Implantates und der Degradationsschicht, waren in der Implantatumgebung aber nicht mehr detektierbar (WITTE et al. 2005).

Auch während dieser Studien wurde das Auftreten von Gas nach einer Woche beschrieben, welches bei den Seltene Erden-haltigen Legierungen am geringsten war. Weiterhin wurde über eine Stimulation endostaler und periostaler Knochenneubildung mit deutlicher Verdickung der Femura berichtet.

Es konnte außerdem ein Anhaften von Knochen an die Implantatoberfläche beobachtet werden. Insgesamt wurde ein signifikant erhöhter Anteil an Knochengewebe im Vergleich zu den Polymerimplantaten beobachtet.

Bindegewebsansammlungen im periimplantären Bereich waren nur gering. Eine Überprüfung des Magnesiumgehaltes in verschiedenen Organen der Versuchstiere ergab keine erhöhten Konzentrationen (SWITZER 2005).

Eine weitere in vivo Studie beschäftigte sich mit der allergenen Wirkung der Magnesiumlegierungen AZ31, AZ91, WE43 und LAE442. Als Vergleichsmaterialien dienten Titan und PLA. Im Meerschweinchenmodell zeigte keine der Legierungen allergene Effekte (MEYER-LINDENBERG et al. 2003; WITTE et al. 2007a).

In einer Studie von WITTE et al. (2006) fand ein direkter Vergleich der in vitro und in vivo Korrosion der Legierungen AZ91 und LAE442 statt. Die Korrosionsraten in vivo erwiesen sich als um vier Zehnerpotenzen geringer als in vitro. Die Legierung LAE442 erwies sich in vitro als die korrosionsanfälligere Legierung, in vivo zeigte sie sich allerdings beständiger als AZ91. Auch SONG (2007) untersuchte unter anderem aluminiumhaltige und manganhaltige Magnesiumlegierungen, die zum Teil auch durch Anodisierung oberflächenbehandelt wurden, in SBF-Lösung. Als Ergebnis der Studie wurden 0,01 ml/cm2 pro Tag als tolerierbarer Wert an täglich freigesetztem Wasserstoff errechnet. Durch die Anodisierung der Oberfläche konnte eine Degradationsverlangsamung erreicht werden.

PARDO et al. (2008) untersuchten die Legierungen AZ31, AZ80 (8 wt% Al, 0,5 wt%

Zink) und AZ91 in physiologischer Kochsalzlösung. Im Laufe der Degradation entstand eine magnesiumhydroxidhaltige Korrosionsschicht.

Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen und EDX-Analysen stellten außerdem eine erhöhte Konzentration von Aluminium in der Schicht fest. Bei Testung der in vivo Degradation der Magnesiumlegierung AZ31B (1,92 wt% Al, 0,74 wt% Zn, <0,0003 wt% Eisen, 0,0003 wt% Nickel, 0,0028 wt% Kupfer) konnte im Vergleich zu reinem Magnesium eine geringere Degradationsrate nach Implantation in Kaninchenfemura ermittelt werden (HUANG et al. 2007).

In vitro und in vivo Studien mit Legierungen mit unterschiedlichen Calciumkonzentrationen (1-3 wt%) zeigten, dass sowohl der Calciumgehalt, als auch der Herstellungsprozess einen Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften von Implantaten haben (LI et al. 2008). Als bestes Material hatte sich die stranggepresste Magnesium-Calcium-Legierung mit 1 wt% Calcium herausgestellt. Sie zeigte auch in Zytotoxizitätstests das beste Ergebnis. Weiterhin berichteten LI et al. (2008) im Rahmen der Korrosion über die Ausbildung einer rissigen, mikroporigen Schicht aus Magnesiumhydroxid und Hydroxylapatit. Im Anschluss an die in vitro Tests wurden Mg-1Ca-Implantate in Kaninchenfemura implantiert und für ein bis drei Monate dort belassen. Als Kontrollmaterial wurden Titanimplantate verwendet. Die Magnesiumimplantate degradierten im Laufe der Implantationszeit und bildeten auch in vivo eine Magnesiumhydroxidschicht aus. Im Weichgewebe sowie um das

Implantat konnte jedoch eine Gasbildung beobachtet werden. Nach drei Monaten war außerdem eine verstärkte Knochenneubildung erkennbar. In histologischen Untersuchungen zeigte sich periimplantär im Vergleich zur Kontrollgruppe eine hohe Aktivität von Osteoblasten (LI et al. 2008).

