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Magische Fäden

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Marionetten im Zeitalter der Digitalisierung?

Ersatzfiguren, welche über Übertragungsmitteln animiert, kontrolliert und scheinbar beseelt werden, durchziehen nicht nur unterschiedliche Geschichts- und Kulturkreise, sondern viele Bereiche des heutigen Lebens. Die Ausstellung «Magische Fäden» greift das aktuelle Thema der Fernsteuerung auf und macht mit der Inszenierung ausgewählter Objekte der eigenen Sammlung und Beispielen aus Technologie, Psycholo-gie und Kunst den Brückenschlag zwischen

Vergangenem und Gegenwart.

Öffnungszeiten

Dienstag/Mittwoch 11–18 Uhr

Donnerstag 11–20 Uhr

Freitag/Samstag 11–17 Uhr

Sonntag 10–18 Uhr

Montag geschlossen

Höschgasse 3, 8008 Zürich, Tel. 043 446 44 69, Tram 2, 4 und Bus 33 bis Station Höschgasse

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Jaques Tati, 1994 Photo Robert Doisneau

flick gut

9. Mai bis 3. Okto ber 2004

Flicken oder wegwerfen? Der schonende Umgang mit Dingen ist im Zeitalter der Billigstmassenproduktion längst keine wirtschaftliche Notwendigkeit mehr. Aber die Frage der Ö konomie stellt sich auch heute: Geflickt wird das, was sich lohnt und was man liebt. "flick gut" ist eine Ausstel-lung über das Handwerk und die Ästhetik des Reparie-rens, über Sinn und Wert(schätzung) des Flickens im Umgang mit Objekten, Körper und Seele. Integriert sind verschiedene Reparaturwerkstätten. Zerschlissene Kleider, abgenutzte Bücher, fehlerhafte Texte und Bilder, defekte Haushaltgeräte oder kaputtes Kinderspielzeug – fachkundige Handwerkerinnen und Handwerker flicken, reparieren oder restaurieren in der Ausstellung

W orkshops für Schulklassen:

G eeignet für 3.-6. Schuljahr. 25. Mai-4. Juni / 31. Aug. -24. Sept. 2004

A uskunft unter Telefon 052 267 51 36

Einführung für Lehrerinnen und Lehrer:

Für alle Stufen. 12. Mai 2004, 14 Uhr

Anmeldung bis 5. Mai 2004 unter Telefon 052 267 51 36

W eiterhin:

M ATER IA L MU STER S A MM L UN G

Mit didaktischem Material für den selbständigen Besuch mit der Schulklasse

Permanent:

U H R E N S A MM L UN G KE LLEN B E R G E R

Öffnungszeiten:

Di bis So 10-17 Uhr, Do 10-20 Uhr Montag geschlossen

Öffentliche Führungen, Veranstaltungen, Öffnungszeiten Feiertage:

Siehe www.gewerbe m u s e u m.ch oder Telefon 052 267 51 36

G ewerbemuseum Winterthur Kirchplatz 14, 8400 Winterthur Telefon 052 267 51 36

e-mail gewerbe m u s e u m @ w i n.ch w w w.gewerbe m u s e u m.ch

ph akzente: Wie könnte man Ziele und Inhalte des «Glo-balen Lernens» kurz umschreiben?

Verena Schwarz: Im Begriff «Globales Lernen» ist das Spannungsfeld zwischen mir als Individuum mit meinen Bedürfnissen, meinem Blickwinkel und meinen Vorstel-lungen von Normalität, und der Welt als Ganzem mit ihren Anforderungen, mit Verantwortungen, die wahrgenom-men werden müssen, bereits enthalten. Sprachlich gese-hen ist der Begriff eine Verbindung von zwei unvereinba-ren Sachverhalten: global ist etwas, das nie ein Mensch al-lein ist, und Lernen ist etwas, was jeder Mensch für sich allein macht. Dieser Gegensatz weist auf die wichtige Fä-higkeit zum Perspektivenwechsel hin.

