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2.1 Campylobacter spp

2.1.6 Bekämpfungsmaßnahmen

Aufgrund der hohen Anzahl an humanen Campylobacter-Infektionen wird nach wirksamen Bekämpfungsstrategien gegen diese Erreger gesucht. Dabei beziehen sich die Herangehensweisen sowohl auf Stall- und Schlachthofebene (pre- und post-harvest Interventionen), als auch die bessere Aufklärung und Information des Verbrauchers (STERN et al. 2003; ROSENQUIST et al. 2009).

2.1.6.1 Pre-Harvest Interventionen

Als pre-harvest Interventionen sind neben der Einhaltung von biologischen Sicherheitsrichtlinien wie Zugangsbeschränkung und Vektorenbekämpfung auch die Modifizierung von Futter und Wasser sowie der Einsatz von Bakteriophagen oder elektrolysiertem, oxidierendem Wasser möglich (FISCHER et al. 2013; KITTLER et al.

2013; RASSCHAERT et al. 2013; KLEIN et al. 2015). Auch die passive oder aktive Immunisierung der Broiler gilt als mögliche Maßnahme, um Campylobacter auf Herdenebene zu bekämpfen (MEUNIER et al. 2016). In Dänemark gelang es, die Zahl der Campylobakteriose-Fälle um 12 % zu reduzieren, indem die Biosicherheit verbessert, Campylobacter-positive Herden nur für gefrorene Produkte verwendet und die Verbraucher mit entsprechenden Kampagnen informiert wurden (ROSENQUIST et al. 2009). Mit ähnlichen Maßnahmen gelang es, in Island die Prävalenz von 116 auf 33 Fälle pro 100.000 Einwohner zu senken (STERN et al. 2003).

Literaturübersicht

Bakteriophagen

Bakteriophagen sind natürlicherweise vorkommende Viren, die auf Bakterien als Wirte spezialisiert sind (GORSKI u. WEBER-DABROWSKA 2005). Sie wurden in der Vergangenheit schon erfolgreich gegen Campylobacter eingesetzt. So zeigten FISCHER et al. (2013), dass es mit Hilfe einer einzelnen Phage und auch eines Phagen-Cocktails möglich war, die intestinale Campylobacter-Keimzahl zu reduzieren. Den gleichen Phagen-Cocktail setzten KITTLER et al. (2013) in einem Feldversuch ein. Dabei wurden die Phagen dem Trinkwasser zugesetzt und es konnte eine Reduktion von 3,2 log10 KbE/g Caecuminhalt bei der Schlachtung im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt werden.

Trinkwasseradditive

Andere Studien beschäftigen sich mit dem Zusatz von organischen Säuren zum Trinkwasser, um die Campylobacter-Last zu reduzieren. Obwohl die eingesetzten Substanzen in vitro gute Resultate erbrachten, konnte in vivo in der Regel kaum oder kein reduzierender Effekt auf Campylobacter festgestellt werden. METCALF et al. (2011) untersuchten den Effekt von Caprylsäure, die drei Tage vor Schlachtung den Broilern ins Trinkwasser gegeben wurde. Sie erzielten damit eine Reduktion von 2,9 log10 KbE/g Caecuminhalt bei einer Konzentration von 0,175 % Caprylsäure im Wasser. Bei den anderen eingesetzten Konzentrationen (0,044 %; 0,088 %; 0,35 %; 0,7 %; 1,4 %) konnte kein reduzierender Effekt festgestellt werden. Auch konnte im zweiten Versuchsdurchgang diese Beobachtung nicht reproduziert werden. Darüber hinaus stellten HERMANS et al.

(2012a, 2012c) fest, dass durch die Applikation von verschiedenen organischen Säuren, darunter Capryl- und Laurinsäure, weder die Besiedelung mit Campylobacter verhindert, noch eine Keimzahlreduzierung im Caecum erreicht werden konnte. Auch kommerziell erhältliche Säuregemische ergaben keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Zwar konnte das Trinkwasser mit Selko DWB® (Fa. Selko, Tilburg, Die Niederlande) Campylobacter-frei gehalten werden, bei der experimentellen Infektion schützte der Zusatz jedoch nicht vor einer Infektion der Broiler (CHAVEERACH et al. 2004). Auch wenn der Trinkwasserzusatz, hier PWT® (Jones and Hamilton, Walbridge, OH, USA), im Vorfeld in vitro eine vielversprechende Wirkung zeigte, konnte in vivo keine Keimzahlreduzierung erreicht werden (HAUGHTON et al. 2013). Bei dem Einsatz eines kommerziell

erhältlichen Trinkwasserzusatzes, in diesem Falle Selko® 4Health (Fa. Selko, Tilburg, Die Niederlande), der auf organischen Säuren und mittelkettigen Fettsäuren basierte, konnte zwar in allen exponierten Gruppen eine geringere Keimzahl festgestellt werden, jedoch nur in wenigen Fällen waren diese Unterschiede auch signifikant (JANSEN et al. 2014). Der Grund für die relativ schlechte Wirksamkeit der ansäuernden Trinkwasserzusätze in vivo ist bis heute noch nicht geklärt.

