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2.2.1 Eigenschaften der Laurinsäure

Laurinsäure ist eine mittelkettige Fettsäure mit zwölf Kohlenstoffatomen. Sie ist in großen Mengen (40-55 %) in Kokosnussfett und Palmkernöl vorhanden (YOUNG 1983). Bei der Raffination von Palmkernöl fallen Palmkernfettsäuredestillate als Nebenprodukt an. Diese sind mit mind. 38 % besonders reich an Laurinsäure (RECK 1985; NANDI et al. 2005).

Diese wird zu den organischen Säuren gezählt. Hierbei unterteilt man die Carbonsäuren anhand ihrer Kohlenstoffatome in kurz-, mittel- und langkettige Fettsäuren. Während MARTEN et al. (2006) die Gruppe der mittelkettigen Fettsäuren als C:6 bis C:10 definieren, zählen mehrere andere Autoren auch die Laurinsäure (C:12) hinzu (HEYDINGER u. NAKHASI 1996; TRAUL et al. 2000; LABARTHE et al. 2008).

2.2.2 Allgemeines zum Einsatz von organischen Säuren

Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass das zunehmende Auftreten von Resistenzen gegenüber Antibiotika auf den Einsatz derselben zurückzuführen ist. In einer Studie von LUANGTONGKUM et al. (2006) wurde die konventionelle Geflügelhaltung in Bezug auf Prävalenzen von Campylobacter spp. und ihrer Antibiotika-Resistenzen mit der ökologischen Haltung verglichen. Obwohl sich die Prävalenzen ähnelten, waren erheblich mehr Resistenzen in den konventionellen Haltungen zu beobachten. Auch in anderen Bereichen ist die zunehmende Anzahl an Resistenzen gegenüber Antibiotika ein ernst zu nehmendes Problem. Um die Ausbreitung der Antibiotikaresistenzen einzudämmen, wird nach anderen wirksamen Alternativen gegen Bakterien gesucht. Ein möglicher Ansatz hierfür ist, bestimmte organische Säuren als Zusatz im Futtermittel einzusetzen, um sich deren antimikrobielle Wirkung zu Nutze zu machen. Verschiedene kurz- und mittelkettige Fettsäuren wurden bereits unter diesem Gesichtspunkt untersucht.

Die Empfänglichkeit von Clostridium (Cl.) perfringens, Escherichia (E.) coli sowie Salmonella spp. gegenüber Capryl- und Caprinsäure konnte in vitro bereits nachgewiesen werden (SKRIVANOVA et al. 2006). Für die organischen Säuren Ameisen-, Essig- und Propionsäure sowie Kombinationen daraus konnten ebenfalls in vitro Keimzahlreduktionen

Literaturübersicht

von Campylobacter spp. nachgewiesen werden (CHAVEERACH et al. 2002). Auch für Laurinsäure gibt es eine in vitro nachgewiesene antimikrobielle Wirkung gegenüber Campylobacter jejuni (MOLATOVA et al. 2010), Cl. perfringens, E. coli (SKRIVANOVA et al. 2014) und Methicillin-resistentem Staphylococcus aureus (MRSA) (KITAHARA et al. 2006). In Kombination mit Kaliumhydroxid konnte, sowohl in vitro als auch in vivo, bei der Waschung von Geflügelkarkassen während des Schlachtprozesses eine keimreduzierende Wirkung von Laurinsäure beobachtet werden (HINTON u. INGRAM 2006). Ebensolche Beobachtungen einer bakteriziden Wirkweise konnten in Kombination von Laurinsäure mit Trikaliumphosphat und Myristinsäure beobachtet werden (HINTON u.

INGRAM 2005). In einer Studie von VAN DEUN et al. (2008) wurde Buttersäure als Futtermittelzusatz untersucht. Jedoch konnte hierbei nicht die Kolonisation des Blinddarmes mit C. jejuni verhindert werden. HERMANS et al. (2010) vermuten, dass der in vitro beobachtete bakterizide Effekt mittelkettiger Fettsäuren möglicherweise durch die schützende Wirkung der intestinalen Mukusschicht in vivo nicht zum Tragen kommt. Eine andere Studie untersuchte die Auswirkung des Futtermittelzusatzes einer Kombination aus Milch- und Essigsäure auf die Empfänglichkeit von Broilern gegenüber Campylobacter spp. und es stellte sich heraus, dass die exponierten Broiler weniger empfänglich waren im Vergleich zur Kontrollgruppe, wenn auch in limitiertem Ausmaß (HERES et al. 2004).

