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4. Experimenteller Teil

4.1. Kultivierung einer Antikörper produzierenden Zelllinie und Adaption an serumfreie

4.1.1. Kultivierung in serumhaltigem Medium

Die Hybridom-Zelllinie IV F19.23 wurde im batch-Betrieb in serumhaltigem Medium kultiviert.

Das DMEM/Ham´s F12 (1:1) Medium, das für die Kultivierung dieser Zelllinie und für zahlreicher andere Tierzellen erfolgreich eingesetzt wird, enthält vor allem anorganische Salze, Aminosäuren, Vitamine und zahlreiche andere Bestandteile wie z. B. Fettsäuren, Peptide, Puffersubstanzen und Zuckerquellen. Basalmedien wie dieses benötigen allerdings noch einen Anteil von 10 bis 20 % Blutserum, wie z.B. Fötales Kälberserum (fetal calf serum; FCS). Der hohe Proteingehalt dieser Seren unterstützt das Proliferations- und Produktionsverhalten der Zellen in-vitro. Die Kultivierung der Hybridom-Zelllinie erfolgte in DMEM/Ham´s F12 (1:1) Medium mit einem bereits reduzierten Anteil von 5 % Pferdeserum (horse serum; HS).

Zellproliferation

Zunächst wurde das Proliferationsverhalten der Zelllinie untersucht. Drei Kultivierungen im batch-Betrieb wurden in 250 ml Spinnerflaschen mit einem Arbeitvolumen von jeweils 100 ml durch-geführt (siehe Anhang 6.4.4). Während der Kultivierung wurde einmal täglich eine Probe entnommen. Neben der Zellzahl und der Vitalität wurden die Glukose-, Laktat- und Glutamin-konzentrationen im Kulturüberstand ermittelt (Durchführung der jeweiligen Offline-Analytik siehe Anhang 6.4.6). Abbildung 4.1.1 stellt den typischen Verlauf einer durchgeführten Kultivierung dar.

Die Wachstumsphase der Zellen dauert ca. 70 h und endet bei einer maximale Lebend-Zellzahl von 2·106 Zellen/ml. Bis zum Eintritt in die stationäre Phase wurde eine Vitalität von mehr als 95 % beobachtet (Daten nicht gezeigt). Bis zu diesem Zeitpunkt haben die Zellen die Hälfte der anfänglichen 2,9 g/L Glukose verstoffwechselt. Gleichzeitig ist eine Zunahme der

Laktat-konzentration auf einen Wert von 0,6 g/L zu beobachten, der im weiteren Verlauf der Kultivierung aufgrund des geringen Glukoseverbrauchs konstant bleibt.

0,0E+00

Abbildung 4.1.1: Proliferation der Hybriom-Zelllinie IV F19.23 in serumhaltigen Medium (DMEM/Ham´s F12 (1:1) + 5 % Pferdeserum. x: Lebend-Zellzahl; Glk: Glukose; Lak: Laktat; Gln:

Glutamin, µ: spezifische Wachstumsgeschwindigkeit, qGlk: spezifische Glukoseverbrauchs-geschwindigkeit; qLak: spezifische LakatbildungsGlukoseverbrauchs-geschwindigkeit; qGln: spezifische Glutamin-verbrauchsgeschwindigkeit.

Glutamin ist ebenso wie Glukose Hauptenergielieferant. Durch den Katabolismus des Glutamins decken Säugetierzelllinien in Anwesenheit von Glukose 30 % bis 65 % ihres Energiebedarfs. [167, 168] Neben der Energiegewinnung dient Glutamin als Aminogruppendonor zur Biosynthese von Adenosin, Guanosin und Cytosin und gilt als limitierende Aminosäure in der Zellkultur. [169, 170]

Der auftretende Glutaminmangel nach einer Kultivierungsdauer von 70 h führt vermutlich zu einer

Limitierung der Zellproliferation und folglich zu einer geringen Abnahme in der Glukosekonzen-tration.

Die Verläufe der spezifischen Wachstums-, Substratverbrauchs- und Laktatbildungsgeschwin-digkeiten über den Kultivierungszeitraum sind in Abbildung 4.1.1 B dargestellt. Methoden zur Einschätzung der spezifischen Geschwindigkeiten sind dem Anhang 6.5.1 zu entnehmen.

Die maximale Wachstumsgeschwindigkeit µ in den ersten 24 h der Kultivierung ist vermutlich auf eine hohen Verbrauchsgeschwindigkeit von Glutamin (qGln) zurückzuführen, die im Laufe der Kultivierung ebenso wie die Wachstumsgeschwindigkeit abnimmt. Die Absterbephase der Zellen, in der durch den überwiegenden Zelltod negative Werte für µ erreicht werden, ist an dieser Stelle irrelevant und wurde aus der Analyse ausgeschlossen.

