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Mächtige gefallene Engel

136 Illustration: Niels Schröder 2014

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6. Mächtige gefallene Engel

Wenn Engel fallen, sind sie zwar von der unmittelbaren göttlichen Macht

abgeschnitten, aber indem sie von ihr fallen gelassen worden sind, nicht notwendig machtlos. Im Gegenteil wird häufig dargestellt, wie sich gefallene Engel als Mächtige gebärden, eigene Reiche errichten, sich die mit ihnen gefallenen Engel zu

Untertanen machen, Pläne zu einer Rebellion fassen und umsetzen. Zum Teil sind diese Rebellionen Versuche, das Reich Gottes zu stürzen und sich an seine Statt zu setzen, zum Teil sind es Rebellionen im Sinne von Volutionen bzw.

Re-Formationen, also Versuche, das Geschehene – den Fall – rückgängig zu machen und die ursprüngliche Ordnung auf meist gewaltsamen Wege wiederherzustellen.

»Die Vorstellung, dass ein gefallener Engel eine dämonische Gestalt hat […], ist eine relativ späte christliche Erfindung.«324 Der Name aber ist wesentlich älter: So geht

›Satan‹ auf die hebräische Wurzel satan zurück, d. h. »einer der sich widersetzt, der etwas vereitelt oder als Gegner in Erscheinung tritt«, aber auch »Ankläger«. Ähnlich lässt sich das griechische ∆ιάβολος325 übersetzen: »einer, der jemandem etwas in den Weg wirft.«326 Zugleich ist ∆ιάβολος auch der, der etwas durcheinander bringt, der, der Verwirrung stiftet.

Ein Charakteristikum dieser Spezies der gefallenen Engel ist ihre

Vernunftorientierung. So tritt in Christopher Marlowes ›The Tragical History of the Life and Death of Doctor Faustus‹ der Teufel in Menschengestalt als glasklarer Förderer und Fürsprecher der reinen Vernunft auf.327 Und in Thomas Manns Roman ›Der Zauberberg‹ (1924) sieht sich Hans Castorps selbsternannter Mentor und Erzieher Settembrini nicht nur der Aufklärung verpflichtet, er stilisiert sich selbst zum

Prometheus und verehrt Lucifer als seinen Helden, als »la forza vindice della ragione«, also als die ›rächende Macht der Vernunft‹. Die Vertreibung der

Lichtgeschöpfe aus dem Himmel lässt sich auch als Verdrängung der Imagination durch die Vernunft interpretieren.

324 Godwin 1991, S. 101.

325 Für die griechischen Buchstaben und vieles andere danke ich Jochen Gille.

326 Bei 1997, S. 44.

327 vgl. Hinrichsen/Brennecke 2001, S. 45.

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Vor allem mit Freiheitsdrang verbundener Heroismus ist in dieser Hinsicht eine der Eigenschaften von Engeln, wenn sie gefallen sind, wenn sie fallen gelassen wurden.

Die Rebellion der abtrünnigen Engel gleicht einem Aufbegehren der schöpferischen Energie »um Gottes willen gegen Gott«, im Sinne von Meister Eckarts Sentenz »Das Höchste, was der Mensch lassen kann, das ist, dass er Gott um Gottes willen lasse.

Nun ließ Sankt Paulus Gott um Gottes willen: er ließ alles das, was er von Gott nehmen und alles, was Gott ihm geben konnte. Da er das ließ, da ließ er Gott um Gottes willen – da blieb ihm Gott, nicht nach Art eines Empfangens oder eines

Gewinnens, sondern in seinem lauteren Sein – wie Gott in sich selber ist.«328 Himmel und Erde resp. Himmel und Hölle aber bleiben aufeinander bezogen: Gott als

Relation bleibt erhalten, so wie Lucifer auch als Gefallener als Relation erhalten bleibt. Durch seinen Fall aber wird er erst zu etwas Eigenständigem, zum Gegenpol, während er als Engel im Himmel nur der ausgezeichnete unter den Engel, aber ohne Eigenleben war, weil er als von Gott Ausgezeichneter, aber nicht auch für sich

genommen existierte.

