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Die primär an Tag 7 pi auftretenden hämorrhagischen Läsionen im Gehirn konnten sowohl auf makroskopischer als auch auf histopathologischer Ebene beobachtet werden. Die larvale Penetration der Arterien im Kortex scheint als mögliche Ursache für diese Läsionen in Betracht zu kommen, da diese mechanischen Schäden in Mikroläsionen der Arterien und nachfolgenden Blutungen resultieren könnten (BISSERU 1969). Vergleichbare Läsionen und anschließende Resorptionsvorgänge im Verlauf der Infektion wurden bereits von verschiedenen Autoren beschrieben (BISSERU 1969; OLSON u. PETTEWAY 1972; CARDILLO et al. 2009). In einer Studie von DUBEY (1968) werden diese Läsionen jedoch nicht angeführt. Auf histologischer

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Ebene konnten Malazien sowie Cholesterinkristalle in den Gehirnen der T. canis-infizierten Mäusen nachgewiesen werden. Zusätzlich traten in den Gehirnen der T. canis- und T. cati-infizierten Tieren aktivierte Mikroglia, Gitterzellen sowie Sphäroide auf, wobei die Gitterzellen auf eine beginnende Demyelinisierung hinweisen könnten. Die Sphäroide gelten als Merkmale für axonale Schäden.

Während der akuten Phase der Infektion wurden in der vorliegenden Arbeit signifikante Unterschiede bezüglich der allgemeinen Larvenwanderung zwischen den Infektionsgruppen festgestellt. Die an Tag 2 pi erhobenen Daten demonstrieren eine verzögerte Migration der T. Larven im Vergleich zu T. cati-Larven, da T. canis-Larven signifikant häufiger in der Leber nachgewiesen wurden als T. cati-canis-Larven.

Letztere hingegen wurden signifikant häufiger in der Lunge nachgewiesen. Die Migrationsroute der Toxocara-Larven im paratenischen Wirt konnte basierend auf vorherigen Untersuchungen in zwei Phasen unterteilt werden, nämlich die hepato-pulmonale und die viszerale Phase. Während der hepato-hepato-pulmonalen Phase penetrieren die Larven nach dem Schlupf die Darmwand und wandern zur Leber.

Von dort aus gelangen sie über das Kreislaufsystem in die Lunge (ABO-SHEHADA u.

HERBERT 1984). Folglich lässt das an Tag 2 pi vermehrte Auftreten von T. canis-Larven in der Leber auf eine verzögerte Migration der T. canis-canis-Larven schließen, da sich die T. cati-Larven bereits in der Lunge aufhalten. Dieses verzögerte Wanderverhalten von T. canis in Mäusen konnte bereits in einer vorangegangenen Studie gezeigt werden (PROKOPIC u. FIGALLOVÁ 1982), wohingegen Untersuchungen an Wüstenrennmäusen auf eine verzögerte Migration von T. cati-Larven hinwiesen (AKAO et al. 2003).

In der vorliegenden Studie wurde eine plötzliche Abnahme der Gesamtwiederfindungsraten von T. cati-Larven in Balb/c-Mäusen an Tag 14, 28 und 35 pi beobachtet. Des Weiteren konnte die Abnahme der T. cati-Wiederfindungsraten an Tag 28 und 35 pi in B6-Mäusen beobachtet werden. Auch in einer anderen Untersuchung ergab sich eine stark variierende Wiederfindungsrate von 25 % bis 65 %, jedoch umfasste der Untersuchungszeitraum lediglich Tag 1-28 pi (DUBEY

1968). Die chronische Phase der T. cati-Infektion war demnach nur unzureichend untersucht und ließ somit keinen Rückschluss auf einen eventuellen Wiederanstieg im späteren Infektionsverlauf zu.

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Zunächst könnte spekuliert werden, dass die Larven durch eine entsprechende Immunantwort des Wirtes eliminiert werden, die Wiederfindungsraten stiegen jedoch ab Tag 42 pi nochmals an, was auf eine aktive Migration der Larven schließen lässt.

Eine Umverteilung der Larven im Körper des Wirtes findet vermutlich zwischen Tag 28 und 35 pi statt, da zu diesen Zeitpunkten die Larvenzahl in Leber und Lunge wieder ansteigt. Des Weiteren erhöht sich die Larvenanzahl im Gehirn ab Tag 42 pi erneut. Dennoch verbleiben die Migrationsroute sowie die Lokalisierung der Larven zwischen Tag 14 und 35 pi weiterhin unklar.

