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Stand der Technik der Modellbildung 4

6.3 Kommerzielle Pouchzelle

In diesem Abschnitt wird die Übertragbarkeit des zuvor vorgestellten Modellansatzes auf eine kommerzielle Pouchzelle diskutiert. Dafür wird dieselbe Zelle (Enertech 40 Ah) verwen-det, die bei der Analyse der thermischen Randbedingungen in Kapitel 6.2 behandelt wurde.

Zuerst wird das Modell kurz beschrieben, anschließend wird die Parametrierung sowie die Gegenüberstellung von Simulation und Messung diskutiert.

6.3.1 Modellbeschreibung

Auf diese Zelle wird der MuDiMod-Ansatz appliziert, wobei ein zweidimensionales sches Modell verwendet wird. Dem zugrunde liegt die Annahme, dass nur geringe thermi-sche Gradienten durch den Zellstapel auftreten. Die geringe Dicke der Zelle von 9 mm stützt diese These, wie in Kapitel 5.6.2.2 dargestellt. Es werdenk = m = 54 Diskretisierungsstufen für die Stromableiterdomäne gewählt. Der Falz und die Kupferschienen werden im thermi-schen Modell beachtet, das elektrochemische und elektrische Modell beinhalten nur den Zell-stapel. Der Wärmefluss an den Tabs wird im Modell betrachtet und dient der Abstimmung an die Messung.

Die Ruhespannungskennlinien des Modells wurden aus der Literatur gewählt [35, 136]. Die geometrischen Abmessungen der Elektroden sowie deren Anzahl und Schichtdicke konnten aus Messungen erhoben werden. Die Elektrolytparameter werden aus der Literatur entnom-men [40]. Die Porositäten und Tortuositäten basieren auf Annahentnom-men. Die Reaktionsratenkon-stanten sowie die DiffusionskonReaktionsratenkon-stanten der Aktivmaterialien wurden anhand vorhergehen-der Messungen an vorhergehen-der Vollzelle abgeschätzt. Tabelle D.1 gibt den Überblick vorhergehen-der Parameter.

Weitere Details zum Modell sowie zu den Parametern sind in den Referenzen [213, 214] zu finden.

6.3.2 Vergleich von Simulation und Messung

Die zuvor verwendete Zelle wird verschiedenen Belastungsmustern unterzogen, wobei als Messumgebung der Thermoprüfstand dient. Somit sind alle Daten auf entweder 25C oder 40C bei einem definierten Luftstrom von 1 m s1 bezogen. Die Zelltabs werden mit einem Drehmoment von 10 N m an den Kupferschienen befestigt. Bei diesem Drehmoment reduziert sich der Kontaktwiderstand auf ein Minimum, sodass eine ideale Wärmebrücke zur Umge-bung vorliegt. Dementsprechend treten auch nicht die Wärmespots auf, wie sie in Kapitel 6.2.3 gezeigt wurden.

Die korrespondierenden Daten, aufgenommen mit der IR-Kamera, sind bereits in Diagramm 6.10 (0H, oberste Bildlinie) enthalten. Es zeigt sich, dass kein wesentlicher Gradient zwischen positivem und negativem Tab auftritt, ferner sind die Temperaturgradienten im Bereich des Zellstapels gering. Im Rahmen einer Masterarbeit [214] wurde eine zusätzliche Messreihe mit acht PT100-Sensoren vollzogen, die oberflächlich angebracht wurden. Um den Temperatur-verlauf zwischen Simulation und Messung exakt vergleichen zu können, werden daraus zwei charakteristische Punkte herangezogen. Einer der beiden liegt nah am Tab, der andere in der Mitte der Zelle.

Abbildung 6.12 zeigt die entsprechenden Temperaturverläufe an zwei Punkten der Zelle für die Entladeraten 1C, 2C und 4C. Hier zeigt sich, dass das Modell in der Lage ist, den charak-teristischen Temperaturverlauf der Zelle nachzubilden. Nichtsdestotrotz treten insbesondere bei 2C Abweichungen am Auswertepunkt (◦) auf, wobei die Simulation eine höhere Tempe-ratur ausgibt. Bei 4C ist eine ähnliche Tendenz bemerkbar, wobei dort die Abweichung nicht so stark ausgeprägt ist. Die Temperatur der unteren Zellmitte () wird stets präzise vom Mo-dell wiedergegeben. Ausreichend gut ist die generelle Charakteristik des Temperaturverlaufs abgebildet, die bei niedriger C-Rate eine höhere Welligkeit aufweist. Das lässt sich durch die quadratische Abhängigkeit der irreversiblen Verluste zur Gesamtstromrate erklären.

