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Linienformanalyse des Deuteronensignals

4.7 Madelung-Rechnungen

4.8.2 Linienformanalyse des Deuteronensignals

Abbildung 4.46 zeigt Deuteronenspektren von KDS. Im Temperaturbereich der TTM und der MTM wird das Spektrum eines axialsymmetrischen Wechselwirkungstensors beobachtet (η = 0). In der MTM findet eine kontinuierliche Verschm¨alerung des Signals statt. Dieses besitzt in der HTM die Form einer Lorentz-Linie, was einer vollst¨andigen Ausmittlung der quadrupolaren Wechselwirkung entspricht. Die Halbwertsbreite der Lorentz-Linie nimmt mit steigender Temperatur ab.

Die Beobachtung, daß die grunds¨atzliche Spektrenform in der MTM unver¨andert ist und kein dynamischer ¨Ubergangsbereich mit charakteristischen Austauschspektren erkennbar ist, l¨aßt einen wichtigen Schluß ¨uber das zugrundeliegende Bewegungsmodell zu: Entweder das Anion ist unbewegt, was im Widerspruch zu Ergebnissen anderer Untersuchungsmethoden steht (Kap. 4.6), oder es handelt sich um eine 180-Reorientierung bzw. eine Bewegung, die nur unwesentlich davon abweicht. Denn nur solche Bewegungsmodelle f¨uhren zu keiner Anderung der Spektrenform, wenn die Korrelationszeit der Bewegung der Gr¨¨ oßenordnung der reziproken Linienbreite des Signals entspricht (Kap. 3.3.5).

Die Abnahme der Spektrenbreite ist auf eine bewegungsbedingte Ausmittelung des

-5.0 5.0

(a) (b)

MTM HTM

170 K

225 K

295 K

360 K

410 K

426 K

460 K

490 K

520 K

-100 -50 0 50 100 -2.5 0 2.5

ν0/kHz ν0/kHz

Abbildung 4.46: Deuteronen NMR-Spektren von KDS (a): MTM, Interpulsabstand: τ = 20µs und (b): HTM. Die Spektren sind auf Imax= 1 skaliert und in Bezug auf ihre Intensit¨at gegenein-ander versetzt.

Wechselwirkungstensors zur¨uckzuf¨uhren, der im axsialsymmetrischen Fall nur durch die effektive Quadrupolkopplungskonstante (QCCef f) charakterisiert wird. Abbildung 4.47(a) zeigt das thermische Verhalten dieses Parameters. Dessen Verringerung entspricht in der MTM ca. 60 %, wohingegen f¨ur NaDS nur ca. 20 % beobachtet wurden [59]. Aus dem tem-peraturabh¨angigen Verlauf des Parameters wird die statische Quadrupolkopplungkonstante zu QCC 145 kHz abgesch¨atzt (vgl. QCC137 kHz [59]). QCCef f ist f¨ur einen axialsym-metrischen Wechselwirkungstensor aus der Frequenzaufspaltung der Spitzen des Signals zu bestimmen (Gl. 3.65 S. 42, Abb. 3.4 S. 43).

Die Abnahme der Spektrenbreite ist auf schnelle Kleinwinkelbewegungen des Anions zur¨uckzuf¨uhren. Unter der Voraussetzung, daß sich die Deuteronen um die Position der Schwefelatome bewegen, wurden die im folgenden erl¨auterten Modelle zur Beschreibung der Bewegung verwendet. Es wurde ferner angenommen, daß nur die Kleinwinkelbewegung zu einer Ausmittelung des Wechselwirkungstensors beitr¨agt.

Die Symmetrie des Wechselwirkungstensors beinhaltet, daß 180-Reorientierungen des Molek¨uls zu keiner Beeinflussung des elektrischen Feldgradienten (EFG) f¨uhren und daher nicht ber¨ucksichtigt werden m¨ussen. Damit ist zur Beschreibung der Spektrenform nur eine der beiden Gleichgewichtspositionen des Deuterons zur Modellierung der Bewegung relevant.