Solche Heroen finden sich auch literarisch gestaltet: So ist Friedrich von Schillers

›Jungfrau von Orleans‹ der strahlende, rächende, heroische Gegenengel zum

Kriegskontrahenten aus, mit ihr bzw. Schiller zu sprechen, »Engelland«.329 Gefallene Engel sind für die künstlerische Produktion wie für das künstlerische

Selbstverständnis bedeutend: Sie werden als Genien der Freiheit und der

schöpferischen Kraft gefeiert, sie erlangen nahezu heldenhafte Leuchtkraft. Sie sind sowohl Urheber und damit Identifikationsfiguren allen Leidens und Verderbens als auch als Inkarnationen von Gefühlsunmittelbarkeit und Antirationalismus. Sie sind unerlösbar und scheinen zugleich keiner Erlösung zu bedürfen. Lucifer, der einst erhabenste, schönste und hellste und dann am tiefsten gefallene und dunkelste der Engel, wird zur Inkarnation menschlicher Sehnsüchte nach Autonomie und

uneingeschränkter Daseinslust. Der Hass auf Subordination ermöglicht ihm die zum Aufbegehren notwendige Aggression.

328 zitiert nach http://www.helmut-hille.de/eckhart2.html.

329 Für diesen Hinweis danke ich Justus Fetscher.

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Rebellen und Revolutionäre

›Apokalypse des Mose‹

In der ›Apokalypse des Mose‹ ist Rache die Folge der Eifersucht des gefallenen Engels auf den Menschen. Eifersüchtig ist der gefallene Engel in der ›Apokalypse des Moses, weil Gott den Menschen an seine Stelle ins Paradies gesetzt hat und weil Engel und Tiere den Menschen dort anbeten. Aber der gefallene Engel ist mächtig. Es gelingt ihm, das Bündnis zwischen Gott und Menschen wenn nicht zu zerstören, so doch nachhaltig zu verstören. Sein Mittel ist Verführung – nicht mittels und zu einer Sinnlichkeit, sondern mittels und zum Intellekt.

Diese Geschichte der Rache aus Eifersucht ist aus der Perspektive Evas erzählt, die als Ich-Erzählerin ihrem Sohn Seth die Ereignisse schildert: Der Teufel verführt zunächst die erst noch gottesfürchtige Schlange, um durch sie dann den Menschen zur Sünde gegen Gott zu verführen, dessentwegen er nicht mehr im Paradies sein kann, in das er zurückwill: »Und es sagte / der Teufel zur Schlange: / ›Steh auf, komm zu mir!‹ / Und sie stand auf und kam zu ihm. / Und der Teufel sagte zu ihr: /

›Ich höre, / dass du klüger bist / als alle Tiere, / und will mich mit dir unterhalten: / Weswegen issest du / von dem Lolch Adams / und nicht aus dem Paradies? / Steh auf und komm, / und sorgen wir, dass er hinausgeworfen wird / aus dem Paradies, / wie auch wir herausgeworfen wurden / um seinetwillen.«330 Dieser Überlieferung nach waren also sowohl der Teufel als auch sein Werkzeug, die Schlange, einmal Bewohner des Paradieses und mussten – aus hier nicht näher dargelegten Gründen – Adam weichen. In der nachfolgenden Passage verkleidet sich Satan als Engel und singt Gott Lob – ob er hier sich nur seiner Verwandlungskunst freut oder Gott

tatsächlich loben will, etwa dafür, dass es ihm gelungen ist, die Schlange für seine Dienste einzuspannen, bleibt offen. Die nachfolgende Verführung Evas gelingt durch das Versprechen, dass Eva und Adam ›wie Götter sein [werden] / wissend, was gut und böse ist.«331 Evas Befürchtung, dass Gott ihr zürnen werde, entkräftet der Teufel mit dem Argument, dass Gott in Wirklichkeit dem Menschen aus Neid verboten habe, von dem Baum der Erkenntnis zu essen, weil der Mensch dann Gott gleich werde.