Die Gesamtwiederfindungsraten der T. cati-Larven betrugen insgesamt bis zu 16,0 %. Dies ist vergleichbar mit Wiederfindungsraten von 15,9 % bei Wüstenrennmäusen und deutlich höher als eine mit 2,0 % angegebene Wiederfindungsrate bei Ratten (ZIBAEI et al. 2010). Die höchste beschriebene Wiederfindungsrate betrug 65,7 % in T. cati-infizierten Mäusen, jedoch wurden diese mit 1000 infektiösen Eiern, also nur der Hälfte der in der vorliegenden Arbeit verwendeten Infektionsdosis infiziert. Auch wurden lediglich 2 Mäuse pro Zeitpunkt untersucht, was zu einer Verzerrung der Ergebnisse geführt haben könnte (CARDILLO

et al. 2009). Im Vergleich zu den Wiederfindungsraten von T. cati-Larven konnte mit 3,75 % nur eine sehr niedrige Wiederfindungsrate von T. canis-Larven erzielt werden. Dieses Ergebnis weicht wesentlich von bislang beschriebenen Wiederfindungsraten von bis zu 43,4 % in B6-Mäusen nach Infektion mit 1000 infektiösen T. canis-Larven ab (EPE et al. 1994; HAVASIOVÁ-REITEROVÁ et al. 1995).

Andererseits deuten Studien auf Mechanismen in B6-Mäusen hin, die den Eintritt von T. canis-Larven in den Kreislauf zu verhindern scheinen (DUNSMORE et al. 1983;

PARSONS u. GRIEVE 1990). Möglicherweise führte die höhere Infektionsdosis der vorliegenden Arbeit zu einer effizienteren Wirtsreaktion, somit zur Hemmung der Larvenmigration mit anschließender Eliminierung der Larven. Zusätzlich könnte vermutet werden, dass der Schlupf der Larven im Darm wenig effizient war und somit die aufgenommenen Eier mit den Fäzes ausgeschieden wurden (DUBEY 1968;

PROKOPIC u. FIGALLOVÁ 1982).

Trotz der niedrigen Gesamtwiederfindungsraten von T. canis-Larven konnte deren Affinität zum ZNS bestätigt werden. Obwohl an einigen Zeitpunkten der Infektion mehr als 50 % der Gesamtlarvenzahl in der Muskulatur nachgewiesen wurden, muss bedacht werden, dass die Muskelmasse im Vergleich zur Masse des Gehirns

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wesentlich höher ist und trotzdem zu keinem Zeitpunkt signifikant höheren Larvenzahlen in der Muskulatur als im Gehirn nachgewiesen wurden. Im Gegensatz dazu wurden über den gesamten Infektionsverlauf signifikant mehr T. cati-Larven im Muskelgewebe als im Gehirn nachgewiesen. Als möglicher Grund für die unterschiedliche Lokalisierung der Toxocara-Spezies im Wirtskörper wird von verschiedenen Autoren die Größe der Larven spekuliert. Hierbei wird aufgeführt, dass T. cati-Larven kleiner als T. canis-Larven sind, weshalb letztere die Kapillaren des Gehirns obliterieren und somit im Gehirn verbleiben. (BISSERU 1969; BURREN

1971; DUNSMORE et al. 1983). Diese Argumentationsführung kann jedoch nur dann Gültigkeit haben, wenn das Kapillargeflecht im Gehirn feiner ist als das in der Muskulatur. Daher bleibt es fraglich, ob diese Größenhypothese die unterschiedliche Larvenverteilung von T. canis- und T. cati-Larven im Gehirn erklären kann. Im Gegensatz zu vorherigen Studien, in denen sehr wenige oder keine T. cati-Larven im Gehirn nachgewiesen werden konnten (DUBEY 1968; BURREN 1971; HAVASIOVÁ -REITEROVÁ et al. 1995), war es in der vorliegenden Arbeit möglich, die Persistenz von T. cati-Larven im Gehirn nachzuweisen. Während hierbei ein Anstieg ab Tag 42 pi vermerkt werden konnte, wurde in einer anderen Studie erst ab Tag 70 pi ein Anstieg der T. cati-Larven im Gehirn verzeichnet (ZIBAEI et al. 2010).

