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Einkristall-Untersuchungen

4.5 Neutronendiffraktion

4.5.5 Einkristall-Untersuchungen

In Kapitel 4.5.2 wurde die Auswertung von Neutronendiffraktionsexperimenten an pul-verf¨ormigen Proben in der MTM vorgestellt. Die dort beschriebene Erweiterung zur Model-lierung der pdf des Deuteriums durch die Einf¨uhrung einer zus¨atzlichen D-Position besitzt mehr qualitativen Charakter, obwohl durch die Wiederholungen der Messungen eine gute Reproduzierbarkeit der Strukturparameter gezeigt werden konnte (Tab. 4.11 S. 87). Ei-ne Korrelation der thermischen Auslenkungsparameter, der Untergrundparameter, der Ab-sorptionskoeffizienten, sowie der Parameter zur Beschreibung des Probenuntergrundes ist m¨oglich und schr¨ankt die Aussagekraft der Experimente bez¨uglich des Absolutwertes ther-mischer Auslenkungsparameter ein. Um hier verl¨aßliche Werte zu erhalten, ist eine deutliche Steigerung der Datenqualit¨at, wie sie durch Neutroneneinkristalldiffraktion zu erzielen ist, unabdingbar. Um Kristalle ausreichender Gr¨oße herzustellen, wurden die in Kapitel 2.3.2 und 4.2.2 beschriebenen Syntheseversuche durchgef¨uhrt.

Eine Testmessung zur Beurteilung der Kristallqualit¨at eines protonierten Kristalls wurde am E5 des HMI durchgef¨uhrt. Die Messung zeigt eine gute Qualit¨at des Kristalls. Es ist aber auch zu erkennen, daß ein relativ starker Untergrundbeitrag durch inkoh¨arente Streu-ung des Wasserstoffs zu Problemen bei der AuswertStreu-ung f¨uhren w¨urde. Daher wurde die Synthese eines vollst¨andig deuterierten Kristalls durchgef¨uhrt. Die relevanten Gr¨oßen des daran durchgef¨uhrten Diffraktionsexperiments sind in Tabelle 4.18 zusammengefaßt.

Tabelle 4.18: Meßparameter des Neutroneneinkristalldiffraktionsexperiments am E5 des HMI.

Die Daten der Messung sind im Fachinformationszentrum Karlsruhe, D-76344 Eggenstein-Leopoldshafen, hinterlegt. Sie k¨onnen unter Angabe der NummerCSD= 411446 sowie dem Namen des Autors abgerufen werden.

λ0/˚A 0,912

Meßbereich 6Θ52

h, k, l -8/7, -7/8, -17/9

Anzahl der Reflexe gesamt 659

davon mit I>3σ(I) 368

Anzahl symmetrie¨aquivalenter Reflexe gesamt 161

davon mit I>3σ(I) 100

Rintern(ges/obs) / % 6,7/4,5

Kristallgr¨oße / mm3 3,2×2,6×1,5

Kristallfarbe frablos, transparent

µ/cm1 0,1887

Absorptionskorrektur numerisch

Transmission (min/max) / % 94,6/96,8

a / ˚A 4,988(3)

c / ˚A 9,997(7)

V / ˚A3 215,4(3)

Anzahl der Parameter 12

RFo(ges/obs) / % 12,2/5,8

RwFo(ges/obs) / % 3,1/2,9

4.5. Neutronendiffraktion 101 Die gemessenen Intensit¨aten wurden numerisch mittels Gaußscher Integrationsmetho-de auf Absorption korrigiert. Der Einfluß Integrationsmetho-der Absorption ist erwartungsgem¨aß gering (Tab. 4.18), wurde jedoch wegen einer m¨oglichst genauen Bestimmung der thermischen Auslenkungsparameter durchgef¨uhrt. Auf eine Extinktionskorrektur konnte wegen der ge-ringen Gr¨oße des Korrekturtherms verzichtet werden. Eine Differenzierung verschiedener Modelle mit unterschiedlicher Parameteranzahl erfolgte nach dem Hamilton-Test [38, 39]

mit einem Signifikanzlevel von α = 0,05. Parameter, deren Werte nicht deutlich von ihrer Standardabweichung variieren, wurden zu Null gesetzt.

Ausgehend von einer isotropen thermischen Auslenkung aller Teilchen wurden schritt-weise komplexere Modelle zur Beschreibung der Wahrscheinlichkeitsdichten aller Teil-chen verwendet und deren Parameter auf ihre Signifikanz mittels Fourier-Methoden bzw.

