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2.5 Therapie von Sehnenerkrankungen

2.5.2 Medikamentöse Therapie

2.5.2.1 Lokale Gabe von Medikamenten

Als vorteilhaft ist bei der lokalen, intraläsionalen Applikation bestimmter Substanzen zu bewerten, dass das entsprechende Medikament genau im Bereich der vorliegenden Läsion abgesetzt werden kann. Dabei sollte es allerdings möglichst zu keiner weiteren Verletzung des angrenzenden gesunden und des schon verletzten Gewebes kommen (SUTTER 2007). Die heilungsfördernde Wirkung intraläsional applizierter Substanzen beruht idealerweise auf einer Herabsetzung der lokalen inflammatorischen Gewebereaktion oder auf der Beeinflussung bestimmter für das Voranschreiten der Heilung verantwortlicher Signalkaskaden. Die Verbesserung der Faserparallelität und der Elastizität im Ersatzgewebe und daraus resultierend ein

möglichst geringes Rezidivrisiko sind all diesen Therapieansätzen als Ziel gemein (GOODRICH 2011).

2.5.2.1.1 Hyaluronsäure

Bei Hyaluronsäure handelt es sich um ein lineares Glykosaminoglykan aus N-Acetyl-D-glucosamin und D-Glukuronsäure. Es wird in den Fibroblasten aus Glukose synthetisiert und ist unter anderem in Synovialflüssigkeit und als Kittsubstanz der extrazellulären Matrix im Körper vorhanden (PSCHYREMBEL 2010). Außerdem kommt Hyaluronsäure als Bestandteil der Grundsubstanz auch in Sehnen vor (ALEXANDER u. DONOFF 1980).

Die Anwendung von Hyaluronsäure zur intraläsionalen Behandlung von Tendopathien der oberflächlichen Beugesehne soll eine Verkürzung der schmerzhaften Phase, eine Beschleunigung der Heilung und eine Verbesserung des klinischen Bildes bewirken (BLOBEL 1988; SCHMIDT 1989). Dabei kann sie peritendinös, intraläsional, intrasynovial und auch systemisch eingesetzt werden (AVELLA u. SMITH 2011). Während in einer Studie die Heilungsrate nach Anwendung von Hyaluronsäure 81 % betrug (SITTHICHAIYKUL 1997) und ein positiver Effekt auf die Sehnenheilung erwiesen schien (SPURLOCK et al. 1999), geben andere Studien Anlass zum Zweifel an der Wirksamkeit der Hyaluronsäure. In zwei Studien ließen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen mit und ohne Hyaluronsäure behandelten Läsionen erheben (GAUGHAN et al. 1992; DYSON 2004). Hyaluronsäure ist eines der wenigen Medikamente für das nach intraläsionaler Applikation Werte (bis zu 3,63 cm) für die Verteilung innerhalb der Sehne vorliegen. Die deutlich geringere Verteilungsstrecke im Vergleich zu dem verwendeten Röntgenkontrastmittel erklärten die Autoren mit der vergleichsweise höheren Viskosität (PREYSS 2009).

2.5.2.1.2 Beta-Aminoproprionitrilfumarat (BAPN)

Das Beta-Aminoproprionitrilfumarat ist ein giftiges Substrat, welches aus den Samen der Platterbse (synonym Edelwicke, Lathyrus odoratus) gewonnen wird. Seine

Wirkung verdankt es der Hemmung des Enzyms Lysyloxidase, wodurch es nach intraläsionaler Verabreichung im Stadium der Narbenbildung die Ausbildung von Kollagen-Querfibrillen verhindert. Dies soll zu einer parallelen Ausrichtung des Reparaturgewebes und dadurch zu einer verbesserten Qualität des Narbengewebes führen (REEF u. GENOVESE 1997).

Auch die Wirksamkeit einer intraläsionalen Injektion mit Beta-Aminoproprionitrilfumarat wird kontrovers diskutiert: Während einige Autoren den Einsatz von BAPN für nicht empfehlenswert halten, da es in einer experimentellen Studie zu einer signifikanten Verringerung der Kollagensynthese und Schwächung des Kollagengewebes führte (DAHLGREN et al. 2001), konnten andere Autoren Verbesserungen des Heilungsprozesses nach Einsatz von BAPN feststellen: Neben einer verbesserten Faserbündelqualität (REEF u. GENOVESE 1997; ALVES et al.

2001) wurde auch eine Verringerung der Rezidivrate nach Behandlung mit BAPN beobachtet (DYSON 2004).

2.5.2.1.3 Polysulfatierte Glykosaminoglykane (PSGAG)

Bei Glykosaminoglykanen handelt es sich um eine Gruppe saurer, hochpolymerer Heteropolysaccharide. Sie bestehen aus Aminozuckern, Glukuron- oder Iduronsäure und sind unterschiedlich stark mit Schwefelsäure verestert. Natürlicherweise kommen sie vor allem im Bindegewebe des Körpers vor (PSCHYREMBEL 2010).

