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Finanzierung der Vertretungsmodelle

Im Dokument Handreichung KTP 271021 (Seite 82-0)

7. VERTRETUNG IN AUSFALLZEITEN

7.3 Finanzierung der Vertretungsmodelle

Die Finanzierung der Notfall- oder Ersatzbetreuung hängt von der Art und Weise der Organisation der Vertretung und deren Trägern bzw. Adressaten ab. Dabei muss so-wohl die Absicherung der Vertretungskraft als auch die der zu vertretenden Kinderta-gespflegeperson ins Kalkül einbezogen werden.

In der Regel trifft die Finanzierungslast das Jugendamt, das nach § 23 Absatz 4 Satz 2 SGB VIII, die Pflicht hat, für Ausfallzeiten eine andere Betreuungsmöglichkeit sicher zu stellen. Denkbar sind allerdings auch Kombinationen von öffentlichen und betrieb-lichen Mitteln, wenn es sich beispielsweise um die Sicherstellung der Kindertages-pflege für Kinder von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eines Unternehmens handelt (betriebliche Kindertagespflege). In bestimmten Konstellationen kommt auch eine Be-zuschussung durch die Arbeitsverwaltung in Betracht. Dem liegt ein doppeltes Inte-resse der Arbeitsverwaltung an gesicherter Betreuung zugrunde: Der Ausbau der Kin-dertagespflege und eines Vertretungsdienstes kann zum einen eine neue Beschäfti-gungsperspektive für geeignete Arbeitssuchende bieten. Auf der anderen Seite kann durch eine gesicherte Kindertagespflege und ein Notfallbetreuungssystem Arbeitssu-chenden geholfen werden, wenn sie zum Beispiel kurzfristig Termine wahrnehmen müssen und damit die Rückkehr in den Beruf bzw. eine Erwerbstätigkeit erleichtert wird.

Beispiel Stand-by-Kindertagesbetreuung Hamburg:

https://www.hamburg.de/contentblob/12275480/123941fe2c72804a0b0d0a383649187c/data/allg-info-sgbii-16a-1-kindertagesbetreuung-anl-stand-by-verfahrenshinweise.pdf

In anderen Fällen ist eine (Mit-)Finanzierung über eine Servicestelle oder einen Verein in freier Trägerschaft denkbar, wenn die Ersatzbetreuung über freie Träger, wie Fami-lienbildungsstätten, Mehrgenerationenprojekte o. ä. organisiert wird.

83 8. Finanzierung / Förderprogramme

Die Finanzierung der Kindertagespflege setzt sich aus unterschiedlichen Finanzie-rungsanteilen zusammen. Neben kommunalen FinanzieFinanzie-rungsanteilen gehören hierzu Landesmittel gemäß § 24 KiBiz, Landesmittel für U3-Plätze über das BAG-JH, Bun-desmittel aus dem Bundesprogramm „ProKindertagespflege“ oder anderen Bundes-programmen sowie Elternbeiträge und gegebenenfalls Eigenmittel von Trägern. Hinzu kommen im Rahmen der inklusiven Betreuung von Kindern mit Behinderungen Mittel der Landschaftsverbände.

8.1 Elternbeiträge / Kostenbeteiligung

Für die Inanspruchnahme von Angeboten der Kindertagespflege wird durch die Kom-munen ein öffentlich-rechtlicher Kostenbeitrag erhoben. Die Ausgestaltung dieser Kos-tenbeiträge ist unterschiedlich. Die KosKos-tenbeiträge sind zu staffeln. Als Kriterien der Staffelung können gemäß § 90 Absatz 1 Satz 3 SGB VIII insbesondere das Einkom-men, die Anzahl der kindergeldberechtigten Kinder in der Familie und die tägliche Be-treuungszeit berücksichtigt werden.

Im Hinblick auf die Gleichrangigkeit der Betreuungsformen (Kindertagespflege und Kindertageseinrichtung) und das Wunsch- und Wahlrecht sollte sich die Höhe und Staffelung der Kostenbeiträge an den Beiträgen orientieren, die für die Inanspruch-nahme eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung erhoben werden (§ 51 Absatz 4 Satz 5 KiBiz).

