• Keine Ergebnisse gefunden

Diagnostische Massnahmen in der Onkologie – speziell

Im Dokument Onkologie für die Palliativmedizin (Seite 51-55)

3. Grundlagen der onkologischen Diagnostik 45

3.5 Diagnostische Massnahmen in der Onkologie – speziell

3.5.1 Untersuchung von Blut und Knochenmark (7)

Durch die mikroskopische Untersuchung von Blut bzw. Knochenmark lassen sich hämatologische Erkrankungen diagnostizieren und gegebenenfalls durch zusätzli-che Untersuchungen weiter charakterisieren. Die Immunphänotypisierung erlaubt die Unterscheidung myeloischer und lymphatischer Zellen sowie eine exakte Ein-ordnung von Zellpopulationen (z. B. Blasten bei einer akuten Leukämie, verschie-dene Arten von Non-Hodgkin Lymphomen usw.). Zytogenetische und molekular-genetische Untersuchungen ermöglichen die Identifikation charakteristischer gene-tischer Veränderungen, z. B. den Nachweis des sogenannten „Philadelphia-Chromosoms“ (einer Translokation t(9;22)) bei der chronischen myeloischen Leu-kämie (die t(9;22) kommt aber auch bei manchen akuten LeuLeu-kämien vor). Das

„Philadelphia-Chromosom“ kodiert für eine pathologische Tyrosinkinase, die das maligne Verhalten der Blutzellen hervorruft. Diese Tyrosinkinase lässt sich mit oralen Tyrosinkinaseinhibitoren hemmen und so die Erkrankung in Remission bringen. Die genannten Untersuchungen sind am peripheren Blut durchführbar.

Bei der Knochenmarkpunktion wird am dorsalen Beckenkamm unter örtlicher Betäubung Knochenmark entnommen. Wenn der Patient dies wünscht, ist die Prozedur aber auch unter Sedierung sehr risikoarm durchführbar. Allerdings setzt die Durchführung einer Sedierung die Möglichkeit der Monitorüberwachung des Patienten voraus. In der fortgeschrittenen Palliativsituation kann meistens auf eine Knochenmarkpunktion verzichtet werden.

3.5.2 Mikroskopie

Die Mikroskopie von Ausstrichpräparaten von Blut-, Knochenmarks- oder Tu-morbiopsien ist technisch sehr einfach und schnell durchführbar. Vielfach kann eine hämatologische Erkrankung, z. B. eine akute Leukämie, eine chronische myeloische Leukämie, eine chronische lymphatische Leukämie oder andere häma-togen ausschwemmende Non-Hodgkin-Lymphome auf diese Weise erkannt wer-den.

3.5.3 Immunphänotypisierung

Durch die „Anfärbung“ von spezifischen Markern auf der Oberfläche (CD-Antigene) oder im Zytoplasma von Tumorzellen in Blut oder Knochenmark kön-nen Zellpopulatiokön-nen identifiziert und so hämatologische Erkrankungen weiter spezifiziert werden. Beispielsweise findet man bei der chronischen lymphatischen Leukämie zahlreiche Lymphozyten sowie Kernschatten im mikroskopischen Blut-ausstrich. Die ergänzende Immunphänotypisierung kann diese lymphatische Zell-population als typische chronische lymphatische Leukämie charakterisieren und so gegen andere hämatogen ausschwemmende Non-Hodgkin-Lymphome oder akute Leukämien abgrenzen.

3.5.4 Zytogenetische Untersuchung

Die zytogenetische Untersuchung von Tumorzellen im Blut oder Knochenmark dient in der Regel zur weiteren Risiko- und Prognoseabschätzung bei hämatologi-schen Erkrankungen und ist daher in der fortgeschrittenen Palliativsituation ver-zichtbar. In einzelnen Fällen, speziell bei der chronisch-myeloischen Leukämie oder bestimmten Formen der akuten lymphatischen Leukämie ist der Nachweis des „Philadelphia-Chromosoms“ aber wichtig, da hieraus die Möglichkeit entsteht, eine Therapie mit einem gut verträglichen, oral einzunehmenden Tyrosinkina-sehemmer mit sehr guten Behandlungschancen einzuleiten. Nach klinisch relevan-ten genetischen Veränderungen kann sehr rasch und kosrelevan-tengünstig mittels FISH-Diagnostik gesucht werden.

3.5.5 Molekulare Diagnostik

Die molekulare Diagnostik dient der Identifizierung typischer „Treibermutatio-nen“. So werden genetische Veränderungen von Rezeptoren oder intrazellulären Signaltransduktionsmolekülen bezeichnet, die kritisch für das maligne Verhalten bzw. das Überleben einer Krebszelle sind (8). Beispielhaft kann hier eine aktivie-rende Mutation des EGF-Rezeptors bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen erwähnt werden. Die Blockade dieser pathologisch aktivierten Rezeptor-Tyrosinkinase führt zum Absterben der Tumorzellen und zu vielfach ganz

beein-druckendem klinischen Ansprechen. Dieses währt allerdings in der Regel nur eini-ge Monate, da es bei Blockade eines Aktivierungsmechanismus in den Krebszellen zu alternativen Aktivierungsmechanismen kommt.