Zur Therapie von Sehnenerkrankungen können Polysulfatierte Glykosaminoglykane (PSGAGs) intraläsional oder intramuskulär verabreicht werden (REDDING et al.

1999). Über welche Applikationsart und ob überhaupt ein Effekt durch die Anwendung von PSGAGs hervorgerufen wird, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Eine Studie erbrachte keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Rezidivraten von Pferden, die nur intramuskulär mit PSGAGs behandelt wurden und Pferden, die zusätzlich mit intraläsional verabreichten PSGAGs behandelten wurden. Allerdings bestanden auch keine Unterschiede zu Pferden, die überhaupt keine PSGAGs verabreicht bekamen, sondern nur mit einem kontrollierten Bewegungsprogramm behandelt wurden (DYSON 2004). Andere Autoren beobachteten hingegen eine schnellere Abnahme der Läsionsgröße bei intramuskulär mit PSGAGs behandelten

Pferden als bei nicht behandelten Pferden (REDDING et al. 1999). Die Wirkung der PSGAGs beruht auf ihrer Fähigkeit, die Prostaglandin-E-Synthese, die Leukozyteninfiltration beschädigten Gewebes, die Synthese von Interleukin-1 und freier Radikale sowie degenerativ wirkende Enzyme zu hemmen (GOODRICH 2011).

2.5.2.1.4 ACellTM

ACellTM wird aus der extrazellulären Matrix der Harnblasenmukosa spezifisch Pathogen freier (SPF-) Schweine gewonnen. Es ist als lyophilisiertes, azelluläres Pulver erhältlich (MITCHELL 2006). Einsatzgebiete des ACellTM umfassen unter anderem Verletzungen von Sehnen und Bändern (KOCH et al. 2009).

Etwa 60 Tage nach der intraläsionalen Applikation von ACellTM wurde die Bildung eines dem ursprünglichen Gewebe sehr ähnelnden Fasergerüstes beobachtet. Die Gewebe aktivierende Wirkung dieses Produktes beruht auf den ihm eigenen Wachstumsfaktoren (vascular endothelial growth factor (VEGF), insulin-like growth factor-1 (IGF), transforming growth factor ß (TGF-ß), platelet-derived growth factor (PDGF), fibroblast growth factor – 1 (FGF-1)), zusätzlich wirkt es angiogenetisch.

Außerdem besitzt es durch Inhaltsstoffe wie Defensine, Cecropine und Meganine eine antiinfektive Wirkung (MITCHELL 2006). Des Weiteren soll es zu einer Rekrutierung von Vorläuferzellen aus dem Knochenmark führen, die sich in das azelluläre Gerüst des ACellTM integrieren und so für einen Neuaufbau auch stark verletzten und sogar fehlenden Gewebes führen (THEORET 2009). Allerdings ist auch bei diesem Produkt der Nutzen seiner Anwendung strittig. So stellten WALLIS et al. (2010) bei Pferden mit Läsion der OBS keine verbesserte Heilung bei mit ACellTM behandelten Tieren im Vergleich zur unbehandelten Kontrollgruppe fest.

Kritisch muss bei dieser Studie aber gesehen werden, dass die Sehnenschäden im Gegensatz zu klinischen Patienten durch Kollagenase induziert waren. Da ACellTM neben Glykosaminoglykanen, Proteoglykanen und Glykoproteinen eben auch Kollagen enthält (WALLIS et al. 2010), könnte die Wirkung des ACellTM bei durch Kollagenase induzierten Läsionen negativ beeinflusst worden sein. Als nachteilig für die Verwendung von ACell™ können die beschriebenen, adversen Reaktionen nach intraläsionaler Injektion gesehen werden. In einer Studie wurde bei nahezu allen

Pferden eine Schwellung im Bereich des Applikationsorts beobachtet. Insgesamt 16,3% der behandelten Pferde zeigten teilweise hochgradige (2,1%) Lahmheiten innerhalb der ersten 24 Stunden nach Injektion (MITCHELL 2006).

2.5.2.1.5 Glukokortikoide

Die intraläsionale Applikation von Glukokortikoiden zur Behandlung einer Tendopathie wird nicht empfohlen (HENNINGER et al. 1992; AVELLA u. SMITH 2011). Während man früher von einem positiven Effekt aufgrund des stark entzündungshemmenden Effektes in der Therapie von Sehnenerkrankungen ausging (WATKINS 1993), steht heute das Wissen um die nachgewiesene Induktion von Nekrosen und dystrophischen Verkalkungen durch Glukokortikoide (Methylprednisolon) in oberflächlichen Beugesehnen im Vordergrund (POOL 1980).