In Abbildung 6.13 sind die Potenziale der Enertech-Zelle für 25C und 40C dargestellt. Ge-nerell ist das Modell in der Lage, die Spannungsverläufe über einen großen Temperatur- und Zeitbereich präzise darzustellen. Nur im ersten Bereich der Entladung zeigt sich eine Abwei-chung von Messung und Simulation, die scheinbar systematischen Ursprung hat, da sie bei allen Verläufen nahezu identisch zu beobachten ist. Diese Abweichung geht mit hoher Wahr-scheinlichkeit auf die Verwendung von Literaturdaten hinsichtlich der Ruhepotenziale zu-rück. Diese Zelle ist nach Herstellerangaben ein Blend aus NMC und LMO. Die Vermutung liegt nahe, dass der LMO-Anteil dieses Blends die charakteristische Ausprägung im hohen Ladezustand der Zelle begründet. Die verwendete Ruhespannungskennlinie stellt aber ei-ne NMC-Elektrode dar. Zur Veranschaulichung ist im Anhang der Abgleich von gemesseei-ner und simulierter Ruhespannungskennlinie zu sehen (siehe Abbildung D.1). Diese offenbart die charakteristische Abweichung, bedingt durch die verwendeten Profile.

Der Modellansatz zeigt sich als valide und anpassungsfähig an unbekannte, kommerziel-le Zelkommerziel-len, sofern ein Mindestmaß an Parametern vorhanden ist. Dazu zähkommerziel-len die geometri-schen Abmessungen der Elektroden und deren Schichtdicken bzw. Anzahl der Lagen. Idea-lerweise liegen Halbzellmessungen der Ruhespannungspotenziale vor, sodass systematische Fehler im elektrischen Zellverhalten minimiert werden können. Je nach Anwendungsfall ei-nes solchen Modells, kann allerdings ein Fehler dieses Ausmaßes als vernachlässigbar cha-rakterisiert werden, da zumeist Designanalysen oder die Modellierung lokaler Effekte im

T/ C

t/ s 25

26 27 28 29 30

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000

25 27 29 31 33 35 37

0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000

25 30 35 40 45 50

0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 T/ CT/ C

1C

2C

4C

Abbildung 6.12– Vergleich von Messung (,) und Simulation (—) der Temperatur der Enertech-Zelle für die Entladeraten 1C, 2C und 4C bei 25C Umgebungstemperatur sowie 1 m s−1 Luftge-schwindigkeit.

3,2 3,4 3,6 3,8 4 4,2

U/V

t/ s 3

3,2 3,4 3,6 3,8 4

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000

U/V

25C

40C 1C 4C 2C

Abbildung 6.13– Vergleich von Messung () und Simulation (—) der Zellspannung der Enertech-Zelle für die Entladeraten 1C, 2C und 4C bei 25C und 40C Umgebungstemperatur sowie 1 m s−1Luftgeschwindigkeit.

Vordergrund stehen, nicht aber die präzise Auflösung im Hinblick auf Zelldiagnose und -überwachung. Gänzlich unbekannt verbleiben die Informationen innerhalb der Zelle, da nur die Zellspannung am Terminal als Messgröße verwendet wird.

Kernaussagen zur Modellvalidierung an kommerziellen Zellen

Das Modell kann Zellspannung und Oberflächentemperatur präzise nachbilden, obwohl viele interne Parameter (OCV) aus der Literatur entnommen wurden.

Der Einfluss der Umgebungstemperatur wird ebenfalls adäquat abgebildet, das geht auf die kontrollier-ten thermischen Randbedingungen zurück.

Ein systematischer Fehler verbleibt, bedingt durch die OCV. Es leitet sich ab, dass zumindest Halbzell-messungen für eine präzise Nachbildung unerlässlich sind.

Ferner sind geometrische Parameter wie die Elektrodendicken und -abmessungen unerlässlich bei der adäquaten Modellierung von kommerziellen Zellen.

Die Information über die interne Stromdichteverteilung kann nur simulativ abgebildet werden.