MOLATOVA et al. (2011) untersuchten den in vitro nachgewiesenen antimikrobiellen Effekt von Capryl- und Caprinsäure gegenüber Campylobacter jejuni (MOLATOVA et al.

2010) in einer in vivo Studie bei Hühnern und zeigten, dass in den ersten vier Tagen nach der künstlichen Infektion der Broiler eine deutliche Reduktion der Keimzahlen zu verzeichnen war, der Effekt dann aber nachließ. VAN GERWE et al. (2010) schätzten mit Hilfe eines beta-binomialen Dosis-Wirkungs-Modelles, dass die in ihrer Studie mit einem Gemisch aus Capryl-, Caprin- und Laurinsäure gefütterten Broiler eine zweihundertfach höhere Infektionsdosis als in der Kontrollgruppe benötigten, um mind. 50 % der Broiler zu infizieren. Aktuelle Studien untersuchten zwölf verschiedene Futterzusätze, darunter organische Fettsäuren, auf ihre Fähigkeit Campylobacter-Infektionen zu verhindern oder die Keimzahlen zu reduzieren (GRACIA et al. 2016; GUYARD-NICODEME et al. 2016).

Während GUYARD-NICODEME et al. (2016) herausfanden, dass über die Zeit die antimikrobiellen Effekte der Futteradditive abnahmen und lediglich Buttersäure dazu in der

Lage war, bis zum 42. Tag die Keimzahlen im Mittel um 2 log10 zu reduzieren, stellten sich in den Untersuchungen von GRACIA et al. (2016) heraus, dass hierbei nur die Monoglyceride der Capryl- und Caprinsäure zu diesem Zeitpunkt noch einen reduzierenden Effekt hatten.

Bezüglich des Einsatzes von Laurinsäure als alleinigem Futtermittelzusatz sind derzeit keine Studien bekannt.

2.2.3 Antimikrobielle Wirkung organischer Säuren

Fettsäuren sind Carbonsäuren und werden zu der Gruppe der organischen Säuren gezählt.

Sie besitzen die Carboxylgruppe (-COOH) als funktionelle Gruppe und können ungesättigt (Doppelbindungen) oder gesättigt (keine Doppelbindungen) sein (MOSS et al. 1995). Der Wirkmechanismus, der der antimikrobiellen Wirkung organischer Säuren zu Grunde liegt, ist noch nicht hinreichend geklärt.

VAN IMMERSEEL et al. (2006) vermuten, dass die Kettenlänge, der Aufbau der Seitenketten, der pKs-Wert und die Hydrophobie den antimikrobiellen Effekt der Säuren beeinflussen. Des Weiteren fanden sie heraus, dass einige Mikroorganismen ihren intrazellulären pH-Wert absenken können, um so auf eine zunehmende Ansäuerung ihrer Umgebung zu reagieren. Fehlt den Bakterien diese Fähigkeit, wandern die Anionen der organischen Säuren entlang des pH-Gradienten ins Zellinnere und reichern sich dort an.

Salmonella spp. und E. coli sind in der Lage in schwach saurem Milieu eine Toleranzantwort oder in stark saurem Milieu sogar Säure-Schock-Proteine auszubilden und somit ihre Tenazität zu erhöhen (FOSTER 1995, 1999). Auch das umgebende Milieu, also beispielsweise die Temperatur oder der pH-Wert, spielt eine Rolle bei der Ausprägung des antimikrobiellen Effektes der organischen Säuren (VANNETTEN et al. 1994;

CHAVEERACH et al. 2002; SKRIVANOVA u. MAROUNEK 2007; VAN DEUN et al.

2008).