Zusätzliche Zahlungen der Eltern (weitere Kostenbeiträge) an die Kindertagespflege-person sind seit dem 1. August 2014 in Nordrhein-Westfalen gemäß § 51 Absatz 1 Satz 2 KiBiz gesetzlich ausgeschlossen. Das Jugendamt kann allerdings die Zahlung eines angemessenen Entgelts für Mahlzeiten an die Kindertagespflegeperson zulas-sen. Was örtlich als „angemessen“ angesehen wird, sollte in der Kostenbeitragssat-zung in Richtwerten oder Höchstbeträgen festgelegt werden.

Näheres siehe auch Erlass des MKFFI vom 12. November 2020 zur Erhebung zusätz-licher Elternbeiträge, abrufbar unter:

https://www.lvr.de/de/nav_main/jugend_2/service_1/antraege__arbeitshilfen__rundschreiben__doku-mentationen/rundschreiben/kinder_und_familie/kinderbildungsgesetzundgtk.jsp#section-2589249

und

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https://www.lwl-landesjugendamt.de/de/RS/alle-rundschreiben-2020/#anker-10521110

8.2 Landeszuschuss nach § 24 KiBiz

Nach dem KiBiz gewährt das Land Nordrhein-Westfalen dem Jugendamt auf der Grundlage einer zum 15. März für das im gleichen Kalenderjahr beginnende Kinder-gartenjahr vorzulegenden verbindlichen Mitteilung jährliche Kindertagespflegepau-schalen (§ 24 Absatz 1 KiBiz). Diese KindertagespflegepauKindertagespflegepau-schalen werden für jedes in öffentlich finanzierter Kindertagespflege bis zum Schuleintritt betreute Kind unter den Voraussetzungen des § 24 Absatz 3 KiBiz geleistet. Dieser Zuschuss an das Ju-gendamt wird nur gezahlt, wenn das Tageskind nicht parallel einen Platz in einer Kin-dertageseinrichtung wahrnimmt, für den das Jugendamt bereits einen Zuschuss erhält.

Nach § 24 Absatz 2 KiBiz beträgt der jährliche Zuschuss im Kindergartenjahr 2021/2022 1.118,20 Euro pro Kind.

Die Pauschale wird pro belegtem Kindertagespflegeplatz einmal jährlich gezahlt. Die Leistung erfolgt auch dann, wenn ein Platz nicht ganzjährig belegt werden kann, je-doch nicht mehrfach, wenn im Laufe des Jahres ein Wechsel in der Belegung erfolgt.

Für Kinder mit Behinderungen oder Kinder, die von wesentlichen Behinderungen be-droht sind, und bei denen dies von einem Träger der Eingliederungshilfe festgestellt wurde, erhält das Jugendamt Pauschale im Kindergartenjahr 2021/2022 3.208,41 Euro pro Kind. Dieser Zuschuss setzt voraus, dass die Kindertagespflegeperson über eine zusätzliche Qualifikation zur Betreuung von Kindern mit Behinderungen oder drohende Behinderungen verfügt oder mit einer solchen im Zeitpunkt der Übernahme der Be-treuung begonnen hat.

8.3 Landeszuschuss nach BAG-JH

Der Verfassungsgerichtshof NRW hat mit Urteil vom 12. Oktober 2010 festgestellt, dass das Land verpflichtet ist, den Kommunen einen finanziellen Ausgleich für den Mehraufwand zu leisten, der im Bereich der frühkindlichen Förderung nach dem Wech-sel von Zuständigkeitsvorschriften in 2008 entstanden ist bzw. noch entsteht. Das Land Nordrhein-Westfalen unterstützt seitdem die Finanzierung von U3-Plätzen in der

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Kindertagespflege zusätzlich zum KiBiz-Zuschuss vor allem im Rahmen des Belas-tungsausgleichgesetzes Jugendhilfe (BAG-JH) mit erheblichen Mitteln verlässlich und dauerhaft.