Beim Globalen Lernen werden anhand eines Unter-richtsthemas weltweite Zusammenhänge und Abhängig-keiten sozialer, ökonomischer und ökologischer Art thema-tisiert. Das Globale Lernen ist nicht ein neues Schulfach, sondern eine Richtschnur für den Unterricht. Es will Lern-prozesse auf drei Ebenen auslösen. Auf der Wissensebene sollen die Lernenden Wissen erwerben, das ihnen hilft, ihr Umfeld und weltumspannende Zusammenhänge und Abhängigkeiten zu verstehen. Auf der Ebene der Werthal-tungen setzen sich die Lernenden mit den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit, etwa der Durchsetzung der Menschenrechte und der Kinderrechte, auseinander. Dabei reflektieren sie eigene und ihnen fremde Werte und setzen diese zueinander in Beziehung. Auf einer dritten Ebene sollen die Lernenden Handlungsoptionen kennen lernen, die es ihnen ermöglichen, konstruktiv mit globalen Zu-sammenhängen, Abhängigkeiten und Widersprüchen um-zugehen.

Ziel des Globalen Lernens ist, dass aus der Schule mündige Weltbürger/innen entlassen werden, die fähig sind, verantwortungsbewusst zu handeln und sich mit ih-ren Werthaltungen in der Welt zu positionieih-ren.

Seit wann finden die bildungspolitischen Anliegen des Globalen Lernens Eingang in die schweizerische Schul-landschaft?

Der Begriff des Globalen Lernens taucht im deutschspra-chigen Raum seit Beginn der Neunzigerjahre vermehrt auf.

Entwicklungspolitische oder entwicklungsbezogene Bil-dung hat aber eine längere Geschichte. Ende der Fünfzi-gerjahre wurden staatliche und kirchliche Hilfsorganisa-tionen gegründet mit dem Anspruch, dass den

notleiden-den Völkern in der Dritten Welt Hilfe geleistet wird. Ent-sprechend sollten in der Schule die Kinder für die Lebens-bedingungen dieser Völker sensibilisiert werden.

Parallel zu den Veränderungen im entwicklungspoli-tischen Diskurs hat sich auch der Bildungsanspruch ange-passt. Heute geht es nicht mehr allein darum, im Geogra-fieunterricht Wissen über die Völker der Entwicklungs-länder zu vermitteln. Vielmehr sollen im Schulunterricht globale Fragestellungen mit einem Verständnis für wech-selseitige Abhängigkeiten thematisiert werden.

Anhand von welchen Themenfeldern werden die weltwei-ten Zusammenhänge diskutiert?

Mit dem Globalen Lernen sollen gesellschaftlich relevante Sachthemen in den Unterricht Eingang finden. Eine wich-tige Voraussetzung dabei ist, dass man die Inhalte schü-ler/innennah unterrichtet und das vorhandene Wissen und die Befindlichkeiten der Schüler/innen miteinbezieht.

Diese Richtschnur des Globalen Lernens kann also in allen Schulfächern angelegt werden, etwa auch in der Mathe-matik?

Ja, in jedem Schulfach geht es um Inhalte, und an jedem Inhalt können weltweite Zusammenhänge erarbeitet und sichtbar gemacht werden. In der Mathematik kann man beispielsweise Statistiken erstellen zu gesellschaftlich re-levanten Themen, wie etwa Ernährung, die nicht fern von der Erlebniswelt der Schüler/innen sind.

Können Sie die Ebenen Wissen, Werthaltungen und Hand-lungsoptionen anhand eines konkreten thematischen Bei-spiels kurz durchspielen?

Ich nehme ein Beispiel, das auch im Weiterbildungsmodul

«Globales Lernen im Unterricht» eingehend thematisiert wird: das Thema Kleider. Zum Thema Kleider bietet die Stiftung Bildung und Entwicklung zahlreiche Unterrichts-materialien und einen Themenkoffer mit einer Kleider-Werkstatt an. Bei einer Unterrichtseinheit kann es etwa darum gehen, Wissen darüber zu erwerben, was eigent-lich geschieht, nachdem ich meine Altkleider in die Textil-sammlung gegeben habe. Welche Wege legen diese Alt-kleider zurück, bis sie an dem Ort sind, wo ich sie hinben wollte? War mir bewusst, dass der grösste Teil der ge-sammelten Altkleider in den Ländern des Südens und Ostens verkauft, nicht verschenkt wird? Wäre es überhaupt wünschenswert, sie vor Ort zu verschenken und damit

« G l o b a l e s L e r n e n » i m S c h u l z i m m e r

Interview mit Verena Schwarz, Kursleiterin des Weiterbildungsmoduls «Globales Lernen im Unterricht»

aktuell

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Susan Gürberfürph akzente

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womöglich die einheimische Kleiderproduktion zu kon-kurrieren? Sobald wir in ein Thema eindringen, stossen wir auf grosse Widersprüche, und sobald ich mir Wissen aneigne, muss ich meine Haltung überprüfen.