330 Apc Mos 16,3; zitiert nach Dochhorn 2005, S. 306.

331 Apc Mos 18,3; zitiert nach Dochhorn 2005, S. 324.

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Mit diesem Argument rächt der Teufel seine Vertreibung aus dem Paradies, d. h. die Erniedrigung, die er erfahren hat, weil Gott den Menschen über ihn gestellt hat, indem er den Menschen und Gott zugleich erniedrigt. Eva folgt der Schlange, nachdem sie ihr zudem das Versprechen gegeben hat, auch Adam von dem Baum zu essen zu geben, womit dann das ganze Menschengeschlecht in der Hand des Teufels ist, und sieht sich augenblicklich getäuscht: »Als sie mir aber den Eid /

abgenommen hatte, / da ging sie und legte auf die Frucht, / die sie mir zu essen gab, das Gift ihrer Schlechtigkeit, das ist (das Gift) der Begierde, / und zwar der Begierde / nach jeglicher Sünde […] und ich erkannte, / dass ich der Gerechtigkeit entkleidet war […], dass ich meiner Herrlichkeit / entfremdet worden bin«332. Das Versprechen der Schlange, dass Eva gut und böse würde erkennen können, ist somit eingelöst.

Eva ist nun tatsächlich nackt, indem sie die beiden göttlichen Eigenschaften,

Gerechtigkeit und Herrlichkeit, gegen Sündhaftigkeit eingetauscht hat. Gott straft den Teufel für seine Tat, die er nicht rückgängig machen kann, womit der Teufel ihm in dieser Sache überlegen ist. Der Teufel wird in Schlangengestalt bestraft, die erst jetzt die Gestalt bekommt, die eine Schlange hat – keine Hände, keine Füße, keine

Flügel, keine Ohren. Die Schlange könnte also vor ihrer Bestrafung wie ein Engel oder wie ein Drache ausgesehen haben. Zudem zerschlägt Gott das Bündnis zwischen Teufel und Mensch, indem er beide einander zu Feinden macht.

Nach Adams Tod kommt es zu einem zweiten Engelsturz: Adam wird den

Gepflogenheiten gemäß beigesetzt – er befindet sich also weiterhin auf der Erde.

Gott stimmt in Evas Totenklage ein, gibt dann aber dem toten Adam eine

weitreichende Zusage: »›Adam, warum hast du das getan? / Hättest du mein Gebot eingehalten, / dann würden sich nicht freuen, die dich heruntergebracht haben / zu diesem Ort. / Allein ich sage dir, dass ich ihre Freude in Trauer wenden werde / und deine Trauer / wieder in Freude.«333 Adam wird wieder auf seinen paradiesischen Thron gesetzt, den zwischenzeitlich der Teufel eingenommen hatte; der Teufel aber fällt ein zweites Mal, indem er mit seinem Gefolge (das vorher nicht erwähnt wird) auf die Erde geworfen wird. Hier agiert Gott schließlich revolutionär: »Inhaltlich wird auf diese Weise in fast klassischer Form die mit dem Begriff Revolution ursprünglich verbundene Idee zum Ausdruck gebracht. Gott verheißt Adam eine Rekapitulation

332 Apc Mos 19,3–20,4; zitiert nach Dochhorn 2005, S. 325.

333 Apc Mos 39,1–2; zitiert nach Dochhorn 2005, S. 514.

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der ursprünglichen (und damit legitimen) Machtverhältnisse […] Der Umkehrung der Machtverhältnisse entspricht, dass der eine zugunsten des anderen entmachtet wird.

