Beschwerden
Bei 96 (62,7%) Patienten unter 60 Jahren ver
schwand die Dyspnoe unter Therapie und le
diglich bei einem (0,9%) von 117 vorher be
schwerdefreien Patienten trat unter Sotalol eine Dyspnoe neu auf. In der Altersgruppe über 60 Jahren verschwand unter der Therapie die Dys
pnoe bei 45 (60%) Patienten und trat bei kei
nem Patienten neu auf. Die älteren Patienten sprachen bezüglich des Parameters Dyspnoe besser auf das Medikament an als die jüngeren (p < 0,05) (Tab. VI).
Bei 100 (75,8%) Patienten verschwand unter Sotalol das Symptom Schwindel und bei sieben (3,4%) Patienten trat es neu auf. Hinsichtlich dieses Parameters zeigten die beiden Unter
gruppen keinen signifikanten Unterschied (Tab. IV).
In der Altersgruppe unter 60 Jahren ver
schwand unter Therapie bei 17 (85%) Patien
ten eine Synkope und trat bei keinem Patienten neu auf. In der Altersgruppe mit mindestens 60 Jahren verschwand sie bei 22 (88%) Patienten und bei einem Patienten trat eine Synkope neu auf. Es ergab sich kein signifikanter Gruppen
unterschied (Tab. TV).
Bei 92 (82,1%) Patienten konnten unter So
talol paroxysmale Tachykardien zum Ver
schwinden gebracht werden, und bei 3 (1,3%) traten sie neu auf. Die Altersgruppen unter
schieden sich nicht signifikant voneinander (Tab. IV).
Wöchentlicher Nitratverbrauch
In beiden Gruppen ging der Nitratverbrauch statistisch signifikant zurück. So wurde die wö
chentliche Anwendungshäufigkeit in der Al
tersgruppe unter 60 Jahren von im Mittel 5,0 Anwendungen auf 1,7 und in der Gruppe der mindestens 60jährigen von 6,3 auf 2,2 Anwen
dungen gesenkt. Zwischen den Gruppen be
stand kein signifikanter Unterschied (Tab. V).
An gina-pectoris-An lalle
Die mittlere Anzahl der wöchentlichen Angina- pectoris-Anfälle konnte unter der Therapie mit Sotalol für beide Altersgruppen signifikant re
duziert werden. Ein Gruppenunterschied be
stand weder vor noch unter Sotalol. Eine Re
duzierung der Anfallshäufigkeit trat bei 160 (83,8%) der jüngeren und bei 117 (80,7%) der älteren Patienten ein. Der Unterschied war nicht signifikant. Während in der jüngeren Al
tersgruppe bei fünf (2,6%) Patienten die An
fallshäufigkeit zunahm, wurde eine Ver
schlechterung bei keinem der älteren Patienten beobachtet.
Zusammenfassend ging damit in beiden Al
tersgruppen die Häufigkeit der untersuchten Beschwerden durch die Behandlung mit Sota
lol signifikant (p < 0,01) zurück.
Belastungstoleranz
In der Gruppe unter 60 Jahren konnte die mitt
lere Belastungstoleranz von 553,3 Wattminu
ten auf 621,3 Wattminuten, und in der Gruppe mit mindestens 60 Jahren von 429,9 Wattmi
nuten auf 482,2 Wattminuten gesteigert wer
den. In beiden Gruppen ist der Anstieg signifi
kant. Im Mittel konnte die Belastungstoleranz der jüngeren Gruppe um 69,1 (28,4%) Wattmi
nuten und in der älteren Gruppe um 50,4 (21,2%) Wattminuten erhöht werden. Zwischen den beiden Gruppen konnte kein signifikanter Unterschied festgestellt werden (Tab. V). Auf
grund des Studiendesigns kann auf eine unter
schiedliche Wirksamkeit der einzelnen Dosie
rungen nicht geschlossen werden.
