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6. Diskussion

1.13. Diskussion der Methodik

1.13.1. Limitationen

1.13.1.1. Diagnostische Kriterien

Ein Kritikpunkt an der Methodik der vorliegenden Studie ist, dass die einheitlichen diagnostischen Kriterien, die von den medizinischen und

56 therapeutischen Gesellschaften verwendet werden, in der vorliegenden Studie nicht komplett angewandt wurden.15

Folgende vier Kriterien sind Teil der diagnostischen Leitlinien und werden so in den ärztlichen Ausbildungen gelehrt:35

Aufsuchen eines muskulären Hartspannstranges ´taut band´ mit einem (2) schmerzhaften Knoten ´tender spot´. Druck auf diesen Knoten verursacht einen (3) übertragenen bzw. ausstrahlenden Schmerz ´referred pain´, der vom Patient wiedererkannt werden kann. Zum Teil wird eine lokale Zuckungsantwort (LTR) (4), während der Palpation, zur Diagnose verwendet. Hierbei handelt es sich um eine Kontraktion des muskulären Hartspannstranges.12, 6, 36

Aufgrund der höheren Reliabilität wurde in der vorliegenden Studie das ´jump sign´, anstelle der LTR als Diagnostikkriterium verwendet (Kappa Scores, CI 0,07 - 0,71 gegenüber -0,05 - 0,57).37 Tatsächlich wird aber in der klinischen Tätigkeit und in den ärztlichen Ausbildungen, die LTR bei Palpation als

Diagnostikkriterium verwendet. Ist das Hervorrufen einer LTR möglich, so liegt eine hohe Spezifität für das Vorliegen eines MTrP vor.36 Unterschiedliche Auswahlen an Diagnostikkriterien rekrutieren wiederum unterschiedliche Bevölkerungsgruppen und somit werden wiederum andere Ergebnisse

regeneriert. Auf die einheitliche Verwendung von diagnostischen Kriterien ist in zukünftigen Studien zu achten.

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1.13.1.2. Lagerung

Eine weitere Limitation an der vorliegenden Studie ist die Lagerung der

ProbandInnen. Ebenso wie die Auswahl der Diagnostikkriterien einen Einfluss auf das Ergebnis ausüben, stellt auch die Lagerung der ProbandInnen einen möglichen Einflussfaktor dar. Um an die Akupunkturpunkte im Nackenbereich und oberen Rücken zu gelangen, mussten die TeilnehmerInnen in Bauchlage gelagert werden. Eine Herausforderung stellte die Nadelung von 3E 5 dar, der zwischen Radius und Ulna auf der Extensorenseite, proximal des Handgelenks, lokalisiert wird. Hierfür mussten die ProbandInnen in Bauchlage eine

Außenrotation der Oberarme und Pronation der Unterarme durchführen (vgl.

Abb. 7), was für die meisten TeilnehmerInnen sehr unbequem war. Einige von ihnen beklagten nach der Behandlung, dass es in dieser Position schwierig gewesen sei, sich zu entspannen. Das Behandeln in sitzender Position könnte dieses Problem beheben. Allerdings sollte beachtet werden, dass PatientInnen unter Akupunktur zum Kollaps neigen können und ein Sturz aus dem Sitzen verhindert werden muss. In sitzender Position wäre es unmöglich, mehrere ProbandInnen gleichzeitig zu behandeln oder es wären zusätzliche Betreuer für die Studie notwendig. Zusätzlich muss beachtet werden, dass im Sitzen ohne Aufstützen der Unterarme, Verkrampfungen im Schulter-Nacken-Bereich entstehen können.

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1.13.1.3. Durchmesser der Akupunkturnadel

Ferner gilt der Durchmesser der Akupunkturnadel bei einigen Punkten als kritisch zu bewerten. Wie bereits zu Beginn erwähnt, verwendeten wir sterile Einwegnadeln mit einem Durchmesser von 0,3 x 30 mm² (DongBang

Acupuncture Inc., Korea). Vor allem Dü 3 wurde unter diesem

Nadeldurchmesser von vielen ProbandInnen als äußerst schmerzhaft empfunden (mündliche Äußerungen nach den Behandlungen). Des Öfteren wurde gefragt, ob denn dieser schmerzhafte Punkt an der Handaußenkante unbedingt nötig sei, oder die ProbandInnen beklagten sich während der

Behandlung, dass Dü 3 immer noch sehr schmerzhaft sei. Mehrmals kamen der Akupunkteurin Aussagen zu Ohr, dass sich der Proband schon auf die

Laserakupunktur freue, da diese hoffentlich weniger schmerzhaft sei, als die Akupunktur selbst.