Dieses Wissen können die Schulkinder auch in ihre Fami-lien und zu ihren Kolleg/innen tragen.

Als erwachsene Personen haben wir ganz andere Hand-lungsoptionen als Jugendliche und Kinder. Das gilt es auch in der Schule zu reflektieren: was sind denn schulische Handlungsoptionen? Eine Handlung kann etwa sein, die Parallelklasse darüber zu informieren, welche Diskussio-nen im Unterricht stattgefunden haben, welche Schlüsse wir daraus gezogen haben. Es ist wichtig, dass mögliche Handlungsspielräume anhand von verschiedenen Themen zum Unterrichtsgegenstand werden.

Verlangt das Globale Lernen nach bestimmten didakti-schen Methoden?

Das Globale Lernen arbeitet mit Methoden, die sich an den neuen Lehr- und Lernformen orientieren, mit partizipati-vem und situatipartizipati-vem Lernen. Die Methoden sollen variie-ren und dem Unterrichtsgegenstand und der Klasse ange-passt sein.

An welches Zielpublikum richtet sich das Weiterbildungs-modul, und was erwartet interessierte Lehrpersonen?

Der Kurs richtet sich an Lehrpersonen aller Stufen der Volksschule und an interessierte Schulbehörden.

In einem ersten Teil eröffnen wir das Feld des Globa-len Lernens, lernen verschiedene Konzepte des GlobaGloba-len Lernens kennen und schauen Unterrichtsbeispiele an.

Der Umgang mit der eigenen und der allgemeinen Unsicherheit angesichts des raschen sozialen Wandels in der sich globalisierenden Welt und des kleinräumigen Auf-einanderstossens von Fremdem und Vertrautem wie auch die Frage danach, was überhaupt noch gesichertes Wissen ist, stehen dabei im Zentrum. Weiter sollen umsetzungs-orientierte Aufschlüsselungen von konkreten Lernfeldern wie etwa Kinderalltag oder Tourismus oder Religion hel-fen, die breiten und komplexen Themenfelder didaktisch herunter zu brechen.

In einem zweiten Teil erarbeiten die Lehrpersonen mit meiner Unterstützung in Gruppen eine Unterrichtsse-quenz, führen diese je in ihrer Klasse durch und reflektie-ren sie anschliessend nach festgelegten Kriterien. Die Teil-nehmenden stellen sich gegenseitig ihre Unterrichtspro-jekte vor und können so von den Erfahrungen ihrer Kol-leg/innen profitieren.

Stiftung Bildung und Entwicklung

Die Stiftung Bildung und Entwicklung gibt es seit 1997; sie ist die Nachfolgeorganisation der Schulstellen der Arbeits-gemeinschaft der Hilfswerke und des Forums «Schule für eine Welt».

Dem Stiftungsrat gehören Vertreter/innen des Bundes (Di-rektion für Entwicklung und Zusammenarbeit DEZA), der Kantone (Erziehungsdirektorenkonferenz), von entwick-lungspolitischen Organisationen und der Lehrer/innenor-ganisationen an.

Der Bildungsauftrag der Stiftung geht von der Idee einer nachhaltigen Entwicklung aus und beinhaltet die Förde-rung des Globalen Lernens in der Schule. Neben Weiterbil-dungskursen und thematischen Bildungskampagnen um-fasst das Dienstleistungsangebot der Regionalstelle in Zü-rich ein grosses Sortiment an geprüften UnterZü-richtsmateri- Unterrichtsmateri-alien, die verkauft und/oder ausgeliehen werden. Die Stif-tung bietet BeraStif-tungen, ProjektbegleiStif-tungen und schul-hausinterne Fortbildungen an. Dozierenden der PHZH und ihren Studierendengruppen stellt sie ihre Dienstleistung gerne kostenlos vor.