Herzfrequenz
Ohne Berücksichtigung der verschiedenen Aus
gangswerte wurde die Herzfrequenz im Mittel Beschwerden Anzahl der Patienten (%)
vor Therapie unter Therapie
< 60 Jahre > 60 Jahre < 60 Jahre > 60 Jahre
paroxysmale Tachykardie 30,7 36,6 6,3 7.3
Dyspnoe 39,1 53,8** 16,1 18,6*
Schwindel 37,5 41,4 9,4 14,5
Synkopen 10,4 17,2 1.6 2.8
Unterschied in der Reduktion der Beschwerden unter Sotalol zwischen den Altersgruppen: * p < 0,001 Signifikanz des Altersgruppenunterschieds; ** p < 0,01
Tabelle IV: Beschwerden vor und unter Therapie mit Sotalol
Therapeutische Erfahrungen
in der jüngeren Gruppe um 20,5 und in der älteren um 16,2 Schläge/min gesenkt. Der Un
terschied war statistisch signifikant (p < 0,1).
Die prozentuale Reduktion der Herzfrequenz betrug in der jüngeren Gruppe 15% und in der älteren Gruppe 16,6%. Der Unterschied war nicht signifikant (Tab. V).
Nebenwirkungen
An Nebenwirkungen unter der Therapie mit Sotalol zeigte sich lediglich ein Fall von erst
mals diagnostizierten Herzrhythmusstörungen (VES -t- Arrhythmia absoluta) und ein Patient klagte zwischenzeitlich über asthmoide Be
schwerden.
Blutdruck
ln beiden Gruppen wurde durch die Behand
lung mit Sotalol sowohl der systolische als auch der diastolische Blutdruck um etwa 17,5 mm Hg bzw. 6 mm Hg gesenkt (p < 0,001) (Tab. V).
Druck-Frequenz-Produkt
ln der Gruppe der Patienten unter 60 Jahren wurde das Druck-Frequenz-Produkt um 23%
und in der Gruppe der älteren im Mittel um 23,7% signifikant gesenkt. Zwischen den bei
den Gruppen ergab sich kein signifikanter Un
terschied (Tab. V).
ST-Strecken-Senkung
In der Gruppe der jüngeren und der älteren Patienten wurde durch Sotalol die ST-Strecken- Senkung um 0,9 bzw. um 0,8 mm reduziert.
Der Unterschied war nicht signifikant (Tab. V).
Plasmaspiegel
In der Gruppe der jüngeren Patienten betrug der Plasmaspiegel 0,684 ± 0,648 (MW ± SD), die älteren Patienten wiesen im Mittel einen Plasmaspiegel von 0,720 ± 0,537 auf, ohne daß der Unterschied signifikant war.
Diskussion
Die Angina pectoris ist überwiegend Folge ei
ner myokardialen regionalen Minderdurchblu
tung und Ausdruck einer koronaren Herzer
krankung. Aber nicht jede koronare Herzer
krankung macht sich durch pektanginöse Be
schwerden bemerkbar. Diese sogenannte atypische Angina pectoris und asymptomati
sche Angina pectoris (überwiegend Prinzme- tal-Angina und die sogenannte »Stumme Isch
ämie«) konnten bei dieser Untersuchung nicht berücksichtigt werden. Die in diese Studie ein
zuschließenden Patienten sollten vielmehr alle eine typische Belastungs-Angina-pectoris-Sym- ptomatik haben, das heißt, eine stabile Angina pectoris sollte vorliegen. Diese stabile Angina pectoris wurde folgendermaßen definiert: die Schmerzanfälle treten nur bei körperlicher An
strengung auf und der Charakter der Anfälle ist seit Monaten konstant.
