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-ventionsmaßnahmen herausfallen, obwohl sie bereits selbst als eine gesundheitliche Risikogruppe identifiziert sind. Da die Hochschule durch ihre undurchsichtigen Strukturen wesentlich an der Manifestation be-stimmter Belastungen im Studium mitbeteiligt ist, kann sie sich nicht ihrer Verantwortung entziehen, sich an präventiven Maßnahmen zu beteiligen.

Der „Arbeitskreis Gesundheitsfördernder Hochschulen“ hat sich bereits das Ziel gesetzt, unter Beteiligung einiger bundesdeutscher Hochschulen sowie des Studentenwerks ein eigenes hochschulspezifsches Gesund-heitsförderungskonzept zu entwickeln und dessen Umsetzung zu unterstützen. Die Schaffung gesundheitlich angemessener Lebens- und Arbeitsbedingungen im Lebensraum Universität steht dabei im Vorder-grund (vgl. ALLGÖWER, 2000; STOCK, WILLE& KRÄMER, 2001).

Bei den Präventionsbemühungen sollte der Senkung von Belastungen ebenso Beachtung geschenkt werden, wie der Stärkung von Ressourcen.

In Anlehnung an HORNUNG und KNOCH (1999) ergeben sich folgende Vorschläge zu struktureller und individueller Belastungsreduktion und Ressourcenförderung:

Präventionsmaßnahmen an der Hochschule:

Um dem Wunsch nach weniger Anonymität und mehr Selbstdisziplin im Studium gerecht werden zu können, ist eine Umstrukturierung der

„Massenuni“ unumgänglich. Es ist unbedingt erforderlich, dass die überaus hohen Studentenzahlen reduziert undüberfüllte Seminare kleiner gehalten werden. Könnten zusätzlich außeruniversitäre Freizeitveranstal-tungen in kleineren Gruppen organisiert werden, würde das die Kontakt-aufnahme zu Mitstudierenden um einiges erleichtern. Die Einführung von Pflichtstunden würde einen Rahmen bieten, in dem stets dieselben Studierenden teilnehmen. Gleichzeitig könnten dies und der Aufbau transparenter Studienbedingungen den „undisziplinierten“ Studierenden eine verbindliche Struktur im Studium verschaffen.

Damit weiteren Problementwicklungen entgegengewirkt werden kann, müssen Selbstwertgefühl und Optimismus der Studenten, z.B. durch die

Sensibilisierung der Dozenten für die ressourcenstärkenden Aspekte ihrer Tätigkeit sowie einer persönlichen Rückmeldung, gestärkt werden.

Prävention sollte schon bei den Lerntechniken ansetzen, denn wo das Risiko von Studien- und psychischen Problemen gesenkt werden kann, verringert sich auch die Wahrscheinlichkeit von Studienabbruch und überlangem Studieren. Vor allem die Erstsemester-Studierenden sollten in den Fokus der Präventionsbemühungen gerückt werden, weil sie beson-ders gefährdet für die Entwicklung von deviantem Verhalten wie Drogen-konsum und psychischen Störungen sind.

Die 15. Sozialerhebung hat gezeigt, dass sich viele Studierende erst Hilfe holen, wenn sie schon lange an psychischen Konflikten undübermäßigem Drogenkonsum leiden. Mit der Zeit steigt aber auch das Risiko, dass sich die Störung verschlechtert. Eine Behandlung wird dann immer schwie-riger. Da sich bei manchen Erkrankungen wie z.B. bei Psychosen schon lange vor Krankheitsausbruch Vorsymptome bemerkbar machen, ist es wichtig, die Studierenden über die Frühwarnzeichen aufzuklären. Dies könnte in Form von Informationsveranstaltungen umgesetzt werden, die mittels Broschüren oder Vorträgen Gesundheit und Früherkennung thematisieren und darauf hinweisen, wo die Studierenden Beratung und Unterstützung erhalten.

