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4.5 Neutronendiffraktion

4.5.3 HT-Modifikation

Im Temperaturbereich der HTM ist die Bewegung der Teilchen stark angeregt. Dieses f¨uhrt zu einer sehr geringen Intensit¨at der Bragg-Reflexe (Abb. 4.18). Zudem ist der Untergrund durch thermisch diffuse Streuung stark moduliert.

Zur Verfeinerung der Diffraktogramme wurden wegen der geringen Anzahl der Reflexe Modelle mit nur einer Deuteriumlage verwendet, wobei anisotrope thermische Auslenkung der Deuteriumatome ber¨ucksichtigt wurde. Modelle, die eine Kombination verschiedener Positionen beinhalteten, f¨uhrten zu stark korrelierenden Parametern. Versuche, die Anzahl der Parameter dieser Modelle durch Einf¨ugen physikalisch sinnvoller fester Relationen der Parameter zu verringern, ergaben schlechtere G¨uteparameter f¨ur die Verfeinerungen.

Eine Ausrichtung der Dipole in Richtung der Kationen (Lage 24e) kann ausgeschlossen werden, da eine Verfeinerung dieses Modells nicht m¨oglich ist. F¨ur NaDS kann zudem eine Ausrichtung der Dipole auf die Kanten des Koordinationspolyeders ausgeschlossen werden, da die Verfeinerung dieses Modells divergiert. Im Falle des KDS konkurrieren die Modelle f¨ur eine Ausrichtung der Dipole auf die Fl¨achen (Lage 32f) und auf die Kanten (Lage 48h) des Anionenkoordinationspolyeders. Die Ergebnisse der Rietveld-Verfeinerungen sind

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9

0.0 1.0 2.0 3.0

2.0 3.0 4.0

0.0 0.5 1.0

1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9

0.0 1.0 2.0 3.0

2.0 3.0 4.0

0.0 0.5 1.0 1.5

d / ˚A d / ˚A

d / ˚A d / ˚A

I/willk.Einheiten

I/willk.Einheiten I/willk.Einheiten

I/willk.Einheiten

(a) (b)

(c) (d)

KDS KDS NaDS NaDS

Abbildung 4.18:Rietveld-Anpassungen der Neutronendiffraktogramme von NaDS und KDS bei T = 400 K bzw.T = 470 K (HTM), (a), (c): Vorw¨artsstreuung 2Θ = 28,3und (b), (d): R¨ uckstreu-ung 2Θ = 179,8. Die Pfeile markieren die Position eines Vanadium Reflexes.

4.5. Neutronendiffraktion 93 in Tabelle 4.16 zusammengefaßt. Die G¨uteparameter erlauben keine Entscheidung dar¨uber, welches Modell zu bevorzugen ist.

Analysiert man die beiden konkurrierenden Modelle, so unterscheiden sich diese im f¨ur die Auswertung genutzten Q-Bereich lediglich in den Phasen des (5 1 1)-Reflexes, der f¨ur das Modell mit einer Besetzung der Lage 32f ein negatives Vorzeichen hat. Eine Fourier-Analyse der Daten zeigt, daß die pdf des Deuteriums f¨ur beide Positionen ein Maximum besitzt, welches im Falle des NaDS f¨ur eine Ausrichtung des Dipols auf die Kanten des Koordinationspolyeders deutlich geringer ist als f¨ur die Kaliumverbindung (Abb. 4.19 S. 96 und 4.20 S. 97). Die Lage der Maxima sowie deren Besetzungsverh¨altnis ist im Rahmen der Fehlergrenzen unabh¨angig von der Phase des (5 1 1)-Reflexes. Desweiteren zeigen die Abbildungen die Unterschiede einer Ces´aro-Summation im Vergleich zu einer konventio-nellen Fourier-Summation. Zum einen werden Abbrucheffekte minimiert und zum anderen werden die Dichten einzelner Positionen verschmiert, was zu insgesamt geringeren Wahr-scheinlichkeitsdichten f¨uhrt. Vor allem f¨ur die Kaliumverbindung ist der g¨unstige Einfluß der Konvergenzeigenschaften von Ces´aro-Summen zu erkennen.

Tabelle 4.16: Kristallographische Parameter von NaDS und KDS (HTM), bestimmt durch Rietveld-Verfeinerungen von Neutronendiffraktogrammen.