Details können Sie in der Anlage zur Gesetzesbegründung (Landtagsdrucksache 16/128) auf Seite 18 und 19 nachlesen, die Sie auf der Internetseite des Landtags (www.landtag.nrw.de) finden. Der Ausgleich erfolgt über eine Erhöhung des Landes-anteils an den Kindpauschalen für Kindertageseinrichtungen nach dem Kinderbil-dungsgesetz (§ 38 Absatz 3 KiBiz), die die Kosten der Plätze für Unterdreijährige in Kindertagespflege rechnerisch berücksichtigt.

8.4 Investitionskostenzuschüsse für U3-Plätze

Im Rahmen der Investitionsprogramme „Kinderbetreuungsfinanzierung“ des Bundes und des Ausbauprogramms U3 des Landes Nordrhein-Westfalen werden nach Maß-gabe der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Investitionen für zu-sätzliche Plätze in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege“ des MKFFI Zu-wendungen an Kindertagespflegepersonen für Investitionen zum Auf- und Ausbau von zusätzlichen Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren gewährt. Die Antragstel-lung erfolgt über das Jugendamt.

Voraussetzung für eine investive Förderung in der Kindertagespflege gemäß Ziffer 2.5 ist, dass die Kindertagespflegepersonen durch das Jugendamt, einen von ihm Beauf-tragten oder ggf. auch einen sonstigen (z. B. privat-gewerblichen) Träger vermittelt werden oder worden sind.

Gefördert werden investive Maßnahmen, die der Herrichtung der Räume für die Tätig-keit der Kindertagespflege dienen. Diese Maßnahmen können sowohl im Haushalt der Kindertagespflegeperson als auch im Haushalt der Eltern der Tageskinder vorgenom-men werden. Dabei können auch Zuwendungen für die Ausstattung der Räume mit Lehr-, Lern- und Sportmitteln sowie Spielzeug gewährt werden.

Die Förderung erfolgt durch Zahlungen eines Pauschalbetrags in Höhe von 500 Euro pro neu geschaffenem Platz für U3-Kinder (Ziffer 4.4.2).

Bei einer grundsätzlichen Beschränkung der Erlaubnis zur Kindertagespflege auf fünf gleichzeitig anwesende fremde Kinder (fünf Plätze) beträgt der Höchstbetrag somit

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2.500 Euro (Ziffer 4.4.2). Auch wenn laut Erlaubnis im Einzelfall bis zu zehn Kinder insgesamt betreut werden dürfen, werden im Rahmen dieses Investitionsprogramms maximal fünf Plätze pro Kindertagespflegeperson gefördert.

Gefördert werden außerdem investive Maßnahmen in anderen geeigneten Räumen (Ziffer 2.6.2). Diese Förderung entspricht der Förderung investiver Maßnahmen von Kindertageseinrichtungen gemäß den Ziffern 2.5.1.1, 2.5.1.3 Buchstabe a, 2.5.1.4 Buchstabe a und 2.5.2.

Die „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Investitionen für zusätzliche Plätze in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege“ finden Sie im Kitaportal unter www.kita.nrw.de und auf der Seite des MKFFI (www.mkffi.nrw).

8.5 Bundesprogramm Kindertagespflege

Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) förderte bis Dezember 2018 mit dem Bun-desprogramm „Kindertagespflege: Weil die Kleinen große Nähe brauchen“ die Einfüh-rung des vom Deutschen Jugendinstitut erarbeiteten Kompetenzorientierten Qualifi-zierungshandbuchs Kindertagespflege (QHB). Mit dem QHB werden Kindertagepfle-gepersonen besser auf ihre Tätigkeiten vorbereitet und ihnen neue berufliche Perspek-tiven eröffnet. Von 2016 bis 2018 wurden bundesweit 31 Modellkommunen über drei Jahre mit insgesamt 21 Millionen Euro unterstützt. Aus Nordrhein-Westfalen nahmen acht Projekte am Bundesprogramm teil.

Das Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) fördert mit einem neuen Bundesprogramm

„ProKindertagespflege: Wo Bildung für die Kleinsten beginnt“ seit dem 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021 die Weiterentwicklung der Kindertagespflege. Gefördert wird die Entwicklung von Kriterien zur Qualität und Weiterentwicklung in der Kinderta-gespflege. Teilnehmende Standorte werden zum Zwecke der Verbesserung der Tätig-keitsbedingungen bei der lokalen Weiterentwicklung der Kindertagespflege unter-stützt. Ferner erhalten teilnehmende Standorte durch das Bundesprogramm zur Um-setzung des Kompetenzorientierten Qualifizierungshandbuchs Kindertagespflege (QHB) eine Unterstützung zur (Weiter-)Qualifizierung von Kindertagespflegepersonen.

