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2.4 Lipide im Pansen

2.5.1 Lipolyse der Futtermittel

Unter Spaltung der Esterbindungen entstehen aus Futterlipiden u.a. freie FS, Glycerin, Galactose und freie Carboxlgruppen. Letztere stellen ihrerseits eine Voraussetzung für die anschließende Hydrogenierung (Hydrierung) ungesättigter FS dar (GARTON et al. 1961;

HAWKE u. SILCOCK 1970; KEPLER et al. 1970; s. Abb. 2.1 u. 2.3).

Abb. 2.3: Ablauf der Lipolyse, vereinfacht dargestellt (grau hinterlegt: beteiligte Enzyme) Triacylglycerine,

Galactolipide (MGDG, DGDG), Phospholipide, Sphingolipide

/LSDVHQ *DODFWR OLSDVHQ 3KRVSKR OLSDVHQ HWF

Glycerin

Freie Fettsäuren:

gesättigt u. unge-sättigt,

Phosphorsäuren, etc.

MGG, DGG

*DODFWRVLGDVH

Galactose Glycerin

Die entstehenden freien FS können entweder an die Partikelphase adsorbiert, hydriert und in mikrobielle Lipide inkorporiert werden oder mit Calcium zu Calciumseifen reagieren (KEENEY 1970; KEPLER et al. 1971; DAWSON et al. 1974; HAZLEWOOD u. DAWSON 1976; VAN DER HONING u. TAMMINGA 1986).

Neben den freien FS sind die wichtigsten Endprodukte der hydrolytischen Spaltung Glycerin und Galactose, die wiederum zu flüchtigen Fettsäuren, besonders zur Propionsäure und zur Essigsäure metabolisiert werden (DEMEYER 1973; OSLAGE 1984) und so die Konzentration des freien Glycerins im Pansen sehr niedrig halten. Dieser Effekt wurde auch nach Fütterung einer triglyceridreichen Ration im Kraftfutteranteil beobachtet (HOBSON u.

MANN 1961; BLACKBURN u. HOBSON 1962; WRIGHT 1969).

Die Lipasen der Hydrolyse stammen sowohl von Futterpflanzen, wie auch von Bakterien und Protozoen (LATHAM et al. 1972; FARUQUE et al. 1974; DAWSON et al. 1977;

PALMQUIST u. JENKINS 1980; s. Tab. 2.26). Unklarheiten gibt es über den jeweiligen Grad der Beteiligung. Für FARUQUE et al. (1974) sind vorwiegend pflanzliche Lipasen für die Hydrolyse verantwortlich, während mikrobielle Enzyme für ihn nur eine sekundäre Rolle spielen. Dagegen wurde eine schnelle Hydrolyse auch in konserviertem Grünfutter festgestellt, bei dem pflanzliche Lipasen weitestgehend inaktiviert waren (HARFOOT 1981).

VAN DER HONING u. TAMMINGA (1986) vertreten sogar die Meinung, daß vorrangig bakterielle und protozoale Lipasen für die Hydrolyse zuständig sind. Verschiedene Autoren messen letzteren dagegen nur eine geringe Bedeutung bei, da sie die lipolytische Aktivität der Protozoen ausschließlich auf die inkorporierten oder adsorbierten Bakterien zurückführen (DAWSON et al. 1977; MOORE u. CHRISTIE 1984).

Tab. 2.26: An der ruminalen Lipolyse beteiligte Enzyme mikrobieller und pflanzlicher Herkunft

Lipolyse-Enzyme Herkunft Autor / Jahr

Lipasen mikrobiell GARTON et al. 1958

Phospholipase A Phospholipase C Lysophospholipase Phosphodiesterase

mikrobiell DAWSON 1959

Lipasen protozoal (Epidinium spp.) WRIGHT 1961

α-Galaktosidase protozoal (E. ecaudatum) BAILEY u. HOWARD 1963 Phospholipase A

Lysophospholipase Phosphodiesterase Phosphomonoesterase

protozoal (E. caudatum) COLEMAN et al. 1971

Zellgebundene Esterase Extrazelluläre Lipase

bakteriell (Anaerovibrio lipolytica) HENDERSON u. HODGKISS 1973

Galaktosidasen Galaktolipasen

bakteriell DAWSON u. HEMINGTON

1974

Lipasen pflanzlich FARUQUE et al. 1974

Lipasen bakteriell MOORE u. CHRISTIE 1984

An der Lipolyse sind hauptsächlich die Bakterienarten Anaerovibrio lipolytica und Butyrivibrio fibrisolvens beteiligt (HOBSON u. SUMMERS 1966, 1967; HENDERSON et al.

1969; HENDERSON 1971; LATHAM et al. 1972; HENDERSON u. HODGKISS 1973;

HAZLEWOOD u. DAWSON 1975, 1976; HAZLEWOOD et al. 1983).

Anaerovibrio lipolytica produziert in der frühen Wachstumsphase zwei hydrolytische Enzyme: eine zellständige Esterase und eine extrazelluläre Lipase, die an das Medium abgegeben wird (s. Tab. 2.27). Letztere besteht aus zwei Untereinheiten, wobei die lipolytische Aktivität an die Komponente mit dem höheren Molekulargewicht gebunden ist (HENDERSON 1971; HENDERSON u. HODGKISS 1973). Die Lipasen von Anaerovibrio lipolytica hydrolysieren Diacylglycerine schneller als Triacylglycerine und greifen Phospho-und Galaktolipide gar nicht an.