Auch KANNAN (2008) prüfte die Auswirkung einer Zulegierung von 0,4 wt% Calcium bzw. 1 wt% Calcium zu Aluminium-Zink-Legierungen (AZ61, AZ91) auf den Korrosionswiderstand im Vergleich zu einer Aluminium-Zink-Legierung (AZ91) ohne Calciumzusatz in modifizierter SBF-Lösung. Er stellte dabei bei den calciumhaltigen Legierungen eine signifikante Erhöhung des Korrosionswiderstandes im Vergleich zu der calciumfreien AZ91-Legierung fest.

VON DER HÖH (2008) testete den Einfluss der Oberflächenbearbeitung von Magnesiumlegierungen auf deren Degradation in vivo. Hierzu wurden Magnesium-Calcium-Legierungen mit unterschiedlichen Calciumkonzentrationen zwischen 0,2 %-2,0 wt% verwendet. Zylinder mit rauer, glatter und gestrahlter Oberfläche wurden in die Femurkondylen von Kaninchen implantiert. Die Materialien wurden gut vertragen, verursachten aber auch hier eine geringe Menge an Gas. VON DER HÖH (2008) analysierte die Implantatdegradation auf µ-computertomographischen Schnittbildern anhand eines Scorings. Dabei wurde festgestellt, dass eine glatte Oberfläche den vorteilhaftesten Einfluss auf die Degradationsgeschwindigkeit der Implantate hatte, eine erhöhte Oberflächenrauheit dagegen zu einer schnelleren Implantatdegradation führte. Auch ein Einfluss der Implantatlokalisation konnte nachgewiesen werden.

Dabei wiesen marknah gelegene Implantatbereiche einen deutlich stärkeren Strukturverlust auf als Bereiche, die vorwiegend kortikal platziert waren.

In der Arbeit von KRAUSE (2008) wurden drei verschiedene, stranggepresste Magnesiumlegierungen (LAE442, MgCa0,8, WE43) im Vergleich zu den konventionellen Materialien Titan und PLA hinsichtlich der Biokompatibilität, der mechanischen Eigenschaften und des Degradationsverhaltens im Tiermodell untersucht. Dafür wurden Implantate von 25 mm Länge und 2,5 mm Durchmesser der fünf Materialien in die Markhöhlen von Kaninchentibiae implantiert. Die Implantationsdauer betrug drei bzw. sechs Monate. Die rechten Tibiae wurden µ-computertomographisch gescannt. Es erfolgte eine Auswertung der

zweidimensionalen Schnittbilder mit einem Scoring, das den Gesamteindruck des Knochens, die Implantatdegradation, das Knochenanwachsverhalten an die Implantatoberfläche sowie vom Endost ausgehende Knochentrabekel bewertete. Bei allen Magnesiumimplantaten wurden Knochentrabekel, die sich an die Implantatoberfläche anhefteten, festgestellt, wobei keine deutlichen quantitativen und qualitativen Unterschiede zwischen den drei Legierungen beobachtet wurden. Die Knochenreaktionen der Materialien Titan und PLA zeigten sich im Vergleich stärker ausgeprägt. Bei Beurteilung des Vorhandenseins vom Endost ausgehender Knochentrabekel zeigten Schnittbilder von MgCa0,8 mit Abstand die meisten Trabekel.

KRAUSE (2008) nutzte zur Auswertung von toluidinblaugefärbten Trenndünnschliffen mit den Magnesiumlegierungen MgCa0,8, LAE442 und WE43, sowie den konventionellen Implantatmaterialien PLA und Titan ein semiquantitatives Scoring.

Hiermit wurden verschiedene Knochenveränderungen sowie zelluläre und bindegewebige Reaktionen beurteilt. Bei Betrachtung des Gesamteindruckes als Parameter für stattgefundene Knochenveränderungen zeigte das Polymer PLA die geringfügigsten Veränderungen der Knochenstruktur. Beim Vergleich innerhalb der Magnesiumlegierungen schnitt LAE442 am besten ab. KRAUSE (2008) bewertete ebenso im Knochen vorkommende Kavitäten, wobei diese bei den Vergleichsmaterialien Titan und PLA am seltensten, bei den Magnesiumlegierungen MgCa0,8 und WE43 am stärksten auftraten. Alle in der Arbeit untersuchten Materialgruppen zeigten periostales Remodeling in unterschiedlicher Ausprägung, welches ca. vier Wochen nach Implantation auftrat. PLA zeigte dabei die geringste, Titan innerhalb der Dreimonatsgruppen und MgCa0,8 innerhalb der Sechsmonatsgruppen die stärkste Ausprägung. Auch Remodeling im Bereich der endostalen Kortikalis wurde von KRAUSE (2008) in jeder Materialgruppe festgestellt.