Im Rahmen des Interessenbekundungsverfahrens wurden 13 Träger aus Nordrhein-Westfalen zur Teilnahme ausgewählt. Die ausgewählten Kommunen erhalten von 2019 bis 2021 bis zu 150.000 Euro pro Jahr.

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Alle Informationen zum Bundesprogramm „ProKindertagespflege“ finden Sie unter

https://prokindertagespflege.fruehe-chancen.de

8.6 Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kin-dertagesbetreuung

Am 1. Januar 2019 ist das Bundesgesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung in Kraft getreten (sog. Gute-KiTa-Gesetz).

Durch das Gesetz unterstützt der Bund die Weiterentwicklung der Qualität in der Kin-dertagesbetreuung in den Bundesländern. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass die Kindertagespflege gestärkt und ein bedarfsgerechtes Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebot in der Kindertagesbetreuung geschaffen wird. Insbesondere sol-len die sprachliche Bildung gefördert und qualifizierte Fachkräfte in der Kindertages-betreuung gewonnen und gesichert werden. Die einzelnen Handlungskonzepte wer-den durch einen Vertrag zwischen dem Bund und wer-den einzelnen Ländern festgelegt.

Mehr dazu erfahren Sie auf der Internetseite des Bundesministeriums:

https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/gute-kita-gesetz-beschlossen/128382

8.7 Unterstützung durch die Arbeitsverwaltung 8.7.1 Allgemein

Zur Neugewinnung, Qualifizierung und Vermittlung von geeigneten Personen für die Kindertagespflege empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit der Regionaldirektion Nord-rhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit, den Arbeitsagenturen, den Jobcentern und den Optionskommunen. Viele Kommunen haben noch einen hohen Bedarf an zu-sätzlichen Kindertagespflegepersonen. Der Ausbau der Kindertagespflege kann damit gleichzeitig als arbeitsmarktpolitisches Ziel zum Beispiel im Bereich Wiedereinstieg in den Beruf helfen.

8.7.2 Unterstützung der Qualifizierung

Ausbildungssuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende und Arbeitslose können von der Arbeitsverwaltung nach § 45 SGB III bei der Teilnahme an Maßnah-men, die ihre berufliche Eingliederung unterstützen, gefördert werden. Eine solche Maßnahme darf in aller Regel die Dauer von acht Wochen nicht übersteigen.

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Darüber hinaus besteht Förderungsmöglichkeit im Rahmen der §§ 81ff. SGB III (Über-nahme der Weiterbildungskosten bei Teil(Über-nahme an Maß(Über-nahmen der beruflichen Wei-terbildung).

8.7.3 Finanzierung von Vertretungsmodellen

In bestimmten Konstellationen kommt auch eine Bezuschussung von Vertretungsmo-dellen durch die Arbeitsverwaltung in Betracht (s. oben Punkt 7.3).

8.7.4 Gründungszuschuss für Kindertagespflegepersonen

Personen, die sich aus der Arbeitslosigkeit heraus selbstständig machen, können un-ter bestimmten Voraussetzungen einen Gründungszuschuss beantragen. Der Grün-dungszuschuss wird in zwei Phasen geleistet. Für sechs Monate wird der Zuschuss in Höhe des zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes zur Sicherung des Lebensunterhalts und 300 Euro zur sozialen Absicherung gewährt. Für weitere neun Monate können 300 Euro pro Monat zur sozialen Absicherung gewährt werden, wenn eine intensive Geschäftstätigkeit und hauptberufliche unternehmerische Aktivitäten dargelegt wer-den.

Voraussetzung für den Gründungszuschuss ist, dass die Person arbeitslos ist und die Vermittlung in Arbeit aktuell nicht erfolgversprechend ist. Die Förderung der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit soll zu einer möglichst nachhaltigen beruflichen In-tegration führen. Der zeitliche Umfang der selbstständigen Tätigkeit muss zur Beendi-gung der Arbeitslosigkeit führen und mindestens 15 Stunden wöchentlich betragen.