Bezüglich der rechten und der linken Hemisphäre konnten signifikante Unterschiede zwischen den T. canis- und T. cati-infizierten Gruppen ermittelt werden, jedoch nicht innerhalb dieser Infektionsgruppen. Auch die strukturellen Veränderungen im Gehirn scheinen gleichmäßig über beide Hemisphären verteilt zu sein.

Erstaunlicherweise wurden T. cati-Larven häufiger im Kleinhirn nachgewiesen, während T. canis-Larven häufiger im Großhirn zu finden waren. Vorherige Studien beschrieben eine vorrangige Lokalisierung beider Toxocara-Spezies im Kleinhirn (BISSERU 1969; BURREN 1971; BURREN 1972; AKAO et al. 2003). Möglicherweise könnte dies an den unterschiedlichen Modellorganismen, wie z.B. den in vorherigen Studien verwendeten Wüstenrennmäuse, Ratten und Hamstern liegen, da der gewählte Modellorganismus einen großen Einfluss auf die Larvenwanderung ausübt.

Die bezüglich der Migration erhobenen Daten entsprechen den histopathologischen Ergebnissen insofern, als dass die meisten strukturellen Unterschiede in Großhirnen von T. canis-infizierten Mäusen nachgewiesen wurden, während diese bei T. cati-infizierten Mäusen hauptsächlich im Kleinhirn auftraten. Da das Kleinhirn komplexe

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motorische Funktionen kontrolliert, könnte die Präsenz von T. cati-Larven mit klinischen Folgeerscheinungen wie z. B. zunehmender Immobilität und Aufenthalt des Wirtes in offenen Umgebungen assoziiert werden, was die Prädation von infizierten paratenischen Wirten für den Endwirt erleichtert. Diese klinischen Folgeerscheinungen könnten ebenfalls bei T. canis-infizierten paratenischen Wirten eine Rolle spielen (OLSON u. ROSE 1966; HOLLAND u. COX 2001; HAMILTON et al.

2006; CHIEFFI et al. 2010).

Die vorliegende Untersuchung ergab weiterhin den Nachweis von T. canis- und T. cati-Larven in den Augen und dem Rückenmark der Wirtstiere, während in vorherigen Studien in den Augen infizierter Mäuse lediglich T. canis-Larven nachgewiesen wurden (BURREN 1971; PROKOPIC u. FIGALLOVÁ 1982). Die geringe Anzahl an okulären Larven lässt auf eine mäßige Eignung der B6-Mäuse als Modellorganismen für das Krankheitsbild der OLM schließen. Jedoch können die OLM und mögliche resultierenden Symptome nach Infektion nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Die Beteiligung des Rückenmarks wurde ebenfalls bei T. canis-infizierten Mäusen (BURREN 1971; OLSON u. PETTEWAY 1972) sowie Ratten, Wüstenrennmäusen und Hamstern beschrieben (BURREN 1972), jedoch liegen bislang keine Daten bezüglich der Parasitierung des Rückenmarks mit T. cati-Larven vor.

Trotz eines niedrigen prozentualen Anteils an T. cati-Larven im Gehirn konnten im Vergleich mit der T. canis-Infektion teils ähnliche absolute Larvenzahlen nachgewiesen werden. Demzufolge sollte das Risiko bezüglich einer T. cati-induzierten Neurotoxokarose nicht unterschätzt werden. So wurde an T. canis-infizierten Tieren gezeigt, dass die Schädigung des Gehirns nicht zwangsläufig mit der Larvenanzahl im Gehirn korreliert. Aus einer hohen Anzahl an Larven kann somit nicht auf den Schweregrad der Symptome geschlossen werden. Basierend auf diesen Beobachtungen wird angenommen, dass unerwünschte Immunreaktionen und nicht die migrierenden Larven für die Pathologie der Infektion verantwortlich sind (EPE et al. 1994). Auch werden indirekte Einwirkungen der Larven auf das umliegende Gewebe vermutet, da Läsionen hauptsächlich räumlich getrennt von den migrierenden Larven auftraten (AKAO et al. 2003). Somit könnten die niedrigen Wiederfindungsraten der T. cati-Larven augenscheinlich eine milde oder gar fehlende Schädigung im Gehirn implizieren, jedoch könnten die immunologischen Reaktionen

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des Wirtes eine deutliche pathologische Reaktion hervorrufen. Diese Vermutung wird von den im zweiten Teil der Arbeit erhobenen Transkriptionsdaten unterstützt, welche im Kleinhirn T. cati-infizierter Mäuse eine deutliche Immunantwort des Wirtes zeigen.