Solche Aufklärungskampagnen bieten sich auch für die kostenlosen Studentenzeitschriften an, die in den Hochschulen ausliegen. Hier können vor allem die Studierenden erreicht werden, die sich den Informationsver-anstaltungen entziehen. Zugleich wäre dadurch ein Ausgleich zu den zahlreichen Alkohol- und Tabakwerbungen geschaffen.

Problemorientierte Herangehensweisen wie die Beseitigung von Zigaret-tenautomaten an den Hochschulen, sollten stets durch begleitende Infor-mationen verständlich gemacht werden, um die Gefahr von Widerständen seitens der Studierenden zu verringern. Das Konzept der „Rauchfreien Uni“hat sich in Köln zum Nichtraucherschutz bereits etabliert. Kostenlose Seminare zur Raucherentwöhnung an der Uni wären für so manchen attraktiver als die teuren Kursangebote außerhalb der Hochschule.

Dem gegenüber gestellt sind die Werbekampagnen der Tabakindustrie, bei der die Studierenden gezielt an der Universität aufgesucht werden und

Tabak als Werbegeschenk erhalten. Es sollte Ziel sein, solche Aktionen auf dem Hochschulgelände zu unterbinden.

Es wurde aufgezeigt, dass sich bei den Studierenden insbesondere der Konsum von Cannabis finden lässt, obgleich dies eine illegale Droge ist, deren Gebrauch strafrechtlich sanktioniert wird. Eine wirkungsvolle Strate-gie zur Verhinderung schädigenden Drogenmissbrauchs kann jedoch nicht in einem restriktiven Verbot von Rauschmitteln liegen, da dies für die Studierenden nicht relevant erscheint. Abstinenzorientierte Prä ventions-strategien sind in der Suchtprävention ebenso unrealistisch und utopisch.

Es sollte vielmehr ein verantwortungsvoller Umgang mit Drogen das Ziel sein.

Ein Beispiel für die Einstellung und den Umgang mit Drogen der Studierenden sind die alljährlich stattfindenden „Bierkastenrennen“. Gewinner dieses in Studentenkreisen benannten „Hochleistungssports“ sind die zwei Studierenden, die bei 30 Grad im Schatten mit einem leer getrunkenen 10 Liter-Kasten Bier als erste eine Strecke von etwa 4 km zurückgelegt haben.Überdurchschnittliches Übergeben und Bierverschü t-ten führen dabei zur Disqualifikation. Solange die Studierenden ihre Ein-stellung und den Umgang mit Drogen nicht ändern und an solcherlei Veranstaltungen teilnehmen, müssen drogenpräventive Maßnahmen noch verstärkt werden.

Zudem sollte die Prävention versuchen, Aktivitäten minderen Risikos zu etablieren, die den Drogengebrauch ersetzen können (vgl. ALLGÖWER, 2000). Sport und autogenes Training beispielsweise ermöglichen Stress-abbau, körperbezogene Erlebnisse und Grenzerfahrungen. Sie mindern gleichzeitig die Risikofaktoren für die Manifestation psychischer Störungen.

Präventionsmaßnahmen durch studentische Beratungsstellen:

Der Leiter der psychologischen Beratungsstelle der Uni Hamburg Peter Figge meint, die Uni sei nicht für Drogenprobleme zuständig. Hamburg habe genug Drogenberatungsstellen (vgl. UTLER, 2003a). Wie aber sollen die Studierenden, für die Drogenmissbrauch ohnehin ein sensibles Thema darstellt und Schwellenängste hervorbringt, den Schritt zu einer

professio-nellen Hilfe wagen, die sich weit außerhalb des Hochschulgeländes befin-det und bei der ein Zusammenhang der psychischen Schwierigkeiten mit studienrelevanten Problemen gänzlich außen vor bleibt? Hier spiegelt sich die klassische Zweiteilung in der Versorgung komorbider Menschen wider:

wo psychisch Kranke unterstützt werden, ist kein Platz für Drogenab-hängige. Gerade die studentischen Beratungsstellen sind konzeptionell für studienspezifische Konflikte und Krisen ausgerichtet. Dazu gehören sowohl psychische Störungen, als auch Drogenprobleme. Die Einstellung des Beraters zeigt, dass die Notwendigkeit eines umfassenden Struktur-wandels nicht vor den Beratungsstellen Halt machen darf. Auch die professionellen Helfer müssen für die Drogenproblematik sensibilisiert werden. Die Unzufriedenheit der Studierenden mit den vorhandenen Beratungsstellen wurde bereits aufgezeigt (vgl. Kap. 8.4.4). Neben der bloßen Bereitstellung externer Ressourcen sollte es das Ziel sein, individuelle Handlungskompetenzen zu fördern, damit Schwellenängste abgebaut und externe Hilfen in Anspruch genommen werden können.

Ferner sollte versucht werden, durch psychotherapeutische Gespräche die gewohnte Stabilität der Klienten wieder zu erreichen und Perspektiven zu entwickeln. Vor allem Studienanfängern sollten frühzeitig niederschwellige Beratungsangebote ermöglicht werden. Auch hier gilt: je eher eine Beratungsstelle konsultiert wird, desto besser greifen therapeutische Maßnahmen.

Hochschulübergreifende Präventionsmaßnahmen:

Suchtprävention sollte besonders dort ansetzen, wo die Drogenaffinität Studierender am größten ist: außerhalb der Hochschule. Um dies zu erreichen, könnten mobile Infostände in Nachtclubs und Studentenkneipen aufgebaut werden. Meist sind anti-alkoholische Getränke in den Kneipen teurer als Bier, erst recht in den weit verbreiteten und von vielen Studen-ten wahrgenommenen „Happy hours“. Es sollte deshalb zu Happy hours mit preisgünstigen Anti-Alkoholika und zu einer Erhöhung der Bierpreise angeregt werden.

Die öffentlichen Medien stellen eine gute Möglichkeit dar, die Studieren-den zu erreichen. Das „Früherkennungs- und Therapiezentrum Köln“

(FETZ) klärt im Internet unter der Adresse „www.fetz.org“ über die Frü h-warnzeichen psychischer Störungen auf. Das Projekt „Drugcom.de“ der BZgA dient jungen Menschen als Anlaufstelle, sich über die Wirkungen und Risiken von legalen und illegalen Substanzen zu informieren.

Das hochschuleigene „Campusradio“ könnte ebenso Informationen zu psychischen Störungen und Sucht senden, wie auch andere bei jungen Menschen beliebte Radio- und Fernsehsender. Allerdings sind simple Parolen in einem akademischen Publikum eher Fehl am Platz. Der von der Kunsthochschule Köln für Medien (KHM) gedrehte Kinofilm „Das Weiße Rauschen“ spricht die Studierenden noch gezielter an: Ein junger Mann beginnt sein Studentenleben in Köln mit dem Konsum von Haschisch und erkrankt infolgedessen an einer Schizophrenie (vgl.

WEINGARTNER, 2001). Dieser Film kann als das Musterbeispiel eines Aufklärungsfilms über Drogenmissbrauch und psychische Störungen be-trachtet werden.

Da der Drogenkonsum bei Studierenden hohe Akzeptanz erfährt und aus gesellschaftlicher Sicht etwas Normales ist, sollte an einem öffentlichen Imagewandel der Studenten gearbeitet werden, indem sich die Aufklä -rungsarbeiten auch auf die Allgemeinbevölkerung erstrecken. Dem kann sich ein Abbau der teils immer noch vorherrschenden gesellschaftlichen Etikettierungen von psychisch Kranken als„Verrückte“gleich anschließen.

Die genannten Vorschläge können sicherlich um einige präventive Maß -nahmen erweitert werden. Wichtig ist vor allem eine verstärkte Umset-zung, damit konsumorientierte Werbebotschaften nicht die Oberhand behalten.