Um den Gründungszuschuss erhalten zu können, muss die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 150 Tagen haben, dessen Dauer nicht allein auf

§ 147 Absatz 3 SGB III beruht („kurze“ Anwartschaftszeit).

Informationen erteilen die Arbeitsagenturen:

https://www.arbeitsagentur.de/arbeitslosengeld/existenzgruendung-gruendungszuschuss

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9. Rechtliche Rahmenbedingungen für Kindertagespflegepersonen 9.1 Arbeitsrechtlicher Status / selbstständige Tätigkeit

Gemäß § 22 Absatz 6 KiBiz kann in Einzelfällen Kindertagespflege unter bestimmten Voraussetzungen auch mit angestellten Kindertagespflegepersonen angeboten wer-den (siehe auch oben unter 4.1.) Außer bei einer Anstellung im Haushalt der Eltern ist Voraussetzung für die nicht selbständige Beschäftigung von Kindertagespflegeperso-nen, dass der Anstellungsträger anerkannter Träger der Jugendhilfe ist.

In besonders begründeten Einzelfällen kann von dem Erfordernis der Anerkennung als Jugendhilfeträger abgewichen werden, sofern von der Kindertagespflegeperson in Ar-beitgeberfunktion eine Qualifizierung nach dem kompetenzorientierten Qualifizie-rungshandbuch Kindertagespflege (QHB) mit einem Umfang von 300 Unterrichtsein-heiten absolviert wurde oder eine sozialpädagogische Fachkraft im Sinne der Perso-nalverordnung vom 4. August 2020 mit mindestens einer 80 UE umfassenden Qualifi-kation als Anstellungsträger tätig wird und der Kinderschutz ausdrücklich durch einen entsprechenden Kooperationsvertrag sichergestellt wird. Mit diesen Vorgaben soll die pädagogische und den bundesrechtlichen Vorgaben (SGB VIII) entsprechende Quali-tät in der Kindertagespflege sichergestellt werden. Gleichzeitig kann so dem Kindes-wohl und den Kinderschutzvorschriften angemessen Rechnung getragen werden. Bei der angestellten Kindertagespflegeperson reicht wie bisher die Qualifizierung mit 160 Stunden. Erst ab dem 1. August 2022 benötigen alle Kindertagespflegepersonen, die dann erstmalig diese Tätigkeit aufnehmen, eine kompetenzorientierte Qualifizierung nach dem QHB.

In jedem Fall muss auch hier der familiennahe Charakter der Kindertagespflege gesi-chert werden. Die enge Bindung und die direkte Zusammenarbeit mit den Eltern sind wesentliche Merkmale der Kindertagespflege. Die Erziehungspartnerschaft muss zwi-schen den Eltern des betreuten Kindes und der diesem Kind zugeordneten Kinderta-gespflegeperson insoweit ohne Weisungsrechte des Arbeitgebers gepflegt werden können. Die vertragliche und pädagogische Zuordnung zu den Kindern ist auch bei Anstellungsverhältnissen sicherzustellen. Dies ist zum Beispiel auch bei der Planung der Arbeitszeit zu berücksichtigen, Schichtdienste sind nicht möglich, die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) sind einzuhalten.

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Soll ein Kind mehr als 6 Stunden in einer Kindertagespflegestelle mit nichtselbständi-gen Kindertagespflegepersonen betreut werden, dann ist ergänzend die vertragliche und pädagogische Zuordnung zu einer weiteren Kindertagespflegeperson erforderlich.

In diesem Rahmen ist es denkbar, dass eine Kindertagespflegeperson, die grundsätz-lich als Vertretungstagespflegeperson von außerhalb für die angestellte Kindertages-pflegeperson in Ausfallzeiten (Ferien, Krankheit) zur Verfügung steht, in der Pausen-zeit die Betreuung zur Kontaktpflege übernimmt. Es ist aber auch möglich, dass eine weitere, den Kindern vertraute Vertretungskraft (Springerkraft) mit einer Erlaubnis zur Kindertagespflege die Pausenzeit in mehreren Kindertagespflegestellen übernimmt. In diesen Fällen werden die Verträge nicht auf die Gesamtzahl zulässiger Verträge der Großtagespflege angerechnet. Erfolgt die ergänzende oder Vertretungsbetreuung durch eine Kollegin oder einen Kollegen in der Großtagespflegestelle, so sind diese Verträge bei der Gesamtzahl allerdings mitzurechnen.