Die hohe Laktatbildung in den ersten 40 h der Kultivierung resultiert scheinbar aus einem anfänglich hohen Glutaminverbrauch und einem sich anschließenden hohen Glukoseverbrauch. In der Literatur ist beschrieben, dass bei Säugetierzelllinien bis zu 80 % der verbrauchten Glukose in Laktat umgewandelt werden und nur ein geringer Anteil des bei der Glykolyse entstehenden Pyruvates in den Citratzyklus übergeht. [171] Darüber hinaus ist bekannt, dass Glutamin auf insgesamt acht verschiedenen zum Teil mit einander verknüpften Stoffwechselwegen katabolisiert wird. Beim Abbau des Glutamins über den Zitratzyklus kann unter anderem Laktat entstehen, das sich im Kulturmedium anreichert. [172]

Die schnelle Akkumulation von Laktat könnte eine Ursache für das verlangsamte Wachstum sein.

Die Freisetzung anderer Metabolite, wie Ammonium, das durch eine Desaminierung von Glutamin entsteht (hier nicht gemessen), könnte ebenfalls dazu beitragen. [173, 174]

Produktionsverhalten

Im Folgenden wurde der Einfluss auf das Produktionsverhalten der Hybridom-Zellen genauer untersucht. Zunächst wurde eine qualitative Analyse der produzierten Antikörpers im Kulturmedium anhand einer SDS-Gelelektrophorese durchgeführt (Vorschrift siehe Anhang 6.4.7).

Um den Antikörper eindeutig zu identifizieren wurde zusätzlich ein Westernblot durchgeführt (Vorschrift siehe Anhang 6.4.8). Abbildung 4.1.2 zeigt das 12 %ige SDS-Gel und ein Bild den Westernblot der Kulturüberstände von Tag 2 bis Tag 7 und des reinen Kulturmediums. Deutlich auf dem Gel zu erkennen ist der insgesamt hohe Proteingehalt des Mediums (A), insbesondere der hohe Anteil an Serumalbumin bei ca. 66 kDa. Die leichten und schweren Ketten des Antikörpers sind bei 25 bzw. 50 kDa auf dem Westernblot sichtbar. Ein Konzentrationsanstieg des Antikörpers im Verlauf der Kultivierung ist deutlich zu sehen.

M 2 3 4 5 6 7 KM

Abbildung 4.1.2: 12 %iges SDS-Gel (A) und Westernblot (B) der Kulturüberstände einer batch-Kultivierung der Hybridom-Zelllinie in serumhaltigem Medium (Coomassie-Färbung). M: Protein Marker; (1-7): Kulturüberstände Tag 1 bis Tag 7; KM: Kulturmedium (DMEM/Ham´s F12 (1:1) + 5 % HS.

Die quantitative Bestimmung des extrazellulären IgG-Gehaltes erfolgte anhand eines spezifischen Maus IgG ELISA (Enzymelinked immunosorbent assay) der Firma Roche Diagnostics GmbH (Mannheim). Der Verlauf der IgG-Konzentration während der batch-Kultivierung ist in Abbildung 4.1.3 dargestellt.

Die Zunahme der IgG-Konzentration ist in den ersten 24 h gering und steigt anschließend bis zum Ende der Kultivierung an. Die in den drei batch-Kultivierungen nach einer Kultivierungsdauer von jeweils 140 h erzielte Endkonzentration lag zwischen 9 und 10 mg/l.

Die Produktivität einer Zellpopulation wird mit der spezifischen Produktionsgeschwindigkeit qP beschrieben. Dies erlaubt den Vergleich zwischen unterschiedlichen Kultivierungen. Die Berech-nungsgrundlage zur Einschätzung der Produktionsgeschwindigkeit ist dem Anhang 6.5.1 zu entnehmen. Die Vitalität der Zellen lag während der gesamten Wachstumsphase über 95 %. In diesem Zeitraum kann die zeitliche Änderung der IgG-Konzentration auf lebende Zellen zurück-geführt werden. Die Zunahme der IgG-Konzentration in der Absterbephase könnte auf die Sekretion noch lebender Zellen bei gleichzeitiger Freisetzung von IgG durch Zelllyse zurück-zuführen sein. Eine Auswertung der Produktivität ist in dieser Phase schwierig und wurde aus der Auswertung daher ausgeschlossen.

0,0E+00

Abbildung 4.1.3: IgG-Produktion in serumhaltigen Medium. x: Lebend-Zellzahl; µ: spezifische Wachstumsgeschwindigkeit; qP: spezifische IgG-Produktionsgeschwindigkeit.

Bei einer hohen Wachstumsgeschwindigkeit in den ersten 24 h ist die Produktionsgeschwindigkeit gering. Erst mit der Abnahme von µ steigt qP an und erreicht ein Maximum von ca. 0,06 mg IgG/

(h·109Zellen) zwischen 50 und 70 h. Mit dem Eintritt in die stationäre Phase nimmt die Pro-duktionsgeschwindigkeit ab. Diese Produktionskinetik der Zellen ist darauf zurückzuführen, dass langsam wachsende Zellen über mehr Energie zur Produktion verfügen als schnell wachsende Zellen. [175] Ein ähnliches Produktionsverhalten wurde für unterschiedliche Hybridom-Zellen im batch- sowie in kontinuierlichen Kultivierungen beschrieben. [176-179]