Die Auslenkung der Deuteronen von ihrer Gleichgewichtsposition in Abh¨angigkeit der Temperatur ist in Abbildung 4.47(b) gezeigt. Sie wird durch den ¨Offnungswinkel θ0 einer Kugelkappe charakterisiert. Mit den folgenden Modellen wurden Anpassungen der Spektren durchgef¨uhrt.

Neutronenbeugung: Zum Vergleich sind die durch Neutronenbeugung bestimmten Aus-lenkungsparameter mit aufgef¨uhrt. Der mittlere ¨Offnungswinkel berechnet sich aus den Hauptachsenwerten der Parameter thermischer Auslenkung f¨ur eine Bewegung des Teilchens senkrecht zur DS-Bindungsachse p

hu2xi ∝ hθ0i .

Kugeloberfl¨ache: Gleichbesetzung des Ausschnitts einer Kugeloberfl¨ache; die Berechnung des effektiven Kopplungsparameters f¨ur dieses Modell ist bei Senker [125] beschrieben und soll hier nicht wiederholt werden.

Kugelsegment (I): Gleichbesetzung der Positionen auf einem Kreisbogen; die effektive Kopplungskonstante kann mit Hilfe des Computerprogramms MXQET [34] ermittelt werden. Es kann f¨ur die Berechnung der Spektrenform gezeigt werden, daß die Gleich-verteilung von drei Positionen auf einem Kreisbogen der Verteilung von N → ∞ Positionen auf demselben entspricht [126].

4.8. NMR-Spektroskopie 139 Kugelsegment (II): Unter der Vorgabe der mittleren Auslenkung (0i Modell Neutro-nenbeugung) wird iterativ der ¨Offnungswinkel eines zweiten Kreises bestimmt, so daß der experimentell beobachtete Wechselwirkungstensor mit dem des Modells ¨ uberein-stimmt. Die Berechnungen wurden mit MXQET durch die Gleichbesetzung von sechs Positionen auf zwei Kreisb¨ogen durchgef¨uhrt (vgl. Kugelsegment (I)).

Abbildung 4.47 ist eine zum Teil betr¨achtliche Differenz der Berechnungsergebnisse und der Ergebnisse der Neutronenbeugung zu entnehmen. Es ist jedoch auch zu erkennen, daß die Datenpunkte der NMR Resultate weniger streuen, als die der Neutronendiffraktion. Durch die hohen Kosten von Neutronendiffraktionsexperimenten k¨onnen nicht so viele Punkte detektiert werden. Desweiteren sei darauf hingewiesen, daß eine Vielzahl weiterer Modelle existiert, die eine Beschreibung der NMR-Spektren erlauben.

Ein Modell, welches eine Gauß-Verteilung der Teilchen um die Gleichgewichtsposition ber¨ucksichtigt, wie es im Rahmen der harmonischen N¨aherung zur Beschreibung der thermi-schen Auslenkung verwendet wird, f¨uhrt zu noch gr¨oßeren Auslenkungswinkeln0i. Daher wurde auf eine Darstellung der Ergebnisse verzichtet.

Den Ergebnissen dieser Berechnungen ist zu entnehmen, daß f¨ur ein gegebenes QCCef f

die Einbeziehung kleiner Winkel immer eine Kompensation durch große Winkel beinhal-tet. Ein Vergleich der zugrundeliegenden Wechselwirkungen der Neutronendiffraktion und der quadrupolaren Kopplung liefert m¨oglicherweise eine Erkl¨arung der Beobachtungen.

W¨ahrend die Neutronendiffraktion eine Mehrteilchenwechselwirkung erfaßt, ist die quadru-polare Wechselwirkung auf einen Einteilchenprozeß sensitiv. Es kann gezeigt werden, daß ein Ensemble harmonischer Oszillatoren im Mittel eine Gauß-Verteilung f¨ur die

Wahrschein-(a) (b)

150 200 250 300 350 400 200 250 300 350 400

101 K 426 K

T /K T /K

QCCeff/kHz θ0/

Abbildung 4.47: (a): Effektive Quadrupolkopplungskonstante (QCCef f) f¨ur KDS, bestimmt durch Anpassung der Deuteronenspektren. (b): Thermische Auslenkung der Deuteronen in Abh¨angigkeit der Temperatur f¨ur die im Text beschriebenen Modelle: 2 Neutronendiffraktion,N Kugeloberfl¨ache, HKugelsegment (I), Kugelsegment (II). Die durchgezogenen Linien markieren den Trend. Die Temperaturen der Phasenumwandlungen sind angezeigt.