Neben den Revolutionsgedanken tritt damit der Gedanke der Substitution«334, interpretiert Jan Dochhorn. Dieser Substitution war eine andere vorausgegangen, nämlich die, dass sich der Teufel an die Stelle des Menschen gesetzt hat. Da diese aber eine autonome Ermächtigung des Teufels war, kann Gott sie mit Entmachtung aufheben. Schließlich ging dem eine dritte Substitution voraus, die chronologisch erste: Gott hat den Menschen an die Stelle des Teufels gesetzt. Warum er dies getan hat und warum Satan als Engel ursprünglich gefallen ist, wird in der ›Apokalypse des Mose‹ allerdings nicht erläutert. Denkbar ist, dass es sich hier – ähnlich wie im ›Buch Hiob‹ und wie in ›Faust‹ – um ein Kräftemessen zwischen Gott und seinem

schönsten Engel handelt. Adam wäre dann der bloße Spielball zwischen beiden.

Dafür spricht, dass Gott den Teufel nicht vernichtet, sondern ihn entmachtet und ihn zugleich demütigt, und das ist die eigentliche dauerhafte Strafe. Gott nämlich zwingt den Teufel, von seiner neuen Position auf der Erde aus, Adam auf dem Thron sitzen zu sehen: ›Jener aber wird geworfen werden / an diesen Ort, / damit er dich über ihm sitzen sieht; / dann wird er selbst verurteilt werden / und die auf ihn gehört haben, / und er wird trauern, / da er dich auf seinem Thron / sitzen sehen wird.«335

John Milton, ›Paradise Lost‹

John Miltons 1667 erstmals erschienenes und im 18. Jahrhundert in mehr als einhundert Ausgaben publiziertes großes Versepos ›Paradise Lost‹ ist eines der schönsten, beeindruckendsten und deutlichsten literarischen Monumente dessen, wie eine Luciferfigur, jenseits aller Melancholie, die dieser durchaus auch zueigen ist, aus der Schmach seines Falls als Mächtiger und als – zumindest sieht es für eine Weile so aus – verzweifelter Sieger hervorgeht: Satan errichtet mit seinem Gefolge ein eigenes Reich, das Pandämonium, und nimmt Rache. Der gefallene Engel Lucifer stellt sich selbst eindrucksvoll als Mächtiger vor. Zwar ist ihm seine

Niederlage gegen Gott deutlich, aber geblieben sind ihm nach diesem Verlust, der seinen Fall nach sich gezogen hat, mächtige Kräfte – der freie Wille, das

334 Dochhorn 2005, S. 518.

335 Apc Mos 39,3; zitiert nach Dochhorn 2005, S. 514.

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Rachebedürfnis, Hass und unbeugsamer Mut: »Though chang’d in outward lustre;

that fixt mind / And high disdain, from sence of injur’d merit, / That with the mightiest rais’d me to contend, / And to the fierce contention brought along / Innumerable force of Spirits arm’d / That durst dislike his reign, and me preferring, / His utmost power with adverse power oppos’d / In dubious Battel on the Plains of Heav’n, / And shook his throne. What though the field be lost? / All is not lost; the unconquerable Will, / And study of revenge, immortal hate, / And courage never to submit or yield: / And what is else not to be overcome? / That Glory never shall his wrath or might / Extort from me.«336 Seine und seines Gefolges neue Aufgabe definiert Lucifer deutlich – Widerpart nicht nur zu sein, sondern beständig Widerständiges, Widerwärtiges zu schaffen: »Fall’n Cherube, to be weak is miserable / Doing or Suffering: but of this be sure, / To do ought good never will be our task, / But ever to do ill our sole delight, / As being the contrary to his high will / Whom we resist. If then his Providence / Out of our evil seek to bring forth good. / Our labour must be to pervert that end, / And out of good still to find means of evil«337.