Stiftung Bildung und Entwicklung, Regionalstelle der deutschen & rätoromanischen Schweiz

Zeltweg 21, Postfach 156, 8024 Zürich Tel. 01 360 42 34

www.globaleducation.ch

Lernmedien-Shop

Öffnungszeiten: Di–Fr 10–18, Sa 10–16 Wettingerwies 7/Zeltweg, 8021 Zürich Tel. 043 305 61 00

Weiterbildungsmodul «Globales Lernen im Unterricht»

(2 ganze Tage, 2 Halbtage, September bis Dezember 2004)

Leitung

Verena Schwarz, ausgebildete Primarlehrerin und Ethnolo-gin; Leiterin der Regionalstelle Stiftung Bildung und Ent-wicklung in Zürich

verena.schwarz@zuerich.globaleducation.ch;

Tel. 01 360 42 34;

Anmeldungen

Pädagogische Hochschule Zürich, Weiterbildungsmodule, Stampfenbachstr. 115, 8021 Zürich.

wb.module@phzh.ch; Tel. 043 305 52 00

Anmeldeschluss: 10. Juli 2004

aktuell

Indem das vom Bildungsrat neu für die Sekundarstufe I etablierte Schulfach «Religion und Kultur» die Jugend-lichen für die religiöse Dimension des Lebens sensibili-siert und mit den Lebens- und Werthaltungen der Ange-hörigen verschiedener Religionen vertraut macht, kann es einen wertvollen Beitrag zur Verständigung und zu einem friedlichen Zusammenleben in unserer zuneh-mend von kultureller und religiöser Vielfalt geprägten Gesellschaft leisten. Die wichtige Aufgabe der religiösen Alphabetisierung kann der schulische Religionsuntricht jedoch nur im Rahmen eines Gesamtkonzepts er-füllen, das auch die Primarstufe einschliesst.

Die Begegnung zwischen Menschen verschiedener ethni-scher, kultureller und religiöser Herkunft ist ein Kennzei-chen der europäisKennzei-chen Gesellschaften am Anfang des 21.

Jahrhunderts. Die Frage danach, ob diese Begegnung ge-lingt, wird heute als eine der Schlüsselfragen für eine friedliche und zukunftsgerichtete Entwicklung Europas angesehen. Vorwiegend bedingt durch die Migrationsbe-wegungen haben sich ehemals ferne und uns fremde Reli-gionen in in der Nachbarschaft praktizierte ReliReli-gionen ver-wandelt. Bereits 1993 forderte die Parlamentarische Ver-sammlung des Europarats deshalb, «sicherzustellen, dass der Unterricht in Religion und Ethik ein Teil des allgemei-nen Schulunterrichts ist und auf eine differenzierte und sorgfältige Darstellung der Religionen ... im Hinblick auf ein besseres und tieferes Verständnis der jeweils anderen Religionen hinzuwirken» und «zu unterstreichen, dass ein Hintergrundwissen über die eigene Religion oder die ethi-schen Grundsätze eine Voraussetzung für wirkliche Tole-ranz ist und auch ein Schutz vor Gleichgültigkeit und Vor-urteilen sein kann.»1

Die Begegnung und Auseinandersetzung mit Religion ist heute in fast allen Ländern Europas (Ausnahme: Frank-reich) Teil des Lehrplans, auch wenn sich die religionspä-dagogischen Konzepte zum Teil grundsätzlich unterschei-den. Wie wichtig die Empfehlungen des Europarats sind, zeigen religionssoziologische Studien: Immer weniger Kin-der und Jugendliche wachsen heute in Familie und Reli-gionsgemeinschaften von selbst in eine Religion hinein.

Immer mehr Kinder und Jugendliche stehen vor der Aufga-be, selbst ihre Religiosität oder Religion zu entdecken beziehungsweise zu konstruieren. Religiöses Lernen ge-schieht heute zunehmend in der Begegnung und

Ausei-nandersetzung mit anderen Selbst- und Weltdeutungen in der weltanschaulich und religiös pluralen Gesellschaft – unter anderem und vielleicht vor allem in der Begegnung mit Kindern und Jugendlichen in der Schule. Der Reli-gionsunterricht in der Schule hat heute deshalb für viele Kinder und Jugendliche die Aufgabe einer religiösen Al-phabetisierung.

«Religion und Kultur» in Zürich

Der Bildungsrat des Kantons Zürich hat im Jahr 2001 be-schlossen, als Antwort auf die weltanschauliche und reli-giöse Pluralisierung der Gesellschaft auf der Sekundarstu-fe I das neue Schulfach «Religion und Kultur» einzufüh-ren. Das Fach ist nach dem Willen des Bildungsrates ein ordentliches Schulfach ohne Abmeldemöglichkeit, in dem die Religionen «gleichwertig» zur Sprache kommen sollen.

