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3 Ausstattung und Zustand des Natura 2000-Gebiets

3.3 Lebensstätten von Arten

3.3.1 Kleine Flussmuschel (Unio crassus) [1032]

Erfassungsmethodik Detailerfassung

Für die Bewertung der Vorkommen der Kleinen Flussmuschel (Unio crassus) im Eschachtal wurden u.a. die Ergebnisse zahlreicher aktuellerer Untersuchungen und Gutachten ausge-wertet (PFEIFFER 2010, 2011a, 2011b, 2011c, 2012a, 2012b, 2013, 2016; RUPP 1999-2001).

Dabei wurde seit 2010 von mindestens 1.600 Individuen das Alter aufgenommen und der Zustand der Population auf 4,5 km Bachstrecke detailliert festgehalten (siehe Tabelle 6 und Tabelle 7).

Während der Begehungen der Fließgewässer im Sommer 2015 (23.06., 25.06., 08.07. und 14.07.2015) wurde auch insbesondere auf mögliche Veränderungen bei der bekannten Ver-breitung der Art geachtet.

Für die während der Begehungen neu nachgewiesenen Teilpopulationen im Weiherbach und Eberbach sowie im Neckar wurde eine vertiefte Nachsuche durchgeführt. Dabei wurden die Gewässer auf nahezu der gesamten Strecke abgegangen.

Erhaltungszustand der Lebensstätte der Kleinen Flussmuschel LS = Lebensstätte

Erhaltungszustand

A B C Gebiet

Anzahl Erfassungseinheiten -- 1 3 4

Fläche [ha] -- 15,00 0,90 15,90

Anteil Bewertung von LS [%] -- 94 6 100

Flächenanteil LS

am Natura 2000-Gebiet [%]

-- 1,5 < 0,1 1,6

Bewertung auf Gebietsebene B

Beschreibung

Wie zahlreiche Funde von Leerschalen belegen, besiedelte die Kleine Flussmuschel noch bis Mitte des letzten Jahrhunderts das gesamte Einzugsgebiet des oberen Neckars. Die Ur-sachen für das großflächige Aussterben der Kleinen Flussmuschel in diesem Gebiet sind nicht zweifelsfrei zu klären. Die bereits lang zurückliegenden Gewässerbelastungen durch diverse Einleitungen im Siedlungsbereich und durch Einträge aus landwirtschaftlichen Flä-chen dürften aber eine entscheidende Rolle spielen. Diese wirken sich nicht nur auf die Mu-scheln, sondern auch auf deren Wirtsfische aus. Versuche zur Wiederansiedlung der Kleinen Flussmuschel in der Badischen Eschach und im Teufenbach (RUPP 1999-2001) waren nicht erfolgreich.

Muscheln leben meist tief eingegraben im Sediment. Als Filtrierer sind sie auf eine gute Wasser- und Sedimentqualität mit ausreichend Nahrung und einer guten Sauerstoffversor-gung angewiesen. Ein entscheidender Lebensabschnitt, die Metamorphose von der Larve zur Jungmuschel, kann nur an geeigneten Wirtsfischen stattfinden. Dafür werden nach der Befruchtung der getrenntgeschlechtlichen Muscheln die innerhalb von zwei bis vier Wochen herangereiften Larven (Glochidien) ins Wasser abgegeben. Diese müssen sich dabei an den Kiemen geeigneter Wirtsfische festsetzen. Nach der Umwandlung (Metamorphose) zur Jungmuschel fallen sie vom Wirtsfisch ab und sind dann auf ein geeignetes Substrat ange-wiesen. Auf diese Weise können sich die Muscheln erfolgreich im Gewässersystem verbrei-ten. Als wichtigste Wirtsfische kommen im FFH-Teilgebiet Döbel (Squalius cephalus), Elritze (Phoxinus phoxinus) und Groppe (Cottus gobio) in Frage.

Die von der Kleinen Flussmuschel im FFH-Teilgebiet besiedelten Bäche sind abschnittswei-se strukturell hochwertig und auch der Wirtsfischbestand ist häufig hervorragend. Deutliche Defizite gibt es allerdings immer wieder bei der Wasserqualität, insbesondere im Seltenbach und Eberbach sowie abschnittsweise auch in der Württembergischen Eschach. Die Habitat-qualität ist insgesamt als gut (B) einzuschätzen.

Bezüglich Bestandsgröße, Verbund und Reproduktionsmöglichkeiten ist die Population in der Württembergischen Eschach zwar als sehr gut (A) zu bewerten, allerdings ist vor allem in den kleinen Nebengewässern der Altersaufbau inzwischen gestört und auch in der Eschach selbst scheint sich der Bestand eher negativ zu entwickeln. Der Zustand der Population kann aber noch immer als gut (B) bewertet werden (siehe Tabelle 6 und Tabelle 7).