Für Anstellungsträger, die bereits vor dem 1. August 2019 Kindertagespflegepersonen angestellt hatten, gilt, dass sie die Voraussetzungen des § 22 Absatz 6 KiBiz spätes-tens zum Kindergartenjahr 2022/2023 erfüllen müssen. Die Ausnahme des § 22 Ab-satz 6 Satz 3 ist nur für natürliche Personen möglich.

Zur Frage, ob es sich bei einer Tätigkeit im Haushalt der Eltern um eine selbständige oder eine nichtselbständige Tätigkeit handelt, können die von der Rechtsprechung ent-wickelten allgemeinen Abgrenzungskriterien herangezogen werden.

Kriterien, die für ein Arbeitsverhältnis sprechen:

 Weisungsgebundenheit

 Arbeitsplatz im Betrieb des Arbeitgebers

 Zurverfügungstellung der gesamten oder überwiegenden Arbeitskraft

 Verbot, für Dritte tätig zu sein

 Verpflichtung zur Ausführung sonstiger Arbeiten Kriterien, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen:

 Weisungsfreiheit

 eigene Betriebsstätte

 eigenständige Gestaltung des Arbeitsablaufs, freie Verfügung der Arbeitszeit

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 uneingeschränkte Tätigkeit für mehrere Auftraggeber

 Tragen der Geschäftskosten und des Unternehmerrisikos

Speziell zur Abgrenzung in der Kindertagespflege:

https://www.minijob-zentrale.de/DE/01_minijobs/01_basiswissen/02_infos_kompakt_zu/07_tages-muettern/node.html

Rechtsprechung:

LSG Essen, Urteil vom 19. September 2018 – L 8 R 800/16 hat im Fall einer Randzeitenbetreuung in einer Tageseinrich-tung für Kinder durch eine Kindertagespflegeperson ein Be-schäftigungsverhältnis zwischen der Betreiberin der Kita und der Tagespflegeperson aufgrund der konkreten Einzelfallum-stände abgelehnt. Als Ausgangspunkt der Beurteilung sah das Gericht die zwischen den Parteien getroffenen Vereinba-rungen. Diese seien durch öffentlich- rechtliche Bestimmun-gen wie §§ 43, 22 ff. SGB VIII bzgl. Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit überlagert, „die weite Teile der Rechtsbeziehung ei-ner abweichenden Vereinbarung durch die Vertragsbeteilig-ten und auch der vertraglichen Begründung eines arbeitge-berseitigen Weisungsrechts der Klägerin entzog […].“ Im Üb-rigen sprächen auch die vertraglich verwendeten Begriffe wie

„Auftrag, Auftragnehmer, Honorar“ und die inhaltliche Ausge-staltung des Vertrags, die auch entsprechend in der Praxis umgesetzt worden sei. So sahen die Vereinbarungen Wei-sungsfreiheit und ein Stundenhonorar pro Kind nur für er-brachte Leistungen nach Rechnungsstellung vor, nicht jedoch Regelungen zu Festvergütung, Sondervergütung, einer Ent-geltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüchen.

Die Tagespflegeperson erstellte etwa einen eigenen Bele-gungsplan für die Randzeitenbetreuung und durfte über die Annahme und Ablehnung von Kindern selbst entscheiden so-wie ohne Erlaubnis der Kita-Leitung etwa Ausflüge mit den Kindern unternehmen oder andere Tagespflegepersonen als Vertretung stellen. Zudem habe es eine deutliche Abgren-zung der Tätigkeit der Tagespflegeperson von der Kita-Be-treuung gegeben: Die Tagespflegeperson sei nicht zur Erfül-lung der Vertragspflichten der Kita-Betreiberin gegenüber den Personensorgeberechtigten tätig gewesen, sondern aufgrund eines eigenen Vertrags mit diesen.

