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Akupunktur in Kombination mit Stretching

6. Diskussion

1.14. Diskussion der Ergebnisse

1.14.1. Akupunktur in Kombination mit Stretching

Die kurzzeitige Schmerzlinderung, als unsere Hauptentdeckung, stimmt teilweise mit dem Studienergebnis von Edwards und Knowles9 überein, die zeigen konnten, dass die Kombination aus Stretching und Dry Needling zu einer längerfristigen Schmerzreduktion führt als Stretching allein. Die Autoren sind der Meinung, dass Dehnübungen wirksamer sind, wenn eine vorangehende Nadelung die MTrPs ausgeschaltet hat. Obwohl dies plausibel erscheint, gibt es jedoch keine Beweise für diese Annahme. Auch Ma et al.38 haben

herausgefunden, dass Dry Needling in Kombination mit Stretching längerfristige Effekte erzielt als Dehnen allein.

Die Schmerzlinderung der ProbandInnen in unserer Studie nahm mit der Zeit ab und war bereits nach 15 Minuten nicht mehr signifikant. Nun kommt die Frage auf, warum die Effekte in der vorliegenden Studie nicht länger angehalten haben. Da unsere Patienten nur eine einzelne Behandlung erhalten haben, bei der die Akupunkturpunkte nur einmalig stimuliert wurden, könnte die Hypothese aufgestellt werden, dass wiederholte Stimulation der Triggerpunkte nötig ist, um langwirksame Effekte erzielen zu können. Auch beim Dry Needling wird der MTrP so lange stimuliert, bis er sich auflöst.

63 Dennoch können die Patienten aus den vorliegenden Studien aus der

kurzzeitigen Schmerzlinderung in vielerlei Hinsicht einen Nutzen ziehen, insbesondere wenn es um akute Schmerzen oder akute Schmerzzunahme geht. Auch Irnich et al. 23 konnte belegen, dass die Akupunktur eine

kurzwirksame Therapieform in der Behandlung von chronischen Nackenschmerzen darstellt. In dieser Studie wurde Akupunktur mit konventioneller Massage und Sham-Laserakupunktur verglichen.

Des Weiteren konnte in Studien gezeigt werden, dass chronische

Nackenschmerzen insbesondere myofaszial-bedingte Nackenschmerzen zu schlechterer Schlafqualität und vermehrter Einschränkung im täglichen Leben führte.39, 47 Eine langfristige Behandlung könnte helfen die Schlafqualität zu verbessern und die Lebensqualität dadurch zu erhöhen.

Außerdem könnten Patienten mit chronischem Spannungskopfschmerz einen Nutzen von einer Akupunkturbehandlung ziehen, denn Férnandez-de-Las-Penas et al. 14 konnte das vermehrte Vorhandensein von MTrPs bei Patienten mit Spannungskopfschmerz nachweisen. Nach Untersuchungen von Alonso-Blanco et al. 2 und Fernandez-de-las-Penas14 werden MTrPs auch mit der Genese und den Symptomen des Spannungskopfschmerzes in Verbindung gebracht. Eine Inaktivierung der MTrPs führte zu einer wirksamen Behandlung des Spannungskopfschmerzes.2

64 Des Weiteren wäre eine vorangehende Behandlung mit Akupunktur und

Stretching eine mögliche Therapieoption, um den Erfolg einer physiotherapeutischen Behandlung zu optimieren. Die kurzzeitige

Schmerzlinderung und der erweiterte Bewegungsumfang in der Frontal- und Transversalebene stellt ein mögliches Zeitfenster zur Verfügung, in dem der Patient schmerzfreier, ausgleichende Bewegungen bzw. ausgleichendes Training durchführen kann und möglicherweise somit der ROM nochmals erweitert werden kann. Ein Zugewinn an Flexibilität könnte einer Schonhaltung mit Folgen bis hin zur Kontraktur und einer pathologischen Hypermobilität in den angrenzenden Gelenken bei eingeschränktem ROM entgegenwirken.20 Außerdem könnten schon alltägliche Funktionen, wie z. B. zur Seite schauen, Schulterblick beim Autofahren, uvm. wiederhergestellt werden. Weitere Studien zur Untersuchung der Veränderungen des Bewegungsumfanges nach einer Behandlung mit Akupunktur und Stretching sind anzustreben.

Was das Dehnen an sich betrifft, konnte Jaeger et al.29 zeigen, dass passives Dehnen die Schmerzschwelle bei MTrPs anhebt und die Intensität der

ausstrahlenden Schmerzen ´referred pain´ abnimmt. Jedoch wurde in dieser Studie die ´stretch an spray´-Methode verwendet, in der simultan zum passiven Dehnen die Haut mit einem Fluormethanspray besprüht wird.