Miltons Lucifer plant die Zerstörung von Gottes schönster Schöpfung, dem

Menschen. Zwei Versuche kostet ihn das, einen in Gestalt einer Kröte und einen in Gestalt einer Schlange: Als er sich Eva in Gestalt einer Kröte nähert, um sie zu verführen, vom Baum der Erkenntnis zu essen, wird sein Unternehmen von den Engeln Gottes vereitelt. Als Kröte schmiegt er sich an Evas Ohr: »Squat like a Toad, close at the eare of Eve; / Assaying by his Devilish art to reach / The Organs of her Fancie, and with them forge / Illusions as he list, Phantasms and Dreams,/ Or if, inspiring venom, he might taint / Th’ animal spirits that from pure blood arise / Like gentle breaths from Rivers pure, thence raise / At least distemperd, discontented thoughts, / Vaine hopes, vaine aimes, inordinate desires / Blown up with high conceits ingendring pride.«338 Ithuriel vereitelt Lucifers Vorhaben, in Eva Wünsche und Begierden zu wecken, denen sie im Paradies nicht nachkommen kann, mit einer Berührung des Krötengestaltigen durch seine Speerspitze.

Schlange und Kröte sind als dem Teufel symbolisch beigegebene Tiere weit verbreitet. Jutta Failing weist in der Kurzfasssung ihrer Dissertation ›Frosch und

336 Milton 1674, Erstes Buch, V. 97–111.

337 Milton 1674, Erstes Buch, V. 157–165.

338 Milton 1674, Viertes Buch, V. 800–809.

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Kröte als Symbolgestalten in der kirchlichen Kunst‹ darauf hin, dass die Kröte – im Gegensatz zum Frosch – im christlichen Symbolkontext schlecht dasteht: »Für die Kröte liegen solche günstigen Beurteilungen [z. B. Sinnbild der Regeneration und Zeichen der Erdgebundenheit des Menschen zu sein] generell nicht vor«. Allein »[i]n der Bauplastik erscheint die Kröte ausschließlich im Gerichtskontext und dort als Attribut des Teufels oder einer personifizierten Todsünde, ›Luxuria‹ (Wollust) und

›Gula‹ (Völlerei). Daneben gehört sie zu den Attributen des ›mundus‹, der

personifizierten betrügerischen Welt. In der Tafelmalerei ist sie zunächst Attribut der

›Luxuria‹, später mehr Sinnbild der Vanitas.«339 Legendenbildungen zur Kröte haben sie über die Jahrhunderte in ein so negatives Licht gerückt, dass Emil Schmidt noch 1873 in einem in der ›Gartenlaube‹ erschienenen Artikel mit dem doppeldeutigen Titel ›Besser als ihr Ruf‹ zu einer Ehrenrettung ansetzt, die mit den Worten endet:

»Arme Kröte, verkannte Unschuld, setzen wir dich in die ›Gartenlaube‹! Du gehörst hinein, hast ein Recht dazu! Du wirst, von da aus die Aufmerksamkeit mehr auf dich lenkend, nicht versäumen dich nützlich zu machen, auf daß das noch vorhandene Ungeziefer von Irrthum, Vorurtheil und Aberglauben verschwinde und Schule und Haus mit dir sich befreunde, dich schirme und schütze.«340

Bleibt schließlich im Zusammenhang von Teufel und Kröte noch die Beezlebufo ampinga zu erwähnen:

Abb. 24: Beelzebufo ampinga341

339 Failing 2002.

340 Schmidt 1873, S. 131.

341 Abb.: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/75/Beelzebufo_BW.jpg.

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Die Gepanzerte Teufelskröte lebte in der Oberkreidezeit (70–65 Mio. v. Chr.) und ernährte sich vornehmlich von kleinen Flugsauriern; Überreste von ihr wurden erstmals 1993 in der Maevarano-Formation auf Madagaskar entdeckt; sie ist mit einer Länge von bis zu 40 cm der längste bekannte Froschlurch.