Butyrivibrio fibrisolvens gehört zu einer kleinen Bakteriengruppe, die befähigt ist, Phospholipide zu hydrolysieren (HAZLEWOOD u. DAWSON 1975 a). Diese Bakterien produzieren sowohl eine Phospholipase A als auch eine Phosphorylase; die Phospholipase A deacetyliert Phospholipide zu freien Lysophospholipiden und unveresterten Fettsäuren, die Phosphorylase entfernt anorganischen Phosphor aus Phosphatidylinositol.

Sowohl die Phospholipasen A und C als auch die Galactolipasen sind bei subzellulären Fraktionierungen von Butyrivibrio in zytoplasmatischen Membranen lokalisiert (HAZLEWOOD et al. 1983). Die Phospholipase ist in Kulturen überwiegend zellassoziiert, wird aber auch in Überständen von Kulturen nachgewiesen, während sie in Panseninhalten stark von der Anwesenheit der Pansenbakterien abhängig ist (HAZLEWOOD 1974).

Tab. 2.27: Wachstumsoptima und Lipase beeinflussende Faktoren der Genera Anaerovibrio lipolytica und Butyrivibrio fibrisolvens

Bakterien

pH 6,5 - 7,5 Cystein, Asche und

Die Phospholipaseaktivität ist bei sehr niedrigen Temperaturen bemerkenswert hoch (HAZLEWOOD u. DAWSON 1976). Das Maximum der Hydrolyserate ist bei - 10 °C höher als bei + 39 °C, wenn bei + 39 °C nicht eine zusätzliche Stimulation durch Ölsäure- oder Natriumdodecylsulfat (NDS) Zugabe erfolgt. Die Aktivität ist bei niedrigen Temperaturen absolut vom Vorhandensein von Schwefelreagentien (n. def.) abhängig, sie kann durch Ca2+, Mn2+, Mg2+ gesteigert und durch EDTA gehemmt werden.

Eine weitere Eigenschaft des Phospholipasesystems von Butyrivibrio fibrisolvens (Stamm LM8/1B) ist die Fähigkeit, N-acylphosphatidylethanolamin durch eine intermolekulare Transacylation zu katalysieren, wobei ein Molekül von Phosphatidylethanolamin als Acyldonor und ein weiteres als Acylakzeptor dient (HAZLEWOOD u. DAWSON 1975 a).

Die Fähigkeit der Bakterien, gleichzeitig die lipolytische Spaltung und die Hydrierung vorzunehmen, ist bei einzelnen Stämmen der Pansenmikroben sehr unterschiedlich

ausgeprägt. Sie war bei den untersuchten Stämmen, die die mehrfach ungesättigten FS bis zur Stearinsäure hydrogenieren konnten, besonders niedrig (HAZLEWOOD et al. 1976).

Experimentelle Beweise für eine Protozoenbeteiligung an der Hydrolyse von Futterlipiden sind nicht überzeugend, vor allem wegen Unklarheiten über die Rolle der intrazellulären-(inkorporierten) und oberflächengebundenen Bakterien (s. Tab. 2.28).

Tab. 2.28: Chronologische Auflistung von Versuchen zur Klärung möglicher Protozoen-beteiligungen an der Hydrolyse

Versuch Ergebnis Autor / Jahr

Inkubation von

Protozoenextrakten mit Tributyrin, Triolen, Leinsamen- und Ölivenöl

Nur Hydrolyse von Tributyrin.

Schätzung über 30 - 40 %ige protozoale Beteiligung an der Hydrolyse (v.a. Epidinium spp.)

WRIGHT 1961

α-Galaktosidase aus Epidinium ecaudatum

extrahiert, dieses Enzym setzte Galaktose aus intakten

Galaktolipiden frei

Lipaseaktivität selbst wurde nicht nachgewiesen, Einfluß von E. ecaudatum auf Hydrolyse angenommen.

BAILY u. HOWARD 1963

Inkubation von E. caudatum Inkorporierung von Chloroplas-ten, Fetttröpfchen; Verdacht der anschließenden Hydrolyse Beteiligung deshalb nur gering

DAWSON u. KEMP 1969

Inkubation von E. caudatum Hydrolyse von PE; Annahme, daß dieser Prozeß für interne Zellökonomie relevanter sei, als für Verdauung von Futterlipiden im Pansen

COLEMAN et al. 1971

Messung lipolytischer Aktivität in boviner Pansenprotozoenfraktion

30 % der lipolytischen Gesamtaktivität (Schätzung)

LATHAM et al. 1972

Messung lipolytischer Aktivität von holotrichen Protozoen im bovinen Pansen

Protozoen besitzen keine lipolytische Aktivität, Lipasen und Phosphatasen der Phospho-lipid-Lipolyse sollen eher pflanzlicher Herkunft sein

GIRARD u. HAWKE 1978

Über einen Protozoeneinfluß auf die Lipolyse und das eventuelle prozentuale Ausmaß kann bis heute keine gesicherte Aussage gemacht werden. Es ist auch bisher noch nichts über einen Einfluß bekannt, den Pansenpilze auf die Lipolyse ausüben könnten.