lichkeitsdichte bedingt [147]. Demgegen¨uber zeigt ein einzelner harmonischer Oszillator eine seiner Anregungsenergie entsprechende Wahrscheinlicheitsdichte, die nicht Gauß-f¨ormig ist und mit steigender Temperatur eine st¨arkere Gewichtung großer Auslenkungen erf¨ahrt. So k¨onnte es sein, daß f¨ur diesen Fall in der Deuteronen NMR-Spektroskopie große Auslenkun-gen st¨arker gewichtet werden.

Jeffrey und Wasylishen [59] f¨uhren als Ursache der abnehmenden Spektrenbreite eine Ausmittelung des Wechselwirkungstensors infolge der ¨Anderungen des elektrischen Feldgra-dienten durch Phononen der Kationen an. Ob ein m¨oglicher Einfluß der Kationen zu ber¨ uck-sichtigen ist, kann ¨uber eine Absch¨atzung der zu erwartenden Gr¨oßenordnungen der Wech-selwirkungen beurteilt werden. F¨ur eine Quadrupolkopplungskonstante von ca. 145 kHz lie-gen die Elemente des unbewegten Kopplungstensors in der Gr¨oßenordnung von ca. 100 kHz.

Betrachtet man den elektrischen Feldgradienten eines einfach positiv geladenen Teilchens im Abstand d = 2,6 ˚A zu einen Deuteriumatom, so liegt dieser in derselben Gr¨ oßenord-nung. Dieser Abstand entpricht dem der Gleichgewichtsposition des Deuteriums und den n¨achsten Kationen in NaDS bei RT. F¨ur die Kaliumverbindung ist der Einfluß um ca. 20 % geringer. Da die Gr¨oßenordnungen der Wechselwirkungen vergleichbar erscheinen, wurde die ¨Anderung des Feldgradiententensors f¨ur eine schrittweise Reorientierung des Anions im Einfluß des Kristallfeldes berechnet. Hierzu wurde das Madelung-Programm (Anh. A.2) in entsprechender Weise zur Berechnung des Feldgradienten des elektrischen Potentials f¨ur ein Punktladungsmodell modifiziert. Der Wechselwirkungstensor der Deuteronen von KDS ist demnach nicht f¨ur jede Orientierung des Molek¨uls axialsymmetrisch. Die maximale ¨ Ande-rung der Tensorelemente des Feldgradienten betr¨agt ca. 65 % und wird f¨ur eine Ausrichtung des Anions mit minimalem Abstand von Deuterium und Kationen berechnet. Daher sollte die Beeinflussung des EFG aufgrund des Kristallfeldes nicht zwangsl¨aufig zu vernachl¨assigen sein, zumal eine thermische Auslenkung der Kationen nicht in die Berechnungen einbezogen wurde. Dabei ist auch zu ber¨ucksichtigen, daß eine Ausrichtung des Anions auf die Katio-nen aus elektrostatischen Gr¨unden unwahrscheinlich erscheint. Die Absch¨atzungen wurden durchgef¨uhrt f¨ur K1+, S1−. Wasserstoff wurde f¨ur diese Absch¨atzung nicht ber¨ucksichtigt.

Geringere Ladungen bewirken erwartungsgem¨aß eine Abschw¨achung des Einflusses aber kei-ne Ausl¨oschung.

Eine quantitative Ber¨ucksichtigung dieser zus¨atzlichen Beeinflussung des EFG in Mo-dellrechnungen wurde nicht durchgef¨uhrt. Es soll lediglich festgehalten werden, daß eine zunehmende Beeinflussung des Wechselwirkungstensors mit zunehmender Librationsampli-tude des Anions sowohl durch eine reine Bewegungsmittelung als auch durch eine Mittelung der ¨Anderung des Kristallfeldes zu erwarten ist.

4.8. NMR-Spektroskopie 141