Deformations-Dichten ¨uberpr¨uft. Die Anpassung mit einer isotropen Verteilung der Wahr-scheinlichkeitsdichten der Teilchen ist nicht akzeptabel RwFo(ges) = 10,2 %. Auch die Ein-beziehung anisotroper thermischer Auslenkung von Deuterium f¨uhrt zu einer schlechten Datenanpassung RwFo(ges) = 7,5 %. Eine Q-abh¨angige Analyse der Anpassung zeigt, daß diese nicht wie aufgrund der Z¨ahlstatistik erwartet zu großemQschlechter wird, sondern daß der Bereich mittlerer Wellenvektor¨ubertr¨age schlecht angepaßt ist. Die Abbildungen 4.23(a) und (d) auf Seite 102 zeigen Differenzfourier-Dichten in Bezug auf eine anisotrope, Gauß-verteilte thermischen Auslenkung des Deuteriums. Es sind deutlich Bereiche hoher positi-ver sowie negatipositi-ver Streudichte zu erkennen, wie sie durch das erweiterte Strukturmodell (Kap. 4.5.2) modelliert werden k¨onnen. Die Verfeinerung dieses Modells f¨uhrt zu einer Hal-bierung des Bragg-R-Wertes. EineQ-abh¨angige Analyse der Anpassung zeigt den erwarteten Verlauf, die G¨uteparameter werden mit hohem Q der geringeren Reflexintensit¨at entspre-chend schlechter. Die Verfeinerungsergebnisse stimmen innerhalb der Fehlergrenzen mit den in Tabelle 4.11 auf Seite 87 aufgef¨uhrten Werten der Pulverdaten ¨uberein. Dieses gilt auch f¨ur die Lageparameter des Deuteriums sowie die thermischen Auslenkungsparameter von Kalium und Schwefel. Somit erscheinen die in Kapitel 2.7.2 beschriebenen N¨aherungen zur Beschreibung der Absorption sowie des Verlaufs des Probenuntergrunds f¨ur die Verfeinerung der Diffraktionsdaten von pulverf¨ormigen Proben gerechtfertigt.

Zur Modellierung derpdfdes Deuteriums wurden auch nicht Gauß-f¨ormige Dichtevertei-lungen verwendet, die im Rahmen der anharmonischen N¨aherung (Kap. 3.2.2.2) beschrieben werden. Hierzu wurden Gram-Chalier-Entwicklungen (GC) der Temperaturfaktoren bis zur Ordnung 6 f¨ur Kalium, Schwefel und Deuterium analysiert.

Die Datenqualit¨at erlaubt eine Entwicklung der Wahrscheinlichkeitsdichte des Deuteri-ums bis zur Ordnung 4, dar¨uberhinausgehende Therme sind nicht signifikant. Die Abbildun-gen 4.23(a) bis (f) auf Seite 102 zeiAbbildun-gen KerndichteverteilunAbbildun-gen der Deuteriumatome parallel und senkrecht zur DS-Bindungsachse, wie sie aus einer GC-Entwicklung der Ordnung 4

hervorgehen. Die Dreiecksgestalt der pdf ist deutlich zu erkennen. Desweiteren f¨allt eine Kr¨ummung und Asymmetrie der pdf auf (Abb. 4.23(d)-(f)), die auf eine Librationsbewe-gung des Anions zur¨uckzuf¨uhren ist. Die Amplitude der Bewegung ist f¨ur eine Auslenkung minimaler elektrostatischer Repulsion maximal.

Die pdf von Kalium bzw. Schwefel zeigen in Fourier-Schnitten eine geringf¨ugige Defor-mation, die - wie auch f¨ur Deuterium - eine st¨arkere thermische Auslenkung in Richtung geringer elektrostatischer Repulsion aufweist. F¨ur Schwefel f¨allt zudem eine Streckung ent-lang der DS-Bindung auf. Diese kann auf eine Translationsbewegung des Anions parallel zur c-Achse der Elementarzelle zur¨uckzuf¨uhren sein. Die Abweichung von einer isotropen Verteilung ist jedoch so gering, daß sie gemessen an der Datenqualit¨at als nicht signifikant angesehen werden kann. Hierzu m¨ußten weitere Messungen erfolgen.

