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Altersgeschichtete Studie zur Wirksamkeit und Verträglichkeit

Einleitung

Die tägliche Praxis zeigt, daß Beta-Blocker in Deutschland - im Gegensatz zur Schweiz und den skandinavischen Ländern - überwiegend bei jüngeren Patienten und hier wiederum be­

vorzugt zur Therapie der Hypertonie eingesetzt werden. Primäres Ziel dieser Studie war es, bei Patienten mit stabiler Angina pectoris unter Praxisbedingungen die Wirksamkeit (Verbes­

serung der Belastungstoleranz und Senkung der Ischämiereaktionen) und die Verträglich­

keit des Beta-Blockers Sotalol (Sotalex®) zu un­

tersuchen. Weiterhin sollte aufgezeigt werden, ob bezüglich dieser beiden Parameter ein Un­

terschied besteht zwischen Patienten im Alter von unter 60 Jahren und Patienten, die 60 Jahre und älter sind. Alle nachstehend be­

schriebenen Variablen wurden daher nach die­

sen beiden Altersgruppen geschichtet analy­

siert. Außerdem sollte die Studie auch Auf­

schluß über die Dosierung von Sotalol im Pra­

xisalltag geben.

In die Studie aufgenommen wurden Patien­

ten mit einer stabilen Angina pectoris mit ma­

ximal 15 Anfällen pro Woche, deren Intensität sich in den letzten drei Monaten nicht wesent­

lich verändert haben sollte.

Patienten

Von 61 niedergelassenen Ärzten wurden ins­

gesamt 369 Patienten in die Studie aufgenom­

men. Bei 13 Patienten waren die Unterlagen in entscheidenden Punkten unvollständig oder der Prüfplan wurde nicht eingehalten. Insge­

samt waren die Daten von 356 Patienten aus­

wertbar. Angaben über das Alter lagen ledig­

lich bei 337 Patienten vor. Das mittlere Alter aller Patienten betrug 58,4 ± 9,5 Jahre, 189 Patienten waren unter 60 Jahre und 145 min­

destens 60 Jahre alt. Das Durchschnittsalter der Männer lag bei 57,8 ± 9,5 Jahren, das der

Art der Studie: Offene Beobachtung (Phase IV) an Patienten mit A. pectoris in der Praxis

Studienteilnehmer: 356 Patienten in zwei Grup­

pen (> 60 und < 60 Jahre) mit stabiler A. pectoris Geprüftes Präparat: Sotalol (Sotalex®)

Ergebnis: Signifikante Reduzierung von Nitraten, Abnahme von A.-pectoris-Anfällen, HF, RR und ST-Streckensenkung. Keine statistisch signifikan­

ten altersbedingten Unterschiede.

Frauen bei 59,4 ± 9,8 Jahren. Der Unterschied war nicht signifikant. 115 (57,5%) Männer wa­

ren unter 60 und 85 (42,5%) mindestens 60 Jahre alt. 74 (55,2%) Frauen waren unter 60 und 60 (45,8%) mindestens 60 Jahre alt.

Die Wirksamkeit. Verträglichkeit und Dosie­

rung von Sotalol wurde im Praxisalltag an 356 Patienten mit stabiler Angina pectoris unter­

sucht. Es wurden zwei Patientengruppen gebil­

det: Patienten unter und Patienten über 60 Jahre. Über die notwendige Dosierung ent­

schied der behandelnde Arzt. Vor Therapie und vier Wochen unter Sotalol wurden eine Fahr­

radergometrie und ein Belastungs-EKG durch­

geführt.

In beiden Gruppen konnte die Häufigkeit von paroxysmalen Tachykardien, Dyspnoe, Schwindelsymptomen und Synkopen signifi­

kant verringert werden. Der wöchentliche Ni­

tratverbrauch, die Zahl der Angina-pectoris- Anfälle, die Herzfrequenz, der Blutdruck, das Druck-Frequenz-Produkt und die ST-Strecken- Senkung wurden ebenfalls in beiden Gruppen signifikant reduziert. Die Belastungstoleranz nahm signifikant zu. Bei allen untersuchten Parametern mit Ausnahme der Dyspnoe konnte kein statistisch signifikanter Unterschied zwi­

schen den beiden Altersgruppen festgestellt werden.

In der Bundes­

republik wer­

den bislang Beta-Blocker vor allem bei Jüngeren und als Antihyper­

tensiva einge­

setzt

Zum Inhalt

Z. Allg. Med. 1991; 67: 1533-1538. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1991

1534

1^ ^ Therapeutische Erfahrungen'!

Hauptziel der Untersuchung:

Hinfluß von So­

talol auf Bela­

stungstoleranz und ST- Streckensen- kung

Drop-outs

Daten von 13 Patienten wurden nicht ausge­

wertet, da die Angaben über die verabreichten Dosen nicht für Sotalex® zutrefTen konnten. Bei den restlichen sechs Patienten lagen keine An­

gaben über die Dosierung vor. Bei 181 Patien­

ten lagen Plasmaspiegel für Solatol vor, 32 Plasmaspiegel konnten wegen fehlender klini­

scher Daten nicht berücksichtigt werden.