MgCa0,8 zeigte nach dreimonatiger Implantationsdauer die stärksten Umbauvorgänge. Nach sechs Monaten war bei den WE43-Implantaten das stärkste Remodeling im Bereich der endostalen Kortex erkennbar. Beim quantitativen Vergleich beider Lokalisationen überwog in den meisten Fällen das endostale Remodeling. Als möglicherweise typische primäre Reaktion von Knochen auf die

intramedulläre Implantation von Magnesiumlegierungen berichtete KRAUSE (2008) über kammartige Aufwölbungen im äußersten Bereich der periostalen Kortikalis, die als periostale Apposition bezeichnet wurden. Diese Veränderungen traten ausschließlich bei den Präparaten mit Magnesiumlegierungen, insbesondere bei MgCa0,8, und mit einer Ausnahme nur in den Dreimonatsgruppen auf. Bei Betrachtung des Implantat-Knochen-Kontaktes zeigten die Schnitte mit Titanimplantaten bzw. Magnesiumlegierungen nach drei Monaten wenig, nach sechs Monaten deutlich verstärkt neu gebildeten Knochen, der die Implantatoberfläche berührte. Stärkerer Implantat-Knochen-Kontakt in Form von um die Implantatoberfläche verlaufenden Knochenringen trat bei den konventionellen Implantaten in beiden Zeitgruppen, bei MgCa0,8 in der Sechsmonatsgruppe auf.

LAE442 und WE43 zeigten keinen derartig starken Implantat-Knochen-Kontakt.

KRAUSE (2008) berichtete weiterhin über periimplantär und in der Markhöhle vorkommende Knochentrabekel ohne Implantatkontakt, die in allen Materialgruppen auftraten, bei den Magnesiumlegierungen jedoch deutlich gehäuft festzustellen waren.

Weiterhin wurde in der Arbeit das Vorkommen von periimplantär lokalisiertem Bindegewebe bewertet. Insgesamt trat dies bei PLA am häufigsten, bei LAE442 am geringsten auf. Als Besonderheit beschrieb KRAUSE (2008) bei den Schnitten mit Magnesiumlegierungen einen Bindegewebssaum in Endostnähe, der ausschließlich in den Sechsmonatsgruppen auftrat. Im Hinblick auf zelluläre Reaktionen wurde bei den PLA- und Titanimplantaten von stärkeren lymphoplasmazellulären Reaktionen im Vergleich zu den Magnesiumlegierungen berichtet. Bezüglich des Vorkommens von Makrophagen beschrieb KRAUSE (2008) nach dreimonatiger Implantationsdauer ein geringeres Vorkommen der Zellen bei LAE442, Titan und PLA im Vergleich zu WE43 und MgCa0,8. Nach sechs Monaten zeigte Titan im Vergleich zu den übrigen Gruppen deutlich weniger Makrophagen.

Bei den Magnesiumlegierungen wurden in den meisten Fällen Riesenzellen beobachtet, welche bei den konventionellen Implantatmaterialien Titan und PLA teilweise in geringerem Maße bzw. gar nicht auftraten.

Auch wurde das Vorkommen von extrazellulären und intrazellulären, in Fremdkörperriesenzellen und Makrophagen lokalisierten Bläschen beschrieben, die als mögliche Gasbläschen postuliert wurden. Sie wurden ausschließlich in den histologischen Präparaten mit Magnesiumlegierungen, jedoch nicht mit Titan bzw.

PLA-Implantaten gefunden.

KRAUSE (2008) konnte eine Degradationsschicht feststellen, die sich um die Magnesiumimplantate gebildet hatte. EDX-Analysen zeigten, dass sich diese aus Calcium und Phosphor sowie den jeweiligen legierungsspezifischen Elementen zusammensetzte. Die Schichtdicke nahm dabei im Laufe der Implantationszeit zu und war bei LAE442 am geringsten, bei WE43 am stärksten ausgeprägt.

Zur Ermittlung des Degradationsgrades nach unterschiedlicher Implantationsdauer nutzte KRAUSE (2008) die Masse- und Volumenbestimmung. Die Implantate wurden nach Explantation zur Ablösung des organischen Materials mit Flusssäure (40 %) behandelt. Die LAE442- und MgCa0,8-Implantate zeigten nach dreimonatiger Implantation im Kaninchenmodell einen relativ ähnlichen Gewichts- bzw.

Volumenverlust. WE43 zeigte nach drei Monaten den geringsten Degradationsgrad.

Nach einer Implantationsdauer von sechs Monaten wurde ein stärkerer Volumenverlust der Legierungen MgCa0,8 und WE43 von nahezu 40 % deutlich. Die Degradation bei LAE442 war nach sechsmonatiger Implantation viel geringer. Zur

Nach einer Implantationsdauer von sechs Monaten wurde ein stärkerer Volumenverlust der Legierungen MgCa0,8 und WE43 von nahezu 40 % deutlich. Die Degradation bei LAE442 war nach sechsmonatiger Implantation viel geringer. Zur