3.5.6 Punktion von Körperhöhlen

Ascites- und Pleurapunktion zur zytologischen und laborchemischen Diagnostik Die sonographisch kontrollierte Punktion von Ascites oder Pleurarguss ist sehr risikoarm und für den Patienten kaum belastend unter Lokalanästhesie durchzu-führen. Die hierbei gewonnenen Ergussproben können zytologisch und laborche-misch untersucht werden. Bei malignen Ergüssen sind zumindest die ungefähre Eingrenzung der zugrunde liegenden Krebserkrankung sowie die Abgrenzung gegen benigne Erkrankungen vielfach möglich. Beispielsweise ist es durch die la-borchemische und zytologische Untersuchung von Ascites zumeist möglich, Asci-tes bei dekompensierter Leberzirrhose von einer spontan-bakteriellen Peritonitis oder malignem Ascites zu unterscheiden.

3.5.7 Endoskopie

Endoskopische Verfahren erlauben die Identifikation einer malignomverdächtigen Struktur im oberen oder unteren Gastrointestinaltrakt, im Bronchialsystem oder in der Harnblase, wobei aus karzinomverdächtigen Veränderungen unmittelbar Ge-webeproben entnommen werden können (9). Endoskopische Untersuchungen können sehr risikoarm unter Sedierung durchgeführt werden und sind dann für den Patienten kaum belastend. Vor endoskopischen Untersuchungen sollte die Blutgerinnung kontrolliert und gegebenenfalls optimiert werden. Bei Einnahme von Antikoagulanzien sollten diese vor der Endoskopie pausiert werden. Übli-cherweise braucht ASS in der üblichen Dosis vor endoskopischen Untersuchungen nicht pausiert zu werden.

3.5.8 Ösophago-Gastro-Duodenoskopie

Die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie sollte bei Beschwerden oder bei Verdacht auf ein Malignom im oberen Gastrointestinaltrakt durchgeführt werden, beispiels-weise bei neu aufgetretener Übelkeit oder Erbrechen, Schmerzen im Oberbauch oder unklarer Gewichtsabnahme. Sollten primär Metastasen, z. B. in der Leber oder im Knochen, aufgefallen sein, so ist die Gastroskopie zur Primärtumorsuche indiziert. Die Untersuchung erlaubt die Begutachtung des oberen Gastrointestinal-traktes, von der Speiseröhre bis zum Zwölffingerdarm. Während der Untersu-chung können direkt Gewebeproben mittels Zangenbiopsie aus verdächtigen Area-len entnommen werden. Darüber hinaus können gegebenenfalls tumorbedingte Stenosen begutachtet werden; eventuell ist eine Stent-Anlage in palliativer

Intenti-on zur Überbrückung der Tumorstenose und Wiederherstellung der Nahrungspas-sage möglich. Bei nicht zu überwindender post-gastraler Stenose kann eine Ablauf-PEG (Perkutane Endoskopische Gastrostomie) dem Patienten Erbrechen ersparen und die orale Nahrungsaufnahme ermöglichen (wobei der Mageninhalt natürlich durch die PEG wieder abläuft).

3.5.9 Coloskopie

Die Coloskopie erlaubt die risikoarme Untersuchung des gesamten Dickdarmes.

Da auch diese Untersuchung unter Sedierung durchgeführt werden kann, ist die Belastung für den Patienten gering. Allerdings muss der Dickdarm zur Vorberei-tung der Coloskopie gereinigt werden, weil die Verschmutzung des Darmes durch Stuhl die Beurteilbarkeit stark beeinträchtigen kann bzw. die Untersuchung sogar unmöglich macht. Diese vorbereitenden Maßnahmen können für den Patienten durchaus belastend sein. Aus tumorverdächtigen Veränderungen können Zangen-biopsien zur histologischen Untersuchung entnommen werden. Bei Tumorsteno-sen im Colon ist eventuell auch eine Stent-Implantation möglich.

3.5.10 Bronchoskopie

Die Bronchoskopie erlaubt die Probenentnahme aus endobronchial bzw. intra-pulmonal gelegenen Prozessen, sofern diese über das Bronchialsystem zugänglich sind (10). Auch die Bronchoskopie kann unter Sedierung risikoarm und wenig belastend für den Patienten durchgeführt werden. Aus zentral gelegenen en-dobronchialen Veränderungen können unter direkter Sicht Gewebeproben mittels Bürste (für die zytologische Untersuchung) und Biopsiezange (für die histologische Untersuchung) gewonnen werden. Tumoren, die in der Lungenperipherie gelegen sind, entziehen sich der direkten Darstellbarkeit und sind daher weniger sicher zu erreichen. Hilfsmittel zur Biopsieentnahme aus peripheren Lungenherden sind die unterstützende Anwendung einer endobronchialen Ultraschall-Minisonde oder, bei radiologisch darstellbaren Tumoren, die gezielte Biopsie unter Röntgendurchleuch-tung. Mittels endobronchialen Ultraschalls (EBUS) können Tumoren bzw.

Lymphknoten, die paratracheal oder parabronchial gelegen sind, dargestellt wer-den. Dadurch wird eine ultraschall-gezielte Nadelbiopsie aus entsprechenden Tu-moren möglich. Mittels endobronchialem Ultraschall gesteuerten Nadelbiopsien können zwar lediglich zytologische Untersuchungen durchgeführt werden. Jedoch ist hier durch ergänzende immunzytochemische Untersuchungen in den meisten Fällen eine Diagnosestellung möglich. Auch molekulargenetische Untersuchungen können am zytologischen Material durchgeführt werden (z. B. zum Nachweis einer aktivierenden EGF-Rezeptor-Mutation beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzi-nom).

Im Dokument Onkologie für die Palliativmedizin (Seite 51-55)