Offene, nicht kontrollierte Studien, die in der Praxis des niedergelassenen Kollegen durchge
führt werden, beinhalten häufig die Unsicher
heit, ob die Patienten auch wirklich bei Studi
eneinschluß die definierten Einschluß- und
Systolischer wie diastoli
scher Blut
druck wurden zuverlässig ge
senkt
Parameter vor Therapie unter Therapie
< 60 Jahre > 60 Jahre < 60 Jahre > 60 Jahre
Belastungstoleranz 553,3 429,9 621,3 482,2
(Wattminuten) ± 307,2 ± 213,6 ± 295,4 ± 211,6
Herzfrequenz bei max. 130,9 117,0 111,0 103,7
mögl. Belast, (min“^) ± 21,3 ± 23,4 ± 21,0 ± 20,3
RR sys. bei max. mögl. 192,7 190,8 176,1 176,6
Belastung (mm Hg) ± 30,6 ± 31,1 ± 24,6 ± 27,2
RR diast. bei max. mögl. 101,9 100,7 96,0 95,3
Belastung (mm Hg) ± 15,0 ± 17,0 ± 13,4 ± 13,8
RR sys. X Herzfrequenz 25 371 22 727 19 697 18 685
bei max. Belastung ± 6131 ± 7065 ± 5307 ± 5844
AP-Anfälle pro Woche 5,0 5,0 1.7 1,7
± 4,4 ± 4,7 ± 2,6 ± 2,8
ST-Strecken-Senkung 2,2 2,3 1.5 1.6
bei max. Belast, (mm) ± 1,0 ± 1.2 ± 0,6 ± 0,9
Nitratverbrauch pro Woche 5,0 6.3 1.7 2.2
± 5,5 ± 6,8 ± 2,9 ± 3,8
Mittelwerte ± SD.
Tabelle V: Klinische Parameter vor und unter Therapie mit Sotalol
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Therapeutische ErfahrungenBeta-Blocker bei KHK sind positiv zu be
werten: sie bessern die An
gina pectoris und senken den Blutdruck
Ausschlußkriterien aufweisen. Eine koronare Gefäßobstruktion bzw. myokardiale Isch
ämieareale können mit größter Aussagegenau
igkeit jedoch nur invasiv (Angiographie) oder nuklearmedizinisch nachgewiesen werden.
Diese aufwendigen Diagnoseverfahren stehen im allgemeinen weder dem niedergelassenen Arzt zur Verfügung noch sind sie in der tägli
chen Diagnoseroutine des Krankenhauses ohne weiteres durchführbar. In den meisten Fällen gelingt die Diagnose einer koronaren Herz
krankheit mit ausreichender Sicherheit aber durch eine genaue Anamnese. Da auch die klinische Untersuchung des Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung mit beträchtlichen Unsicherheiten behaftet ist, muß bei Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung immer ver
stärkt nach Risikofaktoren geforscht werden.
Nach der Framingham-Studie sind folgende Faktoren als Hauptrisikofaktoren für die koro
nare Herzkrankheit zu bezeichnen:
Hypertonie, Diabetes mellitus, Hyperlipid- ämie, Nikotinabusus, Übergewicht, Hyperurik
ämie und Streß. Bei einer großen Anzahl der beschriebenen Patienten lagen ein oder meh
rere der hier beschriebenen Risikofaktoren vor.
Das Ruhe- und vor allem das Belastungs- FKG sind nach wie vor die wichtigsten Screeningmethoden. Während nur ein Drittel der Patienten mit einer chronischen koronaren Herzkrankheit im Ruhe-FKG unspezifische Veränderungen wie negative oder biphasische T-Wellen, ST-Senkungen oder z. B. R-Verluste nach Infarkt zeigen, ist beim Belastungs-FKG die Auslösung eines Angina-pectoris-Anfalls und eine horizontale oder deszendierende ST- Strecken-Senkung von mindestens 0,1 mV als Zeichen einer subendokardialen Ischämie ein wichtiges Indiz für das Vorhandensein einer koronaren Herzkrankheit. Bei etwa 80% der Patienten mit koronarer Herzkrankheit weist auch das Belastungs-FKG einen positiven Be
fund auf.
