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FPA und Gegenwertfonds als Parallelstrukturen?

Abwasserentsorgung 6.3.1 Relevanz der Projekte

7.2 FPA und Gegenwertfonds als Parallelstrukturen?

Die Frage der Parallelstruktur hat ein besonderes Gewicht, weil sie eng mit der Frage der Nachhaltigkeit zusammenhängt und weil sich die Geber in der Paris-Erklärung zur Wirksamkeit der EZ von 2005 im Kapitel alignment

37 Demgegenüber wird die Eingliederung in die deutsche EZ-Strategie anerkannt (Hoch-huth 2006, 10). Dies trifft auch zu. Wie in Kap. 1.2 erwähnt, war es eine Vorgabe für den FPA, dass er sich in die drei Schwerpunktbereiche der deutsch-peruanischen EZ einord-net. Bei der Projektdurchführung gab es verschiedene Kooperationen mit Organisatio-nen der deutschen EZ: im Bereich Regierungsführung und Bürgerbeteiligung mit GTZ, InWEnt, DED, Hanns-Seidel-Stiftung, CIM, im Bereich Trinkwasserversorgung/Abwas-serentsorgung mit GTZ-PROAGUA (Blum 2006, 8; 2007, 8).

ausdrücklich dazu verpflichtet haben, Parallelstrukturen (parallel project implementation units, PIUs) zu vermeiden und stattdessen die Systeme der Partnerländer zu nutzen (Indikator 6 der Paris-Erklärung). Es ist zwar rich-tig, dass die 2007 in Peru existierenden Gegenwertfonds mit einer Ausnah-me vor der Verabschiedung der Paris-Erklärung gegründet worden waren;

allerdings wurden in mehreren Fällen auch nach 2005 weitere Gegenwert-mittel aus neuen Schuldenumwandlungen in die Fonds eingestellt. Insofern ist die Paris-Erklärung schon ein zu berücksichtigender Referenzrahmen.

Ein näherer Blick auf den FPA und die anderen bilateralen Gegenwert-fonds in Peru zeigt, dass sie im Sinne der Paris-Erklärung keine PIUs in Reinkultur sind (Übersicht 7.2), da sie nicht allein den Gebern unterste-hen. Die Aufsichtsorgane sind binational mit Vertretern Perus und des Gebers besetzt. Den Vorsitz führt im FPA und in einigen anderen Fonds das peruanische Wirtschafts- und Finanzministerium (MEF). Überdies ist die Leitung des FPA und einiger anderer Fonds ebenfalls binational mit zwei Kodirektoren besetzt. Im Falle des FPA wurde das Personal auch nicht von deutscher Seite, sondern von der paritätischen Leitung eingestellt.38 Schließlich ist die peruanische Zivilgesellschaft in den Aufsichtsorganen des FPA und einiger anderer Fonds vertreten. Es handelt sich also nicht um reine Geberagenturen.

Übersicht 7.2: Definition der parallel project implementation units (PIUs)

• „(…) ‚parallel‘ refers to having been created outside existing country institu-tional structures.“

• „They are accountable to the external funding agencies rather than to the coun-try implementing agencies (ministries, departments, agencies, etc.).“

• „Most of the professional staff are appointed by the donor.“

• „The salary of PIU personnel often exceeds that of civil-service personnel.“

Quelle: OECD (2007, 26)

Umgekehrt gilt allerdings auch, dass die Gegenwertfonds keine rein perua-nischen Fonds sind, weil die Geber in ihren Aufsichtsorganen und z.T. auch Leitungsstrukturen vertreten sind. Und grundsätzlich bleibt festzustellen,

38 Dieser Aspekt wurde für die anderen Gegenwertfonds nicht geprüft. Auch die Frage der Gehaltsniveaus der Fonds im Vergleich zu peruanischen Fonds bleibt hier ausgeklammert.

dass der FPA und die anderen Gegenwertfonds eigene Einrichtungen ne-ben den in Peru existierenden Fonds und Programmen darstellen. Dass die Bildung von Gegenwertmitteln nicht automatisch separate institutionelle Strukturen verlangt, lässt sich daraus ersehen, dass die Gegenwertmittel aus den deutsch-peruanischen Schuldenumwandlungen im Zeitraum 1997–

2005 wie erwähnt in neun von zehn Fällen in bestehende peruanische Fonds und Programme eingestellt wurden. Die Frage ist daher, wie der Verzicht auf die Kanalisierung der Gegenwertmittel über peruanische Strukturen zu bewerten ist. Hier vertreten das peruanische Wirtschafts- und Finanzminis-terium (MEF) und die Zivilgesellschaft eine eindeutige Position.