SG Kiel, Urteil vom 19. November 2018 – S 44 KR 123/17 zum Einsatz einer Springerkraft zur Vertretung von Tages-pflegepersonen (im konkreten Fall wurde das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses insbesondere mangels Wei-sungsgebundenheit, Eingliederung in den Betrieb des Ju-gendhilfeträgers, Tätigkeit in dessen Räumlichkeiten und we-gen der Vereinbarung einer monatlichen Pauschale abge-lehnt): „Der Gesetzgeber geht gem. § 23 Absatz 2 Nr. 3 SGB VIII grundsätzlich davon aus, dass die Tagespflege regelmä-ßig nicht durch abhängig Beschäftigte, sondern durch selbst-ständig Tätige erfolgt. Infolgedessen müssen die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung derart überwiegen, dass sie ein Abweichen von der Regel rechtfertigen.“

92 9.1.1 Keine Scheinselbstständigkeit

Bei der Tätigkeit einer selbstständigen Kindertagespflegeperson liegt in der Regel keine Scheinselbstständigkeit vor. Ohne ausdrückliche Vereinbarung oder Anhalts-punkte im Einzelfall ist nicht von einer Arbeitgeberstellung des Jugendamts auszuge-hen. Die Vertragsbeziehungen zwischen der Kindertagespflegeperson und dem Ju-gendamt sind öffentlich-rechtlich ausgestaltet. Bei der durch das jeweilige JuJu-gendamt gezahlten Geldleistung im Sinne des § 23 Absatz 2 und Absatz 2 a SGB VIII handelt es sich nicht um eine Vergütung im Sinne eines Arbeitsentgelts für Dienste, die die Kindertagespflegeperson gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe erbringt.

Die Geldleistung wird auf Grundlage von Bescheiden nach SGB VIII und kommunaler Satzungen geleistet. Die Kindertagespflegeperson ist bei der Betreuung nicht an Wei-sungen des Jugendamtes hinsichtlich Inhalt, Dauer, Durchführung, Ort und Zeit ge-bunden. Auch die Erlaubnispflicht nach § 43 Absatz 1 SGB VIII begründet keine Wei-sungsabhängigkeit der Kindertagespflegeperson, die für eine Arbeitnehmereigen-schaft typisch ist. Die Vorschrift soll lediglich durch einen präventiven Erlaubnisvorbe-halt einen Mindeststandard der Betreuung sicherstellen. Darüber hinaus steht der Kin-dertagespflegeperson bei der Gestaltung der Tätigkeit ein Entscheidungsspielraum mit Einschränkung der gesetzlichen Bestimmungen und dem Kindeswohl zu.

Rechtsprechung:

BAG, Urteil vom 23. Mai 2018 – 5 AZR 263/17: „Entgegen der Auffassung der Revision begründet die Erlaubnispflicht nach

§ 43 Absatz 1 SGB VIII keine Weisungsabhängigkeit der Ta-gespflegeperson im Sinne einer Arbeitnehmereigenschaft.

Die Erteilung der Erlaubnis enthält keine Anweisungen dazu, wie die Kinderbetreuung durchzuführen ist. § 43 SGB VIII re-gelt zum Zweck der Sicherung eines Mindeststandards einen präventiven Erlaubnisvorbehalt für die - öffentlich oder privat finanzierte – Tagespflege des Kindes außerhalb seines elter-lichen Haushalts (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 25.

Februar 2013 - 12 A 56/13 - Rn. 3). Sein Schutzzweck ist die Sicherung des Kindeswohls (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 21. Juli 2015 - 12 B 606/15 - Rn. 26). Über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson sollen Quali-tätsstandards gesetzt und eine kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sichergestellt werden (OVG

Februar 2013 - 12 A 56/13 - Rn. 3). Sein Schutzzweck ist die Sicherung des Kindeswohls (OVG für das Land Nordrhein-Westfalen 21. Juli 2015 - 12 B 606/15 - Rn. 26). Über das Merkmal der Eignung der Tagespflegeperson sollen Quali-tätsstandards gesetzt und eine kindgerechte Pflege der zu betreuenden Kinder sichergestellt werden (OVG

Im Dokument Handreichung KTP 271021 (Seite 82-0)