NaDS KDS KDS KDS

400 K 435 K 470 K 540 Ka

32f 32f 48h 32f 48h 32f

a / ˚A 6,0478(4) 6,6711(3) 6,6711(3) 6,6810(3) 6,6810(3) 6,707(2) hu2iso(M)i/˚A2 0,17(1) 0,139(9) 0,15(1) 0,147(8) 0,16(1) 0,17(2) hu2iso(S)i/˚A2 0,101(7) 0,109(4) 0,109(4) 0,104(4) 0,105(4) 0,13(1) x(D) 0,122(2) 0,112(2) 0,138(3) 0,112(8) 0,141(2) 0,111(5) hu2iso(D)i/˚A2 0,157b 0,179b 0,191b 0,174b 0,173b 0,206b hu211(D)i/˚A2 0,157(8) 0,179(7) 0,120(8) 0,174(7) 0,107(6) 0,21(2) hu233(D)i/˚A2 u11 u11 0,33(3) u11 0,31(3) u11 hu212(D)i/˚A2 -0,034(3) -0,043(3) -0,037(6) -0,045(3) -0,032(5) -0,051(9) d(D-S) / ˚A 1,27(2) 1,290(6) 1,30(3) 1,31(2) 1,33(2) 1,29(5)

cRwP/% 1,4/1,7 0,9/1,0 0,9/1,0 1,4/1,7 1,8/1,1 1,4/3,8

cRFo2/% 4,5/10,2 7,8/25,8 7,9/26,0 8,0/28,0 9,1/22,6 19,4/28,1

χ2 1,28 1,28 1,25 1,18 1,18 1,69

dQBank 1/˚A1 1,4 - 5,1 1,6 - 5,1 1,6 - 5,1 1,6 - 4,9 1,6 - 4,9 1,6 - 4,9

dQBank 2/˚A1 3,4 - 5,9 3,1 - 5,7 3,1 - 5,7 3,1 - 5,6 3,1 - 5,6 2,7 - 5,6

eParameter 33/5 29/5 29/6 29/5 29/6 27/5

bUntergrund 8/8 6/6 6/6 6/6 6/6 6/6

aDie Datenqualit¨at l¨aßt keine Modellunterscheidung zu.

bBerechnet aus den Parametern anisotroper thermischer Auslenkung.

c Die Angabe der Parameter erfolgt in der Reihenfolge Bank 1 / Bank 2.

dDer Auswertungsbereich ist in Form vonQminQBankQmax angegeben.

e Die Anzahl der Parameter wird in der Reihenfolge gesamt / Struktur angegeben.

F¨ur eine Auswertung der Meßdaten mit Kubisch Harmonischen Funktionen wurden die Strukturfaktoren extrahiert und mit dem Least-Squares-Programm LSFIT an das Struktur-modell angepaßt. Das Programm erm¨oglicht die simultane Verfeinerung der Daten beider Detektorb¨anke. Es werden Reflexe eliminiert, die bei gleichem Q-Wert erscheinen. Im zur Verf¨ugung stehenden Auswertungsbereich sind dies die Reflexpaare (5 1 1) und (3 3 3) sowie (4 2 0) und (6 0 0).

Die Verfeinerung zeigt eine starke Korrelation der thermischen Auslenkungsparameter des Anions mit dessen Bindungsl¨ange. Daher wird diese auf einen Wert vond(DS) = 1,34 ˚A festgesetzt.

Die Ergebnisse der Verfeinerung sind in Tabelle 4.17 zusammengefaßt. Die Qualit¨at der Anpassungen entspricht der der Standard-Rietveld Auswertungen, so daß keine der beiden Beschreibungsm¨oglichkeiten zu favorisieren ist. Abbildungen 4.21(a)-(c) auf Seite 98 zeigen f¨ur NaDS bei T = 400 K dreidimensionale Darstellungen der pdf des Deuteriums bzw. des Anions in Bezug zur Position der Kationen. Das qualitative Ergebnis, eine Vorzugsorien-tierung des Anions, in der das Deuteriumatom in Richtung der Fl¨achen des Koordinati-onspolyeders weist, ist unabh¨angig von der Analysemethode. Eine gesonderte Darstellung entsprechender Abbildungen f¨ur KDS kann wegen deren ¨Ahnlichkeit entfallen.

Die Ergebnisse nach der Rietveld-Methode und der Methode der Kubisch Harmonischen Funktionen zeigen eine gute ¨Ubereinstimmung der thermischnen Auslenkungsparameter von Kationen und Anionen. F¨ur die translatorischen Bewegungen des Anions m¨ussen die ther-mischen Auslenkungsparameter des Schwefels mit dem des Anions verglichen werden. Dies zeigt, daß die N¨aherung, die Bindungsl¨ange des Anions festzulegen, gerechtfertigt war.