Eine Kommission unter dem Vorsitz von Jürgen Oelkers hat die Grundzüge des Faches definiert. In der Kommission waren von Anfang an sechs Religionsgemeinschaften ver-treten: Repräsentanten der reformierten und der katholi-schen Kirchen, des Judentums, des Islam sowie des Buddhismus und des Hinduismus. Diese haben in Abspra-che mit ihren Religionsgemeinschaften aus der jeweiligen Innenperspektive «Essentials» formuliert, die die Grundla-ge des Lehrplans für «Religion und Kultur» bilden. Die Kommission wird auch die Einführung dieses delikaten Fachs begleiten.

Ein religionskundlicher Unterricht

Mit der Vorgabe, für «Religion und Kultur» keine Abmelde-möglichkeit vorzusehen, hat der Bildungsrat eine wichtige religionspädagogische Entscheidung vorweggenommen:

Um die Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15 BV) nicht zu verletzen, ist ein teaching in religionausgeschlossen.

Unterteaching in religionverstehen wir einen Unterricht aus der Innenperspektive einer Religionsgemeinschaft mit dem Ziel, die Jugendlichen in ihrer religiösen Identitäts-bildung (als reformierte Christen, als Muslime usw.) zu för-dern und in einer bestimmten Glaubensgemeinschaft zu sozialisieren.

Im Fach «Religion und Kultur» giltteaching about re-ligion als Strukturprinzip. Das heisst: Es handelt sich grundsätzlich um einen religionskundlichen Unterricht, in dem die Jugendlichen die grossen Religionen, ihre Her-kunft und Hauptelemente kennen lernen, Einblick in ihre bedeutende kulturelle Wirkungsgeschichte (Literatur,

Mu-R e l i g i o n i n e i n e r p l u r a l e n W e l t

Ein Plädoyer für ein stufenübergreifendes Gesamtkonzept zum «Religiösen Lernen in der Schule»

aktuell

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Von Matthias Pfeiffer

Matthias Pfeiffer ist Dozent und Leiter der Fachgruppe Religionen und Kul-turen an der Pädagogischen Hochschule Zürich und als Mitglied der bil-dungsrätlichen Kommission mitverantwortlich für die Entwicklung des Fachs «Religion und Kultur» auf der Sekundarstufe I.

sik, Architektur, Ästhetik usw.) erhalten, aber auch über ihre Bedeutung und Stellung in unserer Gesellschaft infor-miert werden. Die Schule leistet aber insofern einen pro-pädeutischen Beitrag zur Entwicklung der religiösen Iden-tität der Jugendlichen, als sie diese mit der Lebenswirk-lichkeit und der grossen Religionen in unserer Gesellschaft konfrontiert und sie für Fragen, die im Zusammenhang mit Religion stehen, sensibilisiert.

Der Unterricht sollte sich aus didaktischer Sicht selbstverständlich zugleich an der Lebenswelt der Jugend-lichen orientieren: an Erfahrungen, Anliegen, Fragen, die in der Lebenswelt der Jugendlichen in Erscheinung treten und die in Beziehung gesetzt werden zu grundlegenden Aussagen der Überlieferungen der grossen Religionen.

Ziel: Die Kompetenz der Jugendlichen im Umgang mit reli-giösen Fragen fördern

Die neueren religionspädagogischen Konzepte, so unter-schiedlich sie sich heute präsentieren, stimmen darin überein, dass religiöse Kompetenz das wesentliche Ziel des Religionsunterrichts in der Schule ist. Religiöse Kompe-tenz, oder präziser gefasst: Kompetenz im Umgang mit re-ligiösen Fragen, will heissen, dass die Jugendlichen

• für religiöse Phänomene beziehungsweise die religiöse Dimension des Lebens sensibilisiert sind

• sich im religiösen Angebot der Gegenwart orientieren können und insbesondere die Stellung und Bedeutung der grossen Religionen in unserer Gesellschaft kennen

• die grossen Religionen und ihre Hauptelemente kennen lernen

• sich mit Menschen aus anderen Religionen und Kulturen verständigen können und deren Lebens- und Werthal-tungen achten.