Die Ergebnisse des zu favorisierenden Modells, welches eine isotrope Auslenkung von Ka-lium und Schwefel sowie eine anisotrope, nicht Gauß-verteilte Auslenkung von Deuterium

(a) (b) (c)

(d) (e) (f)

[100]

[100]

[100] [100]

[100] [100] [001][001]

[001]

Deformation

Differenzfourier pdf

Abbildung 4.23:Kerndichteverteilungen von D in KDS bei RT (MTM), bestimmt durch Analyse von Neutroneneinkristalldiffraktionsdaten. Oben: a,b-Ebene mit z = 0,3736 und unten: a,c-Ebene mit y = 0, die Position des Schwefels ist in Richtung [00¯1]. (a), (d): Differenzfourier-Dichten und (b), (e): Deformations-Dichten einer GC-Entwicklung der Ordnung 4. Die Analysen beziehen sich auf eine anisotrope, Gauß-verteilte thermische Auslenkung von D. (c), (f ): pdf von D nach einer GC-Entwicklung der Ordnung 4. Gestrichelte Linien zeigen Kerndichte 0 an, durchgezogene Linien positive Kerndichten.

4.5. Neutronendiffraktion 103 (GC-Entwicklung der Ordnung 4) ber¨ucksichtigt, sind in Tabelle 4.19 zusammengefaßt. Ein Anionenkoordinationspolyeder ist in Abbildung 4.24 dargestellt. Es ist zu erkennen, daß das Anion eine stark anharmonische, nur unzureichend im Rahmen der harmonischen N¨ ahe-rung zu beschreibende Wahrscheinlichkeitsdichte der Deuteriumatome besitzt. Vergleicht man die Abbildungen 4.17 auf Seite 86 und 4.24 auf Seite 104 , so stimmen diese in ih-rer grunds¨atzlichen Aussage bez¨uglich der pdfdes Deuteriums ¨uberein. Die anharmonische Beschreibung ergibt eine etwas glattere Wahrscheinlichkeitsdichte, d.h. die Auslenkung in Richtung der Kanten der Dreiecksfl¨achen sind geringer. Dieses ist auf die unterschiedlichen Ans¨atze der zugrundeliegenden Modelle zur¨uckzuf¨uhren. Ferner f¨allt auf, daß die interato-maren Kaliumabst¨ande im Falle der Einkristallmessung deutlich gr¨oßer sind. Da Kalium eine parameterfreie Lage besetzt, ist die Differenz der Abst¨ande auf die Gitterparameter zur¨uckzuf¨uhren. Diese sind f¨ur die Pulvermessung scheinbar gestaucht. Eine solche Beob-achtung ist nicht ungew¨ohnlich und eine Folge der Meßmethoden. In der Pulverdiffraktion wird ein Ensemble von Kristalliten gemessen und in der Einkristalldiffraktion lediglich ein Individuum, dessen Gitterparameter nicht notwendigerweise dem Ensemblemittelwert der Pulverdiffraktion entsprechen m¨ussen.

Tabelle 4.19:Kristallographische Parameter KDS bei RT (MTM), bestimmt durch Least-Squares-Verfeinerungen von Neutronenbeugungsdaten.

hu2iso(K)i/˚A2 0,0403(2) hC111(D)i/·103˚A3 0,226(5) hu2iso(S)i/˚A2 0,0322(2) hC113(D)i/·103˚A3 0,059(2) z(D) 0,3736(2) hC123(D)i/·103˚A3 0,0295(8) hu2iso(D)i/˚A2 0,1024(7) hC333(D)i/·103˚A3 0,0088(8) hu211(D)i/˚A2 0,1196(7) hD1111(D)i/·104˚A4 a0

hu233(D)i/˚A2 0,068(2) hD1113(D)i/·104˚A4 0,037(3) hD1133(D)i/·104˚A4 0,011(1) hD3333(D)i/·104˚A4 0,067(9)

a hD1111(D)i/·104˚A4= 0, da Parameter nicht signifikant.

4.404(3)

˚A

4.988(3) ˚A

K

S D

Abbildung 4.24: Anionenkoordinationspolyeder von KDS bei RT (MTM) nach Ergebnissen von Verfeinerungen eines Einkristalldatensatzes unter Ber¨ucksichtigung einer GC-Entwicklung der Ord-nung 4 zur Beschreibung der pdf des Deuteriums. Die Wahrscheinlichkeitsdichte von Deuterium betr¨agt ca. 75 %, die der ¨ubrigen Teilchen ca. 50 %.