• Keine Ergebnisse gefunden

4. DISKUSSION

4.2. C HARAKTERISIERUNG DER S TRESSTOLERANZ VERSCHIEDENER W EIZENSORTEN

4.2.3. Lichtstress

Entfernen sich Umweltbedingungen für eine Pflanzenart oder Sorte vom jeweiligen Optimum, geraten sie in Stress, es treten abiotische Schädigungen der Pflanzen auf, die katastrophale Ausmaße annehmen können. Für die Entstehung von physiologischen Blattflecken wird in der Literatur die sich ändernde Strahlung diskutiert. In dieser Arbeit wurde die Strahlung als Ursache für PLS bestätigt, da Beobachtungen im Feld zeigten, dass nur die der Sonne zugewandte Blattseite Blattverbräunungen aufwies. Nach Trepte & Winkler (2002) hat die UV-Spitzenbelastung am Erdboden aufgrund des stratosphärischen Ozonverlusts und Reflexion an Wolken langfristig zugenommen. Stress durch Überbelichtung gefährdet die Pflanzen akut durch Überenergetisierung und Bildung von reaktiven Sauerstoffradikalen.

Ausgehend von dieser Gefährdung haben Pflanzen viele Vermeidungs- und Anpassungsmechanismen auf morphologischer Ebene ausgebildet.

Abbildung 100: Einfluss der Blattstellung auf den Photosynthese-Verlauf ausgesuchter Winterweizensorten im Entwicklungsstadium Ende der Blüte (EC 69) des Versuchsjahres 2004 aus dem Landessortenversuch der Landwirtschaftskammer Hannover, Standort Höckelheim. Links Radarplot der Mittelwerte zur planophilen Blattstellung der Sorten Akteur, Batis, Hybred, Magnus, Solitär, Terrier und Türkis werden mit Messungen zu erektophilen Weizensorten Elvis, Grommit, Limes, Privileg und Tommi verglichen. Rechts signifikante Abweichungen unterschiedlicher Blattstellungen bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit p < 0,05.

In Tabelle 10 wurden Blattstellungen der F-Blätter verschiedener Winterweizensorten aufgeführt, die auf dauerhafte oder dynamische Blattstellungsreaktionen bei hoher Lichtenergie hinweisen. Planophil gerichtete F-Blätter (wie Batis) besitzen auf der einen Seite eine hohe Beschattungskraft, andererseits sind sie aufgrund ihrer ausgeprägten horizontalen Blattform höherer Lichtenergie ausgesetzt als Blätter, die eine erektophile,

vertikale Ausrichtung besitzen (wie Drifter und Ritmo). Der Einfluss der Blattstellung auf den Photosynthese-Verlauf wurde einerseits bestätigt durch die aufgeführten Sortenunterschiede (Kapitel 3.3.2.1.), andererseits zeigt Abbildung 100 Unterschiede der Chlorophyll-Fluoreszenz-Messdaten planophiler und erektophiler F-Blätter ausgesuchter Weizensorten im Versuchsjahr 2004 vom Landessortenversuch Winterweizen, Standort Höckelheim.

Es zeigte sich, dass planophile Weizensorten höhere photochemische Raten (kP), gesteigerte Lichtreaktionen (φPo/(1-φPo)) und erhöhtes Photosynthesevermögen (PIABS) aufzeigen, Dunkelreaktionen (ΨO/(1-ΨO)) und Energieflüsse pro Reaktionszentrum hingegen abnehmen im Vergleich zu den erektophilen Sorten.Die beim durchgeführten Lichtversuch untersuchten Sommerweizensorten Nandu und Triso zeigten ebenfalls unterschiedliche F-Blattstellungen auf. Nandu gehört mit dem sehr großen Anteil an gebogenen Blättern (Bundessortenamt 1987) zu den planophilen Sorten, Triso hingegen wurde in den Beobachtungen 2001 bis 2005 eine geringe Häufigkeit von Pflanzen mit gebogenen obersten Blättern zugeschrieben (Bundessortenamt 2005) und kann als erektophile Sorte eingestuft werden. Die an den im Gewächshaus kultivierten beiden Sommerweizensorten durchgeführten Chlorophyll-Fluoreszenz-Messungen vor Lichtstress zu EC 51/55 (Abbildung 101) zeigten tendenziell ebenfalls den Einfluss der Blattstellung auf den Photosyntheseverlauf auf, wie schon in Abbildung 100 an Winterweizen beschrieben.

Triso Nandu

Triso Nandu Triso Nandu

Fo Sum K

Triso Nandu Triso Nandu

Fo Sum K

Abbildung 101: Links Radarplot zu Chlorophyll-Fluoreszenz-Messungen des im Gewächshaus kultivierten planophilen Sommerweizens Nandu und der erektophilen Sorte Triso (Referenz) im Vergleich vor Dauerlichtstress. Rechts signifikante Abweichungen der Sorten bei einer Fehlerwahrscheinlichkeit p < 0,05.