Das MEF räumt offen ein,39 dass der FPA eine Parallelstruktur außerhalb des nationalen Haushaltes, nationaler Strukturen (Fonds) und nationaler Verfahren (Sistema Nacional de Inversión Pública, SNIP)40 darstellt, sieht darin aber nicht nur kein Problem, sondern im Gegenteil einen Vorteil, weil das bisherige Erfolgsgeheimnis des FPA gerade in dieser Parallelität bestan-den habe. (i) Würbestan-den die Gegenwertmittel durch bestan-den nationalen Haushalt geleitet, würden der Politisierung Tür und Tor geöffnet. (ii) Nationale Fonds seien extrem bürokratisch, langwierig41 und korruptionsanfällig. (iii) Der FPA könne, da nicht dem SNIP unterworfen, sehr viel schneller arbeiten als nationale Fonds. (iv) Die strukturelle Reform nationaler Strukturen und Verfahren hin zu deutlich verbesserter Effizienz und Wirksamkeit dauere eine Generation. So lange wolle man nicht warten, wenn es um direkte Ar-mutsbekämpfung gehe und über den Mechanismus Schuldenumwandlung – Gegenwertmittel die Chance bestehe, einen bilateralen Fonds zu schaf-fen, der mit einem schlanken Apparat außerhalb nationaler Strukturen und Verfahren und unter Beteiligung des externen Gebers (hier Deutschland) sowie der peruanischen Zivilgesellschaft im Aufsichtsorgan (die beide das Korruptionsrisiko verringerten) effizient und wirksam arbeitet. Auch

39 Interview mit der für den FPA zuständigen Abteilungsleiterin des MEF und Vorsitzenden des Comité Tri partito am 24.2.2009.

40 Der FPA orientiert sich nach eigenen Aussagen am SNIP, übernimmt es jedoch nicht voll-ständig, um angesichts der Kleinheit der Projekte mehr Flexibilität bei der Vorbereitung und Durchführung zu haben.

41 Als ein Beleg dafür wurde der nationale Fondo de Cooperación para el Desarrollo Social (FONCODES) genannt, der 2003 mit der Durchführung eines Programms zur Gemein-deförderung beauftragt worden war, das u. a. mit Gegenwertmitteln aus einer früheren Schuldenumwandlung durch Deutschland finanziert wird. Die tatsächliche Durchführung begann erst im Dezember 2008.

die Zivilgesellschaft in Gestalt der peruanischen Entschuldungskampagne (Red Jubileo Perú) setzt sich für Schuldenumwandlungen mit der Bildung von Gegenwertmitteln ein, wenn verschiedene Kriterien erfüllt sind, u. a.

wenn die Mittel nicht (!) in den nationalen Haushalt fließen (Angst vor Politisierung).42

Die peruanischen Partner wollen also im Interesse von Effizienz und ra-scher Wirksamkeit keine Integration in nationale Strukturen und Verfahren, denen sie misstrauen, sondern eine institutionelle Parallelität, die den Ver-tretern der peruanischen Regierung und Zivilgesellschaft gleichwohl die Mitbestimmung sichert. Dies ist kurz- und mittelfristig zwar eine nachvoll-ziehbare Lösung, wenn die nationalen Strukturen und Verfahren tatsächlich auf Grund von Politisierung und Korruptionsanfälligkeit so wenig effizient und wirksam sind wie behauptet. Längerfristig betrachtet ist diese Position jedoch problematisch, einmal für Peru, das an leistungsfähigen nationalen Entwicklungsinstitutionen interessiert sein müsste, zum anderen für die Ge-ber, die sich spätestens seit der Paris-Erklärung dazu bekannt haben, mit ihrer EZ die Strukturen der Partner zu nutzen und zu stärken, anstatt eigene Strukturen zu schaffen.

Die Geber und auch die peruanische Seite könnten einwenden, dass die bilateralen Gegenwertfonds die falschen Objekte für Forderungen nach nachhaltiger Stärkung der Partnerstrukturen seien, weil sie auf Grund ihrer Zweckbestimmung ohnehin nur Einrichtungen auf Zeit sind. Nach dieser Logik wäre es richtig, die möglichst hohe Effizienz und Wirksamkeit der Fonds während ihrer begrenzten Laufzeit in den Vordergrund zu stellen.

Eine solche Argumentation ist jedoch nur teilweise richtig. Wichtig in die-sem Zusammenhang ist nämlich die Frage der Nachhaltigkeit der Fonds, die sich nicht nur auf ihre eigene Lebensdauer, sondern auch auf ihre struktu-rellen Wirkungen bezieht.