Als Kröte also hat Lucifer bei Milton keine Chance gegen die Engel Gottes bei seinem Vorhaben, den Menschen zum Abfall von Gottes Wille zu bewegen. Erst in Gestalt einer Schlange gelingt es Satan, den Menschen zum Sündenfall zu bringen und das Böse in der Welt zu etablieren. Doch schildert Milton den Sündenfall als ein Drama in mindestens zwei Akten, dessen zweiter schon ein Hinweis auf das ferne gute Ende ist, die Erlösung der Menschheit durch die Liebe Christi: Während Eva von Satan verführt wird, von der verbotenen Frucht zu essen, folgt ihr Adam aus freien Stücken. Er wird nicht von Satan verführt, und auch nicht von Eva – er entscheidet sich dafür, vom Apfel zu essen, um nicht allein zurückzubleiben, sondern um Eva zu folgen. Adam ist nicht Satans Opfer, sondern sündigt aus freien Stücken, indem er seine Liebe zu Eva über seinen Gehorsam gegenüber Gott stellt.

In dem Moment, als es Satan gelingt, Adam und Eva zum Sündenfall zu verführen, ist er so mächtig wie Gott: Seine Kraft liegt in Negation und Destruktion, und es gelingt ihm, das gesamte Schöpfungswerk, wenn auch nicht dauerhaft, zu zerstören.

Der gefallene Engel bringt aus Rache den Menschen zu Fall und setzt in der Folge das gesamte Schöpfungswerk Gottes in einen Zustand beständigen Bedrohtseins.

Das ist der faktische inhaltliche Schluss von Miltons Epos – allerdings wird Rettung in Aussicht gestellt: Gott lässt Adam und Eva nach dem Sündenfall im Traum sowohl die (fast) vollkommene Zerstörung der Schöpfung durch die Sintflut sehen als auch den Erlösertod Christi am Kreuz, die mit dem Opfer des Gottessohnes

einhergehende Rettung des Menschen von der Sünde bzw. der Strafe für die Sünde:

dem Tod. Und so gehen Adam und Eva am Ende von ›Paradise Lost‹ aus dem Paradies, das hinter ihnen in Flammen aufgeht: »They looking back, all th’ Eastern side beheld / Of Paradise, so late thir happie seat, / Wav’d over by that flaming Brand, the Gate / With dreadful Faces throng’d and fierie Armes: / Som natural tears they drop’d, but wip’d them soon; / The World was all before them, where to choose /

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Thir place of rest, and Providence thir guide: / They hand in hand with wandring steps and slow, / Through Eden took thir solitarie way.«342

Dieses verlorene Paradies gewinnt der Mensch in dem 1671 erschienenen Kurzepos

›Paradise Regain’d‹ zurück – Satans Versuch, Christus wie seinerzeit Eva zu verführen, scheitert hier. Christus erweist sich allen drei Versuchen gegenüber als standhaft; als – im Gegensatz zu Adam und Eva – vollkommener Mensch geht er siegreich aus den vornehmlich dialogischen Auseinandersetzungen mit Satan hervor und in sein Elternhaus zurück.

Abb. 25: William Blake, Satan Arousing The Rebel Abb. 26: William Blake, Frontispiz zu ›Milton.

Angels, 1808, Wasserfarbe auf Papier, 51,8 x 31,2 A Poem‹, koloriert, 23 x 14,8 cm, heute Lenox cm, London 1811, Reliefradierung auf Papier, Library, New York Public Library, New York heute Victoria and Albert Museum, London343 City344

Miltons Lucifer bzw. Satan trägt heldenhafte Züge. Percy Bysshe Shelley feiert ihn in seiner ›Defence of Poetry‹ als heldenhaften Charakter und verteidigt ihn zugleich gegen seine Interpreten: »Nothing can exceed the energy and magnificence of the character of Satan as expressed in ›Paradise Lost‹. It is a mistake to suppose that he

342 Milton 1674, 12. Buch, V. 641–649.

343 Abb.: http://www.vam.ac.uk/__data/assets/image/0004/208804/5613-large.jpg.

344 Abb.: http://www.blakearchive.org/exist/blake/archive/object.xq?objectid=milton.c.illbk.01&java=no.

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could ever had been intended for the popular personification of evil. […] Milton’s Devil

could ever had been intended for the popular personification of evil. […] Milton’s Devil