Eine weitere Vermutung ist, dass sich die antimikrobielle Wirkung organischer Säuren durch die Beeinflussung des Quorum Sensing äußert. Einige Bakterien nutzen Quorum Sensing zur chemischen Kommunikation. Auf diese Weise können die Mikroorganismen in

Literaturübersicht

Abhängigkeit ihrer Zelldichte die Exprimierung bestimmter Gene regulieren, was beispielsweise bei der Ausbildung von Biolumineszenz oder der Biofilmbildung wichtig ist (DAVIES et al. 1998). Durch organische Säuren kann dieser Mechanismus bei E. coli und Salmonella Typhimurium beeinflusst werden und somit eine antimikrobielle Wirkung entfaltet werden (ALMASOUD et al. 2016). Auch bei Cl. perfringens konnte das Quorum Sensing durch den Einsatz von Ascorbinsäure gehemmt werden, wodurch eine Verringerung der Sporulation und Toxinbildung erreicht werden konnte (NOVAK u.

FRATAMICO 2004). JEON et al. (2003) fanden heraus, dass C. jejuni Quorum Sensing nutzt, um das Strukturgen flaA, welches hauptsächlich an der Ausbildung der Flagellen und somit an der Motilität der Bakterien beteiligt ist, zu exprimieren.

Der genaue Wirkmechanismus der Laurinsäure ist noch nicht ausreichend geklärt. In Untersuchungen von SKRIVANOVA et al. (2005) wies Laurinsäure die höchste antimikrobielle Aktivität gegenüber Cl. perfringens auf. Mittels Transmissionselektronenmikroskopie konnten hierbei Zellmembranschädigungen beobachtet werden, die sich in Trennung von innerer und äußerer Zellemembran und in desorganisiertem Zytoplasma äußerten. Derartige Beobachtungen konnten durch MOLATOVA et al. (2010) ebenfalls bei C. jejuni festgestellt werden.

2.2.4 Bisheriger Einsatz von Laurinsäure

Bei der Fütterung von Laurinsäure als Futtermittelzusatz kann es zu einer Reduzierung der Futteraufnahme kommen. In einer Studie von CAVE (1982) wurden verschiedene kurz- und mittelkettige Fettsäuren im Hinblick auf die Futteraufnahme untersucht. Hierbei stellte sich heraus, dass bei einem Einsatz von Propion-, Capryl-, Caprin- und Laurinsäure ab einer Menge von 30 g/kg Futter mit einer Beeinträchtigung der Futteraufnahme gerechnet werden muss. Die Verringerung der Futteraufnahme war bei Laurinsäure am höchsten. In Folge dessen waren auch die Körpergewichtszunahmen in der mit Laurinsäure gefütterten Gruppe die geringsten. Als Ursache hierfür wird die veränderte Schmackhaftigkeit oder die hormonelle Regulierung der Darmmotilität und des Appetits angenommen (CAVE 1982).

VAN GERWE et al. (2010) testeten ein Gemisch aus Caprin-, Capryl- und Laurinsäure. Sie fanden unter anderem heraus, dass die Broiler generell weniger empfänglich gegenüber

Campylobacter waren, was sich in einer erhöhten Infektionsdosis widerspiegelte, die benötigt wurde, um mind. 50 % aller Tiere zu infizieren.

Im Bereich der Lebensmittelherstellung findet Laurinsäure bereits Anwendung als Teil des Lebensmittelzusatzstoffes E 243 Ethyl-Nα-Lauryl-L-Arginat-Hydrochlorid (LAE). Das LAE wirkt gegen gram-positive und gram-negative Bakterien sowie Hefen und Schimmelpilze (HAWKINS et al. 2009). Man vermutet, dass LAE als oberflächenaktives Kation hauptsächlich die Zellmembranen der Mikroorganismen destabilisiert (RODRIGUEZ et al. 2004). Im menschlichen Organismus wird LAE in seine Einzelkomponenten verstoffwechselt, also in Ethanol, die Aminosäure Arginin und die Fettsäure Laurinsäure, die dann in den jeweiligen Stoffwechselzyklen abgebaut werden (RUCKMAN et al. 2004). Toxikologisch betrachtet ist LAE unbedenklich (EFSA 2007), weshalb es seit 2014 als Lebensmittelzusatzstoff durch die Verordnung (EG) 506/2014 zugelassen ist.