Futteradditive

Als Futterzusatz wurden bereits verschiedene organische Säuren und mittelkettige Fettsäuren eingesetzt. Obwohl in vitro häufig sehr gute antimikrobielle Wirkungen festgestellt werden konnten, waren die in vivo erzielten Resultate eher kontrovers und oft nicht reproduzierbar. Caprylsäure (DE LOS SANTOS et al. 2008; DE LOS SANTOS et al.

2009; DE LOS SANTOS et al. 2010) oder Mixturen aus Capryl-, Caprin- und Laurinsäure (VAN GERWE et al. 2010) konnten als Futteradditiv in einigen Studien erfolgreich die Campylobacter-Keimzahlen im Darm von Broilern senken. Im Gegensatz dazu stellten HERMANS et al. (2010) weder beim Einsatz von Capryl- noch von Caprinsäure einen Effekt auf die Anzahl von Campylobacter spp. fest. Während VAN DEUN et al. (2008) in ihren Untersuchungen mit Buttersäure als Futteradditiv keine Keimreduktion feststellen konnten, war in der Studie von GUYARD-NICODEME et al. (2016) die Buttersäure die einzige der getesteten kurzkettigen Fettsäuren, die bis zum 42. Tag eine reduzierende Wirkung aufwies. Die Wirkweise organischer Säuren und die bisherigen Erfolge des Einsatzes von organischen Säuren und Fettsäuren werden in Kapitel 2.2 näher erläutert.

2.1.6.2 Post-Harvest Interventionen

Bekämpfungsmaßnahmen am Schlachthof betreffen in der Regel die Optimierung des Schlachtprozesses im Sinne der Guten Hygienischen Praxis oder auch Anpassungen bei den einzelnen Schlachtprozessschritten (SELIWIORSTOW et al. 2016). LEHNER et al. (2014) stellten beispielsweise fest, dass die Erhöhung der Brühtemperatur von 53,0 auf 53,9 °C eine effektive Reduzierung der Keimzahlen von Campylobacter spp. um mehr als 2 log10-Stufen hervorrief, jedoch mit dem Nachteil, dass Hautschäden an den Karkassen auftraten, die die Vermarktungsfähigkeit mit Haut behinderten. Dennoch zeigt diese Studie,

Literaturübersicht

dass auch schon sehr geringe Modifikationen, hier also eine Erhöhung der Brühtemperatur um nur 0,9 °C, große Auswirkungen bei der Bekämpfung von Campylobacter spp.

aufweisen können.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass bei der Schlachtung von Campylobacter-positiven Herden nachfolgende, ursprünglich Campylobacter-negative Herden, kreuzkontaminiert werden können (SASAKI et al. 2014; MAROTTA et al. 2015). Die logistische Schlachtung ist eine wirksame Strategie, um diese Kreuzkontamination zu verhindern. Hierbei werden zuerst Campylobacter-freie Herden und nachfolgend die positiven Herden geschlachtet. Bei der Kreuzkontamination der Karkassen treten meist nur sehr geringe Keimzahlen bei den kreuzkontaminierten Karkassen auf (SASAKI et al.

2014). Aus diesem Grunde kann durch die logistische Schlachtung lediglich die Prävalenz der Karkassen, die mit einem geringen Keimgehalt kontaminiert sind, gesenkt werden.

Folglich ist die logistische Schlachtung bei dem Versuch, das Infektionsrisiko für den Menschen zu reduzieren, wenig effektiv (NAUTA et al. 2008).

Kurzzeitiges oder längerfristiges Einfrieren oder die chemische Behandlung der Karkassen waren hingegen mit einer Reduktion von 37-98 % der Campylobakteriose-Fälle beim Menschen sehr effektiv (ROMERO-BARRIOS et al. 2013).

Die Wirksamkeit der Bekämpfungsmaßnahmen wird als sehr unterschiedlich betrachtet. So zeigte eine Risikobewertung von ROSENQUIST et al. (2003), dass die Verringerung der Herdenprävalenz oder die Verringerung der Prävalenz kontaminierter Karkassen in einem linearen Zusammenhang die Campylobakteriose-Fällen beim Menschen reduzieren würde, wogegen eine quantitative Reduzierung der Keimzahl auf dem Fleisch um 2 log10 Stufen eine dreißigfache Verringerung dieser Fallzahlen mit sich brächte. Die quantitative Verringerung der Erreger auf dem Fleisch ist somit die effektivere Variante, um die Campylobakteriose beim Menschen einzudämmen.