Viele der hier untersuchten Patienten zeigten während der Belastung auf dem Fahrradergo
meter eine Ischämiereaktion im EKG oder sie brachen wegen eines Angina-pectoris-Anfalls die Belastung ab. Berücksichtigt man jetzt noch die Patienten nach Myokardinfarkt, so hat die gestellte Diagnose der hier analysierten Patien
ten eine hohe Glaubwürdigkeit und erhärtet die gefundenen Ergebnisse.
Die vorliegenden Ergebnisse stehen in gutem Einklang mit der Literatur: Daß Beta-Blocker durch Verminderung überschießender adren- erger Stimulation den myokardialen Sauerstoff
verbrauch senken und damit für die Langzeit
behandlung der Angina pectoris geeignet sind, belegen auch zahlreiche Studien mit Sotalol (Sotalex®) (1-7).
Diese Untersuchung könnte vielleicht ein An
stoß sein, auch im deutschsprachigen Raum bei Patienten, die an koronarer Herzkrankheit leiden, mehr an den Einsatz von Beta-Blockern zu denken. Wie diese Untersuchung gezeigt hat, sind Beta-Blocker nicht nur beim jünge
ren, sondern auch beim älteren Patienten so
wohl klinisch wirksam als auch hervorragend verträglich.
Bei der Wahl des Medikamentes sollte vor allem auch die zunehmende Multimorbidität des älteren Menschen berücksichtigt werden.
Bei der allgemein feststellbaren Tendenz der Patienten, möglichst wenig Medikamente ein
zunehmen, sollte die Wahl für einen Beta- Blocker nicht allzu schwer fallen, der einerseits die Angina pectoris günstig beeinflußt, ande
rerseits den erhöhten Blutdruck zu reduzieren vermag (insgesamt 71% der Patienten mit An
gina pectoris hatten einen Hypertonus), dem Normotoniker jedoch bei einschleichender Do
sierung nur selten orthostatische Beschwerden verursacht. Zusätzlich dürfte Sotalol im Gegen
satz zu anderen Beta-Blockern aufgrund der mit der Repolarisationsverlängerung einherge
henden geringeren negativen Inotropie (8) dem herzinsuffizienten Patienten seltener Probleme bereiten.
Literatur
1. Berman, E., and Gooding, P. G.: Methodology and results in a comparative study of sotalol and placebo in the treatment of angina pectoris. Exc. Med. Int. Congr.
Ser. 1974,341: 16.
2. Editorial, Beta-blockers after Myocardial Infarcta- tion. Lancet 11 1981; 873.
3. Ueinecker, R.: Medikamentöse Therapie der koro
naren Herzkrankheit. Musik und Medizin 1981; 9: 19.
4. Maurer, W., und Dietz, R.: Bedeutung der Betare
zeptorenblockade für die Therapie der koronaren Herzkrankheit. Dtsch. Ärzteblatt 1981; 78: 343.
5. Simon, A., Wilhelmsson, C., and Vedin, .4..-Evalua
tion of once daily sotalol administration in angina pectoris patients. .Abstract: 12th Biennal Congress of the Southern African Cardiac Society, August 4-6, 1980.
6. Slome, /?.; A comparative study of sotalol and placebo in patients with angina pectoris. Exc. Med. Int.
Congr. Ser. \974, 341: 24.
7. Wilhelmsson, C.: The choice of treatment in angina pectoris. Curr. Ther. Res. 1980;.?^ (Suppl.)
8. llohnloser, S. II.: Sotalol - Hämodynamisches Wirk
profil. Eine Literaturübersicht. Herzschr. Elektrophys.
1990; 1: 82.
•Anschrift für die Verfasser:
l)r. med. W. Dingier.
(ierharl-Hauptinann-Str. 39 8740 Bad Neustadt