Methoden

Bei der vorliegenden Studie handelte es sich um eine offene, nichtrandomisierte, nichtkon- trollierte, multizentrische Beobachtungs-Stu­

die der Phase IV mit einer Versuchsgruppe.

Der Patient sollte grundsätzlich die praxis­

üblichen Untersuchungen zur Diagnostik der koronaren Herzkrankheiten wie auch der Wirk­

samkeitsüberprüfungen der eingeleiteten an­

tianginösen Therapie durchlaufen.

Hauptzielvariablen des Wirksamkeitsnach­

weises waren der Einfluß von Sotalol auf die Belastungstoleranz und die ma.ximale ST- Streckensenkung unter Fahrradergometer-Be­

lastung. Als Begleitmerkmale dienten das ver­

minderte Auftreten von Dyspnoe, Schwindel, Synkopen, paroxysmalen Tachykardien und wöchentlichen Angina-pectoris-Anfällen sowie der wöchentliche Nitratverbrauch. Vor und un­

ter der Therapie mit Sotalol (nach ca. vier Wo­

chen) wurde eine standardisierte Fahrradergo­

metrie durchgeführt. Dabei wurden folgende Parameter erhoben: Belastung (Watt), Bela­

stungsdauer (Minuten), EKG: ST-Strecken-Sen- kung (mm), RR systolisch (mm Hg), RR diasto­

lisch (mm Hg).

Unerwünschte Medikamentenwirkungen wurden im zeitlichen Verlauf und mit der An­

gabe von Schweregrad, therapeutischen Kon­

sequenzen sowie Strenge des vermuteten Zu­

sammenhanges aufgezeichnet. Neu aufgetre­

tene paroxysmale Tachykardien, Dyspnoe, Schwindel und Synkopen sollten von den an­

genommenen unerwünschten Arzneimittelwir­

kungen abgegrenzt werden.

Dosierung

Die Dosierung von Sotalol blieb dem behan­

delnden Arzt überlassen und sollte nach Ver­

träglichkeit und klinischer Antwort erfolgen.

Die Höhe der täglichen Dosierung wurde durch die allgemeine Verträglichkeit, die Reduzierung der wöchentlichen Angina-pectoris-Anfälle, die Blutdruck- und Herzfrequenz-Senkung und

dem wöchentlichen Nitratverbrauch (Anfalls- kupierung) bestimmt. Die (primär durch die Parameter Blutdruck und Herzfrequenz) gefun­

dene Dosis wurde mindestens fünf Tage beibe­

halten, bevor das zweite Belastungs-EKG durchgeführt wurde. Die Einnahme der Sota­

lol-Tabletten erfolgte oral zu den Mahlzeiten.

Eine einschleichende Dosierung in 3- bis 5-Ta- gesschritten wurde empfohlen. Eine höhere Dosis als 320 mg/die wurde nicht empfohlen.

Das vorliegende Studiendesign erlaubte eine Bestimmung der in der Praxis verwendeten mittleren Tagesdosis.

Statistik

Für sämtliche qualitativen Variablen wurde eine Häufigkeitsaufzählung durchgeführt. Da­

bei angegebene Signifikanzniveaus zum Fehler der ersten Art sind als explorative und nicht als konfirmatorische Datenauswertung (außer beim Hauptzielkriterium) zu interpretieren.

Gruppenunterschiede wurden mit Hilfe des Chi-Quadrat-Testes und dem Mann-Whitney- Rangsummen-Test untersucht. Bei Verlaufsda­

ten kam die Friedman-Varianzanalyse zur An­

wendung.

Ergebnisse

Begleitkrankheiten, Risikofaktoren

Die Begleitkrankheiten und die Risikofaktoren des Patientenkollektivs sind der Tabelle I zu entnehmen. Statistisch signifikante Unter­

Anzahl der Patienten (%)

< 60 Jahre > 60 Jahre

Hypertonie 68,2 74,5

Herzinsuffizienz (Hl) 10,9 31,0*

Hypertonie + HI 7,3 22,8*

Diabetes mellitus 12,5 12.4

Hyperlipidämie 49,5 53,8

Hyperurikämie 26,6 24,1

Übergewicht 43,8 44,1

>10 Zigaretten/die 35,4 17,2*

Signifikanz des Gruppenunterschieds : *p < 0,001 Tabelle I: Begleiterkrankungen und Risikofaktoren

schiede lagen erwartungsgemäß bei der Häu­

figkeit des Auftretens von Herzinsuffizienz, der HerzinsufTizienz mit gleichzeitig bestehender Hypertonie und bei dem Risikofaktor Nikotin- abusus vor.

