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Konzeptionelle Relevanz der Ziele und Interventions- Interventions-bereiche des FPA

7 Der FPA aus systemischer Perspektive

2.2 Konzeptionelle Relevanz der Ziele und Interventions- Interventions-bereiche des FPA

2.2.1 Armutsbegriff und Armutsbekämpfung als internatio-nales Ziel

Der FPA orientiert sich mit seinem Oberziel „Beitrag zur Armutsbekämp-fung“ an einem in ternational anerkannten entwicklungspolitischen Ziel.

Armut ist ein komplexes Phänomen, das über Einkommensarmut hinaus-geht. In der entwicklungspolitischen Diskussion hat der fünfdimensionale Armutsbegriff von Amartya Sen (capability approach) weite Verbreitung erlangt (Übersicht 2.2). Er wird hier zugrunde gelegt. Die fünf Dimensionen bedingen und verstärken sich teilweise.

Übersicht 2.2: Armutsbegriff nach Amartya Sen

Dimensionen menschlichen Wohlergehens (capabilities bzw. freedoms):

• Menschenrechte und politische Partizipationschancen (political capabilities, political freedoms)

• Fähigkeit, ein Einkommen zu erzielen (economic capabilities, economic facilities)

• Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung, sauberem Wasser, ausreichender Ernährung und angemessenem Wohnraum (human capabilities, social oppor-tunities)

• Möglichkeit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben (socio-cultural capabil-ities, transparency guarantees)

• Fähigkeit, auf ökonomische und andere Schocks zu reagieren (protective capabilities, protective security)

Quelle: Sen (1999, 38)

Die internationale Gemeinschaft hat Armutsbekämpfung in der niumserklärung der UN von 2000 und darauf aufbauend in den Millen-niumsentwicklungszielen (MDGs) als zentrale entwicklungspolitische Aufgabe anerkannt und in den folgenden Jahren mehrfach bestätigt. Der Mehrdimensionalität von Armut wird dadurch Rechnung getragen, dass nicht nur MDG 1 (Halbierung des Anteils der in extremer Armut lebenden und Hunger leidenden Menschen bis 2015), sondern auch andere MDGs armutsrelevant sind. Armutsbekämpfung wurde in der Folge von vielen In-dustrie- und Entwicklungsländern in entwicklungspolitische Konzepte und Armutsbekämpfungsstrategien übersetzt, in Deutschland insbesondere in das „Aktionsprogramm 2015. Der Beitrag der Bundesregierung zur welt-weiten Halbierung extremer Armut“ (BMZ 2001).

2.2.2 Armutsbekämpfung und gute Regierungsführung auf lokaler Ebene

Das erste Projektziel des FPA „Verbesserung der Entwicklungsplanung, der Lokalverwaltung und der Bürgerbeteiligung“ lässt sich konzeptionell als Förderung guter Regierungsführung (good governance) auf lokaler Ebene unter Einschluss der politischen Partizipation der Bevöl kerung verstehen. In diesem Sinne wird der Begriff im Folgenden gebraucht.

Gute Regierungsführung und Armutsbekämpfung

Die UN-Millenniumserklärung bezeichnet good governance ausdrücklich als eine Voraussetzung nachhaltiger Armutsbekämpfung (UN 2000, Ziff.

13). Es gibt international keine einheitliche Definition von good governance.

In der entwicklungspolitischen Diskussion besteht jedoch Einigkeit, dass er folgende Aspekte einschließt: Schutz der Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Leistungsfähigkeit und Transparenz des Staates sowie entwicklungs- bzw. armutsorientierte und nachhaltige Politikgestaltung.14 So definierte gute Regierungsführung ist sowohl Voraussetzung als auch Ziel von Entwicklung.

Der Zusammenhang zwischen guter Regierungsführung und Armutsbe-kämpfung ergibt sich zum einen aus dem umfassenden Armutsbegriff, der den Schutz der Menschenrechte sowie politische Partizipationschancen ex-plizit einschließt. Zum anderen bedarf es für nachhaltige Armutsbekämp-fung eines leistungsfähigen staatlichen Handelns, das sich am umfassenden Armutsbegriff orientiert. Governance-Reformen spielen daher im Rahmen von Armutsbekämpfungsstrategien häufig eine wichtige Rolle.

Gute Regierungsführung auf lokaler Ebene und Armutsbekämpfung Armutsbekämpfung, die die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und so-ziokulturellen Fähigkeiten der Menschen erweitern will, erfordert gute Re-gierungsführung auch auf lokaler Ebene sowie die Beteiligung der armen Bevölkerung an der Erarbeitung und Umsetzung entsprechender Strategien als Ziel und als Voraussetzung. Armutsbekämpfung erfolgt zu einem gro-ßen Teil zielgruppennah (z. B. bei der sozialen Grundversorgung), sodass es leistungsfähiger staatlicher Strukturen und politischer Beteiligungsmög-lichkeiten auf lokaler Ebene bedarf. Wo sie fehlen, sind Dezentralisierung und Stärkung lokaler Selbstverwaltung notwendig.