Es ist bekannt, dass bei Gesunden der Zugewinn an Beweglichkeit, die durch eine starke Dehnung während 4 bzw. 5 Dehnungszyklen hervorgerufen wird,

65 innerhalb weniger Minuten nachlässt.7, 52 Diese Feststellung unterstreicht die Annahme, dass Dehnen eine entscheidende Rolle in unserer Studie spielte, da bereits nach 15 Minuten keine Signifikanz mehr vorlag. Ansonsten wäre

denkbar, dass bei MTrPs die Kombination mit Akupunktur die treibende Kraft darstellt. Eine Erklärung für diese Theorie könnte darin liegen, dass bei

ProbandInnen mit MTrPs eine vorherige Inaktivierung der Punkte notwendig ist, damit die PatientInnen von den Bewegungsübungen profitieren können. In diesem Fall würde ein alleiniges Dehnen als Behandlung, den ROM nicht verbessern können. Leider fehlen noch Beweise diesbezüglich.

Edwards und Knowles9 haben zwar eine Stretching-Gruppe involviert, jedoch haben sie die zervikale Beweglichkeit nicht als Messparameter untersucht. Die Stretching-Gruppe bei Ma et al.38 konnte den ROM nach zwei Wochen nicht verbessern, obwohl sie dreimal täglich dehnten. Erst nach drei Monaten war eine Verbesserung messbar. Im Gegensatz dazu, hat Oliveira-Campelo et al.44 eine alleinige Stretching-Behandlung gefunden, die wirksam den zervikalen ROM bei Patienten mit MTrP zu verbessern vermag. Um die genaueren Wirkzusammenhänge von Akupunktur und Stretching besser verstehen zu können sind noch weitere Studien sinnvoll.

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1.14.2. Schein-Laserakupunktur

Irnich et al.28 konnte zeigen, dass die Schein-Laserakupunktur ein valides Kontrollverfahren für Akupunkturstudien darstellt. In seiner Studie wurde deutlich, dass die Schein-Laserakupunktur auch dieselben nicht-spezifischen Effekte hervorruft als Akupunktur und Laserakupunktur (vgl. Abb. 17). Aus der Beobachtung von einigen Akupunkturstudien geht hervor, dass

Schein-Laserakupunktur starke nicht-spezifische Effekte auslöst.28 Ein

nicht-spezifischer Effekt stellt das Aufsuchen der Akupunktur durch Palpation und der Hautkontakt dar (vgl. Abb. 17). Nach Olausson et al.43 führen bereits

geringfügige Hautkontakte zur Aktivierung von sensiblen C-Fasern und in der Folge zu einer emotionalen, hormonellen und affiliativen Antwort.

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Abbildung 17:39 Spezifische und nicht-spezifische Effekte von Akupunktur, Laserakupunktur und Schein-Laserakupunktur

68 In der vorliegenden Studie wurde die Kunststoffhalterung mit der enthaltenen Lasernadel direkt auf die Haut über dem Akupunkturpunkt geklebt, anstelle der Verwendung eines mobilen Lasergerätes. Die Absicht war, alle Punkte

gleichzeitig zu „scheinstimulieren“, damit ein ähnlicher Behandlungsrahmen zur klassischen Akupunktur gegeben war. Die Therapeutin suchte die

Akupunkturpunkte zwar ohne Palpation auf, jedoch stellt das alleinige

Aufkleben der Kunsstoffhalterung mit der Lasernadel einen Hautkontakt dar und somit einen sensiblen Reiz. Um diesen nicht-spezifischen Effekt zu vermeiden, müsste ein mobiles Lasergerät verwendet werden, auf Kosten der

gleichzeitigen Stimulation aller Akupunkturpunkte.

In einer klinischen Studie von Irnich et al. 23 wurde an jedem Akupunkturpunkt eine zweiminütige Laserakupunktur von einer Distanz von 0,5-1 cm zum Hautniveau durchgeführt.Auch in dieser Studie wurde

Placebo-Laserakupunktur als Kontrollgruppe verwendet, da bei dieser Akupunkturform keine Aktivierung von somatosensorischen Hautrezeptoren stattfinden kann.

Es wurde in dieser Studie zudem deutlich, dass eine Vergleichsgruppe mit alleinigem Stretching oder keiner Behandlung nützlich wäre, um eine bessere Einstufung der spezifischen Effekte einer Akupunkturbehandlung und der physiologischen Mechanismen herausarbeiten zu können. Wie Irnich et al.28 erkannte, können die Behandlungseffekte von technischen Geräten nicht direkt mit manuellen Behandlungsformen, wie der Akupunktur, verglichen werden und

69 müssen somit kritisch betrachtet werden. Die Placebo-Laserakupunktur weist jedoch die gleiche Glaubwürdigkeit wie eine Akupunkturbehandlung auf und kann die Effekte einer Nadelung an sich darstellen.

Ein angemessenes Placeboverfahren zu finden ist jedoch eine Herausforderung in Akupunkturstudien.27, 56