Verschiedene Zugänge zu den Religionen

Aus didaktischer Sicht sind verschiedene Zugänge zu den Religionen möglich und denkbar. Den Lehrerinnen und Lehrern wird ein hohes Mass an Freiheit und Variabilität bei der Realisierung des Unterrichts gewährt. Sie sollen und können im Blick auf die jeweilige Lerngruppe didak-tisch in eigener Verantwortung entscheiden, welcher Zu-gang der angemessene ist.

a) der historisch-deskriptive Zugang

Die Jugendlichen begegnen in Schule und Freizeit Kolle-ginnen und Kollegen mit anderer religiöser und kultureller Sozialisation. Um ihre Lebens- und Werthaltungen zu ver-stehen, ist es wichtig, dass sie etwas wissen über Her-kunft und Geschichte der Religionen und die inhaltlichen Hauptelemente, über Lebensführung und Glaubenspraxis, über kulturelle Leistungen, historische Entwicklungen, über die Vielfalt ihrer kulturellen Ausprägungen und Ge-meinschaften in der Gegenwart.

b) der gemeinschaftsorientiert-politische Zugang

Die Jugendlichen werden täglich mit Religion und ihren politischen und gesellschaftlichen Wirkungen konfron-tiert. Neben den Begegnungen im Alltag prägen vor allem die Medien (Fernsehen, Zeitungen) das Bild, das sich die Jugendlichen von den Religionen machen; ein Bild, das oft hoch problematisch ist. Deshalb ist es wichtig, dass die Jugendlichen über die Stellung und Bedeutung der Religio-nen in unserer Gesellschaft informiert sind; dass sie Fra-gen und Probleme einer Minderheitsreligion kennen; dass sie etwas wissen über die globale Bedeutung der Religio-nen: zum Beispiel über die Rolle, die die Religionen in po-litischen Konflikten spielen. Die Jugendlichen sollen aber auch prüfen, ob das von den Medien gezeichnete Bild der Wirklichkeit gelebter Religion entspricht. Begegnungen mit Menschen aus den verschiedenen Religionen werden das Lernen auf dieser Ebene unterstützen.

c) der lebensweltliche Zugang

Dieser Zugang orientiert sich an der Lebenswelt des/der Ju-gendlichen. Was sagt ihnen Religion überhaupt? Worauf machen Religionen sie zuallererst aufmerksam? Welche Antworten geben die Religionen auf Fragen, die in der Le-benswelt der Jugendlichen in Erscheinung treten, zum Beispiel auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, nach Ge-rechtigkeit, auf Fragen, die sich im Zusammenhang von Er-wachsenwerden, Partnerschaft und Sexualität stellen?

Welche Antworten geben die Religionen aber auch zum, Beispiel auf ethische Fragen der Gegenwart?

Identität und Verständigung

Identität und Verständigung sind die grossen Leitbegriffe religiöser Bildung. Kinder und Jugendliche in der Ausbil-dung einer bestimmten religiösen Identität zu unterstüt-zen, ist die Aufgabe der Religionsgemeinschaften. Insofern die Schule aber mit dem Fach «Religion und Kultur» die Ju-gendlichen für die religiöse Dimension des Lebens sensibi-lisiert und mit den Lebens- und Werthaltungen der ver-schiedenen Religionen vertraut macht, kann sie einen Bei-trag zur Verständigung und zum friedlichen Zusam-menleben in unserer Gesellschaft leisten.

Das Fach «Religion und Kultur» kann die Jugend-lichen auf ihrem Weg unterstützen, sich in ihrer zuneh-mend von selbst gewählten Beziehungen bestimmten Welt autonom zu orientieren und zu eigenen, selbst verantwor-teten, Überzeugungen zu finden. Die Jugendlichen lernen Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Welt- und Selbst-deutungen der Religionen kennen und setzen sich mit die-sen auch im Blick auf ihre eigene Lebenswelt, ihre eigenen Erfahrungen und Fragen auseinander. Ungeachtet der reli-giösen und weltanschaulichen Orientierungen, die ihnen in ihren Familien vermittelt werden, lernen die

Jugend-aktuell

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lichen dadurch, die Welt und sich selber auch aus sich von der eigenen Sichtweise unterscheidenden Perspektiven zu sehen und zu versuchen, diese zu verstehen. Diese Fähig-keit, die Perspektive zu wechseln, ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Jugendlichen lernen, Men-schen mit einer anderen religiösen und kulturellen

lichen dadurch, die Welt und sich selber auch aus sich von der eigenen Sichtweise unterscheidenden Perspektiven zu sehen und zu versuchen, diese zu verstehen. Diese Fähig-keit, die Perspektive zu wechseln, ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Jugendlichen lernen, Men-schen mit einer anderen religiösen und kulturellen

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