Aus Angst vor dem erwarteten Schmerz, verkrampften sich einige

TeilnehmerInnen bereits vor der Akupunktur von Dü 3, obwohl die Nadelung sehr vorsichtig und unter Atemkommando durchgeführt wurde. Eine Möglichkeit die Schmerzen bei der Nadelung zu umgehen bestünde darin, dünnere Nadeln mit einem Durchmesser von 0,2 x 15 mm² oder 30 mm² bei schmerzhaften Punkten wir Dü 3 zu verwenden. So wäre die Akupunktur von Dü 3 weniger schmerzhaft und man müsste auf diesen äußerst wirksamen Fernpunkt nicht verzichten. Unser angestrebtes Ziel ist es, die schmerzhafte Muskulatur zu

59 entspannen. Es wäre denkbar, dass ein angstbedingtes Verkrampfen der Muskulatur in der Schulter-Nacken-Region die gewünschte Entspannung während der Akupunkturbehandlung minimiert oder sogar verhindert.

1.13.1.4. Akupunkturschema

Eine weitere Idee zur Optimierung der Methodik der vorliegenden Studie liegt im verwendeten Akupunkturschema. Die Wirksamkeit des ausgewählten Akupunkturschemas wurde bereits bei Schmerzen im HWS-Bereich unterschiedlicher Genese bewiesen.11, 27, 33

Gute Wirksamkeit insbesondere bei Schmerzen des Bewegungssystems konnte auch durch die Yamamoto Neue Schädelakupunktur (YNSA) erzielt werden. H. Ogal et al.42 konnte zeigen, dass die Akupunktur eines YNSA Basis-Punktes effektiver Schmerzen reduziert, als die Nadelung eines klassischen Akupunkturpunktes auf der Leitbahn.

Für weitere wissenschaftliche Untersuchungen wäre interessant, die

verwendeten, klassischen Punkte mit YNSA-Punkten zu ergänzen. Von den YNSA Basis-Punkten wären geeignet:

 A-Punkte als Referenzpunkte für die HWS,

 B- & C-Punkte als Referenzpunkte für den Schulter-Nacken-Bereich.

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Eine weitere Möglichkeit wäre, die Fernpunkte aus der vorliegenden Studie zu verwenden und anstelle der verwendeten Nahpunkte die palpablen MTrP mittels Dry-Needling zu behandeln.

Eine interessante Alternative zum Stretching wäre die chinesische Massageform Tuina. Die Tuina-Therapie umfasst in den westlichen Behandlungsformen nicht nur verschiedene Massagetechniken, sondern zusätzlich die westliche Chiropraktik, Akupressur und manuelle Therapie.22 Fang et al.10 konnte zeigen, dass die Tuina die periphere Durchblutung effektiv zu verbessern mag. Bisher gibt es nur wenige Studien, die die Wirksamkeit der Tuina beweist. Sie könnte aber eine effektive Ergänzung zur chinesischen Akupunktur darstellen. Zukünftige wissenschaftliche Studien, die die

Wirksamkeit von Tuina in Kombination mit Akupunktur untersuchen, wären als Alternative zu Akupunktur und Stretching interessant. Allerdings stellt die Tuina eine passive Form der Muskelbehandlung dar, während das Stretching durch die Patienten zu Hause selbstständig durchgeführt werden kann.

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1.13.1.5. Fallzahlplanung

In Cross-Over-Studien wird die Wirksamkeit unterschiedlicher

Behandlungsformen verglichen, indem diese zeitlich versetzt den gleichen Probanden zugeführt werden.

Vorteil des Studiendesigns einer Cross-Over-Studie ist die geringere Populationsgröße. Unter gleich strikten Anforderungen an das Risiko eines Fehlers erster und zweiter Art, ist im Cross-Over-Design eine geringere Fallzahl notwendig als in einem Parallelgruppen-Versuch, da jeder Proband als seine eigene Kontrolle dient. 57

,

40

Zudem eignen sich Cross-Over-Studien, um kurzwirksame Effekte bei chron.

Beschwerdebildern zu bewerten. 40

Aus diesen Gründen hatten wir uns für diese Studienart entschieden.

Nachteile hingegen sind die eingeschränkte Generalisierbarkeit der Ergebnisse aufgrund der geringen Fallzahl. 34,57,8,40

In der vorliegenden Studie liegt eine Fallzahl von 19 Datensätzen vor.

Bei einer Power von 0,5 und einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5 %, könnten bei einer Fallzahl von 19 beinahe 25% der Datensätze falsch sein.

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