Allerdings reagierte die Sorte Triso während des Lichtstressversuchs (Abbildungen 93 und 94) unerwartet lichtempfindlicher als die Vergleichssorte Nandu. Als Erklärung liegt die

Vermutung nahe, dass Triso schattenliebender ist. Schattenblätter zeichnen sich nach Richter (1998) durch ein schwach entwickeltes Mesophyll, jedoch ein stark entwickeltes Thylakoidsystem aus, die Dichte photosynthetischer Reaktionszentren allerdings ist gering.

Dem entspricht, dass Triso beim Vergleich von Chlorophyll-Fluoreszenzmessungen vor Lichtstress zu Nandu (Abbildung 101) eine geringere Dichte aktiver Reaktionszentren (RC/ABS) bei gleichzeitig stärker ausgebildeten Antennensystemen (Energieflüsse/RC) aufwies.

Die Art und Weise der Anpassung des Photosystem II, bedingt durch übermäßige Lichteinstrahlung, die vom Chlorophyll nicht umgesetzt werden kann, sind im Anfangsstadium optisch nicht sichtbar, aber mit Hilfe von Photosynthese-Messungen (Abb.

93 und 94) eindeutig nachweisbar. Während des Dauerlichtversuchs kam es beim Sortenvergleich von Nandu und Triso zu negativen Wirkungen von Licht und Strahlung auf den Photosynthese-Apparat. Die lichtempfindlichere Sorte Triso reagierte 15 Tage nach Lichtstress mit einer Lichthemmung, aufgezeigt durch geringere Photosynthese-Aktivitäten (PIABS). Die entstandene Hemmung der Photosynthese kann als reversibler Schutzmechanismus des photosynthetischen Systems dienen (Vass et al. 1992, Luis &

Alves 2002). Bei Überforderung der für die Pflanzen entwickelten Dissipationsmechanismen während der Photosynthese kann es aber auch zu irreversiblen Schäden im Photosynthese-Apparat kommen, wie die Zerstörung von D1, eines der Core-Proteine des Photosystems II (Richter 1998). Das im Licht ständig abgebaute und neu synthetisierte D1-Protein regelt den Ab- und Aufbau des Reaktionszentrums von PS II. Dieser „Turnover“ des D1-Proteins hält die Funktionsfähigkeit des PS II aufrecht, das im Licht die Aktivität verlieren kann. Mit steigender Lichtintensität wird die Inaktivität von PS II begünstigt, im Gegenzug nimmt der Turnover zu. Unter Stressbedingungen werden deutliche Veränderungen im Umsatz des D1-Proteins beobachtet (Dannehl et al. 1995, Konopka et al. 1996). D1 wird zwar schneller synthetisiert aber noch schneller abgebaut, es kommt zum regulierten Abbau des Photosyntheseapparates. Diese reversible Hemmung von PS II ist vergleichbar mit den in der Arbeit vielfach beschriebenen nicht-QA reduzierenden Reaktionszentren. Neben der Abgabe von angeregter Lichtenergie bzw. dem Auftreten stiller Reaktionszentren könnte demnach die Parameter-Kombination steigende Energieflüsse bei abnehmenden QA reduzierenden Reaktionszentren (RC/ABS) auch die Schädigung bzw. Reparatur des Reaktionszentrums des Photosystems II darstellen. Wie die reversible Photoinhibition dienen die stillen Reaktionszentren als Schutzmechanismus der Anpassung an Licht, ebenso die aufgeführte Blattstellung und unterschiedliche Steuerungsmechanismen der Lichtumsetzung wie Fluoreszenz und Energieableitungen (spillover).

Die Abbildungen 93 und 94 zeigten eindeutig, dass die Einstrahlung von Rotlicht die Lichtsättigung der Pflanzen eher übersteigt, und nicht die UV-Strahlung zur Photoinhibition führt. Die UV-Anpassungen der Pflanzen im Hinblick auf den Photosyntheseverlauf sind demnach deutlicher ausgeprägt. Nach Aussagen von Trepte & Winkler (2002) benötigten die Pflanzen in den letzten Jahren kaum eine neue Anpassung, da sich langfristig die UV-Werte nur wenig veränderten. Neben zugenommener UV-Spitzenbelastung kam es infolge gestiegener Häufigkeit und optischen Dicke der Wolken zu einer Verminderung der UV-Dosis.

Dass unterschiedliche Lichtquellen zu unterschiedlichen Pflanzenreaktionen führen, wurde bereits von Wu & Tiedemann (2004) an Gerste vorgestellt. In Bezug zur Ausbildung und Entwicklung von Chlorosen und Nekrosen wurden diese Symptomausprägungen bei Rotlicht chronisch eingestuft, die Reaktionen auf Blaulicht ohne Ausprägung von Chlorosen wurden als akut beschrieben.