Therapeutische Erfahrungen

XJFA 1535

.Medikation .Anzahl der Patienten {%)

vor Therapie unter Therapie

< 60 Jahre > 60 Jahre < 60 Jahre > 60 Jahre

Digitalis 18,2 37,2* 14,1 26,2

.Antiarrhythmika 9.4 11.7 5.7 5.5

Ca-Antagonisten 30,2 29,7 13,5 13,1

Signifikanz des .Altersgruppenunterschieds: * p < 0,001 Tabelle 11: Zusatzmedikation vor und unter Therapie mit Sotalol

Sicherung der Diagnose koronare Herzer­

krankung

175 (39,6%) Patienten der Gruppe der Patien­

ten unter 60 Jahren und 133 (97,1%) der Gruppe mit mindestens 60 Jahren berichteten in der Anamnese über pektanginöse Beschwer­

den. Zwischen den beiden Gruppen bestand kein signifikanter Unterschied.

Einen Herzinfarkt erlitten hatten in der Gruppe der unter 60jährigen bereits 44 (25%) Patienten und in der Gruppe der über 60jähri- gen 41 (29,7%) Patienten. Der Unterschied war nicht signifikant.

Eine Koronarangiographie wurde bei 58 (19,4%) Patienten zwischen dem 35. und 67.

Lebensjahr (Mittelwert 53,8 ± 8,1 Jahre) durchgeführt. Eine Koronardilatation wurde bei 6 (2,2%) Patienten im mittleren Alter von 51,5 ± 4,8 und eine koronare Bypassoperation bei 23 (7,6%) Patienten im mittleren Alter von 54,1 ± 8,3 Jahren durchgeführt. Während in der jüngeren Gruppe bei 17 Patienten (10,6%) eine Bypassoperation vorgenommen wurde, trifft dies nur auf 3,9% in der älteren Gruppe zu.

Eine eindeutige Angina-pectoris-Anamnese lag bei 308 Patienten (95%) vor.

Begleitmedikamente

Insgesamt gilt, daß unter Sotalol der Verbrauch an zusätzlichen Medikamenten signifikant ge­

senkt werden konnte.

Es ist erklärbar, daß bei älteren Patienten mehr Digitalis verordnet wird als bei jüngeren.

Ein signifikanter Unterschied zwischen Alters­

gruppen bestand bezüglich der Anwendungs­

häufigkeit der Zusatzmedikation mit Digitalis vor und unter der Therapie. Bezüglich der An­

wendungshäufigkeit von Antiarrhythmika und Kalzium-Antagonisten bestand zwischen den Gruppen jedoch kein Unterschied.

Bei zehn (28,6%) und bei 17 (31,5%) Patien­

ten in der Gruppe der jüngeren bzw. älteren Patienten konnte die Digitalismedikation unter

Sotalol abgesetzt werden. Zwei (1,3%) Patien­

ten in der Gruppe der jüngeren Patienten und ein (1,1%) Patient in der Gruppe der älteren Patienten bekamen unter Sotalol neu Digitalis verordnet. Bei 27 (14,1%) der jüngeren Patien­

ten und bei 38 (26,2%) der älteren wurde damit Digitalis zusätzlich gegeben. Der Unterschied war nicht signifikant (Tab. II).

Bei sieben (38,9%) und bei zehn (58,8%) Pa­

tienten in der jüngeren bzw. älteren Gruppe konnte die Antiarrhythmikamedikation unter Sotalol abgesetzt werden. Der Unterschied war nicht signifikant. Kein Patient in der jüngeren Gruppe und nur ein (1,1%) Patient in der älte­

ren Gruppe bekam unter Sotalol neu An­

tiarrhythmika verordent.

Dosierung (mg) Zahl der Patienten (%)

< 60 Jahre > 60 Jahre

40 2,6 0,7

80 12,0 15,2

120 15,1 13,1

160 4.5,3 48,3

240 13,0 11,7

320 9.9 9,7

Tabelle 111: Dosierung von Sotalol

Bei 33 (56,9%) und bei 26 (13,5%) Patienten in den beiden Gruppen konnte die Kalzium- Antagonistenmedikation unter Solatol abge­

setzt werden. Der Unterschied war nicht si­

gnifikant (Tab. II). Ein (0,7%) Patient in der jüngeren Gruppe und zwei (1,9%) Patienten in der älteren Gruppe bekamen unter Sotalol Kal­

zium-Antagonisten neu verordnet.

Dosierung von Sotalol

Die Verteilung der verabreichten Tagesdosie­

rung ist der Tabelle III zu entnehmen. Der Mittelwert für die jüngere Gruppe liegt bei 167,7 ± 69,4 mg/die, der der älteren bei 160,0

± 67,5 mg/die.

Bei 308 Patien­

ten war die An­

gina-pectoris- Anamnese ein­

deutig

1536

Therapeutische Erfahrungen

Auch in dieser Studie war die antiarrhythmi­

sche Wirkkung von Sotalol evi­

dent

In beiden Grup­

pen wurden signifikant we­

niger Nitrate verbraucht