Verschiedene Stoffeinträge haben abschnittsweise Auswirkungen auf die Wasserqualität der Württembergischen Eschach und ihre Nebengewässer. Im Zuge dieser Arbeit wurden meh-rere Einleitungsstellen gesichtet, die vermutlich aus Mischkanalisationen stammen (bei-spielsweise in Stetten und Dunningen) und sowohl die Muscheln selbst als auch ihre Wirtsfi-sche beeinträchtigen. Da im begradigten Oberlauf der WürttembergiWirtsfi-schen Eschach (vor al-lem zwischen Seedorf und Aichhalden) stabile Uferpartien fehlen, kommt es – insbesondere nach Unterhaltungsmaßnahmen – zum Eintrag von Feinsedimenten und Oberboden in das Gewässer. Mehrere für die Wirtsfische nicht durchgängige Querbauwerke schränken den genetischen Austausch stark ein. Abschnittsweise wurde zudem Prädation an Kleinen Flussmuscheln durch Bisamratten (Ondatra zibethicus) festgestellt. Die Beeinträchtigungen auf die Population im Gebiet sind insgesamt erheblich (C).

Verbreitung im Gebiet

Die Kleine Flussmuschel besiedelt hauptsächlich die Württembergische Eschach zwischen dem Oberlauf des Gewässers bei Aichhalden im Norden und Horgen im Süden. Daneben sind auch die kleineren Gewässer Seltenbach, Weiherbach und Eberbach Lebensstätten der Art (siehe Tabelle 7). Obwohl im Kimmichgraben seit mehreren Jahren kein Nachweis mehr gelang, kann davon ausgegangen werden, dass sich die Art dort in Zukunft wieder ansiedeln wird. Im Rahmen der 2015 durchgeführten Stichproben wurden im FFH-Teilgebiet insgesamt 51 Tiere gezählt (siehe Tabelle 6). Auf Grundlage des 2011 durchgeführten FFH-Stichprobenmonitorings wird die Bestandsgröße auf ca. 20.000 Individuen geschätzt, wobei die Abundanz je nach Gewässer zwischen 0,01 und 5 Individuen pro Meter Fließgewässer-strecke liegen (PFEIFFER 2011a).

In der Württembergischen Eschach südlich von Horgen und der Badischen Eschach sowie im Fischbach und im Teufenbach ist die Kleine Flussmuschel verschollen. Auch im Neckar sind keine Vorkommen mehr vorhanden.

Bewertung auf Gebietsebene

Der Erhaltungszustand der Kleinen Flussmuschel wird auf Gebietsebene als gut (B) einge-schätzt. Insbesondere in der Württembergischen Eschach bildet die Art eine verhältnismäßig große und dadurch stabile Population. Die besiedelten Gewässer weisen abschnittsweise sehr gut ausgebildete Habitatstrukturen und vitale Bestände von Wirtsfischen auf.

Tabelle 6: Ergebnisse von Übersichts- und Detailerfassungen der Kleinen Flussmuschel in der

Gesamt Quelle Kommentar zw. Aichhalden gut, 2015 noch nicht wieder besiedelt, stark Habitatqua-lität B, Zustand d. Po-pulation C,

(2012a) Altersstruktur gut Aichhalden,

Flugplatz 19 900 0,01 - 0,02 PFEIFFER

(2012b) Altersstruktur u.

Wirtsfischbestand gut

Heiligenbronn 69 20 5 - 10 PFEIFFER

(2013) Altersstruktur sehr gut, hohe Bestandsdichte

(2016) Altersstruktur u. Wirts-fischbestand gut Tabelle 7: Ergebnisse der Übersichts- und Detailerfassungen der Kleinen Flussmuschel in

Ne-bengewässern der Württembergischen Eschach seit 2011.

Gewässer Lage Methode Anzahl Strecke (m)

Schätzung Abundanz (Ind/lfm.)

Schätzung

Gesamt Quelle Kommentar

Seltenbach Heiligenbronn

Kimmichgraben Dunningen,

Frohnhof 0 35 0 0

Eberbach Gewann "Auf der

Stampfe" Bergung 1 20 k.A. Einzeltiere PFEIFFER

(2015)

Teilpopulation, nur Einzeltiere, ungünstige Wasserqualität Weiherbach Unterlauf

Detailer-fassung 1 200 < 0,01 Einzeltiere Daten Kimmichgraben Dunningen,

Frohnhof Überblick 0 500 < 0,01 Einzeltiere

Teilpopulation, mehre-re Störungen (u.a.

Wegebau), bisher kei-ne Wiederansiedlung