Dezentralisierung bedeutet die Übertragung von Aufgaben, Zuständigkei-ten, Ressourcen und Entscheidungsbefugnissen auf die regionale Ebene (z. B. Provinzen, Distrikte) und die lokale Ebene (z. B. Städte, Gemeinden).

Sie geht über administrative Dezentralisierung, d. h. die Delegation von Auf-gaben auf nachgelagerte Ebenen (Dekonzentration), hinaus und schließt

fis-14 BMZ (2009, 7). Zusätzlich wird kooperatives Verhalten in der Staatengemeinschaft ge-nannt.

kalische Dezentralisierung, d. h. die Übertragung von Kompetenzen in der Einnahmen- und Ausgabenpolitik, sowie die Übertragung politischer Legi-timation auf die dezentrale Ebene ein. Die Beteiligung der Bevölkerung soll nicht nur ihre Eigenverantwortung stärken, sondern auch die Transparenz des staatlichen Handelns und die Verantwortlichkeit der Entscheidungsträ-ger gegenüber der Bevölkerung verbessern. Im Zuge von Dezentralisierung können öffentliche Aufgaben auch auf nichtstaatliche Träger (Privatwirt-schaft, Zivilgesellschaft) übertragen werden (BMZ 2002, 8). Armutsmin-dernd ist Dezentralisierung allerdings nicht per se, sondern nur dann, wenn sie eingebettet ist in Strategien der Armutsbekämpfung.

2.2.3 Armutsbekämpfung und Trinkwasserversorgung/

Abwasserentsorgung

Mit Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung reagiert der FPA auf ein zentrales Armutsproblem. In vielen Entwicklungsländern ist quantitativ und qualitativ unzureichende Trinkwasserversorgung eine wichtige Dimen-sion und zugleich ein Verstärker von Armut. Häufig geht sie einher mit man-gelhafter Abwasserentsorgung. Folgen sind Krankheiten und die Erhöhung der Kinder- und Müttersterblichkeit. Laut Weltgesundheitsorganisation sind 80 % aller Krankheiten in Entwicklungsländern auf mangelhafte Wasser- und sanitäre Basisversorgung sowie fehlende Hygieneerziehung zurückzu-führen (BMZ 2006b, 5). Muss sauberes Wasser über große Distanzen geholt werden, bindet dies zeitliche Ressourcen, die sonst für einkommensschaf-fende Tätigkeiten und den Schulbesuch genutzt werden könnten, und be-deutet zuweilen auch ein Sicherheitsrisiko.

Adäquate Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung sind daher zen-trale Elemente von Armutsbekämpfung und finden sich entsprechend pro-minent in der MDG-Agenda wieder. Bis zum Jahr 2015 soll die Anzahl der Menschen, die keinen nachhaltigen Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu Abwasserentsorgung haben, halbiert werden (MDG 7, Teilziel 10).

Die Verbesserung der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung gilt dabei als wichtige Voraussetzung für die Erreichung anderer MDGs, insbe-sondere MDG 4 und 5 (Senkung der Kinder- und Müttersterblichkeit) und MDG 2 (Verwirklichung der Primarschulbildung für alle Kinder).

2.2.4 Armutsbekämpfung und kleinbäuerliche Bewässerung

Das dritte Projektziel des FPA ist ebenfalls armutsrelevant. Armut ist in kleinbäuerlich geprägten Gebieten oft besonders hoch. Eine wichtige Ur-sache ist die Unterversorgung mit landwirtschaftlich nutzbarem Boden und Bewässerungswasser. Dies begrenzt die landwirtschaftliche Produktivität und damit die Ernährungssicherung und Einkommensbildung. Unter sol-chen Bedingungen kann die Bereitstellung von Bewässerungswasser einen wichtigen Beitrag zur Armutsbekämpfung und zur Erreichung des MDG 1 leisten.

Um kleinbäuerliche Bewässerung armutsrelevant zu gestalten, gilt es, die lokalen Bedingungen und Bedürfnisse zu berücksichtigen, die Zielgrup-pen in die Maßnahmen einzubeziehen und den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Wasser sicherzustellen, wie es das international anerkannte Konzept des Integrierten Wasserressourcenmanagements fordert. Im vor-liegenden Kontext bedeutet es, die ländliche Bevölkerung bei einer sozial, ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Bewirtschaftung ihrer Wasserres-sourcen zu unterstützen. Dazu können institutionelle Reformen des Wasser- und Bewässerungssektors notwendig sein. Wichtig sind die Unterstützung effizienzsteigernder Maßnahmen, die Rehabilitierung bestehender Bewäs-serungssysteme, die Förderung nutzerbetriebener Kleinbewässerungsanla-gen und der Einsatz angepasster Technologien (BMZ 2006c, 16).

2.3 Relevanz der Ziele und Interventionsbereiche des FPA