Dar¨uber hinaus ist Gr¨oße des thermischen Auslenkungsparameters der Kationen hervor-zuheben. ¨Ahnliches wurde in den Rotor Phasen des NaOH/OD und KOH/OD festgestellt und mit einer Rotations-Translations Kopplung der Auslenkung der Kationen an die La-dungsasymmetrie der rotierenden Anionen interpretiert [121–123].

Tabelle 4.17: Kristallographische Parameter von NaDS und KDS (HTM), bestimmt durch Ent-wicklung der aus Neutronendiffraktogrammen extrahierten Strukturfaktoren in Kubisch Harmoni-sche Funktionen.

NaDS KDS

400 K 435 K 470 K

hu2iso(M)i/˚A2 0,17(1) 0,16(2) 0,17(2) hu2iso(DS)i/˚A2 0,10(1) 0,12(3) 0,15(3)

ac41 0,84(8) 1,1(2) 1,2(2)

bReflexe 9/7 9/8 9/8

R(Fo2)/% 11,3 15,3 14,4

aKoeffizienten der Kubisch Harmonischen Funktionen (Kap. 3.2.2.3).

bDie Angabe der Parameter erfolgt in der Reihenfolge Bank 1 / Bank 2.

4.5. Neutronendiffraktion 95 Zus¨atzlich zu den bisher vorgestellten Auswertungsmethoden wurde versucht, die exatra-hierten Strukturfaktoren mit Hilfe der Maximum Entropie-Methode zu analysieren. Diese Methode gilt als weitestgehend modellfrei, was in zahlreichen Ver¨offentlichungen hervor-gehoben wird [71, 89, 117]. Allerdings ergeben sich aus den auf diese Weise bestimmten Wahrscheinlichkeitsdichten

”unphysikalische“ Atomanordnungen mit sehr kurzen Atom-Abst¨anden. ¨Ahnliches wurde bei der Auswertung von Einkristallneutronenbeugungsdaten an NaOH/NaOD und KOH/KOD [121] beobachtet. Dar¨uber hinaus konnte gezeigt werden, daß durch sukzessive Einschr¨ankung des Auswertungsbereiches eines f¨ur ein vorgegebenes Modell generierten Datensatzes ein ¨ahnlicher Effekt auftritt. Im Gegensatz zu Schotte et al. [121] wurde auf die Vorgabe einer Dichteverteilung, um diese dann durch die Maximum Entropie Analyse best¨atigt zu bekommen, verzichtet.

-0.05

Abbildung 4.19: Kerndichteverteilungen aus Fourier- und Ces´aro-Summationen von NaDS bei T = 400 K (HTM), Schnitte (a), (b): (001) Ebene und (c), (d): (110) Ebene, durchgezogene Linien zeigen positive Kerndichte, gestrichelte Linien zeigen Kerndichte 0 an. Dichteprofile (e), (f ):

= [100], N = 110

, H = [111]. Die Pfade der Dichteprofile sind exemplarisch f¨ur die Ces´ aro-Summationen eingezeichnet.

4.5. Neutronendiffraktion 97

Abbildung 4.20: Kerndichteverteilungen aus Fourier- und Ces´aro-Summationen von KDS bei T = 435 K (HTM), Schnitte (a), (b): (001) Ebene und (c), (d): (110) Ebene, durchgezogene Linien zeigen positive Kerndichte, gestrichelte Linien zeigen Kerndichte 0 an. Dichteprofile (e), (f ):

= [100], N = 110

, H = [111]. Die Pfade der Dichteprofile sind exemplarisch f¨ur die Ces´ aro-Summationen eingezeichnet.

-0.15

Abbildung 4.21: Anionenkoordinationspolyeder von NaDS bei T = 400 K (HTM), (a): Fourier-Summation, (b): Ces´aro-Summationen, (c): Kubisch Harmonische Funktionen. Das Schwefelatom ist nicht eingezeichnet. (e): Dichteprofile der pdfdes Deuteriums aus einer Entwicklung der Struk-turfaktoren in Kubisch Harmonische Funktionen= [100],N= [110], H= [111].

Die pdfdes Deuteriums f¨ur Abbildung 4.21(c) berechnet sich nach [121]:

ρ(D) = q 1 Zur Berechnung und Normierung Kubisch Harmonischer Funktionen in kartesischen Koor-dinaten siehe Press [93] sowie Von der Lage und Bethe [72].

4.5. Neutronendiffraktion 99